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Warum der Vatican Militäraktionen nicht ausschließt
Der ständige Repräsentant des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen hat am 9. August erklärt, daß eine Militäraktion im Irak "in diesem Augenblick nötig sein" könne. Diese Stellungnahme stellt eine Ausnahme von der traditionellen Ablehnung des Vaticans dar, auf Waffengewalt zurückzugreifen.
Wird der Vatican also einer Militärintervention zustimmen?
Hier ist, was der ständige Beobachter des Heiligen Stuhls bei den UN am 9. August hören ließ:
"Man muß jetzt eingreifen, bevor es zu spät ist" warnte Msgr. Silvano Tomasi , als er über das klar zu Tage Liegende urteilte: " und die Christen des Nordiraks auch physisch verteidigen. Wenn es notwendig ist, ihnen humanitäre Hilfe zu bringen, "weil die Kinder und die Alten sterben" sagte der Diplomat des Hl. Stuhls und fügte hinzu: "vielleicht ist in diesem Augenblick auch eine Militäraktion notwendig".
Diese vorsichtige und nicht ganz eindeutige Erklärung bricht mit der Position, die die Katholische Kirche seit 50 Jahren vertritt- noch vor kurzem von Papst Franziskus geäußert " Mit Krieg ist alles verloren- mit dem Frieden ist nichts verloren" hatte er beim Angelus am 27. Juli gesagt und betont "Brüder und Schwestern, niemals Krieg, niemals Krieg!!" und dabei auf 3 aktuelle Konflikte, die ihm am Herzen liegen, angespielt : die Ukraine, den Irak und den Nahen Osten.
Am 10. August, hatte der Papst noch an die Internationale Gemeinschaft appelliert "eine wirkungsvolle politische Lösung zu finden, das Recht im Irak wieder einzusetzen" während die ersten amerikanischen Bombardements bereits einige Stunden vorher begonnen hatten.
Die jetzige Stellungnahme des Vaticans zugunsten einer Militärintervention ist " extrem selten" bestätige Pater Cedric Burgun, Kirchenrechtler der Katholischen Universität Paris "sie beweist, daß der Vatican den Ernst der Situation zum Maß genommen hat und heute Schwierigkeiten hat, sich irgendeine andere Art der Intervention vorzustellen."
Der gerechte Krieg in Zeiten der Nuklearwaffen.
Seit 1963 und der Enzyklika "pacem in terris" von Papst Johannes Paul II ist sozusagen die Position der Kirche der moralischen Legitimierung, in bestimmten Situationen auf Gewalt zurückzugreifen, sukzessive zugunsten einer Lösung, die nicht gewaltsame Mittel-wie die Diplomatie oder Verhandlungen zur Lösung eines Konfliktes bevorzugt- verändert worden.
Der Verlauf der nuklearen Bewaffnung mit den finsteren Auswirkungen ihres Gebrauches auf die Menschheit und den Planeten, haben das Denken der Kirche tiefgreifend verändert: "Es wird menschlich gesehen unmöglich, zu denken, daß der Krieg in unserer atomaren Ära ein adäquates Mittel sein könne, um eine gerechte Lösung einer Rechtsverletzung zu erlangen" - hatte Johannes XXIII in seiner pastoralen Konstitution "gaudium et spes" geschrieben. "Das alles zwingt uns, den Krieg in völlig neuem Licht zu sehen und mit all unseren Kräften den Augenblick vorzubereiten, in dem alle Nationen einem absoluten Kriegsverbot zustimmen können" .
Am 5. Juni 2004 hatte Kardinal Ratzinger, der eingeladen war, an den Gedenkveranstaltungen zum 60. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie teilzunehmen, eine Konferenz zu Thema "Auf der Suche nach dem Frieden" geleitet und die Definition des "gerechten Krieges " präzisiert:
"...eine Militärintervention gegen ein Unrechtsregime, im Dienst des Friedens, die moralische Kriterien befolgt" aber auch besonders seine Grenzen
"Man kann den Terror, die Kräfte, die Recht und Moral entgegen stehen, nicht allein mit Gewalt beenden. Es ist sicher, daß man sich zur Verteidigung des Rechts gegen rechtsvernichtende Kräfte unter bestimmten Umständen einer wohl ausgewogenen Gewalt bedienen darf.
Ein absoluter Pazifismus , der jedes Recht auf Zwangsmittel negiert, ist die Kapitulation vor dem Unrecht, würde seine Machtergreifung bestätigen und die Welt dem Diktat der Gewalt ausliefern. Damit aber die Gewalt im Namen des Rechts nicht selbst Unrecht wird, muß sie sich strikten Kriterien unterwerfen, die als solche von allen anerkannt werden."
Gewaltanwendung zur Rettung der Zivilbevölkerung
In Artikel 2309 des Katechismus der Katholischen Kirche wird der Begriff "gerechter Krieg" nicht wieder aufgenommen, dort wird der Ausdruck "legitime Verteidigung mit Militärgewalt" vorgezogen.
