Freitag, 18. September 2020

Neues vom Malteser Orden

Marco Tosatti veröffentlicht bei Stilum Curiae einen Brief, den ihm ein südamerikanisches Mitglied des Malteser-Ordens zur aktuellen Lage des Ordens vor der anstehenden Wahl des neuen Großmeisters geschrieben hat. Hier geht´s zum Original: klicken

"DIE DEUTSCHE PARTEI HAT ANGST ZU VERLIEREN UND SPIELT UNFAIR" 

Liebe Freunde und Feinde von Stilum Curiae, in weniger als zwei Monaten - am 7. November- wird ein Außerordentliches Treffen des Rates des Malteser Ordens stattfinden, aus dem nach dem Tod von Fra Giacomo Della Torre entweder ein neuer Großmeister oder ein Leutnant ad interim hervorgehen wird. In der Zwischenzeit tut die Gruppe, die nach dem erzwungenen Rücktritt von Matthew Festing ( der jedoch einer der wenigen ist, die zum Großmeister gewählt werden können...) an der Macht ist- d.h. die von Albrecht von Boeselager geführte deutsche Gruppe - alles,was sie kann, um zu verhindern, daß die Macht ihrem Zugriff entgleitet- auch wenn sie nicht wenig Gewalt anwenden muß. 

Einer der Ritter aus Südamerika hat eine Klage über das ziemlich schmutzige Spiel, das da gespielt wird, verfaßt.  Lesen Sie:

Lieber Tosatti, 

ich folge von Südamerika aus Ihrem blog mit großem Interesse und beglückwünsche Sie zu den wertvollen Informationen und Kommentaren, die er enthält. Im Hinblick auf die Lage beim Malteser Orden möchte ich etwas erklären, das vielleicht für Ihre Leser interessant ist. 

Anfang Juli haben vier Vereinigungen des Malteser Ordens  - die der  USA und Kanadas - einen Brief an Kardinal Becciu in seiner besonderen Rolle als Spezial-Delegierter des Papstes für die Beziehungen zum Malteser Orden geschickt, und darin u.a. ihre Bedenken im Hinblick auf die Veränderung der Verfassungs-Charta und des Gesetzes-Kodex des Ordens ausgedrückt. Als Antwort darauf haben die Groß-Priorate (die alle nicht von gewählten Groß-Prioren sondern von Verwaltern, die der vorherige Großmeister ernannt hat, geleitet werden) und die nationalen Vereinigungen Europas und des Libanons, Vereinigungen, die der Führung des deutsche Vereinigung folgen, die jetzt durch den Großkanzler des Ordens und dem Souveränen Rat durch Mitglieder und Verbündete geleitet werden, einen Brief geschrieben, der diese Bedenken der Nordamerikanischen Vereinigungen leugnet und die Position des Großkanzlers unterstützt.

Trotz der großen Mitgliederzahl der Nordamerikanischen Vereinigungen ( rund ein Drittel aller Ordensmitglieder) wird auf irreleitende Weise gesagt, daß ihre Vereinigungen (das sind vier) im Hinblick auf die große Anzahl der Europäischen Vereinigungen nur eine kleine Gruppe darstellen. 


Das hat bei einigen südamerikanischen Vereinigungen das Gefühlt ausgelöst, an den Rand gedrängt zu werden, was sie dazu veranlaßte, die nordamerikanischen Vereinigung unterstützen zu wollen. In der Diskussion zwischen den südamerikanischen Verbänden ist jedoch etwas ziemlich Merkwürdiges aufgetaucht. Juan O'Naghten, der Delegierte des Großkanzlers für Lateinamerika hielt es wahrscheinlich für eine gute Idee, weil er von jemandem gewarnt worden war, den Entwurf eines Briefes der vorgenannten südamerikanischen Vereinigungen, der alle Merkmale eines von allen zu unterzeichnenden Mandats aufweist, an Kardinal Becciu zu schicken. Der Brief enthielt harsche Äußerungen über die nordamerikanischen Verbände und drückte gleichzeitig seine Unterstützung für den Großkanzler aus.

