Montag, 14. Januar 2019

Gagliarducci: "Das Ende-der- Welt-Gefühl ist zurück."

In seiner heutigen, allmontäglichen Kolumne bei Monday in the Vatican befaßt sich A. Gagliarducci  mit den möglichen Auswirkungen der -bisher erst gerüchteweise bekannt gewordenen- möglichen "Reform"pläne des Papstes bzgl. der Präfektur des Päpstlichen Hauses.
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"PAPST FRANZISKUS,  DAS ENDE EINER WELT?"


"Papst Franziskus´ Pontifikat scheint Fahrt aufgenommen zu haben. Nicht nur wegen des für 2019 geplanten Reiseterminkalenders, der bereits - obwohl noch unvollständig- eng zu sein scheint. Nicht nur wegen der Veränderungen in der Kommunikationsabteilung des Vaticans. Und nicht nur wegen der Gerüchte, daß der Papst die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei, die die Beziehungen zur traditionalistischen Welt aufrecht erhielt, schließen wird.

Die jüngsten Gerüchte besagen, daß Papst Franziskus die Präfektur des Päpstlichen Hauses schließen will. Viele unterschätzen dieses Thema. Wenn das jedoch passieren sollte, könnten 1800 Jahre Geschichte mit einem Federstrich zunichte gemacht werden.

Die Gerüchte fahren fort, daß die Präfektur des Päpstlichen Hauses dann vom Staatssekretriat absorbiert würde. De facto würde der Päpstliche Haushalt nicht länger existieren.  Das ist kein geringfügiges Thema.

Laut der Webseite des Vaticans hat die Präfektur die Aufgabe, die Dienste des Vorzimmers zu 
koordinieren und die offiziellen Audienzen zu organisieren, die Seine Heiligkeit den Staatsoberhäuptern, Regierungschefs, Regierungsministern und anderen Würdenträgern wie auch den Botschaftern, die nach Rom kommen, um ihre Beglaubigungsschreiben zu präsentieren, gewährt.

Die Präfektur- so liest man- "kümmert sich um die Vorbereitungen aller privaten, speziellen und allgemeinen Audienzen- und Besuche jener, die vom Hl. Vater formell empfangen werden. Sie ist auch dafür verantwortlich, die päpstlichen Zeremonien -außer den liturgischen Feiern- zu organisieren, ebenso wie die Spirituellen Exerzitien des Hl. Vaters und des Kardinalskollegiums der Römischen Kurie."

Und schließlich "die Präfektur sorgt jedes mal , wenn der Hl. Vater den Apostolischen Palast verläßt, um die Stadt Rom zu besuchen oder innerhalb Italiens zu reisen,  für die angemessenen Vorkehrungen."




Alle diese Aufgaben sind hauptsächlich organisatorischer Art und man könnten denken, die könnte auch der Protokoll-Chef erledigen. Aber in Wirklichkeit ist da viel mehr.

Die Präfektur des Päpstlichen Hauses ist die direkte Erbin des Päpstlichen Hofes und wurde das Motu Proprio von 1968 "Pontificalis Domus" vom Hl. Paul VI in Präfektur des Päpstlichen Hauses umbenannt.

Viele sagen, daß durch das Motu Proprio des Hl. Pauls VI der Päpstliche Hof abgeschafft wurde. Das ist nicht wahr. Das Motu proprio hat die Institution einfach umgewandelt.

Der Päpstliche Hof war tatsächlich in die Päpstliche Kapelle, die dem Papst in seiner Funktion als spiritueller Vater der Katholiken und der Kirche unterstützte, und die Päpstliche Familie unterteilt, die dem Papst bei seinen zeitlichen Aufgaben als Souverän der Kirche und als Staatsoberhaupt aber auch bei seinen täglichen Aktivitäten half.

Der Hof selber war in historischen Gründen verwurzelt und war der Ausdruck der religiösen Realität rund um den Papst. Jede Geste, jede Handlung mußte an die religiöse Bedeutung gebunden sein.


Würde der Päpstliche Haushalt verschwinden, würde diese durch die Geschichte gegebene religiöse Bedeutung verloren gehen.

Jeder Besuch eines Staatsoberhauptes beim Papst würde dann auf ein staatliches Protokoll reduziert, das keine Erinnerung an seine Verbindungen zu einem religiösen Hintergrund besitzt. Alles würde zu einer reinen, zutiefst weltlichen Bürokratie. Und Weltlichkeit ist zur Zeit der Teufel, den PApst Franziskus am meisten bekämpft.

Weltlichkeit ist am Ende nicht mit dem Gebrauch von Symbolen verbunden, Sie findet statt, wenn Symbole vernachlässigt und als bloße Überreste der Vergangenheit betrachtet werden. Aber nichts in der Kirche ist ein Überrest der Vergangenheit. Alles hat einen Sinn. 

Paul VI wußte das gut und deshalb ist es falsch zu sagen, daß Paul VI den Päpstlichen Hof abgeschafft hat. Eher wollte Paul VI den Hof in den Päpstlichen Haushalt entwickeln, ohne mit der Vergangenheit zu brechen, wie der Apostolische Brief von 1968 Pontificalis Domus zeigt.

Der Brief beginnt mit der Erklärung, daß der Päpstliche Haushalt im Verlauf der Jahrhunderte sich nach einem langen, abwechslungsreichen und komplexen Prozess strukturiert wurde, um auf die vielen Bedürfnisse der Person und der Mission des Papstes zu antworten."

Der Hof ist immer- schrieb Paul VI- eine "würdevolle und nützliche mit dem Stuhl Petri verbundene Körperschaft  gewesen, der das spirituelle Zentrum der Katholischen Kirche ist und Sitz des Stellverteters Jesu Christi auf Erden."

