In seiner heutigen Kolumne für Monday in the Vatican kommentiert A. Gagliarducci die bevorstehende Wahl des Präsidenten der Italienischen Bischofskonferenz und interpretiert den Umgang des Papstes mit der Italienischen Kirche als Spiegel des Pontifikates.
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"PAPST FRANZISKUS, DIE KIRCHE IN ITALIEN ALS SPIEGEL DES PONTIFIKATES"
Die Ernennung des neuen Präsidenten der Italienischen Bischofskonferenz (CEI) nächste Woche, wird zeigen, wie Papst Franziskus die letzten Konturen seines Pontifikates gestalten will. Es wird allgemein angenommen, daß das Pontifikat von Papst Franziskus jetzt keine großen Erneuerungs-Höhepunkte mehr haben kann sondern nur einen letzten Vorwärtsschub vor dem Ankerwerfen am Ende des Pontifikates, so lange oder kurze Zeit das auch noch dauern mag.
Warum ist die Ernennung des Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz wichtig? Weil der Papst der Primas von Italien ist und die Bischöfe selber die Fortsetzung der alten italienischen Tradition verlangt haben, daß der Präsident der Bischöfe direkt vom Pontifex gewählt wird. Papst Franziskus wollte, daß eine Wahl stattfindet, aber am Ende werden die Bischöfe dem Papst nur eine Liste der drei Kandidaten mit den meisten Stimmen bringen. Der Papst wird entscheiden, ob er aus dieser Liste auswählen will oder nicht.
Tatsache ist, daß kein Bischof daran denkt, für jemanden zu stimmen, den der Papst nicht als Vorsitzenden will. Vor fünf Jahren wurde Kardinal Gualtiero Bassetti zum Präsidenten gewählt, nachdem der Papst auf jede mögliche Weise seine Zustimmung signalisiert hatte: er hatte ihn zum Kardinal kreiert, obwohl er Erzbischof einer Diözese oder Kardinalat war, Perugia, und Vizepräsident der CEI; er hatte ihn an Stelle des amtierenden Präsidenten, Kardinal Angelo Bagnasco, in Audienz empfangen; er hatte ihn zum Mitglied der Bischofskongregation ernannt.
Logischerweise setzten die italienischen Bischöfe dieses Profil fort. Während er formal sagte, er würde es vorziehen, wenn die Bischöfe ihren Präsidenten selber wählten, macht Papst Franziskus klar, was er will.
In einem Interview am letzten 6. Mai mit dem Corriere della Sera, sagte er, er wolle, daß der Präsident ein Kardinal ist und ehrfurchtgebietend. Also reduzierte er die Liste möglicher Präsidenten auf zwei Persönlichkeiten: Kardinal Matteo Zuppi, Erzbischof von Bologna und Kardinal Paolo Lojudice, Erzbischof von Siena.
Es könnte trotzdem eine Überraschung geben. Angenommen Papst Franziskus beruft für Juni ein Konsistorium ein, um den Erzbischof von Neapel Domenico Battaglia zum Kardinal zu machen. In dem Fall könnte er plötzlich im Rennen um die Präsidentschaft der Italienischen Bischofskonferenz sein.
Die drei Profile, über die wir zur Zeit sprechen, repräsentieren den Paradigmenwechsel, den Papst Franziskus für die Kirche in Italien angeordnet hat. Der Papst wählt Bischöfe mit robustem pastoralen Profil aus, die sich -wenn möglich- als den Armen nahe stehend und mit einer guten Presse gerade für dieses Engagement zeigen. Er hat nicht oft Bischöfe von einer Diözese in eine andere versetzt. Dennoch hat er er beschlossen, Priester zu befördern, sogar in so wichtige Diözesen, wie die Erzdiözesen Turin oder Genua, um deren Profil zu ändern, ohne die Menschen zu sehr zu bewegen.
