Freitag, 12. Februar 2021

Der Synodale Weg- ein Blick von außen

Der Synodale Weg erlangt so langsam internationale Berühmtheit... Msgr. Hans Feichtinger, deutschstämmiger Pastor zweier Gemeinden in Ottawa, erklärt ihn den geneigten Lesern von First Things - und warum Kardinal Woelki ins Fadenkreuz der Weggefährten geriet. 
Hier geht´s zum Original:  klicken

"WAS MAN ÜBER DEN SYNODALEN WEG WISSEN MUSS" 

Covid-19 unterbricht alles außer den "Synodalen Weg" der Katholischen Kirche in Deutschland. Der Synodale Weg ist ein Prozess, der im Dezember 2019 gestartet wurde, um "Schritte zur Stärkung des christlichen Zeugnisses zu finden".  Er wurde für das Überleben der Kirche für so wichtig erachtet, daß die Organisatoren zu Beginn der Pandemie schnell ein dezentralisiertes, regionales online-Modell akzeptierten, damit der Synodale Weg auch im lock-down weitergehen konnte. 

Schwerpunkt-Gruppen befassen sich dabei mit 4 Themen:  Autorität und Spaltung in der Kirche; Priesterliches Leben heute; Frauen im Dienst der Kirche und in Kirchenämtern; Blühende Partnerschaften- Liebe in Sexualität und Partnerschaft leben. Es ist bemerkenswert, daß drei dieser 4 Themen Menschen betreffen, die in der Kirche beschäftigt sind und so mehr oder weniger klerikale Themen sind. Trotz der dringenden Bitte von Papst Franziskus, hat es das Thema Evangelisierung nicht geschafft. Evangelisierung wird in den vom SynodalenWeg produzierten Dokumenten erwähnt- aber schauen Sie wie sie erwähnt wird. Bei den Teilnehmern der Synode- Bischöfen wie anderen, überwiegt die Überzeugung, daß die Kirche daran wie sie lebt und arbeitet, Veränderungen vornehmen muß, wenn nicht sogar daran, was sie glaubt und bezeugt, bevor man mit der Evangelisierung beginnen kann. 45 Jahre nachdem Papst Paul VI "Evangelii nuntiandi" geschrieben hat, denken die Deutschen immer noch, daß viel passieren muß. bevor wir zur ersten und Hauptaufgabe der Kirche kommen können. 

Die Krise des sexuellen Mißbrauchs wird oft zitiert, um die Notwendigkeit des Synodalen Weges zu erklären. In der Erzdiözese Köln sind vor kurzem Vorwürfe erhoben worden. Nicht einmal die linke Presse glaubt ernsthaft, daß der Erzbischof von Köln, Kardinal Woelki, etwas Falsches getan hat. Aber Woelki ist der Hauptkritiker des Synodalen Weges und das macht ihn zu einem Blitzableiter. Woelki scheint zur Zeit eher daran interessiert zu sein, auf den Grund der Vorwürfe zu gehen, als der zornigen Öffentlichkeit mit mehr Symbolpolitik zu gefallen, die die Deutschen so lieben.

Der Synodale Weg betrachtet die vor kurzem erstellte Studie zum Umgang der Kirche mit Mißbrauchsfällen der Vergangenheit als fundamental. Diese Studie ist voreingenommen und suggeriert ausdrücklich, was verändert werden muß, um ähnliche Verfehlungen in Zukunft zu vermeiden. Hier entstehen zwei Probleme. Die Studie schreibt das frühere Versagen bei der Prävention sexuellen Mißbrauchs charakeristischen Eigenschaften des Katholizismus zu (hierarchischen Strukturen, Zölibat, Morallehre). Aber wie können wir frühere Fehler dieser Art erklären, wenn wir wissen,- wie wir es tun- daß ganz andere Organisationen (religiöse und nichtreligiöse) sich sehr ähnlich verhalten haben?  Und wenn die aktuelle hierarchische Führung die Wurzel des Problems ist- wie der Synodale Weg anzunehmen scheint- wie kann dann die Kirche heute führend beim Schutz gefährdeter Persoinen sein? 

