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"WARUM IST LAUDATO SI´ SO WICHTIG ZUM VERSTÄNDNIS VON PAPST FRANZISKUS´ PONTIFIKAT? "
Zur Feier des 5. Jahrestages von Papst Franziskus´ Laudato Si gehört auch die Verkündung eines Jahres der Schöpfung und ein Text "Auf der Reise zur Sorge um unser gemeinsames Haus", den ein nach der Veröffentlichung der Enzyklika aus mehreren Dicasterien zusammengestelltes Kommittee für Integrale Ökologie verfaßt hat.
Laudato Si´ist nicht die einzige Enzyklika von Papst Franziskus. 2013 hat Papst Franziskus "Lumen Fidei" veröffentlicht. Diese Enzyklika ist nebenbei bemerkt vergessen- weil sie de facto hauptsächlich von Benedikt XVI vor seinem Amtsverzicht geschrieben wurde und immer noch seine Fingerabdrücke trägt. Laudato Si´ ist dann die einzige wirkliche Enzyklika von Papst Franziskus.
Allgemein bevorzugt Papst Franziskus es, sich in "Apostolischen Exhortationen " zu äußern, die ein anderes Gewicht haben.
Am Ende scheint der gerade vom interdicasterialen Kommittee herausgegebene Text eine Apostolische Exhortation zu sein, die normalerweise das Ergebnis einer langen synodalen Bemühung wäre. Es hat Bedeutung, daß das Thema ihres Werkes Laudato Si´ war.
Warum ist Laudato Si´also für Papst Franziskus so wichtig?
Zuerst vor allem, weil Laudato Si´ eine Menge über Papst Franziskus´ modus operandi aussagt,.Der Papst hat ein pragmatisches und konkretes Thema identifiziert, das universale Auswirkungen haben könnten und ein Licht darauf geworfen. Umweltschutz ist am Ende in jedermanns Interesse und betrifft jeden. Er ist ein Thema sowohl für den Staat als auch für die Menschen und besonders für die Armen. Er war also das ideale Thema für eine Enzyklika, die Papst Franziskus´ Wunsch nach einem Dialog mit der Welt erfüllen konnte.
Zum zweiten konzentriert sich die Enzyklika auf ein spezielles Thema und schaut mit universalem Blick darauf. Papst Franziskus bietet keine breitangelegten Szenarien an. Statt dessen schaut er auf konkrete Probleme. Einige dieser Probleme sind für Papst Franziskus besonders beispielhaft.
Eines dieser Themen ist der Umweltschutz.
Drittens - wird das Thema der Enzyklika in eine Kontinuität mit dem Werk seiner Vorgänger gestellt. Papst Franziskus ist ein talentierter "Ausleiher" der Ideen anderer. "Der Name Gottes ist Barmherzigkeit" z.B. ist ein Satz von Benedikt XVI . Das Konzept einer "ganzheitlichen menschlichen Ökologie" erschien zuerst in Benedikts XVI Enzyklika "Caritas in Veritate". Es ist kein Zufall, daß diese Passage in Laudato Si´ erwähnt wird und zum Kontrollgedanken für alle Überlegungen der Enzyklika wurde.
Schließlich zeigt Papst Franziskus, daß er sich nicht immer von traditionellen Themen wegbewegen will. Seine Worte zum Leben und gegen Abtreibung sind kraftvoll: Papst Franziskus ist immer besonders unbeugsam gewesen. Im Denken von Papst Franziskus ist jedoch alles miteinander verbunden. So scheinen sogar die traditionellen Themen durch die vielen pragmatischen Empfehlungen der Enzyklika aufgenommen worden zu sein. Das gerade herausgegebene Büchlein enthält ebenfalls viele Vorschläge.
Wechselt die Kirche in den Fußstapfen von Laudato Si´ die Paradigmen? Das II.Vaticanische Konzil hat eine neue Art, Kirchendokumente zu erstellen, eingeführt. Seither beginnen die Dokumente mit einem besonderen, alltäglichen Lebensthema und erweitern dann das Spektrum und analysieren die universalen Probleme. Das II. Vaticanische Konzil hat so die klassische Grundlage für Kirchendokumente verschoben, die immer auf der Offenbarung Jesu Christi basierte und dann auf die Tiefe der Probleme der Welt einging.
