In seiner montäglichen Kolumne in "Monday in the Vatican" analysiert und kommentiert A. Gagliarducci den modus operandi von Papst Franziskus bei der Lösung von Konflikten.
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"PAPST FRANZISKUS UND SEINE ART STREITFÄLLE ZU LÖSEN"
Es gibt viele Interpretationen des Briefes, den Kardinal Luis Ladaria, Präfekt der Glaubenskongregation, an Erzbischof José Horacio Gomez von Los Angeles, Präsident der us-amerikanischen Bischofskonferenz (USCCB) schickte.Und diese sind alle Schlüssel, die uns helfen sowohl die Sichtweise von Papst Franziskus zu verstehen- als auch wie er sich entscheidet, Probleme anzugehen.
Erzbischof Ladaria hatte der Kongregation eine Kopie einer Notiz zukommen lassen, die von der USCCB angenommen werden sollte, zum Thema der Kommunion für in der Politik aktive Katholiken, die aber moralisch unzulässige Aktionen- wie Abtreibung.- unterstützen. Das bezieht sich nicht allzu indirekt auf den neuen US-Präsidenten Joe Biden, Katholik und Pro-Choice. Die Debatte jedoch ist weitergehend und geht auf die Zeit der Präsidentschaftskandidatur von John Kerry zurück.
Das war in den USA eine erhitzte Diskussion. Weil die Bischöfe einerseits bei doktrinalen Themen strikt sein sollten, andererseits suchten aber einige auch Versöhnung, überzeugt, daß die öffentliche Weigerung, die Kommunion zu spenden, kontraproduktiv ist. In der Praxis ist das der jahrealte Gegensatz zwischen "Kulturkämpfern" und denen, die Dialog und Moderne wollten. Zwischen diesen beiden scheint Papst Franziskus mit den Letzteren zu sein. Das Profil der zuerst vom Papst ernannten Bischöfe weist in diese Richtung: sie sind häufig Priester, die in Werken der Nächstenliebe aktiv waren oder Bischöfe, die sich als auf einem Gebiet sozialer Themen aktiv gezeigt hatten. Der Papst will keine Konflikte. Er will eine Kirche, die einig sein und Einigkeit zeigen kann.
Kardinal Blaise Cupich, Erzbischof von Chicago, stellt das perfekte Beispiel für dieses Profil dar, das Papst Franziskus für einen Bischof liebt. In der Politik pragmatisch, hat Cupich auch das Statement der US-Bischofs-Konferenz an Bidens Inaugurationstag kritisiert. Dieses Statement hatte an die Pro-Abtreibungs-Politik des Präsidenten erinnert und sie getadelt.
Kardinal Cupich hat kurz darauf Papst Franziskus besucht. Das war kein geplanter Besuch, um die US-Situation zu besprechen. Es scheint, daß Cupich einen Posten im Vatican bekommen könnte- aber sicher wurde die Lage in den USA diskutiert.
Der Standpunkt von Papst Franziskus jedoch ist seit Beginn seines Pontifikates klar. Der Papst war bei Familienthemen und den Prinzipien des Lebens verbal entschieden, aber er betrachtete jede Debatte über die Sakramente als spalterisch. Das war schon bei der ersten Familien-Synode der Fall und das ist ein Zugang, der auch in der Exhortation Amoris Laetita beibehalten wurde. Für Papst Franziskus ist die Kommunion eine Sache der Differenzierung und Gnade-nicht von Moralgesetzen und Sünde. Das Thema ist, daß die Barmherzigkeit allem annderen vorangeht.
Nicht nur. Seit Beginn seines Pontifikates hat Papst Franziskus gefordert, die Priorität für Themen des Lebens in der Diskussion der Soziallehre beiseite zu lassen und schaute statt dessen auf Ärmsten und an den Rand Gedrängten. Das war ein Thema in Veritatis Gaudium, der Instruktion für Katholische Universitäten; es ist ein Thema, das auch im "neuen" Päpstlichen Johannes Paul II-Institut" entwickelt wurde, das auf breiter Basis das Gebiet der Forschung ausgeweitet hat.
Um es kurz zu sagen- Papst Franziskus denkt eher pragmatisch als theologisch. Große Debatten lassen ihn kalt, auch weil Papst Franziskusn dazu neigt, das pragmatisch zu betrachten, was nicht praktisch ist. De facto betreffen die Bedingungen zur Zulassung zu Kommnuion die persönliche Situation jeder getauften Person. In den Augen des Papstes bedeutet der Beschluss, jemanden von der Kommunion auszuschlie0en, die Benutzung der Hl. Hostie als politische Waffe.
Aus diesem Grund bittet der Brief Kardinal Ladarias darum , daß das Dokument der USCCB im Kontext eines größeren Rahmens des würdigen Empfangs der Kommunion durch alle Gläubigen und nicht nur durch eine einzige Kategorie von Katholiken gesehen werden sollte, was ihre Verpflichtung betrifft, ihr Leben an das gesamte Evangelium Jesu Christi anzupassen, wenn sie sich darauf vorbereiten, das Sakrament zu empfangen."
