Montag, 15. Juli 2019

Können die Ostkirchen den Pontifex in Fragen der Synodalität etwas lehren?

In seiner wöchentlichen Kolumne in "Monday in the Vatican"  analyssiert und kommentiert A. Gagliarducci heute den Stand der Dinge bei Synodalität und Kurienreform nach dem Treffen des Papstes mit den Bischöfen der Ukrainisch-Griechisch-Katholischen Kirche.
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"WAS KANN PAPST FRANZISKUS VON DEN OSTKIRCHEN LERNEN?"

Das Treffen von Papst Franziskus, der Synode und den Metropolitanbischöfen der Ukrainisch-Griechisch.Katholischen Kirche ist in der letzten Presseerklärung des Hl. Stuhls als "neue Methodologie" bezeichnet worden.

In einem Gespräch mit ACI Stampa unterstrich der Vorsitzende des UGCC, Erzbischof Sviatoslav Shevchuk, daß diese neue Methode darin bestehe, alle Vertreter der Kirche gemeinsam  zu treffen. Auf diese Weise konnte Papst Franziskus erkennen, daß „einige meiner Erklärungen in der Vergangenheit keine persönliche Meinung waren, sondern ein tatsächlicher Ausdruck der Gemeinschaft unserer Kirche.“

Es ist möglich, daß der Papst andere Kirchen Sui iuris (das heißt mit eigener  Gerichtsbarkeit und Verwaltung, jedoch Rom unterstellt)  zu einem Treffen zu bestimmten Themen einlädt. Auf der anderen Seite scheint es, daß diese Art von Treffen nur in einigen besonderen Situationen stattfinden wird.

Papst Franziskus hat bereits versucht, diese neue Methode auf die Ad-limina-Besuche anzuwenden, die Besuche, die Bischofskonferenzen alle fünf Jahre bei Petrus abhalten. Während der Ad-limina-Besuche haben die Bischöfe ein Treffen mit dem Papst und eine Reihe von Meetings mit Vaticanischen Dikasterien. 

Vorher gab es ein allgemeines Treffen mit einer Rede, dann begegnete der Papsrt jedem Bischof einzeln. Papst Franziskus hat das Procedere geändert- trrifft alle bischöfe gemeinsam, hält keine Rede und es gibt Fragen und Antworten. 

Bei manchen Gelegenheiten hat Papst Franziskus Meetings mit verschiedenen Dikasterien hinzugefügt. : er leitete die Treffen der Bischöfe und der an kritischen Themen interessierten Dikasterien. Das war ein  Zusatz zum Programm, der nur bei manchen Gelegenheiten stattfand. 

In Anbetracht dieses Präzedenzfalls wird Papst Franziskus wahrscheinlich dieselbe Methode anwenden, um alle Sui-iuris-Kirchen zusammenzurufen. Auch wahrscheinlich ist jedoch, daß diese Treffen nur zu besonderen Anlässen stattfinden.

Eine bedeutende Beteiligung am Dialog mit den Sui Iuris- Kirchen könnte Papst Franziskus eine neue Sichtweise auf die Synodalität  vermitteln.




Als Papst Franziskus der Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche begegnete,  sagte er, es sei nicht genug, eine Synode zu haben,es sei wichtig „Synode zu sein“.

Der Begriff der Synodalität ist einer der in diesem Pontifikat am meisten gebrauchten Begriffe. 
Bei der Eröffnung der Generalversammlung 2019 sprach Papst Franziskus mit den italienischen Bischöfen über die Frage einer möglichen nationalen Synode, die von oben und unten kommen müsse. 

Selbst die Kurienreform soll zu einer größeren Synodalität führen, dh zu einer verstärkten Kommunikation mit den Ortskirchen. Der Entwurf von Praedicate Evangelium, der Apostolischen Konstitution zur Kurienreform, betont,  daß die Kurie im Dienst des Papstes und der Bischöfe steht.

Der Begriff  Synodalität wird jedoch oft als eine Art Demokratie innerhalb der Kirche interpretiert. Am Ende der drei Synoden, die er bisher gefeiert hat, hat Papst Franziskus beschlossen, alle Absätze der Schlussdokumente der Synode zu veröffentlichen. Auch diejenigen, die nicht die Zweidrittelmehrheit erhielten und daher keinen Synodenkonsens erreichten, haben zur Entwicklung dieser "demokratischen" Sicht beigetragen haben. 

