Gedanken Don Agostino Clericis zum Brief, den der Emeritus dem Mathematiker P. Odifreddi schrieb.
Diese Gedanken veröffentlichte Don Agostino Clerici, Dr.der Philosophie, Buchautor zahlreicher Bücher über den Glauben und aus der Patristik und Pfarrer von Ponzate auf seinem blog "L´essentiale è visibile". Hier geht´s zum blog: klicken
Sehr lesenswert!
"Benedetto ficht im Dialog mit Odifreddi- mit dem Florett"
Wer den Papa emerito als vermißt gemeldet hatte, muß sich revidieren. Benedikt XVI, der Theologe Joseph Ratzinger, lebt und das gesund und munter. Außerdem klarsichtig und kämpferisch, fähig, gleichzeitig zartfühlend und schneidend zu sein. Davon zeugt der Brief, in dem er dem Mathematiker Pierluigi O.( eine für ihre radikale Kritik am Christentum und an der Kirche bekannte Persönlichkeit, mit Thesen die sich auf keine andere Logik berufen als die der Geometrie) antwortet.
Die Tageszeitung LaRepubblica hat einige Auszüge aus dem Brief publiziert. Nachdem er dem Mathematiker dafür gedankt hat, sein Buch - es handelt sich um die "Einführung in das Christentum" -in Betracht gezogen zu haben, arbeitet er sein Urteil über Odifreddis Buch "Lieber Papst, ich schreibe Dir" heraus, zeigt dabei sein Unbehagen über "eine gewisse Aggressivität und Voreiligkeit der Argumentation" und gibt dann zu, manche Teile auch mit Spaß und Gewinn gelesen zu haben.
Hier dann der erste Seitenhieb ( Florettstich) : wenn die Theologie ( eine von Odifreddi aufgestellte These) "Fantascienza" ist, wie konnte dann jemals ein Mathematiker den Text eines Phantasiewissenschaftlers wie Benedikt XVI einer wissenschaftlichen Annäherung für würdig halten?
Humorvoller aber sehr starker Widerspruch in der Frage an einen Atheisten, warum er, wenn Gott nicht existiert, wenn Jesus Christus eine Erfindung ist, wenn er das alles ( im Gegensatz zu denen, die glauben) für reine Phantasie und leeres Geschwätz hält, sich so echauffiert, es zu widerlegen?
Augenscheinlich ist die historische und kulturelle Bedeutung des Christentums immens, und auch ein Atheist weiß das und muß sich mit den meßbaren Konsequenzen dessen, das nicht existiert, auseinandersetzen....
wie es aussieht ist der Inkarnierte Gott unangenehmer als der Gott, der auf einer Wolke sitzt.
Joseph Ratzinger verleugnet sich nicht, er schreibt vor allem als authentischer Mann des Glaubens und dann als stringenter Verteidiger der Vernunft: "Für alle Forschungsgebiete hat die Wissenschaft eigene Methoden entwickelt, je nach den Eigenarten ihres Objektes. Essentiell ist, daß eine verifizierbare Methode angewandt wird, die eigene subjektive Urteile ausschließt."
Weil- hier der zweite Stich des Papa emerito- "die Fantascienza" in vielen Wissenschaftsbereichen existiert. Hier zitiert er dann Autoren, die Odifreddi lieb und teuer sind: Heisenberg, Schrödinger, Richard Dawkins und Jacques Monod und einige ihrer komischen Thesen. Klare Fantascienza alle. Wie die These der Nichtexistenz Gottes.
Hier setzt Benedetto beim Mathematiker, der apodiktische Thesen über Jesus abfassen möchte, seinen dritten Treffer: "Was Sie über die Person Jesu sagen, ist eines Wissenschaftlers Ihres Ranges nicht würdig "(......)
und ja, man muß kompetent sein, um über Mathematik, Geometrie und Arithmetik sprechen zu können, aber man kann keinen Quatsch über Jesus sagen, nur weil man Odifreddi heißt. Man braucht Kompetenz, auch um über Jesus sprechen zu können, und es müßte eine Kompetenz für die Kriterien der Geschichtsschreibung vorhanden sein, noch vor der für die Theologie.
Benedikt antwortet auf einige Vorwürfe, die Odifreddi ihm macht, hält aber keinen systematischen Vortrag sondern tritt in eine lebhafte Diskussion ein und demontiert das Konstrukt des Mathematikers durch präzise Fragen. In einem wahren Dialog macht man das so, nicht grobschlächtig- wie wir es aus der politischen Welt nur zu sehr gewohnt sind- sondern mit dem Florett. Der Dialog wird argumentativ nicht destruktiv geführt.
Scharfsinnig fährt der Papa emeritus fort, nicht ohne einige Ironie, aber immer mit großem Respekt und Transparenz der Gedanken. Sehr schön ist die Passage des Briefes, in der Benedetto den Blick Odifreddis auf Glauben und Religion erziehen möchte, indem er die ideologische Einengung, zum Beispiel auf die pädophilen Priester, vermeidet- und ihn auf die historische Perspektive hin erweitert.
J.Ratzinger schreibt: "Wenn es nicht legitim ist, über das Böse in der Kirche zu schweigen, so soll man auch nicht über den leuchtenden Schimmer von Schönheit und Güte, den der christliche Glaube in den langen Jahrhunderten hinterlassen hat schweigen."
Ein Prinzip tiefer Weisheit, das die laizistische und die atheistische Welt allen sozialen Gruppen konzediert, nur der Kirche nicht.
Die Schlußfolgerung des Papa emeritus- so wie ihn die Zeitung wiedergibt- ist ein Muster an Eleganz und Klarheit. " .....meine Kritik an Ihrem Buch ist teilweise hart. Aber die Klarheit ist Teil des Dialoges: nur so kann Erkenntnis wachsen. Sie sind mit mir sehr klar gewesen, deshalb akzeptieren Sie sicher auch, daß ich es bin. Auf alle Fälle schätze ich deshalb als sehr positiv, daß Sie- durch Ihre Konfrontation mit meiner "Einführung in das Christentum" einen so offenen Dialog mit dem Glauben der Katholischen Kirche führen und daß, unbenommen aller Kontraste im zentralen Anliegen, auch Übereinstimmungen nicht fehlen."
Da muß man nichts hinzufügen. Zur Stunde. Natürlich rühmt Odifreddi sich, daß der emeritierte Papst ihm geschrieben hat. Und er hat guten Grund dazu. Er hat jetzt die Möglichkeit eine neues Buch zu schreiben, beginnend mit den 11 Seiten, die Ratzinger ihm gewidmet hat. Wagen wir zu hoffen, daß es weniger aggressiv, weniger voreilig und dem Rang eines Wissenschaftlers, den Benedetto ihm zumißt, würdiger sein möge, den wir dann alle am Werk sehen können. Möglich, daß Gott ihn gut anleitet."
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Und -zwar einerseits traurig-weil es Seltenheitswert hat- aber auch schön: sogar eine deutsche Zeitung war in der Lage, einen nicht verkürzten und nicht manipulierten Blick auf Benedettos Brief an Odifreddi zu werfen und darüber zu berichten, Hier geht´s zum Artikel : klicken
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