George Weigel kommentiert in seiner wöchentlichen Kolumne "The Catholic Difference" für EPPC den kontroversen Umgang amerikanischer Katholiken und Kommentatoren mit der Enzyklika "Au milieu des sollicitudes" zu politischen und sozialen Fragen von Papst Leo XIII und stell noch einmla richtig, was in dieser Enzyklika wirklich steht.
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"PAPST LEO XIII UND ZEITGENÖSSISCHE KATHOLISCHE INHALTE"
Angesichts alles dessen, was in diesen Tagen passiert, mag es merkwürdig erscheinen, daß eine 120 Jahre alte Enzyklika von Papst Leo XIII, dem Gründungsvater der modernen Katholischen Sozialdoktrin, zum Federball im Schlagabtausch zwischen konservativen Amerikanern und Kommentaroren werden konnte. Aber so ist es. Und es ist unabdingbar, die Aufzeichnungen über die politische Theorie von Leo XIII zu erklären, bevor Professor Adrian Vermeule von der Harvard Law School den großen Leo weiter falsch interpretiert- und Vermeulens Kritiker die Sache noch schlimmer machen, indem sie die falsche Darstellung schlucken. Professor Vermeule ist eine prominente Stimme der Katholischen Integralisten, deren Programm eine Kritik des "orginalitsichen" Ansatzes der Verfassungsinterpretation des verstorbenen Richters Antonin Scalia beinhaltet, den sie als moralisch hohl betrachten. Als Antwort auf Vermeule haben zwei Verteidiger der Position Scalias, David Rivkin und Andrew Grossman am 23. Juli in einem Atrtikel im Wall Street Journal ihre Argumente mit folgenden Worten formuliert,
"Mr. Vermeule läßt sich von der Enzyklika von 1892 inspirieren, in der Papst Leo XIII die Französischen Katholiken aufforderte, sich in der Dritten Französischen Republik zu sammeln, um sie von innen zu reformieren:"Er stellt sich vor, daß amerikanische Katholiken vielleicht einer "exekutiven Bürokratie" zustimmen werden, um eine "Wiederherstellung der Christenheit“ zu erwirken. In den USA scheint eine solche Kundgebung weit weniger wahrscheinlich als in Frankreich, aber auch dort ist sie gescheitert..”
Das wenigstens ist wahr: der Aufruf von Leo XIII. an die französischen Katholiken, sich zur Dritten Republik zu "versammeln“, schlug fehl. Aber Professor Vermeule stellt in der Enzyklika Au Milieu des Sollicitudes von 1892 (Inmitten der Sorgen der Universalkirche) falsch dar, was Leo XIII getan hat. Und indem sie diese Falschdarstellung für bare Münze nehmen, bestätigen mein Freund David Rivkin und sein Kollege Andrew Grossman stillschweigend die Vorstellung, daß ernsthafte US-Katholiken eine "Wiederherstellung der Christenheit“ in den Vereinigten Staaten durch eine katholische Übernahme der Verwaltung planen. Wenn ich mir eine Redewendung von einem Heiden leihen darf, das ist alles Unsinn auf Stelzen.
Wenden wir uns dem Video zu.
Im späten 19. Jahrhundert war der französische Katholizismus gespalten und evangelikal entmachtet-wegen eines bitteren Konfliktes zwischen Katholiken, die davon träumten, die Französische Monarchie wiederherzustellen und einer staatlich unterstützen Kirche und Katholiken, die wußten, daß dieser Traum eine Phantasie war, und daß diese Pläne die Bemühungen der Kirche in Frankriech die Werke der Erziehung und der Nächstenliebe zu tun, behinderte. Indem er die Französischen Katholiken dazu aufrief, sich der Dritten Französischen Republik anzuschließen, hat Leo XIII versucht, diesem kreisförmigen Erschießungskommando ein Ende zu machen, und die franzöischen Katholiken dazu aufzufordern, die Ergebnisse der Revolution von 1789 nicht mehr zu bestreiten und damit fortzufahren, Salz und Licht in der modernen Gesellschaft zu sein, die Wahrheiten des Evangeliums ins französische öffentliche Leben zu bringen- das sie dringend brauchte.
Leo, der wußte, daß der Brudermord unter den französischen katholischen Royalsiten und den französischen katholischen Republikanern die spirituelle Energie der Kirche aufzehrte, war auch der klügste Papst seit Jahrhunderten, wenn es darum ging, die politischen Zeichen der Zeit zu erkennen. Er verstand also, daß französische katholische Royalisten die falschen Behauptungen jener Hypersäkularisten der Dritten Republik bestätigten, die sich am schlimmsten Antiklerikalismus der Französischen Revolution orientiert hatten. Und er wollte, daß das aufhörte.
Leos Enzyklika hat mehrere Hauptpunkte. Leo schlug einen katholischen Pfad durch das Gestrüpp der politischen Moderne und lehrte, daß es verschiedene Arten legitimer politischer Regime geben kann: Monarchien, demokratische Republiken und so weiter. Leo wusste auch, daß eine Republik gut oder schlecht sein konnte. Republiken können menschliches Aufblühen und soziale Solidarität fördern, und Republiken können schweren sozialen Übeln zum Opfer fallen. Der Schlüssel zu einer geordneten Republik war ihre Zivilgesellschaft: jene Netzwerke natürlicher Vereinigungen (wie die Familie) und freiwilligen Vereinigungen (wie Kirche, Gewerkschaften, Unternehmen und Wohltätigkeitsorganisationen), in denen die Gewohnheiten des Geistes und des Herzens, die für die Bildung notwendig sind, in der die Maschinerie einer Republik richtig funktioniert. Leos Ansicht nach bestand die Rolle der Kirche darin, eine solche lebendige Zivilgesellschaft mitzugestalten, und sie sollte von Hypersäkularisten das Recht einfordern, dies frei und öffentlich tun zu können.
Aber die Kirche hat nicht versucht, den Staat zu regieren, betonte Papst Leo. Tatsächlich erklärte Au Milieu des Sollicitudes ausdrücklich, daß jede Vorstellung von einem katholischen "Ehrgeiz, der Kirche die politische Herrschaft über den Staat zu sichern“, eine "schlau konstruierte Verleumdung“ sei. In Anbetracht der Leoninischen Lehre könnten Professor Vermeule und seine Integralistenkollegen darüber nachdenken, ob sie die französischen royalistischen Fehler des 19. wieder aufnehmen wollen. Umgekehrt sollten konservative juristische Kommentatoren nicht davon ausgehen, daß die heutigen katholischen Integralisten Leo XIII. und die postleoninische katholische Soziallehre korrekt darstellen; Das tun sie nicht."
Quelle: G.Weigel, EPPC
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