Samstag, 17. Juli 2021

Ein Kirchenrechtler analysiert das Motu Proprio "Traditionis Custodes".

Fr. Pierre Laliberté, J.C.L.* kommentiert für Rorate Caeli das heute promulgierte Motu Prprio aus der Sicht eines Kirchenrechtlers. 
Hier geht´s zum Original:  klicken

"RECHTLICHE ÜBERLEGUNGEN ZUM MOTU PROPRIO TRADITIONIS CUSTODES"- RESTRIKTIONEN ERFORDERN EINE GENAUE INTERPRETATION" 

1. Prinzipien

Das Motu Proprio "Traditionis Custodes" wurde am 16. Juli 2021 gemeinsam mit einem Begleitbrief herausgegeben. 

Als ein restriktives Dekret sollte dieses aktuelle Motu Proprio von Papst Franziskus genau interpretiert werden- in Übereinstimmung mit der Rechtsmaxime Regula Juris 15 (odiosa restringenda, favorabilia amplificanda)** Interessanterweise gibt es auch kein Freistellungsgesetz.. 

Papst Franziskus weist im ersten Paragraphen darauf hin, daß die Bischöfe das Prinzip der Einheit der Einzelkirchen bilden und sie durch Verkündigung des Evangeliums  leiten. Wie das spezifizierte Ende des Dokuments die "konstante Suche nach der kirchlichen Kommunion" ist, sollte -wie es scheint-  dieses Dokument hermeneutisch so ausgelegt werden, daß es die kirchliche Gemeinschaft zwischen den Gläubigen, Priestern und Bischöfen wirklich fördert und keine negativen Gefühle und keinen bösen Willen unter den Gläubigen fördert, die an den traditionellen liturgischen Formen hängen.

Es lohnt sich, darauf hinzuweisen, was dieses Motu Proprio nicht einschränkt. Das vorkonziliare Breviarium Romanum, Pontificale Romanum und Rituale Romanum wird nicht erwähnt. Es wird keine ausdrückliche Aufhebung eines bemerkenswerten Dokuments bezüglich des traditionellen römischen Messbuchs vorgenommen, und eine solche Aufhebung sollte daher nicht impliziert werden. Das traditionelle Messbuch bleibt, wie es immer war, nie außer Kraft gesetzt. Die Rechte, die Quo Primum, die theologische und liturgische Tradition der abendländischen Riten und die uralten Sitten festgeschrieben haben, bleiben erhalten. Die traditionellen Riten der verschiedenen Religionsgemeinschaften (Dominikaner, Karmeliten, Prämonstratenser usw.) und der alten Bistümer (Ambrosian, Lyonnais usw.) werden nicht erwähnt. Es gibt keinen Hinweis darauf, daß das Recht eines Priesters, nach dem Missale von 1962 privat zu feiern, in irgendeiner Weise verletzt wird. 

Im Vergleich zu der umfangreichen Einräumung von Rechten gelesen, die Summorum Pontificum zugestanden hat und die durch Universae Ecclesiae klargestellt und erweitert wurden, muss man schließen, daß die von Papst Benedikt XVI.zugestandenen Rechte noch bestehen.

Dieses Dokument weist einen ernsthaften Mangel an Klarheit auf, den diese kurze Analyse zu beheben versucht, und es ist offensichtlich, daß seine Mehrdeutigkeiten leider von denen mit einer weniger echten Liebe zur Kirche, zu ihrem treuen Volk und zu ihrem Erbe ausgenutzt werden wird. 

2. Analyse des Dokumentes 

Artikel 1diskutiert die liturgischen Bücher, die von den Hl. Paul VI und Johannes Paul II promulgiert wurden und weist darauf hin, daß sie der "einzigartige Ausdruck der lex orandi des römischen Ritus“ sind. Mangels gegenteiliger Hinweise ist davon auszugehen, daß der Status der liturgischen Bücher der außerordentlichen Form erhalten bleibt.


