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"WARUM SOGAR LAIZISTEN DAS BEICHTGEHEIMNIS VERTEIDIGEN SOLLTEN"
"Vor einigen Tagen hat Sandro Magister einen Artikel für seinen vielgelesenen blog Settimo Cielo mit dem Titel "Weltweiter Angriff auf das Beichtgeheimnis. Entweder Gefängnis oder Exkommunikation" geschrieben.
Er bezog sich auf den Pfeiler der Katholischen Lehre -die sakramentale Beichte- der besagt, daß das, was in der Beichte vom Beichtenden gesagt wird- für immer geheim bleibt, weil der Priester Christus repräsentiert und bei Strafe der Exkommunikation nichts sagen darf, was ihm gesagt wird, Aber diese Frage betrifft auch andere Religionen.
Magister listet eine Serie von Fakten auf. Am 13. Juli wurde in Kaliforniern "der letzte Angriff auf das Beichtgeheimnis abgewehrt" : ein eingereichter Gesetzentwurf, dem der Senat bereits zugestimmt hatte- wurde vom staatlichen Komitée für Öffentliche Sicherheit (nach einem Protest von 140.000 Briefen, 17.000 e-mails und Hunderten von Telefonanrufen).
Davor hatte der Internationale Gerichtshof den Antrag Frankreichs und Kanadas, der in die selbe Richtung ging, zurückgewiesen.
2016 war es der Oberste Gerichtshof von Louisiana, der das Recht "eines Priesters, Rabbis oder ordentlich geweihten Dieners" nicht zu enthüllen, was er in der Beichte -oder "einer anderen heiligen Kommunikation" erfahren hat.
Die explosionsartige Häufung von Fällen sexuellen Mißbrauchs hat alles flüchtiger gemacht. Das Problem tauchte 2011 in Irland auf, dann wieder 2014 in der Beziehung zu einer Untereinheit der UNO.
Der erste Fall eines direkten Angriffs auf das Beichtgeheimnis fand am 7. Juni 2018 in Australien statt, als ein Gesetz einstimmig beschlossen wurde, das Katholische Priester - und analog dazu auch Diener anderer Religionen- verpflichtet, das sakramentale Siegel zu verletzen, wenn sie von an Minderjährigen begangenem sexuellen Mißbrauch erfahren. Das Gesetz ist am 31. März 2019 in Kraft getreten.
Das schrieb Magister, der dann eine Tatsache über die Kirchenhierarchie enthüllte, die bis dahin unbekannt war. In Italien hat ein Urteil des Obersten Revisionsgerichtes (Nr. 6912, vom 14. Januar 2017) "festgelegt, daß ein Priester, der in einem Strafprozess wg. sexuellen Mißbrauchs als Zeuge aufgerufen ist, das Verbrechen einer Falschaussage begeht, wenn er sich weigert, auszusagen, was er in der Beichte erfahren hat- außer der vom Beichtenden begangenen Sünden- z.B, wenn jemand ihm berichtet hat, er sein sexuelle mißbraucht worden- nicht daß sie einen Mißbrauch verübt haben."
Andrea Bettetini - Professor für Kanonisches Recht an der Katholischen Universität von Mailand und an verschiedenen anderen Schulen- hat über dieses Urteil (und allgemein über die Angriffe auf das Beichtgeheimnis) in der jüngsten Ausgabe der Katholischen Zeitschrift "Vita e Pensiero" geschrieben.
Offensichtlich gibt es in der Kirche große Beunruhigung- wie das Dokument beweist, das die Apostolische Poenitentierei (mit Zustimmung von Papst Bergoglio) "zur Wichtigkeit des forum internum und die Unverletzlichkeit des Beichtgeheimnisses" beweist.
Aber sollte nur die Kirche besorgt sein?
Der Leser denkt vielleicht. daß diese Angelegenheit nur Priester (oder Diener welcher Religion auch immer) und ihr Gläubigen betrifft.
In der Tat- im gegenwärtigen Klima der Säkularisation , in der durch sexuellen Mißbrauch erzeugten Atmosphäre, werden viele glauben, daß die Abschaffung des Beichtgeheimnisses nur eine Maßnahme ist, die "ein Privileg"abschafft, daß Vertuschung und Straflosigkeit ermöglichte.
