Rorate Caeli veröffentlicht einen Kommentar in dem Roberto de Mattei sich mit der Frage der noch immer unbeantworteten Dubia befaßt und einen Weg aus der derzeitigen Krise-"am Vorabend des Schismas" vorschlägt.
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"WAS LEHRT UNS DIE UNBEANTWORTETE KRITIK AN AMORIS LAETITIA?"
Vor 5 Jahren, am 8. April 2016 wurde die postsynodale Apostolische Exhortation Amoris Laetitia, das umstrittenste Dokument des Pontifikates von Papst Franziskus veröffentlicht. Dieses Dokument ist Produkt eines durch den Vortrag Kardinal Walter Kaspers beim Konsistorium im Februar 2014 angestoßenen Prozesses. Kardinal Kaspers These dazu, wie die Kirche ihre Praxis der Ehelehre erneuern sollte, bildeten das Leitmotiv der beiden Familiensynoden 2014 und 2015. Leider erwies sich die Schluß-Exhortation Amoris Laetitia als noch schlimmer als der Vortrag von Kardinal Kasper. Während der deutsche Kardinal einige Fragen stellte, bot Amoris Laetitia die Antworten und öffnete die Tür für wiederverheiratete Geschiedene und ausdrücklich für mehr Kohabitationen. Deshalb ging 2017 der Philosoph Josef Seifert so weit, zu sagen, daß Amoris Laetitia als logische Konsequenz die Zerstörung der gesamten Katholischen Morallehre folgt."
Aber die ungezählten Kritiken an Amoris Laetitia - in Büchern, Artikeln, Interviews- haben mehr Geschichte geschrieben als das Dokument selbst. Unter diesen Kritiken ragen zwei auf besondere Weise heraus. Die erste sind die dem Papst und der Glaubenskongregation am 19. September 2016 von den Kardinälen Waöter Brandmüller, Raymond Burke, Carlo Caffarra, Joachim Meisner präsentierten Dubia; die zweite die Correctio filialis de haeresibus propagata - am 11. August 2017 von mehr als 60 Katholischen Gelehrten und Hirten der Kirche an Papst Franziskus gerichtet, aus denen innerhalb eines Monats nach der Veröffentlichung des Dokuments 2016 Theologen, Professoren und Gelehrte aller Nationalitäten wurden.
Sowohl die Dubia als auch die Correctio filialis hatten eine weltweite Wirkung, aber keines dieser Dokumente erhielt eine Antwort, trotz der Tatsache, daß die vier Autoren der Dubia am 25. April 2017 den Papst um eine Audienz baten- von denen zwei (Caffarra und Meisner) jetzt verstorben sind. Die Weigerung des Nachfolgers Petri, die Kardinäle zu empfangen, die seine Berater sind, erscheint unerklärlich- umso mehr, als Franziskus das "Willkommen" zum Markenzeichen seines Pontifikats machen wollte und in einer seiner ersten Predigten (25. Mai 2013) sagte, daß "Christen die fragen, ...die Türen nie verschlossen finden sollten."
Andererseits definierte am 15. März 2021 Luis Kardinal Ladaria, Präfekt der Glaubenkongregation, in einer Antwort auf ein Dubium zur Frage "Hat die Kirche die Macht, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen?" die Segnung homosexueller Verbindungen als "unzulässig" -angesichts dessen, daß es absolut keinen Grund dafür gibt, homosexuelle Verbindungen in irgendeiner Weise oder auch nur entfernt als dem Plan Gottes für Ehe und Familie ähnlich zu betrachten." Diese Feststellung, die die Katholische Lehre bestätigt, verursachte eine Explosion von Widerspruch, besonders in Deutschland. Das Schweigen zu den von den Dubia und der Correctio filialis angesprochenen Themen hat andererseits in der traditionellen Katholischen Welt große Verärgerung hervorgerufen.
Diese widersprüchliche Regierungspraxis birgt das Risiko, die Kirche einem schwerwiegenden Schisma entgegen zu führen oder eher einem Prozess religiöser Spaltung, der katastrophale Konsequenzen haben könnte. Der Hauptverantwortung liegt eher beim obersten Hirten als bei der verwirrten Herde. Die Zahl der verrückt gemachten Schafe wird anwachsen, bis Rom seine Stimme auf klare und endgültige Weise hören läßt. In dieser Konfusion kommt die Veröffentlichung von zwei ernsthaften und wohl-dokumentierten Büchern, die ein trostloses Bild der aktuellen religiösen Tragödie bieten, gerade rechtzeitig.
Das erste - von "Voice of the Family" zusammengestellte- ist eine elektronische Veröffentlichung mit dem Titel "Die unbeantworteten Fragen zu "Amoris Laetita": Warum die apostolische Exhortation eine Gefahr für die Seelen bleibt." Ein Team von Voice of the Family war sowohl bei der außerordentlichen Synode im Oktober 2014 als auch der ordentlichen Synode im Oktober 2015 anwesend. Voice of the Family erstellte tiefgreifende Analysen der wichtigsten Synoden-Dokumente und verteilte sie an die Kardinäle und Bischöfe in der Welt. Tatsächlich gibt es, wie die Einleitung zum Band feststellt, "Äußerungen in Amoris Laetitia, die direkt der verbindlichen Lehre der Katholischen Kirche widersprechen und es gibt weitere Statements die sie untergraben, ohne ihr direkt zu widersprechen."