Artikel 2 erkennt den Diözesanbischof als „Moderator, Förderer und Hüter des gesamten liturgischen Lebens der Teilkirche“ an. Das ist wahr und war schon immer so. Dieser Artikel erkennt lediglich an, daß der Bischof das allgemeine liturgische Leben der Diözese regelt, was auch die Verwendung des vorkonziliaren Missale Romanum umfasst, und seine Verwendung zu genehmigen, so wie ein Bischof jedem Priester das Recht erteilen würde, die Liturgie zu feiern.


Bei der Betrachtung von Artikel 3 ist anzumerken, daß sich die Bestimmungen dieses Artikels auf das "Missale vor der Reform von 1970“ beziehen. Genau genommen ist das Missale, das der Reform von 1970 vorausgeht, die editio typica von 1965 mit den Änderungen von Tres abhinc annos vom 4. Mai 1967. Dies ist nicht das Missale von 1962. Nach Kenntnis des Autors wird das Missale von 1965 kaum, wenn überhaupt, verwendet.


Artikel 3, Nummer 1 besagt, daß "Diese Gruppen die Gültigkeit und Legitimität der vom II. Vatikanischen Konzil und dem Lehramt der Päpste diktierten Liturgiereform nicht leugnen dürfen“. Dies sollte kein Problem darstellen, da das grundlegende Prinzip der Liturgiereform, das allen Änderungen vorausgeht, wie in Sacrosanctum Concilium 4 dargelegt, nach wie vor lautet, daß "das Heilige Konzil in treuem Gehorsam gegenüber der Tradition erklärt, daß die heilige Mutter Kirche alle rechtmäßig anerkannten Riten als von gleichem Recht und gleicher Würde beibehält; daß sie sie auch in Zukunft erhalten und in jeder Hinsicht fördern möchte.“ 



 

Artikel 3 Nummer 2 stellt fest, daß der Bischof der Diözese einen oder mehrere Orte benennen soll, an denen sich die Gläubigen dieser Gruppen [die gemäß dem Messbuch vor der Reform von 1970 feiern] zur Eucharistiefeier versammeln können, die nicht in den Pfarrkirchen stattfinde und daß sie keine neuen persönlicher Pfarreien errichten soll . Dies bleibt rechtlich unklar, da es sich lediglich um eine Einschränkung der Editio typica von 1965 handeln könnte. Während der Text darauf hinweist, daß sich diese Gruppen "nicht in den Pfarrkirchen und ohne die Errichtung neuer persönlicher Pfarreien“ versammeln können, gibt es noch eine Reihe anderer Orte, an denen solche Feiern stattfinden können.


Artikel 3, Nr.3 besagt, daß der Bischof die Tage festlegen kann, an denen die Eucharistiefeier gemäß dem Missale von 1962 erlaubt sind. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß das Recht eines Priesters hierzu verletzt wird. Auch der Bischof kann eine solche Bestimmung vornehmen. Und wie in praktisch allen Gemeinden, in denen die Außerordentliche Form gefeiert wird, werden die Lesungen typischerweise in der Landessprache gemäß den Bestimmungen Artikel 3 Nummer 3 besagt, dass der Bischof die Tage festlegen kann, an denen die Eucharistiefeier gemäß dem Missale von 1962 erlaubt sind. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß das Recht eines Priesters hierzu verletzt wird. Auch der Bischof kann eine solche Benennung vornehmen. Und wie in praktisch allen Gemeinden, in denen die Außerordentliche Form gefeiert wird, werden die Lesungen typischerweise in der Landessprache gemäß den Bestimmungen von Universae Ecclesiae 26 verkündet: "Wie in Artikel 6 des Motu Proprio Summorum Pontificum vorgesehen, können die Lesungen der Heilige Messe aus dem Messbuches von 1962 entweder nur in lateinischer Sprache oder in Latein gefolgt von der Landessprache oder in Niederen Messen nur in der Landessprache verkündet werden.“ Nr. 4 weist darauf hin, daß ein Priester ernannt werden sollte, der "für diese Verantwortung geeignet ist“ und gibt Beispiele für die positiven Eigenschaften, die ein solcher Priester aufweisen sollte.
 