Paul VI stellt fest. daß der Papst das "sichtbare Oberhaupt der Katholischen Kirche und Souverän eines weltlichen Staates ist, der von den zivilen Autoritäten vieler Menschen anerkannt wird". In der Folge haben die Päpste "gläubige, passende und fähige Leute"  sowohl im kleriaklen als auch im säkularen Bereich ausgewählt, in der Lage sowohl auf die Bedürfnisse des liturgischen Dienstes als auch des weltlichen Staates zu antworten.

Paul VI bemerkte, daß viele dieser Aufgaben des Päpstlichen Hauses auf Grund geschichtlicher Veränderungen manche ihrer Privilegien verloren haben und daß sich auch die religiöse Mission des Römischen Pontifikates verändert hat.

Das war der Grund, aus dem der Papst die Entscheidung traf, den päpstlichen Hof zu reformieren.

Am Ende schrieb Paul VI, daß die Kirche nach dem II. vaticanischen Konzil gegenüber den mehr spirituellen Werten auf Kosten dessen "was nur äußerlich und dekorativ" ist sensibler geworden ist.

AUs diesem Grund traf Paul VI die Entscheidung die Ämter zu erneuern, um "einerseits die essentiell spirituelle Mission des Römischen Pontifex zu unterstreichen und andererseits die Funtkion, die er im zivilen und internationalen Leben hat, " so daß sowohl die Mitglieder des Päpstlichen Hauses als auch der Päpstlichen Familie alle anfallenden Funktionen und Aktivitäten- auf spirituellem und auf zeitlichem Gebiet übernehmen werden und so die alte Realität an die aktuell erforderlichen Bedingungen anzupassen."

Am Ende würde die Rationale hinter der angenommenen Abschaffung des Päpstlichen Haushalts eine Bevorzugung der Päpstlichen Funktionen im zivilen und internationalen Leben bedeuten während die spirituelle Mission beiseite gelassen werden kann.

Sollte sich diese Rationale bewahrheiten, gibt es eine Menge zu bedenken.

Das Pontifikat von Papst Franziskus ist in einem pragmatischen Schub bei den Präkonklave-Treffen entstanden. Spirituelle Themen wurden in den Hintergrund geschoben, während der Großteil der Aufmerksamkeit pragmatischen Themen gewidmet wurde. In den Präkonklave-Reden wurde immer von eine möglichen Reform gesprochen, so sehr, daß man sagt, Papst Franziskus wurde mit dem Mandat zur Reform gewählt. 

Bedeutet Reform mit der Vergangenheit zu brechen? 

Die Kirchengeschichte sagt, das tut sie nicht.

Im Lauf der Jahrhunderte hat es viele Kurienreformen gegeben: z.B. die Sixtinische Reform (ein Ergebnis der Gegenreformation), die "Plan Reform§ von Pius X, die Reform Pauls VI und die Reformen Johannes Pauls II.

Keine dieser Reformen hat mit der Vergangenheit gebrochen, sondern eher alte Dinge den modernen Notwendigkeiten angepaßt und dabei auf die Effektivität geschaut, ohne irgendetwas der Versuchung des Funktionalismus zu opfern.

Außerdem haben alle die Reformen versucht die historische Bedeutung der Dinge, die reformiert werden sollten, zu bewahren. Noch einmal- alles hat eine Bedeutung in der Römischen Kurie. 

Während Papst Franziskus sich dem sechsten Jahr des Pontifikates nähert, ist das "Ende-der-Welt-Gefühl" das seine Wahl begleitete zurück.

Nach einer Periode großer Hoffnungen derer, die eine Revolution in der Kirche durch eine größere Säkularisierung wollten. lebte Papst Franziskus eine bedachtere Periode - so kehrte er z.B. von externen Beratern zu Beratern von innerhalb der Mauern zurück.

Jetzt scheint Papst Franziskus zur Aktivität zurückgekehrt zu sein. Sein Ziel ist es, den 
Klerikalismus zu brechen, den er immer als den Hauptgrund zur Sorge und die wahre Wurzel der Skandale anspricht. Wahrscheinlich ist Papst Franziskus von dem Gedanken erfüllt, daß der Vatican ein Hof ist, der von der realen Welt losgelöst ist. Außerdem fühlte er, daß der Vatican weit weg sei, als er Erzbischof von Buenos Aires war.

Dennoch ist diese Romanitas, die an der Wurzel vieler Päpstlicher Symbole sind, ein Zeichen eines universalen Dienstes. Kardinäle  werden z.B. in eine Kirche in Rom inkardiniert und sie werden in einen alten Orden aufgenommen, um daran zu erinnern, daß der Dienst des Papstes der des Bischofs von Rom ist.

Sogar im Fall der Kardinäle hat Papst Franziskus die Tradition gebrochen und das Kollegium der Kardinal-Bischöfe erweitert. 

Die Zahl der Kardinalbischöfe lag fest, weil sie an den Titel einer der antiken Stadtteil-Diözesen Roms gebunden waren. Papst Franziskus hat ihre Gruppe vergrößert und auf diese Weise die Verbindung zur Stadt noch mehr unterbrochen,. dem Zeichen der Universslität, weil Petrus nach Rom kam und auf diese Weise die Kirche sich von Rom aus ausbreitete.

Diese Reformideen tragen das Riskio einer weltlichen Kirche in sich, die an Strukturen gebunden ist und immer weniger auf die Symbole achtet, die sie universal werden ließen.

Paradoxerweise könnte Paspt Franziskus dieses Ziel erreichen während er das Gegenteil predigt, das an die äußeren Grenzen geht. Das Kriterium Repräsentativität ersetzt jetzt das der Universalität.  Sollte dieser Plan vollendet werden. wird das wirklich das Ende einer Welt sein." 

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci





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