Freitag, 14. Januar 2022

Schisma in der Orthodoxie

Sandro Magister berichtet bei Settimo Cielo über das Schisma zwischen den Orthodoxen Kirchen und die diesbezügliche Unentschlossenheit Roms.
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"ES GIBT IN DER ORTHODOXIE EIN SCHISMA ZWISCHEN MOSKAU UND KONSTANTINOPEL. ABER ROM WEISS NICHT, AUF WELCHE SEITE ES SICH STELLEN SOLL."

Gerade wo die Gerüchte über Datum und Ort des vielgepriesenen neuen Treffens zwischen Papst Franziskus und dem Orthodoxen Patriarchen von Moskau, Kirill herumschwirren, -jetzt für die ungarische Abtei Pannonhalma vorgesehen, nachdem Kazachstan aus dem Rennen ist, sind die Beziehungen zwischen Katholizismus und Orthodoxie in der Realität gelähmt. 

Das ernste Problem für Franziskus besteht in dem, was in der Orthodoxen Welt passiert. In der Kirill im offenen Konflikt, an der Schwelle zum Schisma. mit den beiden historischen Patriarchaten des Ostens steht, denen von Konstantinopel und Alexandria, das Rom besonders nahe steht.

Was Kirill so wütend gemacht hat, daß er die eucharistische Gemeinschaft mit dem ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus, gebrochen hat, war die Entscheidung des letzteren, die am 6. Januar 2019 formalisiert wurde, die Autonomie der neu gegründeten Orthodoxen Kirche der von Metropolit Epiphanius regierten Ukraine von Moskau anzuerkennen.

Das Patriarchat von Moskau verurteilte diese Anerkennung sofort als illegitim. Moskau betrachtet die ukrainische Kirche nach wie vor als Teil der ihren, und tatsächlich ist ein wesentlicher Teil der ukrainischen Orthodoxie mit Metropolit Onufriy weiterhin dem Patriarchat von Moskau unterstellt. Im Gegensatz dazu behauptet Bartholomäus als ökumenischer Patriarch und „primus inter pares“ in der gesamten Orthodoxen Welt, er habe die Autorität, "autokephale“ Kirchen zu errichten, die sich selbst regieren, und handelt entsprechend.

Rechnet man noch den Kriegszustand zwischen Russland und der Ukraine und die sehr enge Verbindung zwischen Kirill und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hinzu, versteht man, wie radikal der Zusammenstoß zwischen den beiden Patriarchaten ist, der letztlich in der Weigerung des Moskauer Patriarchen besteht, den Primatsanspruch, den der ökumenische Patriarch von Konstantinopel beansprucht, anzuerkennen. 


Ermutigt durch seinen zahlenmäßigen und politischen Einfluss auf dem Gebiet der Orthodoxie, warnte Moskau sofort alle anderen orthodoxen Kirchen davor, die neue Ukrainisch-Orthodoxe Kirche anzuerkennen. Nur die Kirchen Griechenlands und Zyperns, die am engsten mit Konstantinopel verbunden sind, haben dies getan. Aber jetzt, wo der griechisch-orthodoxe Patriarch von Alexandria "und von ganz Afrika“, Theodor II., dasselbe getan hat, hat Moskau reagiert, wie niemand erwartet hatte. Das erste Signal stammt aus dem Dezember 2019, als das Patriarchat von Moskau dem Patriarchat von Alexandria sechs afrikanische Pfarreien abnahm, die russischen Missionaren anvertraut waren und sie an sich  anschloss.

In der Orthodoxie hat jedes Patriarchat Autorität über sein eigenes kanonisches Territorium, in das kein anderes Patriarchat eingreifen kann, und Afrika gehört nach alter Tradition zum Patriarchat von Alexandria.

Aber in Moskau haben sie mit genau dieser Tradition gebrochen, indem sie in das Lager eines anderen eingedrungen sind und damit anderen genau das angetan haben, was sie selbst nie toleriert haben. Am vergangenen 29. Dezember gründete die Synode des russischen Patriarchats ein eigenes Exarchat für Afrika mit zwei Diözesen: die erste mit Sitz in Kairo und Zuständigkeit für den nördlichen Teil des Kontinents, die zweite mit Sitz in Südafrika für den südlichen Teil. Die beiden Diözesen wurden mit 102 Priestern versorgt, die vom Patriarchat von Alexandria zum Gehorsam gegenüber Moskau gewechselt haben.

Das neue Exarchat hat sein Hauptquartiert nicht in Afrika sondern in Moskau und ist dem Erzbischof von Vladikavkaz, Leonid, mit dem Titel des Exarchen von Afrika anvertraut worden.

