Samstag, 10. März 2018

KIndereuthanasie - jetzt Alfie Evans

Tommaso Scandroglio kommentiert bei La Nuova Bussola Quotidiana ein Interview, das Msgr. Paglia, Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben der italienischen website "tempi it." zur Entscheidung englischer Ärzte und Richter, das Leben des kleinen Alfie Evans zu beenden, gegeben hat.
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EUTHANASIE

"MSGR. PAGLIA MACHT DEN WEG ZUR ERMORDUNG VON ALFIE FREI"
"In einem surrealen Interview legitimiert der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben die Entscheidung englischer Ärzte und Richter, das Beatmungsgerät abzuschalten, das den kleinen Alfie Evans am Leben erhält. Und unglaublicherweise stimmt er der Instrumentalisierung der Worte des Papstes zu, die der Richter benutzt hat, um gegenüber den katholischen Eltern seine Entscheidung zu rechtfertigen.
Der 21 Monate alte Alfie Evans leidet an einer wahrscheinlich genetisch bedingten schweren neurodegenerativen Erkrankung. Alfie bleibt nur noch wenig Zeit zu leben.
Nicht so sehr, weil seine Krankheit die ihm durch die Krankheit verbliebene Zeit überschritten hat, sondern weil der Oberste Gerichtshof von London - wie im Fall von Charlie Gard-entschieden hat, daß der Kleine getötet werden soll, indem das Beatmungsgerät abgestellt wird, das ihn am Leben erhält.
Richter Hayden hat den Fall so beenden wollen: "Ich bin überzeugt, daß die fortwährende Unterstützung durch ein Beatmungsgerät  nicht mehr in Alfies Interesse ist." Die Eltern haben dem widersprochen, aber bis jetzt ohne Erfolg.

"Tempi it." hat Msgr. Vicenzo Paglia, den Präsidenten der Päpstlichen Akademie für das Leben (PAV) zum Geschehen um den kleinen englischen Patienten interviewt.
Für Msgr. Paglia handelt es sich nicht um Euthanasie- nämlich Mord- sondern um die Verweigerung übermäßiger therapeutischer Bemühungen: "Von einer Beseitigung zu sprechen ist weder korrekt noch respektvoll.  Wenn die wiederholten medizinischen Konsultationen bewiesen haben, daß es keine passende Therapie für diese Lage gibt, in der sich der kleine Patient betrifft, zielt die getroffene Entscheidung nicht darauf ab, das Leben zu verkürzen, sondern eine Situation eines therapeutischen Übereifers zu beenden. Wie der Katechismus der Katholischen Kirche sagt, handelt es sich dabei um eine Option, die nicht darauf abzielt, den Tod hervorzurufen, sondern zu akzeptieren, daß man ihn nicht verhindern kann" (CC 2278)".



Also ist für den Präsidenten der PAV, einem Patienten zu ermöglichen, in einer Situation der Behinderung weiterzuleben, therapeutischer Furor.  Aber so ist es nicht.
Die Entscheidung der Ärzte und Richter sind de facto eine Entscheidung zur Euthanasie.

Das beweist ausgerechnet das Dokument "Iura et bona" der Glaubenskongregation, das Paglia in diesem Interview zitiert, ein Dokument, das folgende Definition von Euthanasie liefert;
"Unter Euthanasie versteht man eine Handlung oder ein Nichthandeln, das durch seine Natur oder durch seine Absicht den Tod herbeiführt, mit dem Ziel, jeden Schmerz zu beenden." (II)
Diese Definition paßt perfekt auf Alfies Fall, man will seinen Tod herbeiführen, indem man das Beatmungsgerät abschaltet, mit dem Ziel, ihm das (psychologische?) Leiden zu ersparen, in einer solchen Situation leben zu müssen.
Es handelt sich um Mord aus pietistischen Gründen.
So der Katechismus der Katholischen Kirche: "Was auch die Motive und die Mittel sind, Euthanasie besteht direkt darin, dem Leben von behinderten, kranken oder dem Tod nahen Menschen ein Ende zu setzen."
Eine Definition, die für Alfies Fall erdacht worden zu sein scheint.
Andererseits ist eine behinderte Person am Leben zu erhalten kein "therapeutischer Furor" wie Pagla behauptet, sondern ein Akt geschuldeter Versorgung.
Das sagt der Katechismus der Katholischen Kirche auf klare und ausdrückliche Weise in zwei Paragraphen, die denen von Paglia zitierten vorangehen: "Kranke oder behinderte Menschen müssen erhalten werden, damit sie so normal wie möglich leben können." (2276) Behinderte wie Alfie müssen unterstützt werden, nicht getötet,

