Im blog "Senza
peli sulla lingua" hat Pater Giovanni Scalese ein
bemerkenswertes Psychogramm der "Progressisten" in der Kirche veröffentlicht,
das - im Gegensatz zum Sprachgebrauch der MSM- die Dinge vom Kopf auf die Füße
zurückstellt und er fragt, wie kann es sein, daß die alten Rezepte von vor 50
Jahren als neu und modern verkauft werden können, obwohl sie von der
(Kirchen)geschichte längst überholt wurden? Wir fragen uns mit ihm und denken,
daß es sich bei diesen "neuen Kleidern" womöglich um jene
vielzitierten des Kaisers handelt.
Hier geht´s zum
Original, das wir bei Benoit XVI-et-moi gefunden haben: klicken
Pater Scalese
greift dabei auf den Titel eines 1986 erschienenen Buches über die 68-er Jahre
zurück.
"AUSSERGEWÖHNLICH
DIESE JAHRE"
(Formidabili quegli anni)
"Einige
könnten sich fragen, ob der Autor in diesen Jahren des Informations-black-outs
dem Schicksal der Kirche gegenüber indifferent geworden ist. Ich habe auf diesem
blog (senza peli sulla lingua) oft einen der Sätze aus "Maximen der
christlichen Perfektion" des seligen Antonio Rosmini zitiert:
"Dritte
Maxime: bei allem, was der Kirche durch Gottes Vorsehung passiert, in perfekter
Ruhe bleiben und nach der Aufforderung Gottes für sie arbeiten".
Und dieser
Rosmini hatte die Angewohnheit, ständig zwei biblische Texte zu
wiederholen:
"in silentio et in spe erit fortitudo vestra" (Jes.
30,15) und "bonum est praestolari cum silentium salutare
Domini" (Klgl 3,26). In Zeiten schwerer Krisen, nützt es nichts, sich
aufzuregen und den inneren Frieden zu verlieren: das hieße dem Feind, der am
Ursprung der Krise steht, den Sieg zu überlassen. Besser ist es, still das Heil
des Herrn zu erwarten." dem einzigen, dem die Kirche gehört.
Das bedeutet
nicht, daß man aufhört zu denken und sich nach dem Sinn dessen, was passiert,
zu fragen: die Suche nach der heiteren Gelassenheit des Geistes bedeutet nicht,
aufzuhören geistig aktiv zu sein, Gott hat uns die Vernunft gegeben, damit wir
sie benutzen, um die Wirklichkeit zu erkennen. Und die Kenntnis der
Realität -welche sie auch sei - und sei sie auch die tragischste - war niemals und
wird niemals damit unvereinbar sein, sich dem Willen Gottes zu überlassen, im
Gegenteil.
Quelle: Ambrosius007 in der Wikipedia auf Englisch [CC BY-SA 3.0 or GFDL], via Wikimedia Commons
Heute hat Sandro
Magister bei www. chiesa einen Artikel veröffentlicht, in dem er die bereits
bekannte Position, die Bischof Marcello Semerano zur Kommunion für die
wiederverheirateten Geschiedenen vertritt, kommentiert. Um
diese Möglichkeit zu unterstützen nimmt man Bezug auf eine angebliche
"probata Ecclesiae praxis in foro interno" die während der 70-er
Jahre in Gebrauch gewesen sein soll.
Seit einiger Zeit
habe ich über die Tendenz nachgedacht, die sich in den letzten Jahren
entwickelt hat, sich auf die -wie Magister sie nennt- "die glücklichen 70-er
Jahre" zu berufen
Ich weiß nicht
warum, aber mir ist dabei das Buch von Mario Capanna " Formidabili quegli
anni" in den Sinn gekommen, das sich mit den Herausforderungen von 68-er
auseinandersetzt.
Ich glaube, daß
es heute in der Kirche eine große Nostalgie nach diesen Jahren gibt, die dem
Ende des II. Vaticanischen Konzils folgten. Das war die Epoche der großen
Erwartungen und der großen Hoffnungen.
Der Frühling
begann mit dem Konzil, seine Strahlen auszusenden, die Knospen begannen sich zu
öffnen, die Wiesen bedeckten sich mit Blumen.... Alles ließ hoffen, daß die
Kirche sich -endlich nach Jahrhunderten des Obskurantismus- verjüngen werde,
sich mit der Welt versöhnen und ein offenes Haus für alle Menschen guten
Willens werden würde.
Aber dann -unvorhergesehen- kam der Herbst, ein langer unendlicher Herbst, der schließlich
in einen eisigen Winter überging.
Gott sei Dank ist
seit 3 Jahren der Winter vorbei. Der Frühling ist zurück gekommen und deshalb
müssen diese formidablen Jahre auch wieder kommen, um den Weg dort wieder
aufzunehmen, wo man ihn verlassen hatte, und das vergangene halbe Jahrhundert
in Anführungszeichen zu setzen. Man muß es nicht leugnen, es genügt, es zu ignorieren,
als sei es nie gewesen.
