Samstag, 9. Mai 2020

Tosatti: Giulio Meotti: "Der letzte Papst aus dem Westen?"

Marco Tosatti zitiert und kommentiert bei Stilum Curiae das Buch "Der letzte Papst aus dem Westen?" von Giulio Meotti über Papst Benedikt XVI und das Umfeld seines Pontifikates.
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"GIULIO MEOTTI : DER LETZTE PAPST AUS DEM WESTEN?" 

Es ist wahr, daß jemand, der zum ersten mal ein Haus betritt, viele Dinge wahrnimmt und es so besser versteht als der, der ein Leben lang darin wohnt; und er kann zu einer neuen, frischen und tiefen Sichtweise auf die Realität dessen, der darin wohnt, verhelfen. Das ist der Fall bei einem Buch, dessen Lektüre wir gerade beendet haben, ein Buch über Papst Benedikt XVI im Jahrhundert Joseph Ratzinger. Geschrieben hat es Giulio Meotti, ein renommierter Kollege bei Il Foglio, der sicher nicht vorgestellt werden muß. Er hat es für Liberi Libri di AMA S.R.L. geschrieben, 108 Seiten mit einem Vorwort von John Waters, einem irischen WIssenschaftsjournalisten. 

Es ist ein Buch, das Dinge erzählt, die wir erlebt  haben, besonders diejenigen, die täglich diesen Bereich verfolgen; aber es sieht sie aus einem anderen Blickwinkel und wirft ein Licht auf sie, das viele Realitäten wie nie zuvor bloßlegt. Lesen Sie z.B. diesen Abschnitt über die Große Ablehnung. 

"Auch das bedeutet sein Amtsverzicht, das päpstliche Zurücktreten, der Verzicht dieses Alten Gebrechlichen und Müden in einem freiwilligen Rückzug aus einer globalen, verzehrenden Szenerie in einen einsamen und meditativen Rückzugsort: das Zerbröckeln des Katholizismus im Westen. 
Der Rücktritt nicht nur eines Papstes sondern auch Europas, das ihn hervorgebracht hatte. 
Er war während eines Konsistoriums zur Heiligsprechung der Märtyrer von Otranto, wo 1480 mehr als 800 Christen von den Türken massakriert wurden, weil sie sich geweigert hatten, zum Islam zu konvertieren- als der Papst seinen Rücktritt ankündigte. am 11. Februar 2013. Ein Martyrium des Relativismus." 

Und dann lesen Sie dieses- seit dem Augenblick, in dem Benedikt XVI - diskret, zurückgenommen- es bekannt gab- das sagt die Chronik dieser Tage- gibt es die, die ihn zum Schweigen bringen möchten. 

"Im Klima des herrschenden Konformismus, der Ideen und Werte durcheinander brachte, schien es den meisten, daß Ratzinger ein Feind des Guten sei. Aber wir hatten nicht bemerkt, daß das Gute, um es mit Philippe Muray zu sagen,  ein "Imperium" geworden war. Und daß dieser Papst der größte Dissident geworden war, den man zum Schweigen bringen mußte." 


Man würde gern das ganze Buch zitieren, wenn man Passagen wie diese findet:

"Er hatte alles vorhergesehen. Deshalb war seine Gegenwart so unerträglich. Wie als er sagte, im Inneren sei die Kirche voller Schmutz. Jedes seiner Worte passte, war unbestreitbar, und hinterließ Entgeisterung. Er hat die Anorexie angeprangert, die die Zukunft des Westens  demographisch, kulturell und moralisch gefährdete. ..."man würde sagen, daß sie Intellektuellen sich schämen zu reden und moralische Urteile auszusprechen, auf das Leiden und die Ängste zu hören, die sie als kulturell unangemessen oder unelegant betrachteten, um auf aseptische Weise Kategorien wie Opfer und spirituelle Erhebung, mit dem überlieferten Erbe umzugehen." "Sein Genie war eine Bedrohung für das große Programm der Postmoderne, die fließenden und süßen Barbareien der Gesellschaft und sein Rücktritt war für viele, zu viele-auch innerhalb der Kirche- eine große Erleichterung."




Eines der Elemente, das wie ein roter Faden das ganze Buch durchläuft, ist, daß der Schlüssel für die Lektüre der Werke- erst von Joseph Kardinal Ratzinger und dann von Benedikt XVI- seine Inkompatibilität mit den Mächten ist,  die die westliche Welt regiere.
Meotti zitiert Finkielkraut, der über Ratzinger sagt: "Vom Mehrheitsdenken exkommuniziert [...] das man auch die Medien-Gesetze für die Verbreitung der Doktrin des politisch Korrekten nennen könnte. die entschieden haben, daß dieser Papst nicht zur Welt passt. Er war- so sagen sie- nicht progressiv genug. An Stelle Benedikts XVI hätten sie sich, ohne zu zögern, die Wahl von Zapatero I gewünscht."

