Montag, 20. November 2017

A. Gagliarducci versucht Papst Franziskus durch die lateinamerikanische Brille zu sehen

und das tut er in einer wöchentlichen Kolumne in "Monday in the Vatican".
Hier geht´s zum Original: klicken

"PAPST FRANZISKUS DURCH DIE LATEINAMERIKANISCHE LINSE BETRACHTEN"

"Wie können wir das Handeln von Papst Franziskus interpretieren? Guzman Carriquiry, langzeitiger Freund, der seit den Zeiten des Sel. Paul VI für den Hl. Stuhl gearbeitet hat und bei der Präsentation seines neuesten Buches " Erinnerung, Mut und Hoffnung. Im Licht der 200 Jahre Latein-Amerikas" sprach, hat Papst Franziskus so beschrieben: "Priester, zutiefst Priester; Jesuit und zutiefst Jesuit; Latein-Amerikaner und zutiefst Latein-Amerikaner."
Und dieser letzte Satz, daß er Latein-Aamerikaner ist, ist ein fundamentaler Schlüssel um Papst Franziskus zu interpretieren.

Wenn Papst Franziskus spricht-ist er von Latein-Amerika durchdrungen. Er hat die Vision einer Welt, die nach Erlösung sucht. Aber es ist auch die Vision einer Welt, die Gefühle und Konkreheit braucht.
Das kann man in einem anderen Buch sehen, das kürzlich erschienen ist, einer Sammlung von 4 Interviews mit Papst Franziskus von Hernan Reyes Alcalde.
Das Buch trägt den einfachen Titel : "Latino America" und iim Fokus steht die Beziehung des Papstes zu Latein-Amerika. Was Papst Franziskus wirklich denkt, kann man verstehen, wenn er über sein Heimatland spricht.
Hier die 4 Haupt-Gedanken:

Die Suche nach Erlösung
Zu allererst zeigt Papst Franziskus die Sehnsucht, ein überschattetes Volk zu erlösen, die sich dann in den Willen verwandelt, sie zu erlösen. Methol Ferré -Philosoph und enger Freund des Papstes- sagte, daß es 2005 "noch nicht Zeit für einen lateinamerikanischen Papst war". Daß jetzt die Zeit gekommen ist. Papst Franziskus gibt seinerseits zu. daß es 2005 keine andere Wahl gab als Ratzinger. Aber er behauptet auch, daß jetzt es jetzt Zeit ist, weiter zu blicken.

"Die Kirche" unterstreicht Franziskus im Vorwort "hat keine Erste-oder Zweite-Klasse Regionen. Wenn überhaupt, dann gibt es verschiedene kulturelle Ausdrucksformen.  In einigen Ländern und Ortskirchen scheint sie eine Art Überlegenheitsbewußtsein zu haben. Wenn man jedeoch in der Geschichte zurückblickt, stellt man fest, daß alle Ausdrucksformen Lichter sind."

Diese Worte lassen uns viele Dinge verstehen.
Zuerst: Papst Franziskus´Gründe den örtlichen Gegebenheiten -durch verschiedene Werkzeuge- immer mehr Gewicht zu geben: indem er Dokumente der Bischofskonferenzen in seiner Enzyklika und seinen Dokumenten zitiert; indem er darüber nachdenkt, den Ortskirchen mehr Themen zu übertragen und häufige Synoden einberuft.
Zweitens: Papst Franziskus Rationale dabei ist die Wahl neuer Kardinäle. Die Kardinäle kommen oft aus unbekannten Ecken der Erde, so daß sie die Kirche mit ihren verschiedenen Gesichtspunkten bereichern können.