Sie denken vielleicht nicht viel über die Tatsache nach, daß die Garantie der Vertraulichkeit der Beichte sogar helfen kann, ein Verbrechen zu enthüllen und den Weg zur Abschaffung des Übels zu pflastern.
Aber außerdem ignorieren sie die Tatsache, daß die Verteidigung des "heiligen Raumes des Gewissens" durch die Kirche historisch die Grundlage des modernen, liberalen Staates, der säkularen Natur des Staates und dessen ist, was die westliche Zivilisation besser macht als andere Zivilisationen.
Dies zeigte ein großer Historiker, der im Jahr 2016 verstorben ist, Paolo Prodi (siehe Foto), der Bruder von Romano Prodi. Die Synthese seiner langjährigen Forschung findet sich in der Konferenz, die er am 29. November 2005 an der Fondazione Collegio San Carlo zum Thema „Zwischen Recht und Gewissen: Die Transformation des Gehorsams vom Mittelalter bis zur Moderne“ hielt.
Das wurde durch den großen, 2016 verstorbenen Historiker Paolo Prodi, den Bruder des früheren Italienischen Premierministers Romano Prodi gezeigt.
Das Ergebnis seiner langen Forschung kann in der Rede gefunden werden, die er am 29. November 2005 in der Fondazione Collegio Carlo hielt- zum Thema "Zwischen Gesetz und Gewissen, vom Mittelalter bis zur Neuzeit".
Hier die Zusammenfassung:
"Die zentrale These, die ich hier gern vorstellen würde, ist daß Freiheit und der Stand des modernen Rechts die Frucht eines zweifachen Rechtssystems ist, das sehr tiefe historische Wurzeln hat.
Die westliche Stadt konnte sich so entwickeln weil und insofern die Trennung zwischen der Sphäre des Heiligen und der Macht nicht nur die Entwicklung einer Sphäre des Heiligen und einer Sphäre der Macht ermöglichte, die wiederum die Säkularisierung des Politischen möglich machte, aber auch die Entwicklung einer zweifachen Ebene gleichzeitiger Normen- moralischer und positiver- und zweier unterschiedlicher Gerichtsbarkeiten über das menschliche Handeln: als Sünde und als Verbrechen- als Ungehorsam gegenüber dem moralischen Gesetz und als Ungehorsam gegenüber dem positiven Gesetz des Staates.
Dieser duale Besitz des westlichen Menschen macht ihn auf eine Weise dem Weg der Freiheit zugeneigt, der andere Zivilisationen respektiert, die sich früher in der Welt entwickelten, in denen die Beziehungen sozusagen total waren: politisch und heilig gleichzeitig.
Die Hypothese, die ich in den letzten Jahren entwickeln wollte, betrifft den Grund, warum sich Verfassungsrecht und der Markt (im Sinne eines Mechanismus der sich nicht auf den Austausch von Waren beschränkt sondern das Konzept "fides" beinhaltet) nur im Westen entwickeln konnte.
Meine These ist, daß das was passierte -in der Substanz- weil es nur im Westen den "Gründungsdualismus" gab, durch den der Mensch nie ganz einem Gehorsam. einem System von Normen gehörte, sondern auch immer in einem Spannungszustand zwischen einem ausgeprägten Rechtssystem, ausgeprägten Autoritäten und ausgeprägten Machtsystemen.
Auf diese Weise -sollten (liberale) Säkularisten das Beichtgeheimnisses verteidigen-ebenso wie viele Gläubige und das Recht des Staates zurückweisen, den Bereich des Gewissens und des Heiligen zu übernehmen.
Es ist kein Zufall, daß Rabbi Jacob Taubes nach dem II. Weltkrieg schrieb:
" Ich wollte Carl Schmitt [konservativer deutscher Jurist und umstrittener Intellektueller des Nazi-Regimes] verstehen lassen und ich wollte ihm zeigen, daß die Trennung zwischen irdischer und spiritueller Macht absolut notwendig ist und daß ohne diese klare Trennung der Westen seinen letzten Atemzug tun wird. Ich wollte, daß er das gegen sein totalitäres Konzept verstehen sollte."
Quelle: OnePeterFive, A. Socci
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