Donnerstag, 26. August 2021

Droht ein weiteres motu proprio?

Luisella Scrofati kommentiert für La Nuova Bussola Quotidiana Gerüchte um ein angeblich geplantes weiteres motu proprio, das das Petrus-Amt wesentlich verändern würde. 
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"RÜCKTRITT UND PAPST EMERITUS, EIN WEITERES CHAOS IN VORBEREITUNG"

Angeblich steht ein neues motu proprio zur Regulierung des "Papsttums emeritus" bevor, eines kirchenrechtlichen Problems, das von Benedikt XVI offen gelassen wurde. Aber das, was nach Ansicht des Vorgängers eine Ausnahme bleiben sollte, soll für Franziskus zur Institution werden- mit allen Problemen, die das mit sich bringt, weil seiner Natur nach nur ein Mensch den Titel Papst annehmen kann. Und die im Umlauf befindliche Hypothese einer Pensionierung mit 85 Jahren wäre ein Schlag gegen das Herz des Petrinischen Amtes. 

"Es donnerte so stark, daß es regnete" ... Jetzt sind wir noch beim Donnern, aber der Schauer steht unmittelbar bevor. Donner, der immer näher kommt und auf den bevorstehenden Rücktritt von Franziskus hinzuweisen scheint und einigen Gerüchten zufolg, eine bevorstehende Regelung des "Papstums emeritus" mit dem zigsten motu proprio mit sich bringen könnte. 

Die Entscheidung Benedikts XVI, sich den Titel eines Papa emeritus zuzulegen, hatte von Anfang an berechtigtes Erstaunen hervorgerufen. Die vielleicht maßgebendste Stimme, die sich erhoben hat, war die von Kardinal Brandmüller (siehe hier), der sich auch eine zukünftige rechtliche Regelung für einen päpstlichen Rücktritt wünschte, um diese "bemerkenswerte Gesetzeslücke, "lacuna legis" nicht zu belassen, die jetzt besteht und die die Unsicherheiten in einem gefährlichen und für die Kirche vital wichtigen Moment vergrößern würde. In einem anderen Interview vom 28. Oktober 2017 hatte der Kardinal erklärt, daß es die Figur eines "Papsr emeritus" in der gesamten Kirchengeschichte nicht gegeben habe. Und daß ein Papst jetzt kommt und die zweitausendjährige Tradition umstößt, hat nicht nur "uns Kardinäle erschüttert", Äußerungen, die den Papa emeritus dazu veranlaßten, mit zwei kurzen aber entschiedenen Botschaften zu antworten.

Wie soll man die Nachdrücklichkeit, mit der Benedikt XVI das Benutzen dieses Titels für sich verteidigt hat, beurteilen? Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder ist der feine Theologe Ratzinger in einem entscheidenden Augenblick seines Pontifikates auf der klassischen Bananenschale ausgerutscht oder seine Entscheidung wurde durch das Bewußtsein einer für die Kirche besonders dramatischen Lage motivier, die ein "Ausnahmepontifikat" erforderte- laut dem von Msgr. Gänswein in dem unglaublichen Interview von 2016 (er war zu der Zeit noch Präfekt des Päsptlichen Hauses) benutzten Ausdruck, was zu einer "Art vom Himmel gewollten Ausnahmezustand " führte". Dieser Ausdruck bezieht sich ganz klar auf die von Carl Schmitt eingeführte Kategorie des "Ausnahmezustands" - vom Recht abweichen, um eine neue Rechtssituation zu schaffen.

Was die Entscheidung von Benedikt XVI auch bedeuten mag (vielleicht müßte man mehr darüber nachdenken) - sich der Institution eines Papsttums emeritus zuzuwenden, erscheint als eine sehr schlechte Idee, die u.a. der Wahl Benedikts XVI genau entgegenstehen würde, zumindest nach der Rekonstruktion von Gänswein, der von einem Pontifikat "außerhalb des Gesetzes" sprach (und das im wörtlichen Sinn von "Ausnahmezustand") -also in einer außergewöhnlichen Situation und nicht als eine neue, stabile kirchenrechtliche Größe. Es ist wahrscheinlich, daß auch die Möglichkeit einer bevorstehenden Institutionalisierung des emeritierten Papstes Brandmüller von seinem Stuhl aufspringen läßt, der den oben erwähnten Text damit abgeschlossen hatte, daß "der Rücktritt des Papstes möglich ist und passiert. Aber es ist zu hoffen, daß er nie mehr vorkommt...." 


Laut einer ersten Mutmaßung über die nächste Entscheidung von Franziskus soll es sich um eine Art Regelung des "Schicksals" zurückgetretener Päpste handeln, einzuordnen in die neue rechtliche Kategorie des Papstes emeritus - in Analogie zu den emeritierten Bischöfen. Die Figur des Bischofs emeritus ist neueren Datums, es gab sie nicht vor dem Kodex des Kanonischen Rechtes von 1983, der in Kanon 403 §1 vorsieht, daß "der Bischof, dessen Rücktritt von seinem Amt akzeptiert wird, den Titel des emeritus in seiner Diözese behält." Die Figur des emeritierten Bischof ist dann durch die Direktive für das Hirtenamt der Bischöfe (nn 225-230) von 2004) begrenzt worden. 

