Sonntag, 20. Februar 2022

Die große Schlacht des Joseph Ratzinger

Francesco Boezi kommentiert in Il Giornale den letzten Brief des Papa emeritus zu den gegen ihn -nach der Veröffentlichung des Münchener "Gut"achtens erhobenen Vorwürfen und seinen jahrzehntelangen Kampf gegen die Seuche der Pädophilie innerhalb der Kirche.
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"DIE LETZTE ETAPPE IN DER GROSSEN SCHLACHT RATZINGERS" 

"Die Schlacht des Joseph Ratzingers gegen die Pädophilie beginnt vor langer Zeit -1988. Warum der letzte Brief die Endphase eines Weges sein könnte, der sein Pontifikat als Vorreiter der Erneuerung erlebte. 

Joseph Ratzinger ist der Pontifex, der mehr als alle seine Vorgänger gegen die Pädophilie in der Katholischen Kirche eingegriffen hat. Während seiner Regierungszeit an der Spitze der Kirche wurde ihm ein regelrechter Rekord bei der Zahl der "laisierten Priester“ bescheinigt. Und, daran erinnert auch der Fatto Quotidiano, ein Dokument, das der Vatikan der UNO vorgelegt hat  spricht, –für die Zeit  zwischen 2011 und 2012 – allein von 400 Priestern, die in den Laienstatus versetzt wurden. Benedikt XVI ist es auch, der im  Hinblick auf "falsches Verhalten" bei Mißbrauchsfällen in seiner Zeit als Erzbischof von München-Freising, darauf bestanden hat, um Verzeihung zu bitten, obwohl er aber gleichzeitig die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen hat. Die Pädophilie- eine Herausforderung, die ihn schon immer beschäftigt hat. Und die das auch jetzt- als emeritierter Papst immer noch tut. 

Seit Jorge Mario Bergoglio auf den Peters-Thron gewählt wurde, hat sich Ratzinger vor allem in Briefen zu Wort gemeldet. Die Briefe stellten für den ehemaligen Bischof von Rom das Mittel dar, das kirchliche Leben und andererseits auch die mediale Debatte zu beeinflussen. Und selbst im Hinblick auf den letzten veröffentlichten Text, in dem der deutsche Theologe nicht nur betont, daß er kein Lügner ist, sondern auch um Vergebung fleht, fragt man sich, warum sich der ehemalige Papst für eine so direkte Form der Kommunikation entschieden hat.

Es ist schon bei anderen Gelegenheiten passiert, daß  er "milde Theologe“ aus Tübingen das Schweigen brach. Der Stil des Deutschen war schon immer störend. Denken Sie an den „Verzicht“ auf den Thron des Petrus, aber auch an die bekannte Regensburger Rede, ganz zu schweigen von der ganzen Reihe von Erklärungen über den "Schmutz“ der Katholischen Kirche. Wie von Il Sole 24 Ore in diesem Artikel erwähnt, könnte der Karfreitag des Jahres 2005, das reale Weltdebüt des Kardinals in den letzten Tagen des Lebens von Johannes Paul II., als allumfassendes Beispiel dienen.


Es gibt eine Passage, die vielleicht entgangen ist und Erwähnung verdient: vor Ratzinger, der auch Johannes Paul II. als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre begleitete, als Autor der meisten Reden des polnischen Papstes, als Vertrauensrat und informell die „Nummer zwei“ des Vatikans war, hatte die Kirche nicht die Beziehung, die sie heute zum Konzept der "Transparenz“ hat. Wenn Franziskus den Kampf um absolute Transparenz zum Paradigma seines Handelns gemacht hat, liegt das auch an seinem Vorgänger und an den Neuerungen, die zuerst der Präfekt Joseph Ratzinger und dann Papst Benedikt XVI eingeführt hat. Das Engagement des deutschen Theologen für eine Verschärfung der kanonischen Normen für Missbrauchsdelikte geht auf unverdächtige Zeiten zurück. Auf der Website des Vatikans kann man immer noch ein Dokument von Kardinal Juan Ignacio Arrieta lesen, das bezeugt, daß der erste Brief des deutschen Theologen zu diesem Punkt (immer noch dasselbe Medium) aus dem Jahr 1988 stammt.

Das waren jene Zeiten,  in denen Pädophilie mit dem Leben der katholischen Kirche nur mit privatem "Geschwätz“ und dem klassischsten "man sagt“ in Verbindung gebracht wurde. Die Phase, in der offen und öffentlich vom "moralischen Zusammenbruch" gesprochen werden sollte, war noch weit entfernt, und doch kämpfte ein junger Kardinal, der vor weniger als einem Jahrzehnt in Rom angekommen war, bereits für eine umfassende Reform.

In diesem Sinne ist es legitim, Ratzingers letzten Brief, in dem er so weit geht, zu sagen, er sei bereit, sich der "Stunde des Gerichts" zu stellen, vielleicht als letzte Etappe eines Weges, der vor langem begonnen wurde und der durch den Versuch einer inneren Revolution gegangen ist. Eine Reise mit einem Protagonisten, der die Geschichte des Katholizismus geschrieben hat, indem er die katholischen Institutionen und deren Verhältnis zu dem, was innerhalb der kirchlichen Mauern geschieht, verändert hat."

Quelle: Francesco Boezi, Il Giornale

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