Donnerstag, 11. November 2021

Papst Franziskus und der Islam

Sandro Magister kommentiert bei Settimo Cielo die "Außenpolitik" des amtierenden Pontifex im Vergleich zu der seines Vorgängers.
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"FRANZISKUS, AL-TAYYEB, AL-SISTANI. DAS WUNDER DER DREIFACH-ENTENTE."

Wenn das, was für Benedikt XVI wichtig war, die "Diplomatie der Wahrheit" war, dann dominiert bei Franziskus die Realpolitik. Die Änderung in Politik und bei diplomatischen Schritten zwischen den beiden letzten Ponitikaten könnte nicht klarer sein, besonders in den Beziehungen zu China und Islam. Darauf konzentriert sich Matteo Matzuzzi, Chefredakteur der Zeitung "Il Foglio" und erfahrener Vaticanist, in einem Band über die Weltpolitik des Vaticans, der unter dem Titel "Heiliger Realismus" gerade erst die Druckerei verlassen hat und bei LUISS University-Press erschienen ist.
Bei China ist der Schrittwechsel für alle sichtbar. Weniger beim Islam. Aber besonders aus diesem letzten Gebiet gehen die beiden Pontifikate die unterschiedölichsten Wege, wenn nicht eintgegengesetzte, was in Matzuzzis Buch mit Klarheit rekonstruiert wird.
Benedikt XVI bleibt wegen des Regensburg-"Vorfalls" im Gedächtnis, als er in seiner Tiefenkritik der ungewissen Beziehung zwischen Glauben und Vernunft im Islam eine wütende und gewalttätige Reaktion in der Muslimischen Welt ausloste
Aber wenige erinnern sich, daß Papst Benedikt nicht nur keinen einzigen Schritt von dem zurückwich, was er gesagt hatte, sondern daß durch diese Rede vom 12. September 2006 ein präzedenzloser Dialog - zuerst mit 38 und dann mit 138 renommierten muslimischen Persönlichkeiten verschiedener Nationen und Orientierung, Sunniten und Shiiten, begann.
Dieser Dialog nahm Gestalt an- mit substantiellen Briefen an den Papst, die von diesen Gelehrten unterschrieben waren und durch den ersten Besuch des Saudi-Arabischen Königs und Hüters der Hl. Orte des Islams so wie von Gesandten der höchstren Schiitischen Autorität außerhlab des Irans, Gro-Ayatollah Sayyid Ali Husaini Al-Sistani. Während Benedikt XVI seinerseits nach einer Reise in die Türkei im November 2006 -die alle Erwartungen übertraf- im stillen Gebet in der Blauen Moichee von Istanbul-am Ende des Jahre in seiner Weihnachtsansprache an die Römische Kurie in einer Bestandaifnahme so weit ging, die Muslim-Welt offen dazu drängte, diese "lange und schweirige Suche"sagte er- die die Crhsiten schon seit einiger Zeit beschäftigte-"die wahren Errungenschaften der Aufklärung, Menschenrechte und besonders der Glaubensfreiheit und ihrer Praxis zu begrüßen und diese auch als essentielle Elemente für die Authentizität der Religion anzuerkennen." 