Dieser Text wurde von einem der südamerikanischen Verbände vehement unterstützt, was den Eindruck erweckte, "vom Delegierten delegiert"worden zu sein. Sechs von zehn südamerikanischen Verbänden nahmen an dem Treffen teil, und nach einer Diskussion beschloss die Mehrheit schließlich, den vom Delegierten O’Naghten vorgeschlagenen Brief zu unterzeichnen, nachdem sie ihn abgeändert und einige als inakzeptabel angesehene Sätze entfernt hatten.

Dieses Ergebnis, das viele als nicht repräsentativ beurteilen (da mehrere südamerikanische Verbände nur nachgaben, um keine Spaltung in der Region zu suggerieren) führte zu Unzufriedenheit und sogar zu Bedauern.

In der Folge veröffentlichte die römische Zeitung "Il Messagero“ die Nachricht von der Verbindung der südamerikanischen Verbände mit der deutschen Vereinigung und den anderen ihnen zugeneigten Vereinigungen. 

Es sollte jedoch klargestellt werden, daß dieses  Ergebnis nicht dem ursprünglichen Denken aller Teilnehmer entsprach und daß der überraschende Druck des Delegierten des Großkanzlers - bis dahin. den Entwurf eines vorab verfaßten Schreibens, der ihre Position ausdrückt, zu übermitteln,  eine Art von Zwang darstellt, der die Vereinbarung ungültig macht. Es sollte weiter gesagt werden, daß vier der zehn südamerikanischen Vereinigungen fehlten und der Brief, der auf die erwähnte Weise empfangen wurde,  nicht einmal im entferntesten den Gedanken vieler Ritter und Damen des Ordens in der Region widerspiegelt.

Die südamerikanischen Verbände fühlen sich auch unwohl wegen der Art, mit der der Großkanzler es ihnen unmöglich gemacht hat, adäquat beim außerordentlichen Staatsrat, das den Großmeister wählen wird, repräsentiert zu werden,das auf alle Fälle der Lösung hinsichtlich den aktuellen Umständen der außerordentlichen Gesundheitslage unterworfen sein wird, dem folgend, was schon immer in ähnlichen Situationen gemacht worden ist.

Herzliche Grüße 

Ein gutinformierter Malteser Ritter 

          *   *   *   *   *

Haben Sie das alles verstanden? Es gibt einen kontinuierlichen Druck - und es werden immer mehr Spielchen gespielt. Z.B. wurden einige Ritter der Groß-Priorate vom Leutnant ad interim (nach dem Tod des Großmeisters) plötzlich in eine "In Gremio Religionis" -Sektion versetzt. Auf diese Weise wurden einige unbequeme Charaktere aus der Reihe derer entfernt, die beim Spezialrat wahlberechtigt gewesen wären: die Mitglieder eines Gremio Religionis können nicht als Wähler gewählt werden. Das Problem jedoch, das viel Zwietracht innerhalb des Ordens verursacht hat und sicher zu Protesten und rechtlichen Schritten führen wird, ist, daß die Versetzung von jemandem in ein Gremio Religionis ein außerordentlicher Verwaltungsakt ist, der über die Befugnisse des Leutnants hinausgeht. Kritiker sagen, daß es in den vergangenen Wochen ebenso eine regelwidrige Ernennung von drei Rittern des Großkreuzes gegeben hat: Marcello Celestini. Arzt und Botschafter des Ordens von San Marino, Schwiegervater der Tochter von Dominique de la Rochefoucauld, der Großhospitallier ist (Nr. 4 des Ordens)und ein Freund der Deutschen; Amedeo de Franchis, Prokurator des Großpriorats von Rom, ebenfalls auf der deutschen Linie, und Domenico Arduini. ein Arzt, der während der letzten zwanzig Jahre der behandelnde Arzt der Großmeister war, ein Gynäkologe, er ist derjenige der den Todeszeitpunkt von Giacomo della Torre bekannt gegeben hat. Jetzt wird uns erklärt, daß- in Übereinstimmung mit den Regeln, Neubeitritte, Beförderungen und die Ehrung mit dem Großkreuz und Ernennung zum Vogt nicht durch den Leutnant ad interim erfolgen können. Das ist eine Regelwidrigkeit des Managements: diese Dinge hätten nicht getan werden dürfen. Sie hätten nach der Wahl des neuen Großmeisters ernannt werden müssen, oder wenn es keinen Großmeister gibt, durch den Leutnant. 