Die Reaktion aus Alexandria folgte sofort. Am 30. Dezember drückte Patriarch Theodor II. seine "tiefste Trauer über die synodale Entscheidung des russischen Patriarchats aus, ein Exarchat innerhalb der normalen Grenzen der Jurisdiktion der alten Kirche von Alexandria zu errichten“. Und er kündigte an, den Affront auf "einer bevorstehenden Sitzung der Synode des Patriarchats“ zu erörtern, auf der die "entsprechenden Entscheidungen getroffen werden“, also auf der bereits am 10. Januar mir der Ernennung des Nachfolgers des verstorbenen Metropoliten von Kampala und ganz Uganda, Jonah Lwanga, einer Persönlichkeit von Prestige und vorbildlicher Spiritualität, einer afrikanischen Säule des alexandrinischen Patriarchats, fortgefahren werden sollte.

In einer am 12. Januar am Ende der Synodensitzung veröffentlichten Erklärung prangerte das Patriarchat von Alexandria "die pestartige Verwirrung“ an, die von der russischen Kirche unter "den Kindern in Christus, die wir gezeugt haben“, den afrikanischen Gläubigen, geschaffen wurde, und kündigte "die treue und sofortige Anwendung kirchlicher Sanktionen, die von den göttlichen und heiligen Kanons vorgeschrieben sind, auf Übertreter“ an, ohne jedoch klarzustellen, ob solche Sanktionen auch den Bruch der eucharistischen Gemeinschaft mit der russischen Kirche beinhalten.

Aber die Ziele des Patriarchats von Moskau beschränken sich nicht auf Afrika, es will auch anderswo und weiter oben zuschlagen. In einem Interview mit der Agentur Novosti sagte der mächtige Metropolit Hilarion von Wolokolamsk, Präsident der Abteilung für Außenbeziehungen des Moskauer Patriarchats, daß die russische Kirche auch in der Türkei das tun könnte, was sie in Afrika tut, weil "wir die Seelsorge den orthodoxen Gläubigen in der Situation, in der der Patriarch von Konstantinopel sich auf die Seite des Schismas gestellt hat, die Seelsorge nicht verweigern können.“

Es ist daher nicht auszuschließen, daß Moskau bald auch in der Türkei, also im kanonischen Gebiet des Patriarchats von Konstantinopel, eigene Pfarreien errichten wird. Aber es gibt noch mehr. In demselben oben zitierten Interview erklärte Metropolit Hilarion, daß nur "die konziliare Weisheit der Kirche das Schisma in der orthodoxen Weltgemeinschaft heilen kann“. Rätselhafte Worte, die an die Einberufung eines Gipfeltreffens zwischen den Oberhäuptern der orthodoxen Kirchen erinnern, wie es zum ersten Mal am 26. Februar 2020 in Amman, Jordanien, stattfand.

In Wirklichkeit haben sich in Amman nur die Oberhäupter einiger Kirchen getroffen, die dem Patriarchat von Moskau am nächsten standen. Und es war Kirill, der das Sagen hatte.

Kirill erinnerte an das Schisma von 1054 zwischen Konstantinopel und Rom, um sofort hinzuzufügen, daß die Orthodoxie heute, nach einem Jahrtausend, erneut mit einem Schisma konfrontiert ist, das ebenfalls seine Wurzeln in einer unterschiedlichen Vision des „Primats“ hat.

Ohne jemals den ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel zu nennen, aber in durchsichtiger Weise auf ihn zu verweisen, hat Kirill keinen anderen als Bartholomäus als Schuldigen für das neue Schisma herausgegriffen, weil der sich anmaßt, mit Hilfe seines Titels "primus inter pares“ allein für alle zu entscheiden , ohne "ein System konziliarer Kontrolle über die Handlungen des Primats-Stuhls“ zu akzeptieren.

In Amman nannte Kirill sechs Punkte als Diskussionsthemen, denen ein künftiger Gipfel gewidmet sein sollte, alle sechs zielen darauf ab, die Befugnisse des ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel einzuschränken.

Und genau dieses Ziel will das Moskauer Patriarchat erreichen. Nachdem er das von Bartholomäus auf Kreta 2016 nach sechzig Jahren qualvoller Vorbereitung einberufenen panorthodoxen Konzil durch seine Abwesenheit ruiniert hat, will Kirill nun derjenige sein, der den künftigen Gipfel regiert, der darauf abzielt, seinen "schismatischen“ Rivalen in Konstantinopel  aller Autorität als Primas zu berauben. 

Das erste Treffen zwischen Papst Franziskus und Kirill (siehe Foto) fand am 12. Februar 2016 am Flughafen von Havanna statt, vier Monate vor dem gescheiterten panorthodoxen Konzil. Das zweite Treffen zwischen den beiden, falls und wenn es stattfindet, könnte einen endgültigen Bruch im Lager der Orthodoxie ankündigen.

Aber schon heute ist es für Rom nicht einfach, den richtigen Weg zwischen Moskau und Konstantinopel zu finden. "

Quelle: S.Magister, Settimo Cielo 

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