Das Handeln des Papstes in Hinsicht auf die Kirche in Italien ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie Papst Franziskus sich an verschiedenen Fronten bewegt. Einerseits will Papst Franziskus Synodalität und Diskussion und ermutigt zu persönlichen Entscheidungen. Aber andererseits sagt er klar, was er will und beklagt sich, wenn das nicht getan wird.
Papst Franziskus hat 2015 bei der Kirchenkonferenz in Florenz der Italienischen Kirche einen Fahrplan gegeben. Aber unglücklicherweise haben die Bischöfe anders entschieden- nicht notwendigerweise als Widerstand gegen den Papst, sondern eher aus Respekt davor, wie sich die Art Dinge zu tun, über die Jahre entwickelt hat. Papst Franziskus beklagte ihre Entscheidungen, sogar öffentlich, bis dahin, die Italienische Kirche dazu zu drängen, eher an einer Synode als am Modell kirchlicher Versammlungen zu arbeiten.
Papst Franziskus hat nicht stark zugunsten eines bestimmten Profils für die Bischöfe eingegriffen. Im Gegenteil, er hat neue Bischöfe sogar in wichtigen Orten eingesetzt, ohne die zu berücksichtigen, die schon Erfahrung in der Leitung von Diözesen haben. Diese Entscheidung soll offiziell Karrierismus vermeiden. Dennoch ist es fair, festzustellen, daß der Papst auch neue Leute will, die mit seinem Denken übereinstimmen, oder zumindest weniger eine Persönlichkeit, die neue Prozesse startet.
Papst Franziskus erlaubt den Leuten zu denken, daß er auf eine bestimmte Weise entscheiden wird, überrascht dann aber jeden und trifft einige andere Entscheidungen. Wir werden sehen, ob es so auch beim neuen Präsidenten der Italienischen Bischofskonferenz so sein wird. Zuerst dachte jeder an Kardinal Matteo Zuppi. Dennoch scheint es jetzt so, als habe der Papst sich plötzlich Kardinal Lojudice zugewandt, in einer Bewegung die gänzlich unerwartet käme und zu einem Domino-Effekt neuer Ernennungen führen würde.
Im Prinzip funktioniert das Regieren des Papstes, aber in Wirklichkeit wird es auch zynisch umgangen, wenn die Situation ein anderes Vorgehen erfordert. Papst Franziskus ist nicht nur ein Mann, der allein die Verantwortung hat, sondern er ist auch -an Zynismus grenzend- sehr pragmatisch.
Die Entscheidungen für die Kirche Italiens zeigen, was der Papst tun will. Wenn es bald ein Konsistorium gibt, bedeutet das, daß er schon entschieden hat, wie er das Kardinalskollegium endgültig ändern kann und welche Hinweise er dem Präsidenten geben will.
Dann wird in Rom das Welttreffen der Familien stattfinden. Das wird eine Gelegenheit für Papst Franziskus sein, das Amt für Familien zu leiten, dem seit Beginn seines Pontifikates seine Hauptsorge galt.
Wie sich die Synodale Reise des Papstes weitergehen wird, muß noch entschieden werden, weil seine Idee von einer Kirche im Zustand einer permanenten Synode stark bleibt.
Kurz gesagt, wir beginnen mit Italien und können uns ein Bild machen, wie es im Rest der Welt sein wird. Und es ist eine Ironie, daß der Papst, der Italien auf dem kirchlichen Schachbrett weniger wichtig machen wollte, dann am Ende auf vielen Gebieten auf Italien geschaut hat.
Ein Italien, das bei den Vatileaks-Prozessen, Steuervereinbarungen, neuen Leitern der Vatican-Finanzen und sogar Richtern für das Vatican-Gericht- ein come-back erlebt hat. Er ist am Ende ein Papst, der viel italienischer ist, als er uns denken lassen will. Und man sollte nicht vergessen, daß der letzte große Schub des Pontifikates am Ende ein Schritt rückwärts sein wird."
Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican
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