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"PAPST FRANZISKUS, ERGEBNISSE DER NACH AUSSEN GERICHTETEN KIRCHE"
Der Staatssekretär des Vaticans, Kardinal Pietro Parolin, hat in der vergangenen Woche am Bilderberg.Treffen teilgenommen. Seine Anwesenheit kann von zwei verschiedenen Standpunkten aus betrachtet werden. In beiden Fällen ist sie ein klarer Indikator für die Wirkung der Kirche in der Welt.
Die Bilderberg-Treffen sind Treffen von Finanz-Experten, Unternehmern, Medienvertretern, Wirtschaftsfachleuten und Politikern nach Chatham-House.Regeln (was bedeutet, daß der Informationsaustausch nur ohne Zuschreibung genutzt werden kann).
Das erste Treffen, nach dem die Gruppe benannt wurde, fand 1954 im Hotel Bilderberg statt.
Das war zur Zeit des Kalten Krieges und hatte das Ziel, die Beziehungen Europas mit den USA zu stärken. Als der Kalte Krieg endete, wurde es ein informelles Forum, das abwechselnd auf beiden Seiten des Ozeans statfindet und jedes Jahr Themen von Weltinteresse diskutiert.
Die Bilderberg-Gruppe wurde mit einer "Schattenregierung der Neuen Weltordnung" gleichgesetzt. Bei jedem Treffen fanden Proteste statt. Die Aura einer geheimen Macht der Gruppe stammt von der Tatsache, daß die Eingeladenen immer sehr einflußreiche Leute sind und die Gespräche vertraulich.
Es ist offensichtlich, daß die Treffen Netzwerke und Beziehungen gegenseitigen Vertrauens einer kleinen Gruppe von Leuten mit großer Entscheidungsmacht generieren. Es ist ebenso offensichtlich, daß das Konsequenzen haben kann.
Nach den online zur Verfügung stehenden Listen hat nie ein Vertreter des Hl. Stuhls an den Treffen teilgenommen. Und selbst wenn Vatican-Mitarbeiter teilgenommen hätten, wäre keiner von ihnen im Rang des Vatican-Staatssekretärs gewesen.
Andererseits hat der Hl. Stuhl immer vermieden, Teil eines "Geheim-Clubs" zu sein. In der Vergangenheit hat der Hl. Stuhl Organisationen wie G8 oder G20 wegen des elitären Charakters dieser Gruppen kritisiert, sogar obwohl es Treffen von Staaten und nicht von Privatleuten waren.
Nach dem Hl. Stuhl hat jeder das Recht, gehört zu werden.
Die Entscheidung Kardinal Parolins, die Einladung anzunehmen, verblüfft. Jedenfalls sollte man-wenn man die Einladung annimmt, wissen, was man sagen will.
Einerseits ist die Bilderberg-Einladung für Kardinal Parolin ein Zeichen dafür, daß die säkulare Welt die Katholische Kirche als moralische Autorität betrachtet, die keiner- aber besonders die Eliten- unterschätzen sollte.
Papst Franziskus´ Enzyklika Laudato Si´, die hauptsächlich wegen ihrer poltiischen Teile und nicht wegen ihrer Katholischen Passagen gelesen wurde, wurde als eine Art Pflichtlektüre für Politiker, Diplomaten und Wirtschaftsfachleute angesehen, die in ihren Reden vielfach Auszüge daraus benutzen.
Ebenso wurden die politischeren Passagen der Reden von Papst Franziskus vom 25. November 2014 vor den Europäischen Institutionen in Straßburg unter den Parlaments-Mitgliedern verteilt, die sich de facto nicht auf die Christliche Botschaft konzentrierten, obwohl sie in den Reden vorkam.
Diese politische Überlegung führte zu der Idee, Papst Franziskus 2016 mit dem Karls-Preis auszuzeichnen, der jedes Jahr Persönlichkeiten verliehen wird, die zum Aufbau einer Europäischen Identität beigetragen haben. Schaut man auf die Reden, die bei der Preisverleihung gehalten wurden, wurde die Rolle der Kirche als Anwältin der Armen und ihre Fähigkeit, Nationen eine Identität zu verleihen, hervorgehoben,
Das war besonders das Thema der Rede des damaligen Präsidenten des Europäischen Parlamentes Martin Schulz. Es war der selbe Schulz, der dem Europäischen Parlament vorsaß, als die Veröffentlichung nach dem Besuch des Papstes 2014 nicht die Ausschnitte über Abtreibing und Euhanasie hervorhob.
