Montag, 16. Juli 2018

Das Ende einer Ära. A. Gagliarducci zum Tod Kardinal Taurans.

Heute erinnert A. Gagliarducci bei Monday in the Vatican an den verstorbenen Kurienkardinal Jean Louis Tauran. Hier geht´s zum Original:  Klicken


"ERINNERUNGEN AN KARDINAL JEAN LOUIS TAURAN"

"Der Tod Kardinal Jean-Lois Taurans kann als das Ende einer Ära betrachtet werden: das eines bedeutenden Vatican-Diplomaten, eines kulttivieren Kirchenmannes mit der Fähigkeit Brücken zu bauen, die den Heiligen Stuhl mehr als 30 Jahre definiert hat. 

Seit 2007 war Kardinal Tauran Präsident des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog und hat in diesem Amt sehr wichtige Erfolge erreicht.

Während Daesh im August 2014 den Irak in Brand setzte, rief Kardinal Tauran alle Dialogpartner dazu auf, die Taten des selbsternannten Kaliphats zu verurteilen.

Einige Monate später formulierte Kardinal Tauran eine Erklärung, die besagte, daß ein Dialog mit dem Islam nicht nur noch nötig ist sondern ein Muss ist.

Es war Kardinal Tauran, der Beziehungen zur Sunnitischen Al Azhar-Universität herstellte, die den Weg für den Besuch von Papst Franziskus in Ägypten pflasterten und es war der selbe Kardinal Tauran, der in einer historischen Reise nach Saudi Arabien reiste, in einer letzten einer Serie von Anstrengung vor der Verschlimmerung der Krankheit, die zu seinem Tod führte.

Alle diese Erfolge entstammten seiner diplomatischen Ausbildung. Während der 80-er Jahre diente er in den Nuntiaturen von Santo Domingo und Libanon. Während der 90-er war er Untersekretär und dann Sekretär des Hl. Stuhls für die Beziehungen mit den Staaten (d.h. stellvertretender Außenminister und Außenminister des Vaticans).
Dann wurde zum Bibliothekar für die Vatican-Bibliothek berufen und Benedikt XVI setzte ihn an die Spitze des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog und ernannte ihn auch zum Präsidenten der Kommission für die Religiösen Beziehungen zum Islam.

Es war keine leichte Zeit für die Muslimisch-Katholischen Beziehungen. Die Regenburger Rede im September 2006 entfachte Kontroversen, Diskussionen und Beschuldigungen. Die Vorlesung war jedoch auch Grundlage einer Bewegung Muslimische Intellektueller , die sich um die Hauptrepräsentanten des Jordanischen Königshauses sammelten, die einen Brief- den sog. Brief der 138- der eine bis dahin für unmöglich gehaltene Dialogrunde eröffnete.




Zu Beginn seines Pontifikates hatte Benedikt XVI darüber nachgedacht, den Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog im Päpstlichen Rat für Kultur unter einem einzigen Präsidenten aufgehen zu lassen. Statt dessen machte er Kardinal Tauran zum Schlüssel des Dialogs.

Das war ein Signal, weil der Weg der Begegnung diplomatische Finesse und große Kultur erfordert, um die Wahrheit des Glaubens zu bewahren.

Seit dieser Ernennung begann Kardinal Tauran an der Diplomatie der Begegnung zu arbeiten, die er als Diplomatie der Wahrheit interpretierte. Das heißt: Dialog ist wichtig aber Dialog kann nicht auf Kosten des Glaubens stattfinden.

Kardinal Tauran arbeitete auf einer klaren Linie und seine Klarheit gewann ihm die Wertschätzung un die Freundschaft vieler. Der erste Kontakt mit Saudi Arabien geht auf die KAICHID-Foundation von 2012 zurück, das von der Saudischen Herrscherfamilie gegründete Wiener Zentrum für Interreligiösen Dialog, bei dem der Hl. Stuhl als Beobachter wirkt.
Dieses Zentrum war der erste Schritt auf dem Weg, der Kardinal Tauran im vergangenen April zum Besuch in Saudi Arabien führte. Dort feierte er auch eine Messe für die Katholische Gemeinde. Er setzte so eine wichtige Wegmarke in einem Land, in dem Gottesdienste von Nicht-Muslimen toleriert aber nicht öffentlich praktiziert werden. Dieses Zeichen war sogar noch bedeutender, wenn man bedenkt, daß Kardinal Boutros Bechara Rai, der Maronitische Patriarch, während seines Besuches in Saudi Arabien Ende 2017 keine Messe zelebrierte.