Das Erbe von Aparecida
Die Konferenz von Aparecida 2007 ist immer noch ein zentraler Punkt für Papst Franziskus. Der Papst betont zwei Hauptzüge der Konferenz: daß sie in einem Schrein stattfand, dazu in einem Marianischen Schrein;und daß Aparecida mit einem Aufruf zur kontinentalen Mission endete.
Der Papst fügt eine Fußnote hinzu:
"Der in Aparecida gewählte modus operandi was der des "sehen, urteilen, handeln" jedoch "gab es beim Teil "sehen" Differenzen, weil einige Teilnehmer behaupteten, daß  es keine "aseptischen Blicke" gibt und deshalb wurde der Voschlag gemacht, die Bedeutung dieses "Sehens" dahingehend weiter zu spezifizieren "mit den Augen der Jünger zu sehen" wie es später in der Einleitung angegeben wurde."

Diese Notwendigkeit der Jüngerschaft ist ein anderes Thema, was während Papst Franziskus´ Pontifikat entwickelt wurde. Wie es immer entwickelt worden war, um die Kirche an die Außengrenzen zu bewegen- das ist missionarisch."

Pastorale Umkehr
Seit Beginn seines Pontifikates hat Papst Franziskus sehr oft die Notwendigkeit zu einer pastoralen Umkehr betont. Dieser Grundzug ist Teil der in Aparecida lanzierten kontinentalen Mission. "Wir sind auf halbem Weg zur pastoralen Umkehr" sagte der Papst.

Diese Überzeugung ist wahrscheinlich für das ständige Zielen des Papstes auf "Rigidität, spirituelle Weltlichkeit und den Terrorismus des Geschwätzes: die sind für ihn die Knoten, die gelöst werden müssen, um den Weg zur vollen pastoralen Umkehr zu vollenden.

Auch einige der Regierungsaktionen von Papst Franziskus scheinen Teile des Plans zu sein, die pastorale Umkehr zu blockieren, um zu zeigen, daß der Dienst nur Dienst ist und kein Weg, Karriere zu machen. KArdinal Müller, Präfekt der Glaubenskongregation bleicht nach 5 Jahren ohne Posten zurück und Kardinal Oscar Andrés R. Maradiaga, Korrdinator des Kardinalsrates, sagte, daß der Papst will, daß die Leute nicht länger als 10 Jahre in der Römischen Kurie dienen  und danach in ihre Diözesen zurückkehren sollten. Oft ohne Beförderung.

Wird das auch das Schicksal von Msgr. Guido Marini, des päpstlichen Zeremonienmeisters sein? Seine 10-Jahres-Amtszeit ist im Oktober abgelaufen, er hatte bereits eine Privataudienz beim Papst und es gibt das Gerücht, daß er bald in seine Heimat-Diözese Genua zurückgeschickt wird, vielleicht als Rektor des Madonna-della-Guardia-Schreins. Sicher ist es unwahrscheinlich- wie ein anderes Gerücht besagt- daß er zum Sekretär der Liturgiekongregation ernannt und in den Rang eines Erzbischofs erhoben wird. Msgr. Diego Giovanni Ravelli, Assistent des Zeremoniars, könnte Msgr. Marini ersetzen. Aber es ist sogar auch möglich, daß Msgr. Marini seine Stellung behält: er hat unter Papst Franziskusbrillant gearbeitet.

Der Öffnungsprozess
In Papst Franziskus´ Fall  wurde die pastorale Umkehr aus der Wachsamkeit des Lateinamerikanischen Volkes geboren. Das Bewußtsein ein Volk zu sein, etwas anderes aber nicht weniger würdiges als andere Völker und das sind sie voller Stolz. Dieses Bewußtsein ist eines der ergebnisse von Aparecida. "Es war eines dass Lateinamerika  nach den Konferenzen von Medellin,  Puebla oder Santo Domingo Lateinamerika anzuvertrauen. Etwas ganz anderes ist es, das nach Aparecida zu tun," sagt der Papst.

