Sonntag, 21. November 2021

Fr. Hunwicke spricht

bei liturgicalnotes heute über die Lesungen des heutigen Sonntags.
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       "ANTISEMITISMUS IM MITTELALTER UND HEUTE"

Ich wiederhole heute einen Text, den ich vor einigen Jahren geschrieben habe. Er bezieht sich auf eine mittelalterliche Lesung für den letzten Sonntag vor Advent.

Ich glaube, daß ich der einzige bin, der diese alten Lesungen und ihre alten Botschaften kommentiert, deshalb bitte ich um Nachsicht mit meinen alten Wiederholungen.

Die meisten Lesungen des Sarum-Gebetsbuches für den Sonntag sind im Wesentlichen die selben wie die im Missale des Hl. Pius V. wenn auch mit einigen Verschiebungen von Brief und Evangelium zwischen verschiedenen Sonntagen. 

Aber manchmal gibt es auch einen wirklichen Unterschied zum Pius-Lektionar. Z.B. am letzten Sonntag vor Beginn der Adventszeit, wenn Sarum (gefolgt vom Gebetsbuch) und viele nordeuropäische Tracditionenetwas ganz anderes vorsehen. Da finden wir eine Epistel (naja, tatschlich eine Lektion von Jeremiah) und ein Evangelium von Johannes , die im Mittelalter ziemlich oft hin und her geschoben wurden - aber immer kurz vor der Adventszeit kamen, als Anregung, als Vorgeschmack und Vorläufer der beginnenden Zeit. Ihr Verlust stellt eine Verarmung - auch  für das Missale Pius' V und mehr noch für den Novus Ordo dar.

Ich will die Bedeutung dieser Lesungen mit den Worten von Abt Rupert von Deutz (1075 - 1129), einem bedeutenden Mystagogen, erkläre. Ich glaube, daß wir aus seinen Worten, etwas darüber lernen können, was die Schrift und die Tradition über die Erlösung der jüdischen Brüder lehren, detaillierter als das, was wir vom wackeligen (aber nicht unorthodoxen) nostra aetate oder dummen (nicht lehramtlichen)  Dokumenten aus Rom lernen können.   

"Die Heilige Kirche ist so sehr darauf bedacht, ihre Flehens-, Gebets- und Danksagungsschuld für alle Menschen zu bezahlen, wie der Apostel es verlangt, daß sie auch für die Errettung der Kinder Israel dankt, von denen sie weiß, daß sie  eines Tages mit ihr vereint sein werden, und weil ihre Überreste am Ende der Welt gerettet werden sollen, so freut sie sich an diesem letzten Sonntag des Jahres darüber, sie zu haben, als wären sie bereits ihre Mitglieder! Im Introitus, der sie an die Prophezeiungen erinnert, singt sie jedes Jahr: ich denke, Gedanken des Friedens und nicht der Bedrängnis. Wahrlich, seine Gedanken sind die des Friedens, denn er verspricht, zum Mahl seiner Gnade die Juden zuzulassen, die seine Brüder sind nach dem Fleische, und erkannten so, was in der Geschichte des Patriarchen Joseph vorgezeichnet war: Die Brüder Josephs, die ihn verkauft hatten, kamen zu ihm, als sie vom Hunger gequält wurden; denn dann herrschte er über das ganze Land Ägypten; er erkannte sie, empfing sie und machte zusammen mit ihnen ein großes Fest; So wird auch unser Herr, der über die ganze Erde regiert und den Ägyptern (das heißt den Heiden) das Brot des Lebens im Überfluss gibt, die Überreste der Kinder Israel zu sich kommen sehen. Er, den sie verleugnet und getötet hatten, wird ihnen seine Gunst erweisen, wird ihnen einen Platz an seinem Tisch geben, und der wahre Joseph wird mit seinen Brüdern freudig schlemmen."

"Der Nutzen dieses göttlichen Tisches wird im Amt dieses Sonntags durch das Evangelium bezeichnet, das uns sagt, dass der Herr die Menge mit fünf Broten speist. Denn dann wird Jesus den Juden die fünf Bücher des Mose öffnen, die jetzt noch ganz und noch nicht gebrochen sind,  und die - ja- von einem Kind,getragen werden,  das heißt von diesem Volk selbst, das bis dahin in der Enge eines kindlichen Geistes verkrampft sein wird"


"Dann wird sich die Prophezeiung des Jeremias erfüllen, die so treffend vor dieses Evangelium gestellt ist: Sie werden nicht mehr sagen: Der Herr lebt, der die Kinder Israel aus dem Land Ägypten geführt hat, sondern: Der Herr lebt, der den Samen des Hauses Israel aufgezogn hat und aus dem Nordland und aus allen Ländern, wohin ich sie vertrieben habe, geführt hat.

"So befreit von der geistigen Knechtschaft, die sie noch hält, werden sie mit ihrem Herzen die Dankesworte singen, wie wir sie im Gradual haben: Du, o Herr, rette uns vor unseren Feinden!"

"Die Worte, die wir im Offertorium verwenden: Aus der Tiefe habe ich zu dir gerufen, o Herr, weisen deutlich auf dieselben Ereignisse hin; denn an diesem Tag werden seine Brüder zu dem großen und wahren Joseph sagen: Wir bitten dich, vergiss die Bosheit deiner Brüder!“ Die Kommunion: „Wahrlich, ich sage euch, was immer ihr begehrt, wenn ihr betet, glaubt, daß ihr es empfangt, und es wird euch geschehen“, ist die Antwort von demselben Joseph, wie es die des ersten war: Fürchte dich nicht! Ihr dachtet Böses gegen mich, aber Gott hat es zum Guten gemacht, damit er mich, wie ihr seht, erhöht und viele Menschen errette. und deine Kinder." (Die Lesung ist Jeremia 23:5 ff; das Evangelium, Johannes 6:5 ff, ist die Speisung der Fünftausend. Meine Übersetzungen der Eigentümlichkeiten sind dem Book of Common Prayer und dem guten alten englischen Messbuch entnommen.)

Das ist eine hervorragende Darstellung eines wichtigen Themas der paulinischen Eschatologie im biblischen und patristischen "typologischen“ Idiom – siehe Römer 9-11. Die entscheidende Passage, Römer 11,25-28, wird in den Novus Ordo Sonntagslesungen weggelassen. Ich vermute, daß die Tatsache, daß moderne Lektionare dieses biblische Thema behutsam umgehen, von Bedeutung ist: die eschatologische Unterwerfung der Juden unter den Ruf Christi.

Manchmal habe ich das Gefühl, daß trotz der Forderung nach einer "reicheren Tafel der Heiligen Schrift“ in Sacrosanctum concilium die dem Volk Gottes vorgelesenen Schriften in den nachkonziliaren Büchern in mancher Hinsicht paradoxerweise konzeptionell enger gefasst wurden. Ich empfehle dem Leser (noch einmal) den feine Index Lectionum von Matthew Hazell ... ein Muss für jeden, der sich ernsthaft für Liturgie interessiert"

Quelle: liturgicalnotes, Fr. J. Hunwicke

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