M.Tosatti veröffentlicht bei Stilum Curiae einen kritischen Beitrag des Bibelforschers zu nachlässigen oder falschen Übersetzungen von Bibeltexten..
Hier geht´s zum Original:
"DER BIBELFORSCHER: WARUM BARMHERZIGKEIT IN LIEBE VERWANDELN?"
Liebe Freunde und Feinde von Stilum Curiae, unser Freund Bibelforscher weist uns auf diesen sehr interessanten Artikel über einen weiteren (...zigsten), von ihm aufgedeckten Übersetzungsirrtum hin...Gute Lektüre.
geschickt
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Bevor auf den Fehler dieser Überlegung hingewiesen wird, halte ich es für äußerst wichtig, einen methodischen Fehler in den aktuellen Übersetzungen hervorzuheben, der Bände spricht über mangelnde Vorbereitung, Oberflächlichkeit und vor allem den Mangel an Respekt gegenüber der Tradition und gegenüber den in den Jahrhunderten (einschließlich von den Heiligen) mit Taten und Worten vergossenen Blut, um das Wort Gottes zu verteidigen und es manchmal zu übersetzen.
Diejenigen, die die Möglichkeit hatten, Alt-Griechisch, Latein oder sogar Hebräisch zu lernen, wissen, daß die Begriffe und Ausdrücke je nach Zeit und Kontext, in dem sie geschrieben wurden, erheblich variieren können.
Das Latein von Cicero zum Beispiel ist nicht das selbe Latein, mit dem im Mittelalter innerhalb der Katholischen Kirche Dokumente verfasst wurden.
Und wiederum ist biblisches Griechisch nicht das selbe wie das klassische Griechisch eines Aristoteles in seiner Metaphysik.
Und auch das biblische Hebräisch ist sicherlich nicht das selbe wie modernes Hebräisch.
Die Verwechslung einer sprachlichen Variante mit einer anderen innerhalb eines Werkes der Bibelübersetzung ist eine sehr ernste Angelegenheit.
Aus diesem Grund muß man, wenn man von "Griechisch“ spricht zwischen klassischem Griechisch,- biblischem Griechisch usw. unterscheiden.Ebenso beim Hebräischen.
Neben der sprachlichen Seite ist es notwendig, die kulturelle Seite zu vertiefen.
Die biblische Kultur muss studiert werden, um keine "Mischübersetzungen“ ("minestrone...") anzubieten, in denen neue Begriffe die Bedeutung für den Leser verwirren können und ohne die Bedeutung im richtigen Kontext herabzumindern und auf grobe Weise zu versuchen, sie an eine mehr zeitgenössische Musikalität anzugleichen.
Sicher werden die Leser denken, daß der Bibel-Forscher bei dieser Überlegung unter einem schlechten Mond aufgewacht ist. Aber geduldig das Ende dieses kleinen Artikels zu erreichen, wird uns- wie gesagt- Dank eines leicht emphatischen "incipit" helfen, besser zu verstehen.
Um auf die Frage zurückzukommen, ein Begriff aus dem Evangelium, um ein Beispiel zu nennen, hat oft eine andere oder breitere Bedeutung als derselbe Begriff, der in einem aristotelischen Text verwendet wird.
Der eine ist ein philosophischer Text, der andere ist das Wort Gottes, daher komplexer zu übertragen und zu verstehen.
Fahren wir also mit dem Text eines Psalms fort.
Psalm 136, wir hören ihn auch bei der Heiligen Messe, enthält einen sich wiederholenden Vers.
CEI 1974: "Weil seine Barmherzigkeit ewig ist“ (Ps 136,1bss);
CEI 2008: "Weil seine Liebe ewig ist" (Ps 136,1bss).
Der hebräische Originaltext (transliteriert) lautet wie folgt:
"KI LEOLAM HASDÒ“.
Die wörtliche Übersetzung nach Raymonds biblischem hebräischem Vokabular:
KI: seit
LEOLAM: ewig
HASDO ': von HESED Barmherzigkeit, daher - Seine Barmherzigkeit.
CEI 2008 übersetzt HASDO mit "Liebe“.
Das hebräische Wort „Liebe“ ist jedoch "ahavah“ und nicht "hasdò“. Ein echter Fehler.
Es hätte genügt, ein Wörterbuch des biblischen Hebräisch zu konsultieren.
Es ist jedoch nicht schwer, das Motiv für diesen spezifischen Fehler zu finden.
Im modernen Hebräisch kann der Begriff "Liebe“ auch "hasad“ ausgesprochen werden (aber nicht "hesed“!). Hier gab es einen Irrtum aus Oberflächlichkeit und mangelnder Ernsthaftigkeit gegenüber dem biblischen Text.
Was ist nun das Ergebnis dieser Verwechslung von Begriffen?
"Ewig ist Seine Barmherzigkeit“ zu bekräftigen, hat eine ganz andere Bedeutung als "Seine Liebe ist ewig.“
Wir wissen gut, daß Gottes Liebe ewig währt, und das ist etwas Wunderbares.