In seiner Rede an das Diplomatische Corps im Januar 2006 hat Papst BEnedikt nicht gezögert, in der Gegenwart die reale Gefahr eines "clah of civilizations" zu erkennen, dem man- wie er sagte- mit der "Verpflichtung zur Wahrheit" auch "seitens der diplomatischen Missionen" entgegentreten müssen, einer Wahrheit, die nur in Freiheit erreicht werden kann und in der der Mensch selbst, der Mensch als solcher. auf dem Spiel steht, die Wahrheit über Gut und Böse, über die großen Ziele und die Horizonte des Lebens, über unsere Beziehung mit Gott steht auf dem Spiel " 
Indem er sich ohne zu wanken an seine "Diplomatie der Wahrheit" hielt, hat Benedikt XVI den Preis bezahlt. Der höchste war zu Beginn 2011 -als eine Auto-Bombe vor einer Kirche explodierte, in der viele Gläubige der Messe in Alexadria/Ägypten versdammelt waren. Es gab Dutzende von Toten. Und am 2. Januar und am Ende des Angelus, hat der Papst nicht geschwiegen. Aber der Groß-Imam von Al-Azhar, Ahmad Al-Tayyeb, schweig ebenfalls nicht und rfeagierte auf die päpstliche "Einmischung", indem er die Beziehung zum Hl.Stuhl abbrach, er, der in der Vergangeheit wiederholt gesagt hatte, er befürworte die Selbstmord-Bomben auf Israelischem Gebiet.
Die Beziehungen mit Al-Azhar wurden erst 2016 erneuert- durch eine Umarmung zwischen Al-Tayyeb und Franziskus in Rom. Aber natürlich hatte sich mit dem neuen Papst viel geändert.
In der Zwischenzeit. war dieser tiefgehende Dialog über Glaube und Vernunft mit den 138 muslimischen Gelehrten sofort unterbrochen worden. Weil Papst Frsanziskus´ Manöver bezgl, des Islams so ganz anders agierten. Mehr nach pragmatischen Kriterien. 
Seine erste Geste - komplett mit einem Buß-Fasten- war die öffentliche Offensive im Sept,mber 2013 gegen den drohenden westlichen Angriff auf das Syrien Bashar Al-Assads,. Die Orthodoxen und Katholischen Hierarchen dieses Landes standen fest auf der Seite des Alewitischen Regimes, das sie vor den Feindseligkeiten anderer islamischer Strömungen beschützte. Aber Franziskus´ Vorgehen war Teil eines größeren Spektrums. Unter denen, die einer militärischen Intervention in Syrien am heftigsten Widerstand leisteten, war Vladimir Putin. Und das führte dazu, daß der Papst einen Brief als Friedensapell an den russischen Führer schrieb. Der Schritt wr erfolgreich und von da an, war die Beziehung zwischen Franziskus und Putin so angenehm wie nur möglich- bis zu dem Punkt. das historische Treffen vom 12. Februar 2016 zwischen dem Papst und dem Moskauer Patriarchen auf dem Flughafen von Havanna zu ermöglichen, mit der Unterschrift beider unter einer Erklärung-stellt Die prorussischen Wende war für die Griechisch-Katholische Kirche der Ukraine ein noch größeres Opfer als sogar der militärische Angriff Moskaus auf iht Gebiet. Aber in Franziskus Meinung neigt sich die Waage der Interessen offensichtlich zugunsten einer Einigung mit Moskau. 
Was den Islam angeht, zeigte Franziskus bald, daß er eine allgemeine interreligiöse "Bruderschaft " anstreben wollte, auch wenn er über Aggressionen im Namen Allahs schweigen mußte, wobei er macnhmal sogar so weit ging, diese zu rechtfertigen. 
Am 7. Januer 2017 als radikale Isalmisten in Paris 12 Journalisten und Karikaturisten des Satire-Magazins "Charlie Hebdo" massakrierten, die beschuldigt wurden, ihren Glauben lächerlich gemacht zu haben, Und 8 Tage später, bei der Pressekonfernz auf dem Flug von Sri Lanka nach Manila- kommentiert dert Papst wie folgt- wobei er spielerisch so tat, als richte er seine Faust auf seinen Reisemanager Alberto Gasbarri:
