Sonntag, 24. April 2022

"Petrus predigte und Markus schrieb" zur Datierung des Markus-Evangeliums

Luisella Scrosati befaßt sich in einem Beitrag für La Nuova Bussola Quotidiana mit neuen Erkenntnissen zur Anwesenheit des Apostel Petrus und des Evangelisten Markus in Rom und damit zur Datierung des Markus-Evangeliums. 
Hier geht´s zum Original:  klicken 

                "PETRUS PREDIGTE UND MARKUS SCHRIEB"    

Die Datierung der Ankunft Petri in Rom in das Jahr 42 (er blieb dort 25 Jahre) ist sehr wichtig, um auch das Markus-Evangelium zu datieren, das de facto über die Themen der petrinischen Predigten berichtet. Genau im Zusammentreffen des Ankunftsdatums von Petrus und anderen Elementen, die man auch im Paulus-Brief an die Römer findet, ergibt  sich, daß das Markus-Evangelium um das Jahr 45 entstanden ist. 

 Im letzten Artikel (siehe hier) konnte in der Synthese von John Wenhams Vorschlag, die Synoptiker neu zu schreiben, aus Platzgründen das Markusevangelium nur kurz erwähnt werden, das in der Datierung sowohl von Robinson als auch von Wenham um 45 n. Chr. angesiedelt wird. Beide Autoren entwickeln ausführlich die Überlegungen, die in George Edmundsons Buch von großer Gelehrsamkeit enthalten sind, das lange Zeit im Schatten geblieben ist (wir haben es hier erwähnt) "The Church in Rome in the First Century", von George Edmundson. 

Das Markus-Evangelium kommt aus ganz alten Quellen- und ist mit dem Predigen des Apostels Petrus in Rom verbunden, Moderne Autoren beziehen sich jedoch eher auf die Anwesenheit des Apostels in der Hauptstadt des Reiches erst von den Jahren vor seinem Martyrium an und damit von der Mitte der 60er Jahre des ersten Jahrhunderts an. Das Markus-Evangelium – oder das der marcianischen Gemeinde, wie eine gewisse kritische Tendenz zu behaupten pflegt – würde also in die Jahre nach dem Tod des Apostels rutschen, vorzugsweise nach dem Schicksalsjahr 70. 

Man hat gesehen, wie  die Entdeckung des berühmte Fragment 7Q5  (hier) und die Studien von Jean Carmignac (hier) die Datierung des zweiten Evangeliums vor das Jahr 50 verschiebt. Wenham ist sich der Entdeckung von Qumran wohl bewusst und spricht davon, wenn auch nicht ausführlich, in seinem "Redating Matthew, Mark & ​​​​Luke" (S. 177-179); Ein größeres Gewicht in seiner Argumentation hat jedoch die Analyse alter Traditionen, die auch die Schlussfolgerung von O’Callaghan und Thiede bestätigen und die es uns ermöglichen, die Abfassung des zweiten Evangeliums um 45 n. Chr. zu verorten.

Wenhams Argumentation konzentriert sich auf die Verifizierung der ununterbrochenen Tradition der Kirche von Rom, die glaubt, daß der Apostel Petrus von 42 bis 67 Bischof von Rom war; also 25 Jahre, die aber nicht als Zeitspanne einer ununterbrochenen Anwesenheit des Apostels gedacht werden darf, da wir ihn 46 in Jerusalem finden (vgl. Gal 2, 1-10), dann in Antiochia; dann 49 wieder in Jerusalem zum ersten Konzil (vgl. Apg 15, 1-21).

Die Gründung der Kirche von Rom durch Petrus und sein 25-jähriger Aufenthalt als Bischof wurde tatsächlich nie bestritten, nicht einmal von den Ostkirchen, einschließlich der nestorianischen und jakobitischen, die ebenfalls die Gemeinschaft mit Rom gebrochen hatten. Aber wann wäre Petrus in Rom ankommen? Das traditionelle Datum 42 ist in der Tat harmoniert mit einigen Daten, die sowohl aus den Paulusbriefen als auch aus den Schriften der ersten Jahrhunderte stammen.