Kardinal Tauran hat immer die Linien und konkrete Punkte der Beziehung zwischen dem Christentum und anderen Religionen ausgearbeitet. Hatte er die einmal definiert, entwickelte er sie nach einem Stil, der auch einem diplomatischen Modell folgte, weiter.

Dieser modus operandi liegt der Restaurierung der Beziehungen mit der Sunnitischen Welt Ägyptens zugrunde. Nachdem der Päpstliche Rat für den Interreligiösen Dialog einen ersten  Besuch bei Al Azhar machte, hat Papst Franziskus den Groß-Imam al Tayyeb dreimal getroffen und ist nach Ägypten gereist, undenkbar, nachdem Benedikt XVI 2010 die weihnachtlichen Angriffe auf Christen verurteilt und den Zorn der damaligen ägyptischen Regierung ausgelöst hatte.

Nicht zufällig hat Papst Franziskus immer große Stücke auf Kardinal Tauran gehalten und ihn im Aufsichtsrat der Kardinäle der IOR beahlten, als einziges Mitglied aus dem vorangegangenen Aufsichtsrat. Allgemein gesehen, haben alle Päpste Kardinal Taurans Arbeit gewürdigt.

Es überrascht nicht, daß sich jeder mit Liebe an ihn erinnert, sowohl als Meister des Dialogs als auch als Meister der Wahrheit, Verteidiger der Kirche, als zuverlässigen Partner seiner Gesprächspartner und als wahren Katholischen Priester.

Jetzt- nach seinem Tod- erheben sich viele Fragen.

Die erste: Wer wird ihn an der Spitze des Dikasteriums ersetzen? Als Brücke zwischen alt und neu konnte Kardinal Tauran auf ein Franziskus-Mann werden, obwohl er derselbe blieb, dessen Karriere unter Johannes Paul II und Benedikt XVI voran ging. das Profil des neuen Präsidenten des Dikasteriums wie eine Menge über seine Zukunft aussagen: wird der neue Leiter ein anderer - oder einer sein. der schon in einem Spezialgebiet des Dialogs gearbeitet hat? 

Die zweite Frage betrifft die Zukunft des Dikasteriums. Bis jetzt ist der Päpstliche Rat für Interreligiösen Dialog in keinen Reformplan aufgenommen worden. Dinge können sich ändern.
Kardinal Tauran besaß die nötige Persönlichkeit m das Dikasterium im Gleichgewicht zwischen den Notwendigkeiten der Diplomatie und des Dialogs zu halten. Wird das Staatssekretariat bei manchen Themen mehr Kontrolle übernehmen oder wenigstens bei der Vorbereitung einiger Themen? Wird das Dikasterium seine Vorrechte behalten? Oder wird das Dikasterium mit dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen zusammen gelegt?

Eine dritte Frage betrifft die Zukunft des interreligiösen Dialogs. Bei Kardinal Tauran setzte der Dialog auf den Weg der Wahrheit, sogar wenn die Wahrnehmung der Kultur der Begegnung zu einer pragmatischen Annäherung an eine Auswahl von Gebieten gebracht wurde, die Kongroversen vermied. Welchen Weg wird der Papst beschreiten?

Diese drei Fragen bleiben und sie handeln von der Zukunft des Hl. Stuhls selbst.

Mit dem Tod Kardinal Taurans geht am Ende einer der überlebensgroßen französischen Persönlichkeiten der 90-er verloren. Die anderen beiden sind Kardinal Roger Etchegaray und Kardinal Paul Poupard, beide emeritiert, beide außerordentliche Brückenbauer: Kardinal Etchegaray ebnete den Weg für die Beziehungen zu Kuba, Kardinal Poupard jene zu den Sowjetischen Ländern.

Beide wahren von Grund auf überzeugt, daß die Katholische Kultur der Weg der Zukunft ist. Beide haben auf den Dialog gesetzt, um eine reale Präsenz der Kirche in der Welt zu bauen. 
Vielleicht ist der Tod von Kardinal Tauran ein Zeichen dafür, daß- wo die Hauptcharaktere dieser Ära sterben- eine neue Ära aufscheint, in der die Kirche immer weniger Mitspieler auf deröffentlichen Bühne sein wird."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican

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