Leider- wie John Waters in seinem Vorwort schön betont. "Eines der Paradoxa des Papstseins in der gegenwärtigen Welt ist, daß man durch ein Megaphon sprechen muß, das von den Feinden kontrolliert wird. Ratzinger stieß auf fast keinerlei Fairness bei der Presse, die immer versuchte, ihn nach ihrem Drehbuch darzustellen. Die "Geschichte" Benedikts war daher von Anfang an die einer Regression aus den Tagen Johannes Pauls II.  Ratzinger hatte sein Leben damit verbracht, sich dieser Kultur zuzuwenden, bei der Böswilligkeit zu einem zentralen Element geworden war. Die meisten Journalisten, insbesondere katholische, stehen der Kirche, feindlich gegenüber. Als hauptsächliche Förderer einer "progressiven" Mentalität versuchen sie unweigerlich, ihre Stellung dazu zu nutzen, um Ereignisse auf kalkulierte Weise zu gestalten, um eine Sichtweise der Dinge voranzubringen, die als "liberaler" und "fortschrittlicher" betrachtet wird. 
Ratzinger stand für das Gegenteil von dem, was dieses Narrativ suggerierte, eine Stimme am Rand, obwohl er von der Mitte aus sprach. Benedikts XVI Hauptziel war die Wiederherstellung der westlichen Kultur und ein integriertes Konzept von Vernunft.  Er war ein Mann, der in keiner Kategorie in eine Schublade gesteckt werden konnte, ein lebendiges Paradoxon. Er war vielleicht der intelligenteste Leser der Moderne, der den postmodernen Impuls besser verstand als viele seiner Anhänger."

Über dem ganzen Buch schwebt eine Überzeugung, die man-bei allem was man in der Wirklichkeit, in der wir leben, beobachten kann, nur schwer nicht teilen kann- nämlich daß wir langsam dem Selbstmord der westlichen Zivilisation entgegenschlittern.

"Ratzinger war die prophetische Stimme der menschlichen Unruhe und einer zukünftigen Finsternis, Jetzt, wo er körperlich so zerbrechlich ist, bleibt er die beredteste Stimme Gottes: vielleicht die einzige, die in dieser anti-intuitiven Wahrheit überlebt." 

Die Wüste breite sich aus, behauptete Nietzsche am Ende des 19. Jahrhunderts während der Ausbreitung nihilistischer Werte im Westen. Auch Ratzinger wird sagen, daß wir vor einer "spirituellen Verwüstung" stehen. Jean Mercier hat Recht, wenn er die Generation Ratzingers als die "Generation der Wüste" definiert. 2011, zwei Jahre bevor er vom Petrinischen Amt zurücktrat, beklagte Benedikt XVI "einen starken Strom laizistischen Denkens, das Gott aus dem Leben der Menschen und aus der Gesellschaft entfernen will, und vorschlägt, zu versuchen ein "Paradies" ohne IHN  zu errichten. Aber die Erfahrung lehrt, daß die Welt ohne Gott eine "Hölle" wird. " 

Und wenn diese Bewegung auf der schiefen Ebene hin zum Verschwinden unserer Gesellschaft weitergeht- ohne eine Reaktion. "wird der Westen nicht in der Lage sein, sich zu verteidigen, In dieser Zeit der Verschmutzung- auch im Inneren der Kirche- haben viele das Gefühl, daß Ratzinger dieser "letzte Papst des Westens" sein könnte, den Nietzsche vorhergesagt hat.
Ratzinger sagte prophetisch: "Man kann immer Ausflüchte finden, um sich zurückziehen zu können. Aber es ist praktisch unmöglich, sich der Angst zu entziehen, allmählich in die Leere gedrängt zu werden, in der wir nichts mehr zu verteidigen haben werden und nichts, an dem wir uns verankern können." Schreckliche Worte, 40 Jahre geschrieben, bevor sie Realität wurden, kommentiert Meotti. Aber er schließt mit einem dünnen Hoffnungsschimmer: "Ratzinger hat dazu beigetragen, daß etwas, das als Christentum erkennbar ist, das gegenwärtige Chaos überlebt hat. Er hat uns Werkzeuge gegeben, um die Krise zu überwinden und etwas wieder aufzubauen, das dem ähnelt, was wir einmal stolz den "Westen" genannt haben. Für einen einzelnen Menschen ist das keine Kleinigkeit." 
Und das Erbe, das Engagement und das Ziel, das zum "pusillus grex" führt, auf den das Christentum reduziert wird, lautet: "Gläubige Christen sollen sich als eine solche kreative Minderheit verstehen und dazu beitragen, daß Europa wieder das Beste seines Erbes zurückgewinnt und damit der ganzen Menschheit dient." 

Es ist überflüssig zu sagen, daß wir denen , die diese Zeilen lesen, raten, sich dieses Buch zu besorgen. Es ist wirklich ein klarer Leseschlüssel nicht nur für Benedetto sondern auch für unser Leben. 

Quelle: Stilum Curiae, M. Tosatti 

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