In seiner heutigen Kolumne in Monday at the Vatican kommentiert A. Gagliarducci die Reaktionen auf die durchgesickerte Äußerung von Papst Franziskus über schwule Seminaristen.
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PAPST FRANZISKUS UND DIE FRAGE DER SEMINARE
Es ist nicht nötig Verschwörung zu schreien, Anti-Franziskus-Lobbies zu beschuldigen oder dass zu behaupten, dass daran gearbeitet würde, auf ein Konklave zu drängen. Tatsache ist, daß niemand überrascht sein sollte, daß die vulgäre Beschreibung der schwulen Atmosphäre, die häufig in italienischen Seminaren zu finden ist, aus der neuen Synodenhalle, wo sie zuvor vor breitem Publikum gemacht wurde, durchsickerte.
Das passiert, wenn man vor mehr als 100 Leuten spricht, selbst wenn das hinter geschlossenen Türen passiert. Der Vorfall muss uns über eine noch wichtigere Frage nachdenken lassen, was Papst Franziskus wirklich denkt und wie es ihm gelingt, Übereinstimmung zwischen Denken und Handeln zu bewahren.
Zuerst ein bisschen Hintergrund. Die Worte des Papstes fielen bei einem Treffen hinter verschlossenen Türen mit den Bischöfen der Italienischen Bischofskonferenz. Das sind manchmal angespannte Augenblicke, bei denen Papst Franziskus sich selbst gehen lässt.
Der Papst antwortete auf eine Frage zu den Kriterien für die Zulassung zu den Seminaren. Jetzt sagt bereits die 2016 aktualisierte Ratio fundamentalis für die Zulassung zu den Seminaren, nein zu angehenden Priestern, die homosexuell sind oder vor allem die schwule Kultur offen unterstützen.
Diese Ratio muss jetzt von den italienischen Bischöfen angewandt werden, die seit einiger Zeit nationale Regeln für die Zulassung zu den Seminaren diskutieren. Dem Text, der 2023 in der Vollversammlung akzeptiert wurde, muss noch von der Klerus-Kongregation zugestimmt werden. Es scheint, daß der CEI-Text die Möglichkeit der Zulassung von Leuten mit "nicht verwurzelten" homosexuellen Neigungen zu den Heiligen Weihen enthält.
Das Dekret des Klerus-Dicasteriums von 2016 stellt fest: "Während wir Menschen [mit homosexuellen Tendenzen] zutiefst respektieren, können sie nicht zum Seminar der Hl. Weihen zugelassen werden, die Homosexualität praktizieren, tief verwurzelte homosexuelle Tendenzen zeigen oder sog. schwule Kultur unterstützen.
Die üblicherweise gutinformierte traditionalistische Seite Messa in Latino diskutiert diese mögliche Diskrepanz zwischen dem Text der italienischen Bischöfe und dem Dekret der Klerus-Kongregation. Seltsamerweise hat die CEI vom Dicasterium noch keine Zustimmung zu einem Text bekommen, der die vom Dicasterium vorgelegten Richtlinien für den Klerus wiedergeben sollte, wenn auch mit den nötigen nationalen Nuancen.
Der summarische Text weist jedoch eine Vielzahl von Positionen in der italienischen Kirche auf, die weit davon entfernt zu sein scheint, dieser monolithische Block zu sein, der sie in den ersten 20 Jahren des 21. Jahrhunderts gekennzeichnet hat.
Daher die Frage an den Papst zum Zugang von Homosexuellen zu Priesterseminaren.
Daher die Antwort des Papstes.
Es war eine wütende Reaktion, denn der Papst hatte in dieser Frage immer klare Vorstellungen. Das geht über die blumige Sprache hinaus, die er verwendete, und die letztlich viel über die Persönlichkeit von Papst Franziskus aussagt, aber vielleicht wenig über seine wahren Gefühle.
Wie lässt sich diese Haltung mit dem vereinbaren, was als Offenheit in der Homosexuellenfrage galt?
Sie ist einfach deshalb vereinbar, weil der Papst zwischen Regierungslinien und pastoraler Linien unterscheidet. Die Prinzipien, nach denen er regiert, sind eine Sache. Wie er Dinge in der Öffentlichkeit verbalisiert, eine andere.