2003, im Gespräch mit einem US-Journalisten hatte Joseph Ratzinger auf das Fehlen dieser Doktrin in der neuen Fassung des Katechismus aufmerksam gemacht und es erklärt:
"Artikel 2309 spricht von traditionellen Elementen in der Doktrin zum Gerechten Krieg aber es handelt sich nicht um eine Definition des gerechten Krieges", bekräftigt Pater Cedric Burgun. "Die Kirche unterscheidet also zwischen Krieg und Militärintervention."
Es gibt eine Nuance zwischen beiden Begriffen, darauf besteht der Priester der Gemeinschaft Emmanuel.
Aus diesem Grund erachtet es der Heilige Stuhl in sehr seltenen Fällen für legitim, den Gebrauch von Waffengewalt zur Selbstverteidigung zu rechtfertigen- nicht aber eine Kriegserklärung, wie die USA sie 2003 im Irak aussprachen.
Das war z.B. 1993 der Fall -als während des Balkankonflikts die Bevölkerungen durch ethnische Säuberungen und Völkermord bedroht waren. Das war auch der Fall angesichts der Grausamkeiten im selben Jahr in Somalia.
Im Lichte dieser grausamen Ereignisse und der Weiterentwicklung des Lehramtes der Kirche zur Wahrnehmung des "Gerechten Krieges" hatte Johannes Paul II die möglichen Bedingungen für Gewaltanwendung in seiner Friedensbotschaft vom Januar 2000 erneut präzisiert:
"Ich will hier erneut meine tiefe Überzeugung bekräftigen, dass angesichts der modernen Kriege, das Instrument der Verhandlung zwischen den Parteien, mit Hilfe von Mediation und der Befriedung durch internationale und regionale Organisationen, von allergrößter Wichtigkeit ist, sowohl um Konflikten vorzubeugen als auch, um sie zu beenden. wenn sie schon ausgebrochen sind, indem der Frieden Dank einer zwischen Recht und Interessen beider Seiten ausgleichenden Vereinbarung wieder hergestellt wird, (...)
Jedesmal wenn die Zivilbevölkerung durch einen Aggressor bedroht ist und die Bemühungen der Politik und aller friedlichen Mittel kein Resultast zeitigen, ist es legitim, ja sogar Pflicht, auf konkrete Maßnahmen zurückzugreifen, den Aggressor zu entwaffnen. Immer müssen diese Maßnahmen zeitlich begrenz sein, ein präzises Ziel haben, in voller Anerkennung des internationalen Rechts durchgeführt und von einer supranationalen anerkannten Autorität überwacht werden,und unter keinen Umständen der reinen Logik der Waffen überlassen werden."
Weil er befindet, daß eine Militärasltion im Irak in diesem Moment nötig werden könnte, hat Msgr. Tomasi nicht versucht, die Luftoffensive der USA zu rechtfertigen, sondern die UN zu ermutigen, eine Resolution anzunehmen, um einer internationalen Koalition das Mandat zu erteilen,einzugreifen, um der Auslöschung der Christen und Yeziden durch die Djihadisten zuvorzukommen.
Johannes Paul II machte aus diesem Rückgriff auf die UNO eine unverzichtbare Bedingung:
"Man muß sich der in der Charta der UN vorgesehenen Mittel auf die beste und vollständigste Art bedienen, und so die Nutzung der Instrumente und effektiven Modalitäten einer Intervention im Rahmen des Internationalen Rechts definieren."
Die doppelte Aussage des Vaticans zum Irak ( Militäraktion durch Msgr. Tomasi- politische Lösung durch den Papst) hat nichts Widersprüchliches. Der ständige Repräsentant des Heiligen Stuhls bei der UNO hat an die Aufgabe der UN erinnert, den Frieden zu bewahren und die Zivilbevölkerung zu schützen.
Papst Franziskus hat sich auf das Ziel einer möglichen Intervention zurückgezogen und es so präzisiert: das Recht und die politische Stabilität im Irak wieder herzustellen. Das ist auch ein diplomatisches Spiel.
Quelle: Antoine Pasquier, Lafamillechretienne
p.s. Diese Worte von Papst Benedikt XVI zum absoluten Pazifismus noch einmal in die Ohren aller, die es angeht:
p.s. Diese Worte von Papst Benedikt XVI zum absoluten Pazifismus noch einmal in die Ohren aller, die es angeht:
"Ein absoluter Pazifismus , der jedes Recht auf Zwangsmittel negiert, ist die Kapitulation vor dem Unrecht, würde seine Machtergreifung bestätigen und die Welt dem Diktat der Gewalt ausliefern. Damit aber die Gewalt im Namen des Rechts nicht selbst Unrecht wird, muß sie sich strikten Kriterien unterwerfen, die als solche von allen anerkannt werden."
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