In seiner heutigen Kolumne in "Monday in the Vatican" befaßt sich A.Gagliarducci mit den Gerüchten um einen möglichen Rücktritt des Papstes und um ein bevorstehendes Konklave.
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"PAPST FRANZISKUS, WAS STEHT HINTER DEM RÜCKTRITTSGEDANKEN?"
Nicht überraschend gibt es keine Bestätigung zu einem möglichen Amtsverzicht von Papst Franziskus . Und des gibt keine Bestätigung, daß ein Dokument zum Status des Papa emeritus studiert wurde, was sehr nötig ist. Es gibt nur eine Tatsache: seit der Operation vom vergangenen 4. Juli ist plötzlich unsicher geworden am Pontifikat von Papst Franziskus.
Abgesehen vom öffentlichen Bulletin des Pressebüros des Hl. Stuhls hat es keine Nachrichten zur Gesundheit des Papstes gegeben. Luis Badilla jedoch, ein Vatican-Beobachter, der für Radio Vatican gearbeitet hat, hat von einer "degenerativen Krankheit" gesprochen, die "chronisch" werden könnte. Zwei Adjektive, die andeuten, daß es nicht nur eine Divertikulitis war- der offizielle Grund für die 3-Stunden-Operation des Papstes- zu der auch die Entfernung eines Teils des Darmes gehörte.
Papst Franziskus hat seine Verpflichtungen wieder aufgenommen und erschien ziemlich fit in der Öffentlichkeit, sowohl beim Angelus als auch bei den General-Audienzen. Manchmal klang seine Stimme müder, aber das ist verständlich. Der Papst hat seine Reise nach Budapest und in die Slowakei vom 12. -15. September bestätigt. Ein Ein-Tages-Trip nach Glasgow, um beim COP26 teilzunehmen und zu sprechen, wird untersucht und es gibt immer noch die Möglichkeit einer Reise nach Griechenland und Zypern.
Woher kommen dann also die Gerüchte über einen möglichen Rücktritt- Warum verbreiten sie sich so schnell?
Mehrere Dinge sind passiert, die eine Debatte neu angefacht haben, die nie beendet wurde. Zuerst hat Alberto Melloni, der Historiker der Schule von Bologna, der das Konzil als Ruptur interpretiert, eine Reform des Konklaves vorgeschlagen. Als Analytiker, der nicht gegen Franziskus ist, hat Melloni vor kurzem den Papst und das Pontifikat stark kritisiert, besonders nach dem Beschluss des Papstes zu Enzo Bianchi, Prior der Gemeinschaft von Bose, der nach Ankunft des päptlichen Visitators aus seiner Gemeinschaft vertrieben wurde.
Melloni hat die Reformen unterstützt, die der Papsr machen zu wollen schien, gerade so wie er die Winde der Erneuerung unterstützt, wo auch immer sie rund um Papst Franziskus herum wehen. Die Kritik am Papst ähnelt der eines betrogenen Liebenden und bestätigt auch die unvermeidliche Entäuschung der sog. progresssiven Front. Aber der Vorschlag zur Reform des Konklaves verrät eine Angst: daß es nach der Revolution von Franziskus eine Restauration gibt, mit einer Wiederkehr einiger Dynamiken der Vergangenheit.
Die Voschläge zur Reform des Konklave haben u.a. auch den Effekt, den Kardinälen die General-Kongregationen zu nehmen, wenn die Kardinäle keine Zeit haben, hinauszugehen, mit denen zu sprechen und zu interagieren, die nicht am Konklave teilnehmen werden- weil alle Kardinäle an den Kongregationen teilnehmen- auch die, die nicht am Konklave teilnehmen können, weil sie über 80 Jahre alt sind.
Warum sollte eine Isolierung nötig sein? Zuerst, um äußere Einflüsse zu vermeiden. Zur Zeit sind 58% des Kardinals-Kollegiums Kardinäle, die von Papst Franziskus kreiert wurden. In vielen Fällen sind es Kardinäle, die den Vatican nicht kennen, wenig institutionelle Erfahrung haben und nie in der Kurie gewesen sind. Keiner von ihnen kennt die anderes Kardinäle gut. Die Kardinäle kennen sie nicht. Deshalb wird ein Konklave voller Überraschungen erwartet, bei dem wenige in der Lage sein werden, über eine ansehnliche Anzahl von Stimmern zu gebieten. Kardinäle stimmen am Ende für jemanden, den sie kennen. Und sie lernen sich in den kleinen Gruppen kennen.
Das würde dazu führen, instinktiv der von Papst Franziskus vorgegebenen Linie zu folgen, aus dem einfachen Grund, auf der sicheren Seite zu bleiben. Was würde aber passieren,wenn die Kardinäle andere Gesichtspunkte, andere Ideen haben und vielleicht Alternativen erwägen? Würde die Revolution von Papst Franziskus unterstützt werden?
