Donnerstag, 30. November 2017

Vor 10 Jahren "Spe Salvi"

Silvia Scaranari vergleicht- anläßlich des 10. Jahrestages der Veröffentlichung der Enzyklika "Spe Salvi"  in La Nuova Bussola Quotidiana das Verständnis der Hoffnung von Luther, Papst Benedikt XVI und Papst Franziskus. Hier geht´s zum Original:  klicken

"HOFFNUNG. DIE TUGEND DIE LUTHER NICHT GEFIEL"
"Papst Franziskus hat 25. Oktober seinen Zyklus über die Tugend der Hoffnung, den er am 7.Dezember 2016 begann, beendet.
Am 30. November vor 10 Jahren wurde die Enzyklika "Spe Salvi" von Benedikt XVI veröffentlicht.

Hoffnung ist ein fundamentaler Teil des christlichen Lebens und sie ist die Tugend, die uns auf übernatürlicher Ebene ermöglicht, unser Herz für die Barmherzigkeit des Vaters zu öffnen und auf der Ebene der Natur für das Morgen zu leben, also zu denken, zu erfinden, zu arbeiten, zu produzieren  und voranzukommen, also der göttlichen Aufforderung nachzukommen "seid fruchtbar und mehret euch, füllt die Erde; macht sie urbar und herrscht über die Fische des Meeres, die Vögel im Himmel und jedes Lebewesen, das auf der Erde weilt."(Gen. 1,28)
Es ist also verständlich, warum eine einjährige Katechese und eine ihr gewidmete Enzyklika der
Vertiefung der Schönheit dieser theologischen Tugend dienen.

Die Enzyklika Benedikts XVI hat nicht nur einen spirituellen Bezug, sondern öffnet zu kulturellen Horizonten, die die ganze existentielle Perspektive des Menschen durch die Jahrhunderte angehen.
An erster Stelle wird gezeigt, wie die Hoffnung eine theologisch an die Bibel und noch mehr an Christus gebundene Tugend ist.
Wenn die antiken Völker versucht haben, eine Erklärung für unser Leben unser Leiden in dieser Welt zu finden, gibt Gott selber dem Menschen durch die Offenbarung eine kohärente Erklärung für seine Existenz: geschaffen für die Liebe, befleckt durch eine schwere Schuld und deshalb von der Quelle seiner Existenz getrennt- hat der Mensch doch noch eine Möglichkeit, seine ursprüngliche Würde wiederzufinden und zur Verbindung in der Liebe mit dem Schöpfer zurück zu kommen.
Der aus dem Paradies vertriebene Mensch könnte Dank der Bamrherzigkeit des Vaters, der ihm einen Weg zur Erlösung zeigt, zurückkehren.
Das Versprechen hat im jüdischen Volk die Hoffnung entstehen lassen, gegründet auf der Sicherheit, daß das Wort Gottes wahr ist und mit Christus tritt die Hoffnung in Gänze in die Geschichte ein.
Nicht nur das jüdische Denken sondern auch die griechische Philosophie, die mit ihrer kritischen Strenge den heidnischen Glauben der antiken Völker korrodiert hatte, fand Vollendung und Befriedigung in der Begegnung mit dem Logos, dem Wort des Johannes, der Wahrheit des Lebendigen Gottes.
Die der Welt von Christus gebrachte Hoffnung hat schrittweise eine christliche Gesellschaft geschaffen, die Füße fest auf dem Boden, aber den Blick auf die Sicherheit einer Dimension eines Seins gerichtet, wahrhaftiger, voller, vollständiger -weil in Wirklichkeit mit der Ewigkeit vereint.

Diese christliche Perspektive der Existenz- unterstreicht der Pontifex in Kapitel IV- war im Lauf der Zeit einem Prozess der Aufweichungn und der Degeneration unterworfen, der in spezifischen historischen Momenten entstehen kann.

An erster Stelle Martin Luther und die Reformation, deren 500. Jahrestag wir vor wenigen Wochen gedachten. Mit Luther verwandelt sich die Hoffnung in "Sicherheit", "Substanz" des menschlichen Lebens, in Überzeugung, ein Begriff, der sich auf eine subjektive Dimension des Problems bezieht.
Die persönliche Erfahrung ist Frucht einer Willensanstrengung -unterstreicht Benedikt XVI- während im Brief des Hl.Paulus an die Epheser "der benutzte griechische Ausdruck (elenchos) nicht die subjektive Bedeutung "Überzeugung"  sondern die des objektiven Beweises."
Luther nimmt dem Glauben den fundamentalen Beitrag der Vernunft und ersetzt den durch den Willen, aber indem er das tut, verurteilt er den Glauben- und somit die Hoffnung- subjektiv zu sein und seine soziale, öffentliche Dimension zu verlieren. Die christliche Realität wird zum Problem eines "forum internum" schreibt der Papst "der Glaube wird nicht einfach geleugnet, sondern eher auf eine andere Ebene gestellt- ausschließlich privater und jenseitiger Dinge- und zur selben Zeit wird er auf gewisse Weise für die Welt irrelevant."





