Dienstag, 6. August 2019

S. Magister: "Was Benedikt XVI zur Amazonas-Synode sagen würde,"


Sandro Magister stellt sich und seinen Lesern bei Settimo Cielo die Frage nach den Prioritäten im Intrumentum Laboris für die kommende Amazonas-Synode und was der Papa emeritus zu ihnen sagen würde. Er beantwortet sie mit einem Text von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI aus "Jesus von Nazareth. Prolog und die Kindheitsgeschichte"  (Herder)
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"WAS BENEDIKT XVI ZUR AMAZONAS-SYNODE SAGEN WÜRDE" 
"Der Aufmarsch zur Amazonas-Synode wird zunehmen zu einem Kampf mit seinem Epizentrum in Deutschland und sehr hohen Einsätzen: dem Wesen der Sendung Jesu und damit auch der Kirche.
Von deutscher Sprache und Herkunft sind in der Tat die Führer beider Fraktionen. Auf der einen Seite Kardinal Claudio Hummes und Bischof Erwin Kräutler -die größten Befürworter der Synode. Auf der anderen Seite die Kardinäle Gerhard Müller und Walter Brandmüller- große Kritiker der Planung der Synode. Papst Franziskus ist nicht in der Mitte sondern solide in Ersterer verwurzelt - würdigt er Letztere nicht einmal der Wahrnehmung.

Aber da ist noch ein anderer großer Deutscher, der in diesem Konflikt de facto Partei ergreift. Sein Name ist Joseph Ratzinger. Er schweigt. Aber was er in der Vergangenheit gesagt und getan hat-einschließlich als Papst mit dem Namen Benedikt XVI reicht aus, um zu zeigen, wo er steht.
Bei den radikalsten Kritikern.

Welches ist die entscheidende Frage in der stattfindenden Schlacht?
Es ist der vom Instrumentum Laboris - der Grundlage der Synode- vorgegebene Primat- der der Verteidigung der Natur und des Wohlbefindens der Amazonas-Bevölkerung mit ihren Traditionen -  in Bezug auf das gegeben wird, was in den Evangelien "Vergebung der Sünden" genannt und in der Taufe sein erstes Sakrament hat.
Es ist kein Zufall, daß Bischof Kräutler sich nach jahrzehntelanger" Mission "im Amazonas gerühmt hat:"Ich habe noch keinen Indianer getauft und werde es auch nicht tun ."

Ratzinger hat wiederholt über diese kapitale Frage geschrieben. Aber im dritten Buch seiner 2012 veröffentlichten Trilogie über Jesus von Nazareth gibt es eine außerordentlich einfache und klare Passage, die der Erzählung der Kindheit gewidmet ist und es verdient aufgezeigt zu werden. 

Daraus- der Verkündigung des Engels an Joseph, daß Maria "einen Sohn gebären wird und sein Name Jesus sein soll, weil er die Menschen von ihren Sünden retten wird" (Mt 1,21) -entnimmt er sein Stichwort und fährt wie folgt fort: 

Das sind erleuchtende Worte, die man erneut lesen sollte, wenn man an den Streit über den Amazonas denkt. 




"ERLÖSUNG JA. ABER VON WAS?"
von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI
Der göttliche Bote, der im Traum zu Joseph sprach, erklärt das Wesen dieser Erlösung "Er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen." 

Damit ist einerseits dem Kind ein hoher theologische Auftrag erteilt, denn nur Gott kann Sünden vergeben. So wird dieses Kind unmittelbar in Zusammenhang zu Gott gerückt, direkt mit Gottes heiliger und rettender Macht verbunden.  Andererseits könnte aber diese Definition der Sendung des Messias enttäuschend erscheinen. . 
Die geläufige Heilserwartung richtet sich vor allem auf die konkreten Bedrängnisses Israels-auf die Wiederherstellung des davidischen Königtums, auf die Freiheit und Unabhängigkeit Israels und damit natürlich auch auf das materielle Wohlergehen eines weitestgehend verarmten Volkes.  Die Verheißung der Sündenvergebung erscheint als zu wenig und zuviel zugleich; zu viel, weil in Gottes eigene  Vorbehaltssphäre eingegriffen wird, zu wenig, weil an das konkrete Leiden Israels und an seine reale Heilsbedürftigkeit nicht gedacht zu sein scheint. 

Im Grunde ist so schon in diesem Wort der ganze Streit um die Messianität Jesu vorweggenommen: Hat er nun Israel erlöst oder ist nicht alles gleich geblieben? Ist die Sendung, wie er sie gelebt hat, die Antwort auf die Verheißung oder ist sie es nicht?  Sicher entspricht sie nicht der unmittelbaren Erwartung des messianischen Heils der Menschen, die nicht so sehr von ihren Sünden sondern vielmehr von ihren Leiden, von ihrere Unfreiheit, von der Armseligkeit ihres Daseins bedrängt fühlten. 

Jesus selbst hat die Frage nach der Priorität in der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen drastisch in den Raum gestellt, als die vier Männer den Gelähmten, den sie wegen der Menschenmenge nicht durch die Tür tragen konnten, vom Dach herunterließen undJesu zu Füßen legten. 
Die Existenz des Leidenden als solche war eine Bitte, ein Ruf nach Heil, den Jesus völlig gegen die Erwartung der Träger und des Kranken selbst mit dem Wort beantwortete: "Kind, deine Sünden sind dir vergeben."(Mk, 2,5). Genau das hatten die Menschen nicht erwartet. Genau darum war es ihnen nicht gegangen. Der Gelähmt sollte gehen können, nicht von den Sünden befreit werden. Die Schriftgelehrten kritisierten die theologische Anmaßung von Jesu Wort; der Leidende und die Menschen rundherum waren enttäuscht, weil Jesus die eigentliche Not dieses  Menschen übersehen hatte. 

Ich halte die ganze Szene für durchaus bezeichnend im H9inblick auf die Frage nach der Sendung Jesu, wie sie zuallererst im Engelswort an Joseph umschrieben wird. Hier wird sowohl die die Kritike der Schriftgelehrten wie die stille Erwartung der Menschen aufgenommen. Daß Jesus Sünden vergeben kann, zeigt er nun dadurch, daß er dem Kranken befiehlt, seine Bahre aufzuheben, um geheilt wegzugehen. Aber dabei bleibt die Priorität der Sündenvergebung als GUndlage der wahren Heilung unberührt. 

Der Mensch ist ein Wesen in Beziehungen. Und wenn die erste, die grundlegende Beziehung des Menschen gestört ist- die Beziehung zu Gott- dann kann  nichts Weiteres mehr wirklich in Ordnung sein. Um diese Priorität geht es in Jesu Botschaft und Wirken: Er will den Menschen zuallererst auf den Kern seines Unheils hinweisen und ihm zeigen: wenn du da nicht geheilt wirst,dann wirst du trotz aller guten Dinge, die du findest, nicht wirklich geheilt." 

Dieser Text entstammt dem Buch:

Joseph Ratzinger- Benedikt XVI- Jesus von Nazareth : Prolog. Die Kundheitsgeschichten" 
Herder

Quelle: Settimo Cielo, S. Magister 

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