Papst Franziskus erinnert dann an das Aparecida-Dokument und betont, daß "in die Peripherien zu gehen, auch bedeutet, an die Peripherien des Denkens zu gehen, zu gehen und mit den Grenzen zu dialogisieren, die Bühne für eine Diskussion zu bereiten und keine Angst zu haben, mit jemandem zu sprechen, der die Dinge auf andere Weise sieht."

"Die Kultur der Begegnung" ist aus dieser Rationale geboren. Und diese "Kultur der Begegnung" ist manchmal voller political correctness, die Gefahr läuft, falsch interpretiert zu werden, Aber es ist für Papst Franziskus nicht wichtig, wessen Hauptaufgabe es ist den "Prozess zu eröffnen", wie er in "Evangelii Gaudium" feststellt.

Wie eröffnet er den Prozess? Z.B. durch Synoden. Synoden sind offene Prozesse, genau so wie es die Apostolische Exhortation "Amoris Laetitia" ist. Genau so wie die Kurienreform ein offener Prozess  ist, genau so die die dritte Abteilung des Staatssekretariates- die durch einen Brief am kardinal Pietro Parolin etabliert aber weder offiziell angekündigt wurde noch durch ein Motu Proprio in die Apostolische Konstitution "Pastor Bonus" eingefügt wurde.

Die Prozesse sind auch für größere Themen offen. Eine neue Beziehung zu China schien nie so nah wie jetzt, weil die Übereinkunft mit der Regierung zu den Bischofsernennungen fertig zu sein scheint. Aber das ist nicht der Fall, nicht wegen der heftigen Opposition von Leuten wie Kardinal Joseph Zen oder auch Erzbischof Savio Hon, dem früheren Sekretär der Kongregation zur Evangelisierung der Völker, der jetzt als  Nuntius nach Griechenland geschickt wird. Der Dialog mit China ist ein Prozess, der offen gehalten wird und Papst Franziskus ist immer willens, etwas fallen zu lassen- weil-wie er immer sagt- wir  nicht wegen der Bemerkung,"daß es immer so gemacht worden ist.
Die Gründe warum etwas vorher auf eine spezifische Art gemacht worden ist, werden nicht erwähnt, weil es der Meinung des Papstes nach wichtiger ist, Prozesse anzustoßen. 

Zu anderen offenen Prozessen des Pontifikates gehört auch der Dialog mit der Russisch Orthodoxen Kirche. Der Papst hat sich mit Patriarch Kyrill getroffen und es war das erste mal in der Geschichte , daß ein Papst den Moskauer Patriarchen trifft. Papst Franziskus interessierte es nicht, daß die Schlußerklärung, die zwischen dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit des Christen und dem Moskauer Patriarchat verhandelt wurde, zugunsten der Orthodoxen Seite ein bißchen unausgewogen war. Es sieht so aus, als sei der Papst diesbezüglich gewarnt worden warm und daß er sagte, das sei nicht wichtig, weil das Treffen wichtiger sei. Und das ist der Grund, warum er die Erklräung von jedem Bezug zur Politik frei halten wollte und sie als "pastoral" zu bezeichnen.

Andere Prozesse wurde mit dem Sunnitischen Islm eröffnet. Papst Franziskus stellte die Beziehungen mit der Sunnitischen Institution al-Ahzar wieder her, dessen Groß-Imam Ahmed al Tayeb  Papst Franziska letzte Woche zum drittenmal begegnete. Sogar im Fall des al-Azhar -Dialogs  ist es nicht wichtig, wei kontrovers al-Azhar war, wieviele Probleme während des Aufräumungsprozesses noch entstehen können. "Unser Treffen ist die Botschaft" sagte der Papst zum Groß-Imam, als der den Papst im Vatican besuchte.

Das sind nur einige von vielen Beispiele, Die Notwendigkeit Prozesse anzustoßen, ist in Wirklichkeit das innere Bedürfnis einer Kirche voran zu gehen und die koloniale Vergangenheit abzuwerfen.