Im zwischen 56 und 57 datierten Brief an die Römer, begrüßt Paulus die Christen Roms und bekräftigt, daß "der Ruhm eures Glaubens in der ganzen Welt verbreitet ist“ (1, 8). Darüber hinaus liefert der Völkerapostel weitere Elemente von großer Bedeutung: "Ich habe es mir zur Ehre gemacht, das Evangelium nur dort zu verkünden, wo der Name Christi noch nicht angekommen ist, um nicht auf das Fundament eines anderen zu bauen [. . .]. Aus eben diesem Grund wurde ich mehrmals daran gehindert, zu euch zu kommen. Jetzt aber, da ich in diesen Regionen kein Betätigungsfeld mehr finde und seit mehreren Jahren den starken Wunsch habe, zu euch zu kommen, hoffe ich, euch zu sehen, wenn ich vorbeikommen und nach Spanien gehe. "(Rm 15, 20. 22- 24). Diese kurzen Passagen aus dem Brief zeigen deutlich: 1) daß im Jahr 56/57 die Kirche von Rom überall für den Ruhm des Glaubens bekannt ist; 2) daß diese Kirche schon seit einiger Zeit besteht, da der Apostel "seit mehreren Jahren“ den Wunsch hatte, sie zu besuchen; 3) daß es eine Kirche ist, die von jemand anderem gebaut wurde, einer autoritativen Person, die vor Gott für diese Kirche verantwortlich blieb, bis zu dem Punkt, an dem Paulus es vorzog, "mehrmals“ zu vermeiden, dorthin zu gehen, "um nicht auf der Gründung von jemand anderem zu bauen". Genauer gesagt teilt Wenham die Position von Edmundson und Robinson, die glauben, daß "die Hindernisse von Paulus nicht nur vom Dienst Petri in Rom in den frühen Tagen von Claudius herrühren, sondern von seiner gegenwärtigen Anwesenheit dort in der Stadt während einer weiteren Arbeitsperiode 55-56 "(Redating, 156).

Also gab es 56/57 in Rom eine weltbekannte, vor mehreren Jahre gegründete Kirche, mit der Paulus Kontakt gehalten hatte. Diese Details passen perfekt zu den Aussagen von Dionysius, Bischof von Korinth, überliefert von Eusebius von Cäsarea, der von den "in Rom und Korinth von Petrus und Paulus eingesetzten Pflanzen“ spricht (HE, II, 25.8); Eusebius selbst gibt den Moment und den Grund an, warum Petrus zum ersten Mal in Rom ankam: "Unter der Herrschaft von Claudius führte die universelle Vorsehung, höchstes Gut und den Menschen sehr nahe, gegen einen so großen Verderber des Lebens [Simon Magus] Petrus nach Rom, stark und groß unter den Aposteln“ (HE, II, 14. 6).

Die gerade zitierte historische Quelle liefert uns zwei wichtige chronologische Elemente. Zunächst einmal der Hinweis auf Claudius, der Ende 41 zum Kaiser ausgerufen wurde. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, daß mindestens drei Quellen, nämlich Apollonius, wie Eusebius berichtet, den apokryphen Petrusakten und schließlich von Clemens von Alexandrien, in der Stromata überliefert, glauben, daß die Apostel auf Befehl des Herrn zwölf Jahre nach seinem Tod in Jerusalem blieben. Diese Tradition scheint auch in der Geschichte von der Einkerkerung und wundersamen Befreiung des Petrus (Apg 12, 1-19) eine Bestätigung zu finden; mit der Ankunft von Herodes Agrippa im Jahr 41 und dem Martyrium von Jakobus, dem Bruder von Johannes, blieb nur Jakobus von den Aposteln in Jerusalem, der zum Bischof der ersten christlichen Gemeinde ernannt wurde; Petrus selbst schickte nach diesem wundersamen Ereignis zu Jacobus, um den wunderbaren Vorfall zu melden, aber er  selbst "machte sich auf den Weg zu einem anderen Ort".