Es ist ziemlich
verständlich, daß die, die in ihrer Jugend besiegt worden waren und ihr ganzes
Leben in der Nostalgie nach der schönen, vergangenen Zeit gelebt haben, in
ihrem Ressentiment - besiegt worden zu sein und in Erwartung des Tages der
Revanche -jetzt- da dieser Tag gekommen ist, wenn auch mit etwas Verspätung - es
eilig haben, das in die Tat umzusetzen, was noch im Ungewissen war, um zu
zeigen, daß ihr Rezept das gute war.
Aber ich stelle
die Frage: ist es vernünftig, sich so zu verhalten?
Vorsicht: ich frage nicht, ob es legitim ist.
Das wäre zu schwer zu beantworten, und außerdem habe ich keinerlei Kompetenz,
um das zu tun. Ich beschränke mich nur darauf, zu fragen, ob es vernünftig
ist. Ist es vernünftig zu denken, daß man die Zeiger der Uhr zurückstellen kann
und so zu tun, als habe es die vergangene Zeit niemals gegeben?
Es ist eine in
der Geschichte wiederkehrende Illusion. Denken Sie an die Renaissance:
man gab sich der Illusion hin, in die klassische Antike zurückzukehren,
indem man 1000 Jahre in die Parenthese der Finsternis setzte: das Mittelalter.
In der selben
Zeit dachte der Protestantismus (nicht der christliche Humanismus), zum
Evangelium in seiner originären Reinheit zurückkehren zu können. Diese Illusion
wird heutzutage auch von einigen Traditionalisten genährt, die denken, um die
Kirche zu retten, müsse man zum Konzil zurückkehren,
Aber
offensichtlich ist es auch die Illusion derer, die sich für Progressisten und
das für progressiv halten, was man vor 50 Jahren dachte und tat.
Die Geschichte
bleibt nicht stehen und geht nicht rückwärts. Die Kirche hat während dieser 50
Jahre einen Weg zurückgelegt, es wäre sinnlos, das zu ignorieren.
Das bedeutet
nicht, daß alles was seíther passiert ist, richtig ist, es kann Irrtümer
gegeben haben, die man berichtigen muß. Aber es hat auch viele Errungenschaften
gegeben, die nicht mehr in Frage gestellt werden können. In diesen 50 Jahren
haben die Päpste, die aufeinander folgten (unterschiedlich aber in
substantieller Kontinuität) mit ihrem Lehramt die katholische Doktrin vertieft
(darf man das noch sagen?).
Mir scheint es
eher schwierig vorzugeben, daß man zur Periode zurückkehren könnte, die
unmittelbar auf das Konzil folgte, in der es legitim erschien, alles in Frage
zu stellen, so als ob man die schon seit langem entschiedenen Fragen noch
einmal neu beantworten müsse.
Und vor allem
heute die selben Rezepte vorzuschlagen wie vor 50 Jahren, so als ob sie niemals
angewandt worden wären, zeigt entweder einen bösen Willen oder einen Mangel an
Urteilsvermögen. Schieben wir den bösen Willen einmal beiseite, über den wir
nicht urteilen können, bleibt die Unfähigkeit sich umzusehen und die Geschichte
zu "lesen".
Wenn es wahr ist,
daß die Führer der Kirche die Rezepte, die damals vorgeschlagen wurden,
weggelegt und vorzogen haben dem holprigen Pfad der Tradition zu folgen, ist es
auch wahr, daß diese Rezepte auf lokaler Basis appliziert wurden. Und wir haben
gesehen mit welchen Ergebnissen. Denken wir an die Niederlande (dieses Jahr
besteht der Neue Katechismus seit 50 Jahren), Belgien, Frankreich, Deutschland,
man hätte erwarten können in diesen Ländern eine --- Kirche zu finden, aber man
sieht nichts als ... Wüsten.
Es gibt noch
einen anderen Aspekt, den die Erneuerer, denen es jetzt nach so vielen Jahren
gelungen ist, die Macht in der Kirche zu übernehmen, geneigt sind, zu
vernachlässigen.
Die Päpste, die
im Verlauf dieser Jahre einander folgten und ein imposantes corpus doctrinal
hinterlassen haben, ihre Spuren auch in der lebendigen Kirche hinterlassen
haben: sie haben Generationen von Gläubigen geformt, die sich auf unumkehrbare
Weise mit ihnen verbunden fühlen - als ihren Vätern.
Die jüngsten
Priester der Kirche von heute, wann haben sie die Berufung zum Priestertum
wahr- und angenommen?
Die Laien des
Famíly-Day - in welcher Kirche sind sie erwachsen und geformt worden?
Glauben Sie, daß
es leicht ist, diese Generation von Katholiken wegzuwischen, die gezeichnet
sind von dem, was die verschiedenen Päpste in ihnen hinterlassen haben?
Eine
wiederkehrende Anschuldigung aus dem Mund der Erneuerer ist, daß die
"alte" Kirche ideologisch sei. Sie machen sich nicht bewußt, daß
- wenn es eine Ideologie gibt - dann genau ihre Formeln und Denkmodelle, die
selben wie vor 50 Jahren sind.
Quelle: Senza peli
sulla lingua, Pater Scalese, Benoît XVI-et- moi
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