Papst Franziskus achtet sehr auf die Öffentliche Meinung und an einem gewissen Punkt müssen wir akzeptieren, daß der Papst seine pastoralen Entscheidungen mit Blick auf die möglichen Reaktionen trifft.
Nicht nur.
Papst Franziskus sieht keinen Widerspruch zwischen einer pastoralen Entscheidung und einer doktrinellen Entscheidung. In pastoraler Hinsicht ist Papst Franziskus für alle offen und hat keine Angst, einladend und vorurteilsfrei zu erscheinen und zu wollen, daß alle auf demselben Weg sind. Das Problem entsteht im Allgemeinen, wenn die institutionelle Ebene ins Spiel kommt.
Angenommen, Doktrin und Seelsorge schließen sich nicht gegenseitig aus, wenn die Seelsorge auch in Fragen geregelt ist, die eine „unbürokratische“ Unterscheidung verdienen. In diesem Fall besteht die Gefahr, daß die pastorale Praxis in Widerspruch zur Doktrin gerät. Da es sich in der Tat um eine Praxis handelt, die Regeln hat, steht sie im Widerspruch zu den Regeln der Doktrin und schafft einen Kurzschluss, der zumindest mit dem Prinzip des Widerspruchs in Konflikt gerät.
Fiducia Supplicans geben ein klares Beispiel: Indem sie etwas bestätigte, was Priester schon immer getan haben (d. h. eine individuelle Segnung mit einem Kreuzzeichen, ohne allzu viele Formalitäten, wenn darum gebeten wurde), schuf die Erklärung einen Kurzschluss, der sogar eine Art Handbuch vorsah, damit diese Segnungen das widerspiegelten, was in der Erklärung stand. Das heißt, es gibt keine Legitimation homosexueller Paare und keine Offenheit für Segnungen für alle, außer es gibt sie in der Praxis und das steht schwarz auf weiß.
Wenn es um die Entscheidung geht, die den italienischen Bischöfen bevorsteht, sehen sie entweder keine Widersprüche oder sie sind sich der Konsequenzen einiger Entscheidungen bewusst.
Indem Papst Franziskus einen vulgären Ausdruck verwendete, um Homosexuelle zu beschreiben, zeigte er, wie verärgert er war, als ihn die Fragen in die Enge trieben. Die legitime Frage sollte den Papst auffordern, Verantwortung für bestimmte Entscheidungen zu übernehmen. Der Papst wollte energisch antworten, fast so, als wolle er das Gespräch beenden. Mit anderen Worten, Papst Franziskus hat aus der Ecke heraus gebellt. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob all dies zu einer tatsächlichen Nichtzulassung von Homosexuellen ins Priesterseminar führen wird.
Letztlich ist der wichtigste Aspekt der Priesterausbildung, dass die dafür Verantwortlichen keine Förderer der Schwulenkultur sind. Letztlich macht das Sinn: Die Schwulenkultur neigt dazu, viele Dinge zu unterstützen, die die Kirche nicht akzeptieren kann. Es versteht sich von selbst – oder sollte es zumindest –, dass Schwule pastorale Fürsorge erfahren müssen. Über die Prinzipien, die der Kultur zugrunde liegen müssen – einschließlich der klerikalen Kultur, der Anfänge in Häusern oder der Ausbildung – gibt es wirklich keinen Raum für Diskussionen. Ein Mann kann kein Priester werden, wenn er nicht an die grundlegende katholische Lehre glaubt.
Zumindest theoretisch.
Jedenfalls haben wir es heute nicht mit den Kritikern des Papstes zu tun, die die letzten Jahre seines Pontifikats ruinieren wollen. Wir haben es mit einem Leck zu tun, das wahrscheinlich von einem enttäuschten Bischof verbreitet wurde und das den Papst so zeigt, wie er wirklich ist, allerdings ohne jeglichen Beweis dafür, was der Papst tatsächlich gesagt oder geschrieben hat. In Wirklichkeit ist das Problem der Seminare viel tiefgreifender. Und es sollte angesprochen werden, und sei es nur, um dem dramatischen Rückgang der Berufungen entgegenzuwirken."
Quelle: A. Gagliarducci, Monday-at-the-Vatican
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