Warum? Weil- so fährt der Kardinal fort- "es irreführend wäre, wenn eine solche Erklärung den Eindruck erwecken würde, daß nur Abtreibung und Euthanasie die einzigen ernsthaften Fragen der Katholischen Moral- und Soziallehre seien, die das Eingreifen der Kirche erfordern."
Für Papst Franziskus ist, was zur Einheit führt, das, dem er zustimmt. Synodalität wird bei Papst Franziskus durch Zentralisierung hergestellt. Das ist das Thema der Bischofssynoden, die Papst Franziskus wollte, als Zeichen völliger Transparenz und Demokrtatie, die alle Paragraphen des Schlußdokuments der Synode umfaßt, sogar die, die nicht die 2/3 Mehrheit für die Zustimmung durch die Synode erreichten. Aber er wollte, daß auch die Stimmen in diesen Paragraphen bekannt würden- und schuf so einen Streit unter den Bischöfen und zwang sie zu einem Handel mit denen, deren Standpunkt die Mehrheit nicht zustimmte.
Dann ist da das politische Problem, Ladarias Brief erinnert daran, daß es bereits 2004 einen Dialog zwischen den Bischöfen gefordert wurde und daß die "Formulierung einer nationalen Politik" nur für den Fall vorgeschlagen wurde, daß "sie den Bischöfen helfen könnte, die Einheit zu bewahren" weil eine solche Politik angesichts ihrer kontroversen Natur den gegenteiligen Effekt haben und eher zu einer Quelle von Zwietracht als zu einer Einigkeit innerhalb des Episkopats und der größten Kirche in den USA führen könnte."
Papst Franziskus will nicht, daß die Debatte über die Saktramente ein Feld für politische Konfrontationen wird, also bittet er jeden, einen Schritt zurückzutreten. Aber er tut das und das ist ein weiterer Schlüssel -ohne klar Position zu beziehen, sondern indem er sich auf die Glaubenskongregtation stützt.
Der Papst kann nicht vermeiden, zu sagen, daß man nur im Stand der Gnade zur Kommunion zugelassen werden kann und daß das Unterstützen von Abtreibungspolitik als solche diesen Gnadenstand unmöglich macht. Er würde der Lehre widersprechen. Dann bittet er seine Mitarbeiter gegenüber den Bischöfen moralische Überredung anzuwenden. Auf diese Weise bringt er auch den Standpunkt, den er nicht bevorzugt, in eine Minderheitssituation.
Das Risiko bei diesem Zugang ist, daß man so politisch wird, wie man es vermeiden wollte. Werte werden beiseite geschoben, um einen politischen Zusammenstoß zu vermeiden. Dennoch wird-in Wahrheit eine politische Partei begünstigt, Katholiken- dem Namen aber nicht der Überzeugung nach.- finden sich durch die Katholische Kirche darin bestätigt.
Was statt dessen fehlt, ist eine wirkliche doktrinale Einheit in der Katholischen Kirche. Das kann man bei vielen Episoden in den Diskussionen in den USA sehen, beim Synodalen Weg in Deutschland, bei der Rebellion und der Provokation der Segnung homosexueller Paare, bis zur Suche nach einer Theologie mit amazonischem Gesicht, die - wie wir bei der Synode gesehen haben- auch Elemente einschließt, die nicht mit der Katholischen Lehre übereinstimmen. Aber zuerst gesehen wurde das mit dem Aufkommen der Befreiungstheologie und der gegenteiligen liberalen Ideologien- den beiden Polen, die Paul VI schon in Octogesima Adveniens verurteilt hatte.
Nach alledem ist die Diskussion eine Wiederholung. Wir sehen uns dem selben von Paul VI abgebildeten Problem gegenüber. Das passiert, wenn die Christlichen Ideale beiseite geschoben werden, wenn man zuerst an die Öffentliche Meinung denkt und dann an den Glauben, wenn man in säkularen Begriffen denkt und wenn man das Risiko der Manipulation fürchtet.
Kardinal Ladarias Brief bietet aus diesem Grund selbst mehrere Interprationsmöglichkeiten. Da ist die Präferenz von Papst Franziskus, nicht in den Streit einbezogen zu werden, besonders wenn der Standpunkt, den er bevorzugt, in diesem Konflikt unterliegen würde; da ist Papst Franziskus´ Schritt rückwärts, der sich niemals dem Diktat politischer Richtungen unterwirft, sondern es seinen Mitarbeitern überläßt, einen Standpunkt einzunehmen, da ist die Angst von Papst Franziskus vor der Manipulation von Glaubensdingen, die jedoch zur Politisierung der Standpunkte des Papstes führt. Da ist der Ruf, eine einheitliche Position bei jedem möglichen Thema zu erreichen und wenn das nicht möglich ist, es fallen zu lassen. Auf diese Weise kann sogar ein einzelner Bischof jede Initiative stoppen. Am Ende ist nur der Papst zuständig. "
Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican
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