heute bei liturgicalnotes über semantische, linguistische- und Übersetzungs-Probleme bei Biblischen Texten aus dem Lateinischen.
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"DER HEILIGE BASILIUS UND SEIN MUND"
Ich bringe diesen Text von 2015 noch einmal, den ich unverändert gelassen habe, und auch die sehr vergnüglichen Zuschriften habe ich alle beibehalten.
Die Messen für Kirchenlehrer haben sowohl in der überlieferten Liturgie als auch im
Novus Ordo einen Introitus, der im Lateinischen mit den Worten beginnt: In medio
Ecclesiae aperuit os eius et implevit eum Dominus spiritus sapientiae. Doch nach der
neuen offiziellen englischen Übersetzung hieße das "Inmitten der Kirche öffnete er
seinen Mund und der Herr erfüllte ihn mit dem Geist der Weisheit...
Ich bin nicht einverstanden mit der hier zugrunde liegenden Übersetzung des "eius“. Im
Lateinischen gibt es zwei Wörter für "sein/en“. Wir verwenden "suum“, wenn das "sein“
sich zurück auf das Subjekt des Satzes bezieht (und damit soviel bedeutet wie "seinen
eigenen“). Doch hier hat der Sprecher nicht seinen eigenen Mund geöffnet. Wenn der
lateinische Text hätte sagen wollen "er öffnete seinen eigenen Mund“, wäre "suum“ das
richtige Wort gewesen.
Daher muß sowohl für "öffnen“ als auch für "erfüllen“ "der Herr“ das Subjekt sein.-
selbst wenn es im lateinischen Satz etwas weit hinten kommt - die lateinische
Satzstellung ist flexibler als die Englische (und Deutsche). So heißt es also im Introitus
tatsächlich: Inmitten der Kirche öffnete der Herr ihm den Mund und erfüllte ihn mit dem
Geist der Weisheit.“ Die Initiative liegt bei Gott, die Gnade geht dem Tun voraus...
"Aber“ beschweren Sie sich jetzt, "da hat sich Fr. H. sicher geirrt. Allzu pedantisch, und
dann auch noch tief verwurzelte Arroganz - und genau das ist der Grund, warum alle
wohlmeinenden Menschen die Klassik-Pauker so sehr hassen, verabscheuen und
verachten.“
Damit haben Sie wahrscheinlich größtenteils Recht – aber in dieser unbedeutenden
Sache habe ich mich nicht geirrt. Schauen sie in die Septuaginta, wo das Subjekt des
Satzes tatsächlich die Göttliche Weisheit ist – so wie in allen Sätzen dieses ganzen
Abschnitts (Ecclesiasticus 15, 1-5). Das gleiche gilt für die Neo-Vulgata, und für die
Authorised Version und die Revised Standard Version. Und in Burns-Oates
zweisprachigen (Latein-Englisch) Messbuch von 1949 übersetzt Msgr Ronald Knox,
nun wirklich kein böser Klassik-Pauker und kein schlechter Bibelkundler, diesen
Introitus denn auch mit : „Der Herr bewegte ihn dazu, vor der versammelten Gemeinde
seinen Mund zu öffnen und erfüllte ihn mit dem Geist der Weisheit...“
Das ist ein interessanter Abschnitt. Nähere Betrachtung wird ihnen zeigen, daß die von
mir angeführten Übersetzungen das Verb im Futur haben, und daß eine Zeile, die in
der Vulgata erhalten ist, anderswo fehlt. Die hebräischen Zeiten funktionieren nicht so,
wie die indo-europäischen, und die Vulgata erhält manchmal einen besseren Text als
die anderen Versionen – ihre Varianten sollten immer ernst genommen werden. (Unter
Ihnen da draußen gibt es sicherlich einen, dem es Spaß macht, auch in der Vetus
Latina nachzuschauen, und dann gibt es vom Buch Sirach (= Ecclesiasticus) auch ein
paar Fragmente in Hebräisch...
Die Einführung in der Neo-Vulgate drückte klugerweise einen Zweifel daran aus, ob ein
Originaltext dieses Buches "Die Weisheit von Jesus, dem Sohn Sirachs, auch als
„Ecclesiasticus“ ** (nicht zu verwechseln mit "Ecclesiastes“)“ bekannt, jemals
aufgefunden oder wiederhergestellt werden kann – das ist eine Bescheidenheit, die ich
mir bei mehr Herausgebern im Umgang mit ihren sakralen oder profanen Texten
wünschen würde. Katholiken, die frei von den Fetischen des Text-Fundamentalismus
sind, müssen sich hier nicht so viele Sorgen machen wie die Westcotts und Horts und
die ganze ´moderne‘ Wissenschaft des 20. Jahrhunderts.
** Wenn die Bibel auf ihrem Schreibtisch dieses Buch weder unter dem einen noch
unter dem anderen Namen enthält, bedeutet das, daß bedeutet das, daß Sie eine protestantische
"Bibel benutzen. Besorgen Sie sich eine katholische!"
Quelle: liturgicalnotes, Fr.J.Hunwicke
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