Der Synodale Weg möchte auf eine "sichtbare Kirche" hinarbeiten- und so den ultra-katholischen Slogan von der ecclesia visibilis einbeziehen. Für den Synodalen Weg bedeutet das zweierlei: mit der Transparentz fortzufahen und die Kirche in Deutschland als sichtbare Institution- öffentlich als "relevante" Institution, die Teil der mainstream-Gesellschaft ist, definiert, zu bewahren. Man fragt sich,  ob das nicht in Wahrheit ein Rezept für eine ecclesia invisibilis ist, eine Kirche, die in die Kultur eintaucht und verschwindet. 

Der Synodale Weg möchte die Kirche fit machen für das 21. Jahrhundert, sie von Sünden und Fehlern der Vergangenheit reinigen und sie für die Mission vorbereiten. Das sind gute Ziele. Aber die vorgeschlagenen Wege, auf denen diese Ziel erreicht werden sollen,  überzeugen zumindest in diesem Stadium nicht. Zu diesem Zeitpunkt kommen die bisher vom Synodalen Weg produzierten Berichte und Dokumente einem Verrat an der evangelischen und apostolsichen Mission der Kirche nahe. Den Glauben und die Lehre der Kirche zu kompromittieren, ist kein Evangelisieren sondern Surfen auf dem Zeitgeist. Und Schritte zu unternehmen, die Lutheraner und andere Protestanten vor langer Zeit getan und die  keine guten Ergebnisse erzielt haben, ist nicht die Erneuerung der Kirche. Sie werden die Überlebenschancen der Kirche nicht verbessern oder dabei helfen Mißbrauch in Zukunft zu verhindern. Da können sie jeden ehrlichen deutschen Protestanten fragen, von denen es viele gibt. 


Die deutsche Kirche liebt ihre besonderen Strukturen und besondere Rolle in der deutschen Gesellschaft, einer Gesellschaft, die einmal christlich war, jetzt aber nach-christlich ist. Das führt zu unschmeichelhaften Widersprüchen. Das Schließen (vom Staat finanzierter) theologischer Einrichtungen wird als Katastrophe angesehen, während das Aufgeben katholischer Traditionen-sogar bis dahin, die sakramentalen Strukturen der Kirche zu beschädigren- angeblich zur Debatte steht. Die Väter des II. Vaticanischen Konzils drehen sich in ihren Gräbern um. 

Der Synodale Weg beklagt eine Kirche, die sich mit sich selbst beschäfigt, aber verstärkt diese Selbstbeschäftigung noch. Er behauptet eine lernende Kirche zu sein, aber erst nachdem er die Quellen der Inspiration und die Wahrheit an das gewünschte Ziel angepaßt hat.  Er will katholisch sein, reduziert die Bedeutung dieses Worte aber auf die Prinzipien einer diversen, pluralistischen Gesellschaft. Die Gebote der Kirche werden als etwas angesehen, daß an die Prinzipien einer liberalen Demokratie angepaßt werden muss, um heute überzeugend zu sein. Das ist die späte Vereinigung von Thron und Altar. 

Der Synodale Weg glaubt, daß eine Ekklesiologie der Gemeinschaft irgendwie "weniger Macht" für Geweihte und "mehr Macht" für Laien bedeutet. Aber bei der Erneuerung der Kirche geht es nicht primär darum, die Macht neu zu verteilen. Und keine Autorität in der Kirche hat die Macht, den Glauben und die Struktur der Kirche an die Wünsche und Vorlieben des Synodalen Weges anzupassen. Die hierarchischen Strukturen wurden von Christus gegeben, um sicher zu stellen, daß seine Herrschaft unbeschädigt bleibt und frei von jeder klerikalen Manipulation oder synodal-demokratischen Anpassung. Wir Deutsche0 jedoch lieben es, unsere Art Dinge zu tun (oft im Reichskonkordat und in Konkordaten mit den Ländern eingebettet) als irgendwie prophetisch zu betrachten. Der Rest der Kirche- glauben wir- sollte von Deutschland lernen. 