Um "therapeutischen Furor" handelt es sich, wenn es zwischen den angewendeten Mitteln und dern erhofften Resultaten ein Mißverhältnis gibt. (CCC 2278). Dabei handelt es sich um nutzlose und vergebliche Behandlungen. Nun ist das Beatmungsgerät, das Alfie am Leben erhält, bzgl. des Zieles kein disproportioniertes Therapie-Mittel, sondern absolut proportional zum Ziel,  nämlich ihm Sauerstoff  zuzuführen und ihn so am Leben zu erhalten.
Das Beatmungsgerät ist nicht die Ursache für seinen sehr schlechten Gesundheitszustand - das ist seine Krankheit. Aber angenommen daß- um Paglias Worte aufzunehmen- sich herausgestellt hat, daß es keine wirksame Therapie für die Lage gibt, in der der kleine Patient sich befindet, dann beschließt man, ihn zu töten.

Man will den Kleinen sterben lassen, weil man ihm keine Besserung verschaffen kann, weil es keine heilende Therapie gibt. Die Entscheidung der Ärzte fußt auf dem Prinzip der Lebensqualität und nicht auf dem Respekt vor der Menschenwürde auch dieses Behinderten. Deshalb ist das Zitat der Nr. 2278  des Katechismus "man will den Tod nicht herbeiführen sondern muß anerkennen, daß man ihn nicht verhindern kann, weil man durch Einstellen der Beatmung den Tod herbeiführt, die ihn sehr gut verhindern könnte, ihn vielleicht hinauszögern, nach dem was menschenmöglich ist, und besonders nicht den Abbruch der assistierten Beatmung. Das ist, was Msgr. Paglia sagt- genau das Gegenteil dessen, was das Lehramt sagt.

Dann zitiert Msgr Paglia eine Rede von Pius XII aus den Jahre 1957 "für die Mitglieder des Italienischen Gregor-Mendel-Genetik-Institutes hielt- zu " Wiederbelebung und künstliche Beatmung" und bekräftigt, daß "Pius XII bereits 1957 feststellte, daß es Fälle gibt, in denen es legitim ist, die assistierende Beatmung abzubrechen."
In Wirklichkeit spricht der Pontifex in diesem Dokument u.a. den Abbruch der künstlichen Beatmung während einer Wiederbelebung an, ein Abbruch, der für moralisch legitim  betrachtet wird, wenn sie eine disproportionierte Therapie darstellt. Aber die assistierende Beatmung bei Alfie ist für die Ziele  -nach den von Pius XII festgelegten Prinzipien absolut angebracht.
Deshalb ist die Forderung nicht folgerichtig.
Folgerichtig dagegen ist in Alfies Fall die folgende, gerade zitierte Passage aus dem Dokument von Pius XII  "Die natürliche Vernunft und die christliche Moral sagen, daß der Mensch (und jeder, der für seinen Nächsten sorgt) das Recht und die Pflicht hat, im Falle einer schweren Krankheit die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um sein Leben und seine Gesundheit zu  bewahren"