Das pueblo
Alles führt auf die zentrale Wahrnehmung Papst Franziskus´Philosophie hin und das ist die lateinamerikanischste von allen: der Begriff pueblo. Volk.
Der Papst hängt der "Philosophie des Volkes" an, der er die "Theologie des Volkes" folgen ließ, die der Volksfrömmigkeit nahe steht.

Der Mythos "pueblo" erklärt der Papst in dem Buch- muß verstanden werden. Er kann nicht durch Logik erklärt werden. Er ist eine gemeinsame Identität eines sozialen und kulturellen Erbes. Er ist nicht automatisch sondern Resultat eines langen, schwierigen Prozesses." 

Papst Franziskus will auch die Unterschiede zwischen dem lateinamerikanischen und europäischen Populismus erklären, weil in Europa, das Wort Populismus "eine andere Bedeutung hat." Aus diesem Grund-sagt er- müssen wir das Adjektiv "populistisch" vom Adjektiv "populär" unterscheiden. "Populär ist" sagt der Papst "was immer versucht, das Gefühl, die Neigungen und die Kulktur des Volkes zu interpretieren" und das "hat nichts Falsches", aber es kann statt dessen die Basis für ein veränderndes und dauerhaften Projekt sein.

Papst Franziskus stellte fest, daß der Begriff Populismus "manchmal mit der Notwendigkeit in Verbindung gebracht wird dem populären Gefühl ein Ziel zu geben" , der so eine negative Konnotation bekommt, wenn er die Fähigkeit jemandes ausdrückt, die Kultur des Volkes politisch zu manipulieren zum Wohl ihrer eigenen Macht."

Aus diesem Grund spricht Papst Franziskus in Evangelium Gaudium von einem "verantwortlichen Populismus", der nicht auf soziale Pläne als endgütlige Antworten  schauen, weil die "Verteidigung der Schwächsten kein verantwortungsloser Populismus ist" und weil wir,"ohne diejenigen zu verteidigen, die vom System ausgeschlossen werden" ein "unverechtes System schaffen und die große Würde jedes menschlichen Wesens ignorieren."
Aber der Papst warnt, daß es keine Trennung zwischen "populärer und demokratischer Demokratie und Zielen" geben muß: beide werden in der Zukunft gebraucht."

Über jedes rhetorische Statement hinaus, sind das Volk und der lateinamerikanische Populismus zwei der Hauptthemen von Papst Franziskus und einer der Hauptschlüssel um den Papst zu interpretieren. Diese Aufmerksamkeit für das Volk wird bei manchen Entscheidungen essentiell: von Papst Franziskus´ Vorliebe für Bischöfe, die weniger Kulturkrieger sind sondern mehr Hirten, die Notwendigkeit gegenüber Skandalen eine eiserne Hand zu zeigen, sogar wenn die Skandal nur die Auswirkung  der Omnipräsenz der Medien ist.

Die Wahrnehmung von "pueblo" kann man feststellen, wenn der Papst über Hoffnung spricht. "Lateinamerikanische Hoffnung hat einige Namen: Brüderlichkeit, soziale Gerechtgkeit, Anerkennung der Würde der Person, Sohn eines Amerikanischen Landes, Sohn Gottes."

Diese vier Orientierungspunkte sind fundamental, um Papst Franziskus zu interpertieren. Nichts kann im Vatican auf die gleiche Weise gesehen werden, der an eine Geschichte und Tradition gebunden ist, die sich in Jahrtausenden entwickelt haben. Weder die Ernennungen, die pserönlichen Entscheidungen, noch die Art in der der Papst die Kirche leitet kann nach den früheren Modellen oder Methoden gelesen werden. 
Bei Papst Franziskus ist alles brandneu, mit einem Blick auf das pueblo, einem Blick auf die Mission, einem Blick auf Aparecida und einem Blick auf die Erlösung eines einst kolonisierten Volkes."

Quelle: Monday in The Vatican, A. Gagliarducci

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