Der zweite Band "Verteidiugn des Glaubens gegen gegenwärtige Häresien" wird von den Professoren John R.T. Lamont und Claudio Pierantoni, mit einem Vorwort von Erzbischof Carlo Maria Viganò, herausgegeben. Beide Werke enthalten die Texte der Dubia und der Correctio filialis. Voice of the Family enthält außerdem "Theologischer Tadel an Amoris Laetitia" von 45 Theologen und vom Mai 2019 "Erklärung der Wahrheiten bzgl. einiger der verbreitetsten Irrtümer im Leben der Kirche unserer Zeit" .
Lamonts und Pierantonis Buch enthält außer den "Theologischen Tadeln" den "Offenen Brief an die Bischöfe der Katholischen Kirche" , einen "Appell an die Kardinäle der Katholischen Kirche" und den Protest "Contra recentia sacrilegia". In seiner Einleitung erinnert John Lamont daran, wie diese Dokumente entstanden sind, das Buch enthält auch Beiträge von Anna M. Silvas, Fr. John Hunwicke, Claudio Pierantoni, Claire Chretien, Roberto de Mattei, Robert Fastiggi und Dawn Eden Goldstein, Joseph Shaw, Michael Sirilla, Edward Peters, Edward Feser, Fr. Brian Harrison, John Rist, Peter A. Kwasniewski, Maike Hickson, Thomas G.Wienandy, O.F.M. Cap, Pauper Peregrinus und Professor Lamont selbst.
Diese Texte heute noch einmal wieder zu lesen, ist sowohl wegen der Form als auch wegen des Inhalts lehrreich. In den vergangenen Jahren ist die theologische Substanz der Themen verloren gegangen und die Sprache ist oft rauh und agressiv geworden. Diese beiden Text-Sammlungen helfen uns andererseits dabei, zu verstehen wie Katholiken innerhalb der Kirche sprechen. Es ist ein Jammer, diesen Verlust an theologischer Substanz und an ausgeglichenem Stil in den Kontriofversen zu sehen, die um die Covid-19-Impfungen aufgetaucht sind. In dieser Debatte sind einige Kritiker von Amoris Laetitia der Inkonsistenz beschuldigt worden, weil sie die Feststellung der Glaubenskongregation akzeptieren, die 2008 und 2015 über Impfungen formuliert worden sind. Die Antwort auf diese Widersprüche ist einfach. Die Unterzeichner der Correctio filialis haben nie die Autorität des Papstes oder der Glaubenskongregation kritisiert, weil die Kirche eine hierarchische Gesellschaft ist und nicht ohne eine oberste Autorität auskommt. Statt dessen haben sie ein von dieser obersten Autorität promulgiertes Dokument kritisiert, das sie als im Widerspruch zum vorhergehenden Lehramt der Kirche ansahen. Im Glauben an die theologische und moralische Wahrheit ist die letzte Instanz das eigene Gewissen; aber es bedarf eines externen objektiven Normenprinzips, auf das das Gewissen sich stützen kann. Dieses äußere Gesetz wird von der Kirche durch das Lehramt festgesetzt, das in diesem Sinn die nächste Norm unsere Glaubens ist.
Wenn dies zweideutig oder mehrdeutig ausgedrückt wird und sogar implizit auf praktischer Ebene eine Glaubenswahrheit leugnet, die beispielsweise die eheliche Vereinigung betrifft, müssen sich die Katholiken daran erinnern, daß die Lehre von der sakramentalen Ehe von keiner geistlichen Autorität geändert werden kann, nicht einmal vom Papst. Diejenigen, die Amoris Laetitia kritisieren, nehmen nicht ihr eigenes Gewissen als Bezugspunkt, sondern das beständige Lehramt der Kirche.
Der Vorabend eines möglichen Schismas ist nicht die Zeit, die Katholische Welt zu teilen, sondern sie auf der Basis der Tradition der Kirche zu einigen. Claudio Pierantoni erklärt in seinen "Überlegungen zu einem neuen Dialog zwischen traditionalistischen und konservativen Katholiken (in der Verteidigung des Glaubens"), daß viele der in dem von ihm mitherausgegebenenn Buch präsentierten Dokumente das Ergebnis der glücklichen Begegnung zwischen den "Katholischen Traditionalisten" und den "Konservativen Katholiken" aus deren Rängen er kommt, sind. " Möge dieses Buch Zeugnis und Beispiel für die gemeinsame Bemühung der letzten vier Jahre sein und eine Ermutigung für die kommenden Jahre", schreibt er.
Ich mache Professor Pierantonis Wunsch zu dem meinen- um in dieser schwierigen Zeit, "eine neue, kompaktere Front der Orthodoxie" zu bilden. Was gebraucht wird, ist das Zusammenkommen und die Verbindung verschiedener Initiativen von Klerikern und Laien, jede auf ihrer Ebene und nach ihren Möglichkeiten, um das Chaos zu kontrollieren, das uns bedroht und uns selbst und den Erfolg unseres Kampfes der Hilfe Gottes anzuvertrauen, ohne den kein Erfolg je möglich sein wird. Die beide gerade veröffentlichten Bücher weisen den Weg."
Quelle: Rorate Caeli, R.de.Mattei
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