Ist es boshaft zu vermuten, daß die deutsche Partei - weit in der Minderheit im Orden (Zweidrittel des Ordens sind Amerikaner und Italiener) jedes mögliche Mittel benutzen werden, um einen befreundeten Kandidaten wählen zu lassen, aus Angst, politisch oder sonstwie Rechenschaft über die Geschichte des Ordens in den letzten Jahren ablegen zu müssen? Wir glauben das nicht. Ebenso wie wir denken, daß Kardinal Becciu die Züge der Story sehr genau kennt: es geht nicht darum, wer Reformen will und wer nicht. Seien Sie nicht überrascht, aber sogar unter Journalisten gibt die, die reinen Herzens sind, sogar unter den Vaticanisti der großen Zeitungen, die die Story akzeptieren- von den "Progressiven" (die Deutschen), die Reformen wollen und den Konservativen (viele andere), die das nicht wollen. Alle wollen Reformen, aber da unterscheiden sich die Meinungen.  Da sind diejenigen, die zu einem religiöseren Charakter zurück kehren wollen und jene, die den Orden in eine Art NGO verwandeln wollen, eine Art St. Egidio-Gemeinschaft, die Brokat und Samt trägt...

Und dann ist da das Geld. Erinnern Sie sich an den großen Kampf über die Verteilung der Kondome, die zuerst den Fall und dann die Rückkehr Albrecht von Boeselagers sah, dessen Bruder Georg im Aufsichtsrat des IOR sitzt und enge Kontakte zum Staatssekretär Kardinal Parolin hat? Nun, die Frage der Kondome ist seit 2016 sowohl innerhalb als auch außerhalb des Ordens angekündigt worden, was Ende 2011 in Deutschland mit einem Krieg innerhalb der deutschen Vereinigung begann. Und der Konflikt zwischen Festing (dem Großmeister, der vom Papst zum Rückzug gezwungen wurde, in einem sensationellen und präzendenzlosen Akt der Einmischung) und von Boeselager, der im Dezember 2016 explodierte, ist mit der Geldfrage verbunden. Es gibt viele ungelöste Fragen, die Kardinal Becciu sicher studieren kann. 

Wer hat de facto all das flüssige Geld des Ordens (um die 30 Millionen €) in den letzten 10- 15 Jahren verwaltet, die darüber hinaus in einer Finanzinstitution der Familie liegen, ohne dem Souveränen Rat und der Wirtschaftsprüfungskammer je Rechenschaft abzulegen? Und wo ging das Geld aus der Schweizer Stiftung (weitere 30 Millionen Schweizer Franken) hin? Warum fährt der Orden damit fort, weiterhin Immobilien - hauptsächlich in Italien - zu verkaufen, wenn er soviel Bargeld besitzt? Wird es- wie wir befürchten - immer von den Deutschen verwaltet? 

Alle dies Fragen haben Gewicht, vielleicht noch mehr als die Kondomfrage, als die Machtfrage im Souveränen Militärorden von Malta. Und diese Fragen stellen bereits klar,.warum die deutsche Partei in diesem Kampf so massiv engagiert ist."

Quelle: Stilum Curiae, M. Tosatti

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