Artikel 3, Nr.5 und 6 beschreiben, wie der Bischof das Wachstum solcher Gemeinschaften und Pfarreien positiv leiten soll, nämlich sicherzustellen, daß sie "für ihr geistliches Wachstum wirksam sind“ und "entscheiden, ob sie beibehalten werden oder nicht“. Der Akzent liegt hier natürlich auf dem Positiven: Bischöfe sollten die Wirksamkeit des Wachstums solcher Gemeinschaften und Pfarreien fördern. Im folgenden Unterabschnitt wird darauf hingewiesen, daß es von den Bischöfen auch kein striktes Verbot gibt, die Gründung neuer Gruppen zu genehmigen, sondern lediglich "aufzupassen“, deren Gründung nicht zu genehmigen.


Artikel 4 unterscheidet zwischen denen, die nach dem 16. Juli 2021 geweiht wurden, die einen Antrag an den Diözesanbischof stellen "sollen“, der den Apostolischen Stuhl konsultiert, und den zuvor geweihten Personen. Es gibt keinen Hinweis darauf, daß diese neu geweihten Priester dies tun müssen, und es gibt keinen Hinweis auf Strafen, denen sie unterliegen würden, wenn sie dies nicht täten. Dies ist eine ermahnende, keine verpflichtende Aussage. Ebenso werden diejenigen, die vor dem 16. Juli 2021 geweiht wurden, in Artikel 5 ermutigt, beim Diözesanbischof um die Möglichkeit zu bitten, weiterhin gemäß dem traditionellen Messbuch zu feiern. Auch diese beiden (2) Artikel sollten so gelesen werden, daß sie in Übereinstimmung mit den ausdrücklichen Zielen des vorliegenden Motu proprio das positive Wachstum und die Verständigung in der Gemeinschaft zwischen Priestern und ihren Bischöfen fördern.

 

Artikel 6 stellt fest, daß die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des Apostolischen Lebens, die zuvor der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei unterstanden, jetzt der Zuständigkeit der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und Gesellschaften des apostolischen Lebens unterstehen, und Artikel 6 bestätigt die Zuständigkeit der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, sowie der zuvor genannten Kongregation Artikel 6 stellt fest, dass die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, die zuvor der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei unterstanden, jetzt der Zuständigkeit der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und Gesellschaften des apostolischen Lebens unterstehen, und Artikel 6 bestätigt die Zuständigkeit der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung sowie der oben genannte Kongregation für die Einhaltung dieser Bestimmungen.

 

Während der letzte Artikel dieses Motu Proprio in seiner Aufhebung von „früheren Normen, Anweisungen, Genehmigungen und Gebräuchen, die nicht mit den Bestimmungen des vorliegenden Motu Proprio übereinstimmen eher schwungvoll ist, sei noch einmal darauf hingewiesen, daß die Bestimmungen dieses vorliegenden Motu Proprio Beschränkungen sind, die eine strenge Auslegung erfordern."


Quelle: Fr. Pierre Laliberté, J.C.L, Rorate Caeli

 

*Pseudonym eines Priesters und Kirchenrechtrlers der Lateiniscchen Kirche  

** Das Schlechte beschränken, das Wünschenswerte verstärken

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Posten eines Kommentars erteilen Sie die nach der DSGVO nötige Zustimmung, dass dieser, im Falle seiner Freischaltung, auf Dauer gespeichert und lesbar bleibt. Von der »Blogger« Software vorgegeben ist, dass Ihre E-Mail-Adresse, sofern Sie diese angeben, ebenfalls gespeichert wird. Daher stimmen Sie, sofern Sie Ihre email Adresse angeben, einer Speicherung zu. Gleiches gilt für eine Anmeldung als »Follower«. Sollten Sie nachträglich die Löschung eines Kommentars wünschen, können Sie dies, unter Angabe des Artikels und Inhalt des Kommentars, über die Kommentarfunktion erbitten. Ihr Kommentar wird dann so bald wie möglich gelöscht.