Das Interesse der säkularenWelt an Religion ist meistens politisch motiviert. Dessen ist sich der Hl. Stuhl vollkommen bewußt. Nach dem Gebet für Frieden im Mittleren Osten im Juni 2014 in den Vaticanischen Gärten besuchte Shimon Perez den Papst und schlug ihm vor, eine UN der Religionen zu gründen, ein Super-Parlament, dessen Mitglieder Religionvertreter und- Führer sein sollten. Papst Franziskus nahm sich Zeit.
Nach den Terror-Attacken von Rouen und der Ermordung von Pater Jacques Hamel, berief der damalige Präsident Francois Hollande Religiöse Führer ins Präsidenten-Palais. Er suchte damit nicht die Zusammenarbeit, sondern hatte in den Religionen mögliche Mittel für eine Selbstverteidigung der Gesellschaft identifiziert.
Es ist offensichtlich, daß Relgionen eine Rolle in der Gesellschaft haben und daß die säkulare Welt nicht zögert, diese Rolle auszubeuten, wenn sie sie für manche Ziele für nützlich hält. Trotzdem haben sie kein Problem damit, die religiösen Gefühle zu ignorieren, wenn die sich gegen staatliche Pläne richtet oder Entscheidungen des Mainstreamdenkens.
Der Einfluß der religiösen Gefühlen zugeschrieben wird, wird wahrscheinlich zur Einladung von Kardinal Parolin zu Bilderberg geführt haben. Und Kardinal Parolin hat wahrscheinlich wegen der Rationale angenommen, in einen Dialog einzutreten, anwesend zu sein und die Stimme der Kirche zu erheben. Das trifft für jeden Ort zu: auf das Weltwirtschaftsforum in Davos, wo Kardinal Parolin eine offizielle Rede hielt, ebenso wie auf Bilderberg, wo die Stimme Kardinal Parolin aus Gründen der Vertraulichkeit schweigen muß.
Das ist ein gültiger Gesichtspunkt. Aber andererseits gibt es einen ebenso gültigen Gesichtspunkt, der den anderen nicht ausschließt. Und das ist der, daß die Teilnahme von Kardinal Parolin am Bilderberg-Treffen ein Zeichen dafür ist, daß die Kirche von der säkularen Welt besiegt wurde.
Es ist keine Frage der kulturellen Hegemonie, wie man leicht behaupten könnte. Am Ende forderte sogar Benedikt XVI eine weniger weltliche Kirche, Gott nicht aus dem Blick zu verlieren mitten im Reichtum und den Aktivitäten.
Jetzt hat das Thema der besiegten Kirche jedoch ihren Grund. Die Kirche hat sich immer als außerordentlich prophetisch erwiesen. Im Namen Jesu Christi gingen Missionare in die ganze Welt. Sie haben nicht nur bekehrt. Sie haben eine Zivilisation aufgebaut. Von den Reducciones der Jesuiten in Latein Amerika bis zum außerordentlichen Gesundheitssystem in Afrika und der ersten Codifizierung der Menschenrechte durch die Dominikaner-Pater der Schule von Salamanca, die Kirche hat immer Gesellschaft aufgebaut und versucht das Ideal der Stadt Gottes zu verwirklichen.
Das Christentum war so sehr Zivilisationsgründer, daß eine kürzlich durchgeführte Umfrage zur Religion in Westeuropa zum Ergebnis kam, daß die Christliche Identität ein "mächtiges Kennzeichen der Europäischen Identität" ist, obwohl die Zahl der Praktizierenden abnimmt.
Die Kirche war immer etwas, was über die Organisation von Staaten der säkularen Welt hinausging. Sie blieb unabhängig von jeder weltlichen Macht, weil sie unter einer größeren Rationale stand. Ihre Mitglieder nahmen am Aufbau der säkularen Welt teil, aber sie blickten weiter als auf die reine Macht.
Die Freiheit der Katholischen Kirche ist unter großen Kosten aufrecht erhalten worden, weil jeder ihr entgegenstand und sie bekämpfte und materialistischere oder säkularisiertere Form des Christentums vorzog, wie Protestantismus oder Orthodoxie- letztere ist sehr mit der Staatsmacht verbunden.
Am Ende ist die Kirche in der Welt aber nicht von der Welt. Die Katholische Kirche kann weder als einer von vielen Feldspielern angesehen noch als solche wahrgenommen werden. Sogar wenn der Hl. Stuhl zugunsten des Allgemeinswohls akzeptiert hat, die internationale Arena zu betreten, hat sie ihre Besonderheiten behalten und sogar harte Kritik geübt, wenn es nötig war.
Die Kirche ist mit einer präzisen Strategie in die internationalen Organisationen eingetreten, nicht um an irgendeinem "Eliteclub" teilzunehmen. Wo das geschah, war es weil Kirchenmitglieder auf einer pserönlichen Ebene handelten. Das ist bei einem Vaticanischen Staatssekretär anders: sogar wenn er auf einer persönlichen Ebene teilnimmt, trägt er das Gewicht seiner Stellung, die- de facto- den Hl. Stuhl repräsentiert.