Diese Fragen sind offen geblieben und haben sofort zu einer weiteren Diskussion geführt: was ist der Status des emeritierten Papstes? Papst Franziskus wollte dazu keine Vorschriften erlassen und Benedikt XVI wollte das nicht tun, um seinen Nachfolger nicht zu beeinflussen. Durch seinen Beschluss, Weiß zu tragen, hat Benedikt die Einsetzung als Papst der Bischofsweihe gleichgesetzt. Der Bischof hört nicht auf, die Insignien zu tragen, wenn er emeritiert wird- ebenso tut das auch der Papst nicht.
Benedikt XVI hat die Autorität von Papst Franziskus nie bestritten und jedesmal, wenn er in den vergangenen Jahren öffentlich gesprochen hat, hat er immer seinen Nachfolger informiert. Und sein Nachfolger hatte nie etwas dagegen; de facto hat er bereits 2014 gesagt, daß "der Papa emeritus keine Statue ist, er nimmt am Leben der Kirche teil."
Diese legislative Lücke hat auch Probleme geschaffen. Einige sagen, daß Papst Franziskus nicht der legitime Papst ist; andere haben Benedikt XVI angegriffen, weil er Verwirrung geschaffen hat. Natürlich war das nicht wahr, es war nicht die Absicht Benedikts XVI, aber alles das ist passiert.
Über die Definition des Papstes emeritus nachzudenken, ist deshalb aus zwei Gründen nötig. Der erste ist, daß, wenn man Papst Franziskus´ Revolution sichern will, muß klar sein, daß keine Äußerungen des Papa emeritus über die oder im Gegensatz zur Autorität des Papsters stehen dürfen. Der zweite Grund ist, was wäre die Rolle von Papst Franziskus, im Falle seines Rücktritts?
Der Amtsverzicht jedoch ist auch an den Gesundheitszustand von Papst Franziskus gebunden. Das heißt: was passiert, wenn der Papst vorübergehend oder dauernd aus Gesundheitsgründen am Regieren gehindert ist? Wer regiert dann? Gäbe es in diesem Fall die Möglichkeit, einen anderen Papst zu wählen, und das als de-facto-Rücktritt zu betrachten?
Das ist eine legislative Lücke, die gefüllt werden muß, und die Diskussion hat begonnen. Papst Franziskus scheint sich damit noch nicht beschäftigt zu haben. Tatsächlich wird noch mehr Aktivismus erwartet, um die Form der Kurie zu gestalten und einige der Reformen, die seinem Herzen nahe sind.
Am 26. August wurde überraschend bekannt, daß Fr. Augusto Zampini als Untersekretär des Dikasteriums zur Förderung der Ganzheitlichen Menschlichen Engtwicklung zurückgetreten ist. Zampini, ein aufgehender Stern der Dicasteriums jedoch, Argentinier, den der Papst kennt, kehrt nach der Inspektion durch Kardinal Blaise Cupich, Erzbischiof von Chicago,- die letzte in der Saison der Inspektionen, die bei der Liturgie-Kongregation begann und mit der Klerus-Kongregation weiterging- in die Diözese zurück.
Fr. Zampinis Nachfolgerin ist Sr. Alessandra Smerilli. die die höchstrangige Frau im Vatican wird. Aber ihre Rolle, ist die einer Interims-Sekretärin. Genauso wie Fr. Andrew Small als Interims-Sekretär ernannt wurde, beauftragt, die Päpstliche Kommisson für den Schutz Minderjähriger zu koordinieren
Warum diese Vermehrhung von Interims-Ernennungen? Weil Papst Franziskus darauf wartet, die Rollen in der Kurien-Reform besser zu definieren. Das sollte im Herbst geschehen, sogar wenn das wahrscheinlichThema weiterer Justierungen sein wird.
So könnte der Papst sogar ein Konsistorium für den frühen Oktober einberufen, mit der Kreierung von 5 bis 6 Kardinälen- einschließlich neuer Ernennungen für die Kurie, mit der Reform und sogar einigen Überraschungen. Das könnte eine Entscheidung sein, die die Basis der Wähler im Konklave erweitern würde und so die Vision von Papst Franziskus stärken.
Gerüchte über solche Schritte sind weit verbreitet und unterstreichen, daß er keinen päpstlichen Wunsch zurückzutreten gibt- außer einer Möglichkeit- daß der Papst persönlich im Konklave eingreifen will, das seinen Nachfolger wählt.
An diesem Punkt könnte Papst Franziskus ein Dokument veröffentlichen, das die Rolle und Aufgaben eines Papstes emeritus festlegt, sich selbst die Position in der General-Kongregation vorbehalten, bei der er als Erster unter den Kardinälen agieren könnte. An diesem Punkt würde die Richtung der Diskussion durch die Anwesenheit eines Vorgängers definiert, wie es noch nie in der Kirchengeschichte vorgekommen ist.
Das wird vor allem in argentinischen Kreisen erwogen, die das sehr personalistische und zentralisierende Power-Management im Papst wiedererkennen.
Das ist jedoch alles Spekulation. Die einfache Wahrheit ist, daß die Krankheit des Papstes uns erlaubt hat, darüber nachzudenken, wie das nächste Konklave sein wird und über den nächsten Papst. Und keine Partei möchte unvorbereitet überrascht werden. "
Quelle: A. Gagaliarducci, Monday in the Vatican
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