Msgr. Paglia wagt sich darüber hinaus auch auf juristisches Gebiet.. Auf den Einspruch des Journalisten Valerio Pece angesichts der Tatsache, daß die englischen Richter die Worte das Papstes instrumentalisierten und sie im Urteil zitierten, formulierte Paglia eine Überlegung mit leicht theokratischem Hauch, die das Tun der englischen Amtsrichter entschuldigte.
"Der Richter, der bedachte, daß die Eltern Katholiken sind, beschloss auch die Position der Kirche zu untersuchen. Und er hat sich auf drei Thesen bezogen, die untereinander völlig übereinstimmen: den Katechismus das Dokument der Glaubenskongregation zur Euthanasie von 1980 und die Rede des Papstes von 2017"
Aber die Amtsrichter sind- besonders nach der Katholischen Lehre-angehalten, auf Grund des Zivilrechts zu urteilen-das sicher vom Naturrecht inspiriert ist, und das auch das Erbe der Katholischen Kirche ist- und nicht auf Basis des Katechismus.
Diese Wendung des Richters, irgendwelche Kirchendokumente zur Instrumentalisierung zu benutzen, um den Eltern unter dem Vorwand, daß sie katholisch sind, Sachen zu sagen, war also schlau und ungerecht.
Wenn wir- strenggenommen- dem Applaus zustimmen, den der Präsident der PAV dieser juristischen Äußerung theologischen Charakters spendet, müßten wir von den Richtern verlangen, daß sie in Fällen, die islamische Bürger betreffen, auch den Koran und die Scharia heranziehen.
Cuius religio eius ius.

Schließlich äußert sich Paglia zum jüngsten Gesetz zu den Dat (Gesetz zum Lebensende). Er wurde vom Interviewer an das kühne -weil positive- Urteil über das Gesetz erinnert, das die Studiengruppe der Jesuiten zur Bioethik formuliert und in"Aggiornamenti sociali" veröffentlicht hat, ein Gesetz - das nach Aussagen dieser Gruppe"viele positive Elemente enthält und einen ausreichend ausgewogenen Standpunkt für Meditationen darstellt, dem man zustimmen kann."
Paglia kritisiert diese Wertung nicht, aber zitiert erneut ein Urteil, das der Verwaltungsrat der Vereinigung Katholischer Italienischer Juristen formuliert hat: "Der Vorwand, dem Gesetz eine Euthanasie-Lesart zu geben, ist willkürlich und gegen den Geist des Gesetzes selber".
Also legitimiert das Gesetz zu den Dat für Paglia die Euthanasie nicht. Dieses Urteil aber ist unbegründet. wie wir in diesen Kolumnen mehrmals erklärt haben.
(hier, hier, hier, hier und hier).

Schließlich scheint der Präsident der PAV sei es die Hegelsche Dialektik sei es auch die phänomenologische Ethik zu akzeptieren. "Bei Themen, die spezifiische Kenntnisse erfordern und das Leben sei es der Person sei es der Gesellschaft  betreffen, reifen die Ideen im Dialog und in der Begegnung, auch im Inneren der kirchlichen Gemeinschaft. 
Die Meinungsvielfalt in der Kirche stellt einen Reichtum dar. [...] Die Gesetze eines Staates stellen einen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Positionen dar,"
Wahr isr- wie Paglia behauptet- daß heute Ideen oft im Dialog reifen, daß aber aus diesem Grund nicht alle im Dialog gereiften Ideen akzeptiert werden müssen. Ebenso sind Meinungsverschiedenheiten ein Reichtum, wenn sie alle wahr sind und sie sich nur durch die Art unterscheiden, wie man das Gute lebt.

Es ist wahr, wie Paglia behauptet, dass heute Ideen oft im Dialog reifen, aber nicht aus diesem Grund alle im Dialog gereiften Ideen akzeptiert werden sollen. Ebenso sind Meinungsverschiedenheiten ein Reichtum, wenn sie alle wahr sind und sich nur durch die Art unterscheiden, wie man das Gute lebt.
Auf gleiche Weise ist die Tatsache unbestreitbar, daß die Gesetze besonder heute einen Kompromiss darstellen, aber einen Kompromiss bei nicht verhandelbaren Prinzipien. 
Kurz gesagt,es scheint, daß für Paglia der beschreibende Moment mit dem vorschreibenden Moment übereinstimmt, das heißt, daß es gut ist, daß Dialog und Konfrontation innerhalb und außerhalb des Parlamentes entscheiden, weil es so gemacht wird. Aber Dialog und Konfrontation sind nicht die vom Lehramt angegebenen Quellen der Moral (KKK 1750, Veritatis Splendor, Johannes Paul II, Nr.78).

Quelle: La Nuova Bussola Quotidiana, T. Scandroglio

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