Laudato Si´ scheint einen neuen Zugang eingeführt zu haben, ohne Konzil oder Zustimmung vieler Bischöfe. Papst Franziskus beginnt nicht mit speziellen Themen, Er beginnt mit Pragmatismus. Dieser Anfang hat Laudato Si´ für die säkulare Welt so pikant gemacht. Als Papst Franziskus 2015 in New York vor die UNO trat, hatte jeder Laudato Si´ gelesen.
Wie alle anderen Dokumente von Papst Franziskus birgt Laudato Si´jedoch das Risiko, daß der pragmatische Zugang den religiösen Inhalt überdeckt. Ob das Absicht ist oder das Ergebnis von Oberflächlichkeit, muß noch festgestellt werden,. Wir können nur raten: das ökologische Thema war für Papst Franziskus vor allem als eine allgemeine Herausforderung für die Menschen des Amazonasgebietes wichtig.
Die Veröffentlichung von Laudato Si´ war dann der Anfang eines idealen Weges, der den Weltjugendtag nach Panama und zur Spezialsynode für die Panamazonas-Region führte. Integraler Umweltschutz ist Papst Franziskus wichtig, weil er ein Mittel dazu ist, den Träumen Bolivars näher zu kommen, alle Menschen Amazoniens zu vereinen und einen großen Lateinamerikanischen Kontinent zu formen, der die indigenen Völker nicht marginalisiert und gleichzeitig ein Führer für die Welt sein kann.
Laudato Si´ ist beispielhaft für das Denken von Papst Franziskus weil sie diese panamazonische Rationale enthält. Es überrascht also nicht, daß uns ein ganzes Festjahr bevorsteht.
Die Frage ist jetzt, ob dieser pragmatische Zugang die Welt verändern wird oder nicht?
Am Ende ist Laudato Si´ nicht nur eine Enzyklika über Ökologie und Sorge um die Schöpfung. Sie umfaßt alle sozialen Themen und stellt sie unter den Schirm einer menschlichen Ökologie- von Kriegen angefangen bis zu guten Wegen, den Planeten zu retten.
Dieser Zugang steht auch im Zusammenhang mit den Reden von Papst Franziskus an das Europäische Parlament. Das Bindeglied zwischen Laudato Si´ und den Reden in Straßburg 2014 ist die Verteidigung der Menschenrechte, die direkte Folge dieser Suche nach einer integralen menschlichen Entwicklung sind, die die Wurzel der Soziallehre der Kirche darstellen.
In seinen Reden vor den europäischen Institutionen (Europa-Parlament und Europa-Rat) hat Papst Franziskus über Armut und Immigration gesprochen, den Wert der Familie unterstrichen, den Reichtum in der Welt und die Wegwerfkultur verdammt und ein Licht auf soziale Seuchen wie die Abtreibung geworfen. Das waren messerscharfe Reden mit scharfer Kritik an den Europäischen Institutionen, die ein Licht auf die Notwendigkeit von mehr "Menschlichkeit" in den bürokratischen Institutionen warfen und die Menschenrechte wieder in den Mittelpunkt stellten- so wie sie ursprünglich gedacht waren.
Diese beiden Reden von 2014 beinhalteten die Aussagen, die Papst Franziskus in Querida Amazonia und bei der Vorbereitung der Synode gemacht hat. Wir wissen jetzt, daß diese Reden als Vorbereitung für den Wendepunkt dienten, an dem dieses Pontifikat sich in ein völlig Lateinamerikanisches drehen würde.
Dieser Wendepunkt hat 5 Jahre nach der Veröffentlichung von Laudato Si´ stattgefunden, während die Welt über den Ausbruch der Pandemie schockiert war. Das neu heraugegebene Büchlein deckt alle Themen der Soziallehre der Kirche ab, die niemand vernachlässigen sollte.
Wir können aber der Wahrnehmung nicht entgehen, daß dieser Text eine Menge pragmatischer Vorschläge aber wenig allgemein Richtungsweisendes liefert. Eine umfassende Sicht scheint zu fehlen. Wird Papst Franziskus zu einer breiteren Sichtweise in der Lage sein?
Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican
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