Kardinal Parolins Gegenwart bestätigt am Ende, daß die Kirche nur einer von vielen Mitspielern geworden ist. Ein Mitspieler, der dazu berufen ist, mit jedem zu dialogisieren, im Bewußtsein, daß Ideale nicht erreicht werden können. Außerdem: daß die Einladung in einen Elite-Club angenommen werden muß, um in der Lage zu sein, für den Menschen und das Allgemeinwohl zu sprechen.
Generell kann diese Rationale auf jedes andere Thema angewendet werden.
Deswegen kann es auf einen möglichen Deal des Hl. Stuhls mit China für die Ernennung von Bischöfen angewendet werden. Das Übereinkommen ist nötig, um die Chinesischen Katholiken zu schützen, aber gleichzeitig besteht die Gefahr eines zu großen Kompromisses für die Freiheit der Kirche: China hält das Handgriff des Messers in der Hand und jedesmal, wenn der Hl. Stuhl seine Hand ausstreckt, blutet er durch den Kontakt mit der Klinge.
Die selbe Rationale wird angewandt, wenn gesagt wird, daß die Kirche den Erfordernissen der Gesellschaften entgegenkommen muß und manchmal vermeidet sie es auch, ihre Ansichten zu manchen Themen zu äußern, als ob eine Welt, die der Kirchenlogik entspricht, nicht erwartet werden könne.
Die gleiche Rationale trifft auch auf das Thema "Kommunion für protestantische Ehepartner" zu, das in Deutschland breit diskutiert wird,- die Bischofskonferenz hat die Möglichkeit dazu geöffnet, eine Gruppe von Bischöfen hat dann an Rom appelliert und es gab ein Treffen mit der Glaubenskongregation in Rom, das zu einem Zwischenbericht führte. Am Ende hat Papst Franziskus jede Möglichkeit gestoppt und das führte zu einer starken Reaktion der von Kardinal R. Marx geleiteten DBK. Zur selben Zeit machte der Brief der Glaubenskongregation die Entscheidung von Papst Franziskus bekannt, daß die "Vorschläge nicht ausgreift seien."
Eine verborgene Bedeutung dessen könnte sein, daß sich die Bedingungen ändern und Raum für weitere Diskussionen lassen, das wird sicher eintreffen. Das ist ein rhetorischer Rückgriff, der benutzt wird, um nicht allzu viel Unzufriedenheit zu erzeugen und gleichzeitig die Wahrheit des Lehramtes zu bestätigen, Verwirrung unter den Gläubigen zu vermeiden, das Thema einer möglichen Verwirrung -so sagen Gerüchte- wurde stark von Bischof Arborelius, dem Erzbischof von Stockholm befürwortet, weil Schweden ein Ort ist, an dem die Protestantische Reformation den Katholizismus gewaltsam überwand.
Es mag so aussehen, als hätten alle dies Themen nichts miteinander zu tun, aber sie sind Teil der selben Rationale.
Papst Franziskus predigt immer den Dialog, die Kultur der Begegnung und der Evangelisierung durch Anziehung. Alle diese Dinge sind sehr nötig. Aber sie ersetzen nicht den missionarischen Eifer. Anwesenheit in den Peripherien und materielle Hilfe, die die Kirche immer im Namen des Allgemeinwohls, auf dem die Zivilisation aufgebaut ist, angeboten hat, können nicht der einzige Weg sein, das Evangelium zu verbreiten.
So wurde Korea beispielsweise von Laien missioniert. Philosophen die Gott suchten und in der Person Jesu Christi den passenden Glauben fanden.Und sie fanden ihn während einer Reise nach China, das jetzt ein Land des Atheistischen Kommunismus ist.
Fr. Piero Gheddo- ein außerordentlicher Langzeit-Missionar- hat das Thema aufgebracht. Als ein großes Italienisches Missions-Magazin eingestellt wurde, sagte er, daß es einen Mangel an missionarischem Eifer fehle, weil die soziale Agenda die Verkündung des Evangeliums ersetzt hat.
Am Ende befindet sich ein so auf Mission fokussiertes Pontifikat, das auch die Päpstliche Exhortation zum Lob der Alltagsheiligkeit präsentiert, jetzt offensichtlich von einem fast untergeordneten Standpunkt aus im Dialog mit der Welt ist und so auf seine Rolle verzichtet, die Gesellschaft dazu zu inspirieren, die Kirche über alles zu stellen.
In der Welt aber nicht von der Welt-sagt das Evangelium."
Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci
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