"Es ist wahr, man darf nicht mit Gewalt anworten, aber wenn mein guter Freund Dr. Gasbarri hier meine Mutter beleidigt, kriegt dafür einen Fausthieb. Das ist normal, es ist normal [...] Alle diese Leute, die Religionen klein machen, sie verhöhnen, die mit der Religion anderer Leute herumspielen, bringen andere gegn sich auf und das was Dr. Gasbarri passiert, wenn er etwas gegen meine Mutter sagt, kann auch ihnen passieren." 
Am 26. Julis 2016 gab es in Frankreich einen weiteren Mord im Namen Allahs, als der ältere Priester Jacques Hamel am Altar enthauptet wurde. Und als er fünf Tage später -beim Rückflug aus Krakau- dazu befragt wurde, antwortet Franziskus wie folgt:
"Ich spreche nicht gern über islamische Gewalt, weil ich jeden Tag, wenn ich die Zeitung aufschlage, Gewakltakte sehe, hier in Italien töte jemand seine Freundin, ein anderer seine Schwiegermutter. Und diese gewalttätigen Menschen sind getgaufte Katholiken! Sie sind gewalttätige Katholiken.[...] In glaube, daß es nicht richtig ist, den Islam mit Gewalt zu identifizieren und es ist nicht wahr. I hatte ein langes Geespräch mit dem Groß-Imam der Universität von Al-Azhar und ich weiß, was sie denken, sie suchen nach Frieden, Begegnung [...] Der Terrorismus nimmt immer dann zu, wenn es keine andere Wahl gibt, wenn die globale Wirtschaft sich auf den Gott des Geldes und nicht auf den Menschen- Mann und Frau. Das ist ein grunflegender Akt des Terrorismus gegen die geswamte Menschheit."
De facto hatte der vom Papst zitierte "lange Dialog" mir dem Groß-Imam von Al-Azhar zwei Monate vorher stattgefunden- am 22. Mai 2016 in Rom. als Reparation für die Ruptur die 2011 mit Benediukt XVI entstanden war. Und dieses Arrangement sollte in den folgenden Jahren zu spektakulären Entwicklungen führen- beginnend mit der gemeinsamen Unterzeichnung des Dokuments über die "Menschliche Brüderlichkeit" in Abu Dhabi in den Vereinigten Areabeischen Emiraten am 4. Februar 2014 bis zur Enzyklika "Fratelli Tutti" vom 3. Oktober 2020, dem Schreiben, von dem der Papst sagte, er sei dazu besonders vom Groß-Imam ermutigt worden."
Während der gleichen Zeitspanne aber, gibt es ein muslimisches Regime, mit dem Franziskus in Reibereien gerät: die Türkei von Recep Tayyib Erdogan. 
Schon bei der Initiative des Papstes zur Verteidigung des Syrischen Regimes von Al-Assad, hatte sein Rivale in der Region, Erdogan, Gründe für Irritstionen gefunden, denen Franziskus schlau Beachtun g schenkte und sich bei seiner Reise in die Türkei im November 2014 zurückhielt.
Aber dann, einmal daß er den Groß-Imam von Al-Azhar als Reisegefährten gewähtl hatte, ließ der Papst alle diplomatische Vorsicht gegenüber Erdogan fallen. Am 12. April 2015 -bei der Gedenkmesse für das Martyrium des Armenischen Volkes, nannte Franziskus dieses Martyrium -erstmals aus dem Mund eines Papstes. einen wahren "Völkermord"- vor 100 JAhren begangen von der Türkei, "der erste Völkermord im 20. Jahrhundert". 
Siehe weiter unten. Die Reaktionen in der Türkei und von Erdogan selbst waren wütend. Der Bitschafter beim Hl. Stuhl wurde nach Ankanra zurückgerufen und sollte erst nach einem Jahr später zurückkehren, Aber Franziskus gibt nicht auf. Im Juni 2016 besucht er Armenien und verurteilt wieder den "Genizid" -und fügt bei der üblichen Pressekonferenz während des Rückflugs hinzu, daß er in Argentinien nie ein anderes Wort gekannt habe, um die Auslöschung der Armenier zu definieren.
Am 5. Februar 2018 in Rom wurde Erdogan von Papst Franziskus in Audienz empfangen, wobei die beiden einen gemeinsamen anti.israelischen Boden fanden und die Entschidung Donald Trumps verurteilten, die amerikanische Botschaft nach Jerusalem als der wahren Hauptstadt des Jüdischen Staates, zu verlegen, Aber das böse Blut zwischen dem Papst und der Türkei kam am 12. Juli 2020 wieder an die Oberfläche als Franziskus öffentlich erklärte, er sein sehr traurig über die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee. 
