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"JOSEPH RATZINGER, THEOLOGE UND REFORMER"
"Während er am 16. April 93 wurde, bleibt Joseph Ratzinger einer der am meisten mißverstandenen und falsch interpretierten Männer der jüngeren katholischen Geschichte.
Ich bezweifle, daß es den Papa emeritus stört: er ist wahrscheinlich von den Verleumdungen unangefochten, denen er seit mehr als einem halben Jahrhundert begegnet.
Dieser freundliche Mann mag vielleicht ein gewisses Maß an Mitleid mit den Kleingeistern haben, die unablässig Unwahrheiten über ihn und seine Theologie erzählen. Aber er hat Besseres zu tun, als sich über seine Kritiker zu ärgern: Zwerge werfen vergebens Steinchen auf einen gelassenen Riesen.
Seine Freunde und Bewunderer finden es jedoch schwierig, gelassen auf die Situation zu reagieren, weil die anhaltenden Anwürfe gegen Joseph Ratzinger weiterhin auf der Tagesordnung stehen, und darauf abzielen, die bröckelnden Grundlagen des Katholizismus-Light-Projekts zu stützen. Diese Rettungsoperation fordert von seinen Kritikern die Behauptung, daß Ratzinger / Benedikt XVI das Zweiten Vatikanische Konzil verraten oder das Zweite Vatikanum nie verstanden zu habe oder zutiefst gegen das Zweite Vatikanische Konzil war (und ist). Oder alle zusammen. Das ist Unsinn. Und obwohl das oft von denjenigen geäußert wird, die als Wissenschaftler in zeitgenössischen katholischen Angelegenheiten Kompetenz beanspruchen, verraten solche falschen Darstellungen von Ratzingers Denken eine traurige Gleichgültigkeit gegenüber dem, was in Rom in den letzten zwei Jahren des Zweiten Vatikanischen Konzils tatsächlich passiert ist.
Wie ich in "Die Ironie der modernen Katholischen Geschichte" schrieb, begann sich im Herbst 1964 während der dritten Sitz des Zweiten Vaticanischen Konzils in den Reihen der Reform-Theologen ein Riss zu zeigen. Von einigen der einflußreichen theologischen Konzilsberatern (von denen viele in den Jahren vor dem Konzil stark zensiert worden waren) wurde eine neue theologische Zeitschrift. Concilium- geplant.
Eine der hervorragenden Persönlichkeiten unter ihnen, der französische Jesuit Henri de Lubac, fing an sich Sorgen zu machen, daß Concilium das Reformprojekt in eine destruktive Richtung lenken würde: eine, die das, was Johannes XXIII in seiner Eröffnungsrede des Konzils als "das heilige Erbe der Christlichen Lehre" bezeichnet hatte, das wirksamer verteidigt und präsentiert werden müsse."
Die ersten Ausgaben der neuen Zeitung verstärkten De Lubacs Sorgen. Deshalb zog er sich im Mai 1965 als hochgeehrtes Mitglied aus dem Concilium-Projekt zurück, während er seine Arbeit beim Konzil fortsetzte. Als das II. Vaticanische Konzil sich dem Ende näherte, sollten auch andere ernste Vorbehalte gegen die Richtung formulieren, die ihre früheren theologischen Verbündeten einschlugen. Und diese Sorgen wurde mit der Zeit nicht geringer.
Das Ergebnis war das, was ich in meinem Buch "Der Krieg um die Konzilsnachfolge" über den Krieg darüber, was das II. Vaticanum war und was es für die Katholische Zukunft plante, geschrieben habe. Das war kein Kampf zwischen "Traditionalisten" und "Progressiven" . Es war ein erbittert ausgefochtener Kampf innerhalb des Lagers der theologischen Reformer des Konzils. Der geht bis zum heutigen Tag weiter. Und die Frage, die Henri de Lubac solche Sorgen bereitete, bleibt auch 56 Jahre später aktuell: Würde eine Konzilsinterpretation, die effektiv die Katholische Kirche gegen das "heilige Erbe der Christlichen Lehre" stellt, dazu führen. das Evangelium zu verraten und es seiner Macht zu berauben?
Joseph Ratzinger schloss sich de Lubac und anderen abweichenden Konzilsreformern an und sie gründeten eine andere theologische Zeitschrift "Communio" , die -wie er und seine Kollegen hofften. eine Interpretation des II. Vaticanums entwickeln würde, die in Kontinuität der bestehenden Lehre der Kirche stehen sollte, sogar wenn sie das Verständnis dieser Doktrin weiter entwickelte.
Communio, die jetzt in 14 Sprachen herausgegeben wird, war jahrzehntelang eine kreative Kraft im
intellektuellen Katholischen Leben. Wie Ratzinger ist auch Communio nicht gegen das II. Vaticanum: Sie war - was ihre Autoren wollten- eine Herausforderung für die falschen Interpretationen des Konzils.
Wie kürzliche Ereignisse in der Kirche illustriert haben, ist die Grundlinie im Krieg um die Konzils-Nachfolge die Wahrheit der Göttlichen Offenbarung: enthält Gottes Offenbarung in Schrift und Tradition Wahrheiten, die über die Jahrhunderte bindend waren- unabhängig von den kulturellen Umständen? Oder urteilen Geschichte und Kultur über die Offenbarung, die zu verbessern, die Kirche dann sozusagen autorisiert ist- im Licht der "Zeichen der Zeit"?
Jene, die zur Wahrheit der Offenbarung stehen (die vom II. Vaticanischen Konzil robust bekräftigt wurde) sind keinesfalls Fundamentalisten - auch wenn ihre Widersacher das behaupten.
Sie sind kreative Theologen, die an die Entwicklung der Lehre glauben, aber-um mit Chesterton zu sprechen- die auch verstehen, daß "ein offener Geist, wie ein offener Mund- bei manchen Dingen geschlossen bleiben sollte."
Im Krieg um die Konzilsnachfolge gibt es echte Reformer und dann gibt es destruktive Kräfte. Joseph Ratzinger ist entschieden ein wahrer Katholischer Reformer. Anders zu argumentieren weist entweder auf Ignoranz hin oder Bösartigkeit oder beides."
Quelle: FirstThings. G.Weigel
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