Laut dem Synodalen Weg ist die neue Lösung für die meisen Probleme die "Aufteilung der Macht", die als Hauptbedeutung von Synodalität angesehen wird. Man sagt uns, daß dieser Zugang den Katholischen Glauben in die liberale Demokratie "inkulturieren" wird. Die Eliten der deutschen Kirche sind überzeugt, daß das, was wir brauchen, wenigertraditioneller Glaube und mehr Unterwerfung unter liberale Prinzipien ist. Das fühlt sich ein bißchen so an, wie die Verteidigung der Chritlichen Monarchien 1918, obwohl es in diesem Fall das Europäische Parlament ist. Es ist erstaunlich, daß irgendwer solche Hoffnung in die demokratisierende Neu-Erfindung von Kirchenführung setzen kann. Und dennoch glauben die Deutschen, daß eine liberal-demokratische "Synodalität" die Therapie für alle Übel ist. 

Die vagen Bezugnahmen des Synodalen Weges auf wichtige Konzepte der Bibel und der heiligen Traditionen ändern nichts daran, besonders weil er die sakramentale Natur der Kirche  und die Mission säkularen Interessen und Prinzipien unterordnen. Die Kirche in Deutschland ist stolz auf ihren großen Einfluss und ihre Erfolge in der Vergangenheit- einschließlich ihrer wichtigen Rolle während des Nazi-Regimes und nachher beim Wiederaufbau. Jetzt glaubt sie, daß sie, ohne die Rolle von Priestern und Bischöfen neu zu definieren, ohne Frauen zu weihen und de facto den Zölibat abzuschaffen, ohne die wahre Natur und die Strukturen der Kirche neu zu denken und ohne die biblische Sexualmoral drastisch zu revidieren, keine Zukunft haben kann. Die deutsche Kirche möchte die Strukturen liberaler demokratischer Gesellschaften bis zu einem verblüffenden Grad annehmen. Und hofft, wenn das einmal erreicht ist, daß die Kirchen rund um die Welt von dem, was die Deutschen prophetisch begonnen haben und jetzt zur Vollendung bringen, lernen werden. 

Im heutigen Antiklerikalismus ist ein Großteil Klerikalismus. Ich bin immer noch überrascht darüber, wie wenig wir vom ökumneischen Dialog lernen wollen, wenn die Lehren nicht mit unserem Konzept- auf welcher Seite der Geschichte wir stehen wollen, übereinstimmen. Das ist das Gegenteil von Evangelisierung, die sich oft dem Zeigeist entgegen stellen muß und es widerspricht dem, was Papst Franziskus der Kirche in Deutschland geschrieben hat. Es widerspricht auch den Erfahrungen vieler unserer protestantischen Brüder, die die doktrinalke Auflösung vor uns erlebt haben. Und es widerspricht dem, was der Herr der Kirche aufgetragen hat- in Deutschland und überall sonst. 

In Wahrheit hat die Kirche in Deutschland wenig evangilisiert und sich statt dessen mit ihren auf sich  selbst fixierten Vorschlägen des Synodalen Wege beschäftigt. Das Eigeninteresse am Überleben deutscher Kirchenstruktur und gesellschaftlicher Relevanz  hat uns unfähig gemacht, Gottes Wort der Herausforderung und Befreiung zu hören. Ich frage mich, ob man die ganze Sache zu diesem Zeitpunkt noch retten kann. Sicher ist, daß die Kirche in der Welt der deutschen Thelogie immer weniger Aufmerksamkeit schenkt. Wenn das Geld dann einmal ausbleibt, werden auch andere Wege, die Kirchen in der Welt zu beinflussen, verschwinden. 

Wirkliche Wiederbelebung und Erneuerung werden von denen abhängen, die ohne Kompromiss für die Wahrheit des Katholischen Glaubens einstehen. Was wir tun müssen, ist darauf hinzuweisen,  daß es nicht gelingen wird, durch organisatorische und strukturelle Veränderungen das Verschwinden der Kirche zu verlangsamen. Die Kirche ist dazu da, Jünger zu gewinnen, zu evangelisieren; alle ihre Strukturen müssen dieser Mission dienen. Das ist die Freiheit, zu der sie berufen ist (Gal 5:13) Sie können nicht einmal wissen, was man als Kirche braucht, bevor Sie nicht mutig evangelisiert haben. Traurigerwise wollen die Deutschen zuerst "reformieren" und später evangelisieren. "

Msgr. Hans Feichtinger, Pastor in der St. Georg-Gemeinde und der St. Albertsu-Gemeinde in Ottawa. 

Quelle:First Things First , Msgr. H.FeichtingDer Synodsale Weger 

 

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