Sogar das Verständnis des Begriffs Synodalität wird oft in politisch interpretiert, da er häufig einige Prozesse innerhalb der Katholischen Kirche beschreibt. Diese politische Perspektive führt dazu, daß die Frage der Kommunion aus den Augen verloren wird, die von wesentlicher Bedeutung ist: durch die Kommunion im Glauben sind alle vereint, sowohl diejenigen, die sich in der Mitte befinden, als auch diejenigen, die  an den äußeren Grenzen. 

Während des Treffens mit dem UGCC sprach Kardinal Luis Ladaria, Präfekt der Glaubenskongregation, über den „Katholizismus der Kirche“.

Großerzbischof Shevchuk sagte: „Wir haben erklärt, dass wir eine byzantinische Perspektive des Katholizismus als Gemeinschaft lokaler Kirchen haben, die vom Nachfolger Petri als sichtbare Säule und oberstem Diener der universellen Gemeinschaft der Kirche Christi garantiert und gefördert wird.“


Diese Worte lösten bei dem Treffen eine Diskussion darüber aus, was „Ortskirche“ bedeutet, da selbst die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche als Ortskirche bezeichnet wird. Die UGCC hat jedoch Bischöfe in der Ukraine, in Kanada, in den Vereinigten Staaten, in Brasilien und in Argentinien.

Großerzbischof Shevchuk sagte: „Wir sind keine örtliche Realität, sondern eine globale. Wir leben die Gemeinschaft unter uns, die weltweite Gemeinschaft der Kirche, die Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri. Wir bekennen den Petrus-Primat und zeigen, daß die Einheit  mit Rom unserer Tradition und inneren Gemeinschaft keinen Schaden zufügt, sondern sie unterstützt. Vielleicht könnte diese Tradition, in der wir die Gemeinschaft der Kirche leben, einen Beitrag zur Entwicklung des Begriffs der Synodalität und der gesunden Dezentralisierung leisten, von der Papst Franziskus oft spricht. “

Gerüchte über die Reform von Papst Franziskus besagten, daß der Papst möglicherweise eine Art Zusammenschluss lokaler Kirchen gewollt habe, mit eigener Jurisdiktionsautorität in Fragen der Lehre.  Sogar Papst Franziskus´ Exhortation "Evangelii Gaudium" , die als Leitlinie des Pontifikats dient, schien diese Idee zu unterstützen.

Die Kurienreform scheint dem Weg der Dezentralisierung zu folgen, wobei der Schwerpunkt auf lokalen Bischofskonferenzen liegt. Der Entwurf konzentriert jedoch die Dinge in den Händen des Staatssekretariats, wenn es um die Erstellung von Dokumenten und Überlegungen geht. Am Ende gibt es eine Verschiebung von der gesunden Dezentralisierung zu einer als Kollegialität getarnten völligen Zentralisierung.

Die östlichen Katholischen Kirchen zeigen ein anderes Modell. Sie haben eine Synode. Sie sind in ihren Hoheitsgebieten verwurzelt. Sie sind weltweit präsent; Sie leben in Kommunion unter uns, ohne Fragen der Lehre und sie sind in Kommunion mit dem Heiligen Stuhl.

Das Depositum Fidei  garantiert die Einheit der Katholischen Ostkirchen. Im Falle des UGCC gibt es einen Katechismus, der von derselben Kirche verfasst wurde. Es ist ein einzigartiges Dokument, das sich nicht darauf beschränkt, den lateinischen Katechismus an die östliche Mentalität anzupassen. Der Ukrainisch-Griechisch-Katholische Katechismus sieht den Glauben stattdessen aus einer bestimmten Perspektive, ohne die Wahrheit des Evangeliums zu ändern oder anzupassen.

Es gibt eine ausführliche Diskussion darüber, wie man die Lehre interpretiert, um die Zeichen der Zeit zu lesen. Diese Diskussion wird im Mittelpunkt der Synode der Kirche in Deutschland stehen. Es scheint vor allem einen politischen Willen zu geben, mehr Gläubige zu gewinnen, als die Evangelisierung voran zu treiben. 

Nicht zufällig hat Papst Franziskus die Kirche in Deutschland gebeten, sich auf die Evangelisierung zu konzentrieren. Die Sondersynode zur Pan-Amazonas-Region wird zeigen, ob die Diskussion politisch fortgesetzt wird, oder ob Papst Franziskus in der Lage sein wird, die Notwendigkeit der Verkündigung des Evangeliums in den Mittelpunkt zu rücken.

Letztendlich war dies immer das zentrale Thema des Pontifikats, aufgeteilt zwischen der Notwendigkeit zu kommunizieren und der Notwendigkeit, die Prinzipien des Evangeliums konsequent zu befolgen. Das Treffen mit der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche hätte Papst Franziskus eine Antwort auf dieses Rätsel geben können."

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci

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