Aber es ist ein Satz, den wir auch in einer Fiktion finden können.
Der Begriff der Ewigkeit wird vernebelt, eine Konnotation der geistigen Wirklichkeit, des Jenseits, das Gott eigen ist.
In diesem speziellen Fall möchte uns der Psalm sagen, daß "Gottes Barmherzigkeit ewig ist“, d. h. jedes mal, wenn wir in Sünde fallen und wenn wir aus tiefstem Herzen aufrichtig umkehren, vergibt uns der Herr für die Ewigkeit!
Das ist kein geringfügiger Unterschied.
Und in Übersetzungen können falsche Begriffe die eigentliche Botschaft verzerren.
Bibel Forscher
* * * * *
Quelle: M.Tosatti, Stilum Curiae
Vielleicht ist hier der Autor des übersetzten Textes, der nach eigenem Bekunden kein Hebräisch kann, etwas über das Ziel hinausgeschossen.
AntwortenLöschenHesed ist (nach einem möglicherweise etwas umfangreicheren als vom Autor benutzten Wörterbuch) die Gemeinschaftspflicht und Loyalität in einem Zugehörigkeitsverhältnis, also je nach Art des Verhältnisses: Treue, Güte, [in der Einheitsübersetzung meist] Huld, Gunst, Gnadenerweis; [von der anderen Seite gesehen] frommes Tun, Leistung, Pflichterfüllung; [von den Eltern zu ihren Kindern] Sanftmut, [und schließlich auf Gott angewendet] Barmherzigkeit.
Und ja, diese „Sanftmut“ kann Liebe heißen, z.B. in Jer 2,2:
„Ich denke dir an die Sanftmut [Hesed] deiner Jugend, an die Liebe [das vom Autor erwähnte Ahavath] deiner Brautzeit“
Oder eben neben die Barmherzigkeit gestellt werden, wie in Sach 7,9:
„Sanftmut und Barmherzigkeit [= Uterus, als Sitz des Mitgefühlts] mache jeder seinem Nächsten“
Oder als Dopplung zu „Bund“ (Berith) wie in 2 Esra 19, 32: „… der den Bund und die Treue bewahrt“.
Am häufigsten stehe Hesed zusammen mit Ämed (Zuverlässigkeit, Beständigkeit) und meint dann die Bundestreue Gottes, oder (wie man etwas freier in Anlehnung an den Prolog des Johannes-Evangeliums oder die Septuaginta z.B. in Ps 88,3 sagen könnte) „Gnade und Wahrheit“. [Einheitsübersetzung regelmäßig und schwunglos: „Huld und Treue“]
Es klingt in dieser Zusammenstellung auch das überwundene Spannungsverhältnis zwischen Barmherzigkeit und Gerechtigkeit an, zwischem dem Durchsetzung der Wahrheit und friedlicher Ruhe, wie in Ps 85, 11
„Barmherzigkeit und Wahrheit begegnen einander; Gerechtigkeit und Friede küssen sich“, wozu Bernard von Clairvaux kommentiert: Wollte die Barmherzigkeit nicht der Wahrheit begegnen, so wäre sie keine Barmherzigkeit (misericordia), sondern Erbärmlichkeit (miseria – Elend, Jammer, peinliche Ängstlichkeit); wollte die Wahrheit nicht dem Erbarmen begegnen, so wäre sie keine Wahrheit (veritas), sondern Härte (severitas).]
Wenn man richtig ins Weite kommen will, kann sich angucken, wie das Wort in LXX oder Vulgata wiedergegeben werden.
Beispielsweise war in Gen 19,19 schon chen (Anmut, Beliebtheit) mit eleos (Erbarmen) wiedergegeben worden, weshalb hesed dann dikaiosyne (Gerechtigkeit, Rechtsprechung) wird. In Jes 40,6 wird hesed zu doxa (Ruhm, Herrlichkeit), was Deutsch eher mit Anmut wiedergegeben wird.
In Summe: hesed kann alles Mögliche heißen, und weder ist die Kritik des Autors an der Übersetzungswahl „Liebe“ allgemein gerechtfertigt, noch möchte man eine der Optionen festlegen und diese schematisch an allen Stellen wählen.
Was nun den angeführten Ps 136 angeht, wird in diesem die Herrlichkeit des Schöpfers beschrieben. Man kann sicherlich argumentieren, dass Gott die Welt aus Liebe geschaffen hat* – die Notwendigkeit, hier ganz gewiss aber „Barmherzigkeit“ zu übersetzen, sehe ich nicht.
* Wie es beispielsweise Josef Spindelböck macht: „Gott hat uns geschaffen aus Liebe, er hat uns erlöst und geheiligt in seiner unendlichen Liebe, und er hat uns berufen zur Liebe – hier auf Erden und einst in der ewigen Seligkeit des Himmels!“ (https://stjosef.at/artikel/ethos_der_geschlechtlichkeit_radioserie.htm)
In einem solchen Zusammenhang mir (wohl boshafterweise) sogleich die Focolari in den Sinn. Die habens immmer mit der Liebe - obs passt oder nicht.
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