Inzwischen nimmt jedoch die zweite große Operation der Nachbarschaft mit den Muslimen Gestalt an, was für Franziskus bedeutet, nicht so sehr Beziehungen zu Staaten aufzubauen sondern mit besonders repräsentativen Individuen. Nach der Übereinkunft mit dem Sunniten Al-Tayyeb, plant der Papst ein Treffen mit dem Schiitischen Groß-Ayatollah Al-Sistani. Und er zieht das am 6. März 2021 durch- während eines kühn und wohl-durchdachten Trips in den Irak, dem ersten je von einem Papst unternommenen. 
Al-Sistani ist in der Tat eine außerordentlich wichtige Persönlichkeit, auch geopolitisch. Er wurde im Iran geboren, steht aber sowohl derm politischenRegime als auch dem Machtwillen seines Gbebuirtslandes diametral entgegen -vor allem aber der Version des durch Khomenei und seine Nachfiolger repräsentierten Islams. Im Irak - wo er viele Jahrzehnte gelebt hat- predigt Al-Sistani friedliche Koexistenz zwischen Sunniten und Schiiten und bestreitet Wurzel und Zweig des “wilayat al-faqih,” dem Theorem Khomeinis. das den Gelehrtern des Islamischen Rechts politishe sowei religiöse Macht zuerkennt. 
Eine Folge dieses Treffens zwischen Papst Franziskus und Al-Sistani sollte bald sein, daß der Groß-Imam von Al-Azhar auch in den Irak reiste, nach Najaf, um sich zum erstenmal mit dem shiitischen Groß-Ayatollah zu treffen. diese Reise ist in einem fortgeschrittenen Stadium der Vorbereitung und wird eine bedeutende Wirkung auf das Verstehen und die Rivalitäten haben, die sich in der islamischen Welt abspielen, 
Tatsächlich weicht der jahrhundertealte Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten oder zwischen Arabern und Persern, wobei der Vatikan traditionell zu einem Abkommen mit Teheran neigt, jetzt einer komplizierteren Kluft, die auf der einen Seite den Iran, die Türkei, Katar, die Libanesen der Hisbollah und die Palästinenser der Hamas sieht, auf der anderen Seite Ägypten, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Marokko und teilweise auch der Irak, wobei auf beiden Seiten Sunniten und Schiiten gemischt sind.
Mit seinen Schritten hat Franziskus sich praktisch der zweiten Front angeschlossen, die auch diejenige ist, die gegenüber Israel offener und der Ideologie der Muslim-Brüderschaft und den mit ihr verbundenen Terrornetzwerken feindlicher gegenüber steht. Mehr noch- er selbst hat geholfen sie aufzubauen, indem er die Annäherung zwischen Al-Tayyeb und Al-Sistanni begünstigte. Wundersamerwesie wribeln selbst seine Flügelschläge das Geleichgewicht der Welt auf."
Quelle: S.Magister, Settimo Cielo 

2 Kommentare:

  1. Liebe Frau Heinz,

    neben meinen Gesundheitsproblemen habe ich auch einen Computercrash und fahre auf einem Ersatzsystem, das Ihre Mailadresse nicht kennt. Deshalb auf diesem Wege die Anfrage:
    Haben Sie schon den enorm langen und enorm inhaltsreichen Artikel des Dominikaners https://rorate-caeli.blogspot.com/2021/11/open-letter-by-dominican-theologian-fr.html zur Kenntnis genommen, der mich trotz anhaltender Kreislaufprobleme elektrisiert hat?

    Ich werde daran gehen, ihn in wesentlichen Teilen zu übersetzen. Falls Sie auch schon damit angefangen haben, wäre ich sehr daran interessiert, die Arbeit aufzuteilen.

    Gruß aus Berlin

    M.C.

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  2. Lieber Herr Charlier, ich versuche über google-chat zu antworten. Ich habe mich noch nicht, mit dem Dominikaner-Brief befaßt, wäre aber einverstanden, mir die Arbeit mit Ihnen zu teilen.
    Gruß vom Boot
    I.H.

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