Dann der Hinweis auf Simon Magus. Wieder einmal ist es Eusebius von Cäsarea (HE II, 13-14), der an die Autorität des Märtyrers Justinus erinnert. Eine besonders zuverlässige Autorität, weil Justinus wie Simon der Magus selbst aus Samaria stammte. In seiner Apologia, geschrieben während er  zwischen 150 und 160 für den Kaiser Antoninus Pius  in Rom war, bestätigt Justinus vor dem Kaiser, daß Simon Magus unter der Herrschaft von Claudius nach Rom gegangen war, um dort unter dem Einfluss von Dämonen magische Künste zu praktizieren und  sich wie einen Gott feiern zu lassen. Es war diese fatale Präsenz, die den seligen Petrus veranlasste, in die Hauptstadt des Imperiuns zu reisen. Eine Meldung, die auch von Irenaeus und Ippolitus bestätigt wird.
Warum ist die Datierung der Ankunft des Petrus in Rom in Bezug auf das Markusevangelium so wichtig? Denn gerade in dieser Zeitspanne, die seit der Ankunft des Apostels in Rom im Jahr 42 und seiner ersten Abreise, wahrscheinlich um das Jahr 45, vergeht, übte Markus den Dienst des „Dolmetschers des Petrus“ aus und war daher der offensichtliche Empfänger der Bitten von diejenigen, die ein schriftliches Zeugnis der Predigt des Petrus haben wollten (vgl. HE, II, 15.1). Dass Petrus nicht mehr anwesend war, während Markus seine Hand ans Werk legte, geht auch aus der von Eusebius überlieferten Fortsetzung hervor: "Der Apostel Petrus erfuhr, wie man sagt, durch Offenbarung des Geistes davon, freute sich über ihren Eifer und willigte ein zur Lesung des Textes in den Kirchen“ (HE, II, 15. 2). Markus bat Petrus daher nicht um Erlaubnis und wartete auch nicht auf seine Zustimmung, offenbar weil dieser ihm körperlich nicht mehr nahe stand. Elemente, die die zeitliche Zuordnung des Evangeliums um 45 ca. mehr als zuverlässig machen. Und wie wir sehen werden, sind sie nicht die einzigen.

Warum ist die Datierung der Ankunft des Petrus in Rom in Bezug auf das Markusevangelium so wichtig? Weil gerade in dieser Zeitspanne, die seit der Ankunft des Apostels in Rom im Jahr 42 und seiner ersten Abreise, wahrscheinlich um das Jahr 45, vergeht, Markus den Dienst des "Dolmetschers des Petrus“ ausübte und daher der offensichtliche Empfänger der Bitten derjenigen war, die ein schriftliches Zeugnis der Predigten des Petrus haben wollten (vgl. HE, II, 15.1). Daß Petrus nicht mehr anwesend war, während Markus Hand ans Werk legte, geht auch aus der von Eusebius überlieferten Fortsetzung hervor:  "Der Apostel Petrus erfuhr, wie man sagt, durch Offenbarung des Geistes davon, freute sich über ihren Eifer und willigte zur Lesung des Textes in den Kirchen ein“ (HE, II, 15. 2). Markus bat Petrus daher nicht um Erlaubnis und wartete auch nicht auf seine Zustimmung, offenbar weil dieser physisch nicht mehr in seiner Nähe war, Elemente, die die zeitliche Zuordnung des Evangeliums auf cirka 45 mehr als zuverlässig machen. Und wie wir sehen werden, sind sie nicht die einzigen."

Quelle: L.Scrosati, LNBQ

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