Die Nichtübereinstimmung zwischen Bischof und Papst und damit der unterschiedliche Ausgang im Falle eines  Amsverzichts kann jedoch nicht unbemerkt bleiben. Der Bischof, dessen Rücktritt vom Papst angenommen wird, hört auf, das Oberhaupt seiner eigenen Diözese zu sein, aber er hört nicht auf, Bischof zu sein, weil ihm die Fülle des Priestertums mit der Bischofsweihe und nicht mit der Ernennung übertragen wurde. Das Papsttum hingegen ist kein vierter Grad der heiligen Ordnung und der Papst erhält kein unauslöschliches Charakteristikum. In der sakramentalen Ordnung ist er Bischof wie die anderen (wenn ein Papst gewählt wird, der noch nicht geweiht wurde, muss dies geschehen), aber als Bischof von Rom übernimmt er das Petrusamt in eigener Person, und er ist es. indem er Pastor der Weltkirche ist. Dieses Amt, das nicht mit der speziellen Person des Papstes zusammenfällt (ansonsten würde mit dem Tod der Person das gleiche Amt, das nicht übertragbar wäre, erlöschen), wird jedoch von einer und nur einer lebenden Person ausgeübt, die genau der Bischof von Rom ist. Es ist daher klar, daß er, wenn er dieses Amt gültig niederlegt, einfach aufhört, der Papst zu sein. 

Die Kirchengeschichte bestätigt das konkret bei den zurückgetretenen Päpsten, von Pontian bis zu Gregor XII. Keiner von ihnen ist jemals emeritierter Papst oder emeritierter Bischof von Rom geworden. Denn entscheidend ist, daß es nur einen Papst geben kann und der einzige Begriff „Papst emeritus“ entschieden irreführend ist, denn "Papst“ ist das Substantiv und "emeritus“ das Adjektiv, das man einer Person nicht zuordnen kann, die gleichzeitig den Titel Papst trägt, 

Noch schlechter ist die zweite Hypothese, die in diesen Stunden vertreten wird, daß dieses motu proprio eine Altersgrenz von 85 festlegt, bei der der amtierende Papst zurücktreten müßte. Das wäre aus zwei Gründen ein Schlag gegen das Herz des Petrinischen Amtes -vor allem weil es den Römischen Pontifex auf eine funktionale Figur reduzieren würde- veralbert  zu einer Art CEO eines internationalen Konzerns, der an einem bestimmten Datum in den Ruhestand gehen muß (schon ein Problem. das bei der Präsentation des Rücktritts von Bischöfen, im Alter von 75 Jahren auftritt). Der zweite Grund, der eng mit dem ersten verbunden ist, besteht darin, daß der Römische Papst als einziger seinen Rücktritt nicht anbieten, sondern erklären muss. Er wird der legitime Nachfolger von Petrus allein durch die Zustimmung zu seiner eigenen Wahl und hört auf, wenn er aus schwerwiegenden Gründen seinen Rücktritt erklärt (sowie beim tatsächlichen Tod,  bei einer von den Kardinälen anerkannten schweren Form des Wahnsinns, Häresie oder einem manifestes Schisma).

Kanon 332, §2 der den Verzicht des Römischen Pontifex regelt, sieht für die Gültigkeit des Amtsverzcihts vor, daß er frei geschieht und ordnungsgemäß angezeigt wird. Es ist nicht erforderlich, daß jemand ihn annimmt."Der Papst muß einfach bekannt geben, wofür er sich freiwillig entschieden hat, ohne auf die Annahme durch Dritte zu warten. Denn er, und er allein, ist der Papst. Die mögliche Aufnahme einer Altersgrenze für die Ausübung des Petrusamtes würde eine schwerwiegende und beispiellose Verletzung dieser Besonderheit des Papstes darstellen, der sich stattdessen von einem motu proprio "verpflichtet" sehen würde, seinen Rücktritt zu erklären, der aus diesem Grund dann nicht mehr frei wäre.

Sollte der kanonische Rahmen des "emeritierten Papsttums" in diese Richtung gehen, wäre der als klarer Angriff auf die Gestalt des römischen Papstes angelegt; und es spielt keine Rolle, ob dieser Angriff tatsächlich von einem Papst kommt. Kein Kirchenrechtler, der dieses Namens würdig ist, könnte so etwas unterstützen."

Quelle: L.Scrofati, LNBQ

1 Kommentar:

  1. Lassen Sie uns positiv denken! Wenn Franz zurücktritt, dann ist das nicht unbedingt ein Schaden für die Kirche, es sei denn, die Kardinäle wählen anschließend Franz II.

    Wenn er die Regel aufstellt, daß der Papst mit Vollendung seines 85en Lebensjahres zurücktreten muß, dann kann sein Nachfolger diese Regelung genauso einfach wieder aufheben. Also kein Grund zur Beunruhigung.

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