Die zweite Episode repräsentiert die Philosophie der Renaissance, nach der die Vernunft Dienerin der Wissenschaft ist und die Suche nach der Wahrheit zu einer Suche nach Nützlichkeit wird. Die Hoffnung verwandelt sich in blindes Vertrauen in den Fortschritt, in die von allen Grenzen befreiten Freiheit. "Sapere aude" schreibt Immanuel Kant, wage es, dich von allen Grenzen, allen Ketten zu befreien.
Die aufklärerische Freiheit beschränkt sich nicht mehr auf die Suche nach der Wahrheit, sondern ist eine Kraft, die die Ketten des Glaubens und des politisch-sozialen Lebens zerbricht und die in sich "ein revolutionäres Potential einer enormen Explosivkraft trägt", wie sich in den revolutionären Katastrophen, die Europa über Jahrzehnte mit Blut überfluteten, zuerst durch die revolutionären Truppen und dann die napoleonischen,zeigte.

Die dritte Episode wird durch den Marxismus repräsentiert. Die Vernunft- von der Erkenntnis überholt- das heißt auf der Suche nach der Wahrheit- wurde instrumentalisiert- funktionalisiert für die wissenschaftlichen und aufklärerischen Utopien und der Nützlichkeit für eine soziale Klasse untergeordnet, aus der sehr schnell die Nützlichkeit für eine politische Partei, einen Staat wurde.
Für Marx wird die Herrschaft Gottes über die Erde nicht durch die Wissenschaft sondern Dank der Politik errichtet.
Der Papst schreibt:

"Der Fortschritt zum Besseren, zu einer defintiv guten Welt kommt nicht mehr einfach von der Wissenschaft sondern aus der Politik-von einer Politik, die wissenschaftlich denkt und die Strukturen der Geschichte und der Gesellschaft erkennen kann und so den Weg zur Revolution weist- zur Veränderung aller Dinge" (Nr. 20)

Gescheitert ist auch die Hoffnung auf eine perfekte und gerechte Welt, der Desillusisonierung folgt die radikale Brutalisierung des Nihilismus, der seinen bedeutendsten Moment in den 68-er Jahren hatte. Der Verlust jedes Horizontes verwandelte sich in das Bejubeln des radikalsten Subjektivismus, des von jeder Pflicht befreiten persönlichen Genusses, der Freiheit ohne jede Grenze- und sei es auch die des eigenen Lebens. Der "Verlust des Vaters" , offensichtlich auch des Bandes zwischen den Menschen, der Fähigkeit sich als Teil der Welt zu fühlen sondern Träger einer Verantwortung zu sein. die der eigenen, persönlichen Dimension vorangeht und sie überschreitet,  (der Verlust) der Notwendigkeit Teil einer Gemeinschaft zu sein, in der jeder zum objektiven Wohl des anderen beiträgt und nicht das reine "ich"  auf der Suche nach der Fortsetzung des "selbst"  hat die "Explosion der großen kulturellen Krise des Westens" ausgelöst und den Sturz in einen radikalen Nihilismus.
Ein tragischer Verlauf- den der Pontifex beschreibt- der weiter geht und dem er ohne Ängste hinzufügt: "Es ist nötig, daß zur Selbstkritik des modernen Zeitalters auch eine Selbstkritik des modernen Christentums kommt" (22) , das manchmal zu sehr der Kritik Luthers geglaubt hat und den Utopien der Aufklärung und des Kommunismus nachgegeben hat.

Die Hoffnung ist mit der Ankunft Christi auf die Erde gekommen und hat mehr als 500 Jahre heftiger Angriffe erlitten- was ist uns heute geblieben? Das populäre Sprichwort "solange es Leben gibt, gibt es Hoffnung" kann die Frage beantworten.
Das Christentum - das nicht nur in der Theologie sondern auch in der Eschatologie geirrt hat. kann und muß die Motivation wiederfinden, die Hoffnung wiederentstehen zu lassen und die kann vor allem anderen im Bewußtsein gefunden werden. daß die Erlösung vor allem anderen das primäre Ziel ist.
Sie ist das Fundament der Soziallehre der Kirche, das Ziel, dessetwegen das Christentum ein moralisches, soziales Ziel- über das individuelle hinaus- hat, oder um es mit Pius XII zu sagen: "Ob das Göttliche Gesetz mit der Form, die der Gesellschaft gegeben wurde, übereinstimmt oder nicht, hängt auch das Wohl oder Wehe der Seelen ab." (Radiobotschaft  zu Pfingsten, 1.6.1941)
Aus diesem Grund wird es neben dem einzelnen Urteil auf ein universelles geben, weil das auf das Bedürfnis nach Gerechtigkeit antwortet, das der Mensch in seinem Herzen trägt.

Die Schrecken der Geschichte, das Böse, das über das Gute siegt, müssen in der Gerechtigkeit Gottes eine Antwort finden, wie auch Jesus in seinem Gleichnis von Lazarus und dem reichen Prasser zeigt.
Benedikt XVI erinnert daran, daß es die Hölle gibt und daß sie die Gegebenheit ist, die sich jene "Menschen bereiten, die in sich selbst die Sehnsucht nach der Wahrheit und die Bereitschaft zu lieben völlig zerstört haben. Menschen, in denen alles Lüge geworden ist; Personen die für den Hass gelebt haben und sich selbst die Liebe zertreten haben." (45)

Aber im Leben ist nicht alles immer schwarz oder weiß, jeder von uns erlebt täglich Zonen des Schattens. die vom Hl.Paulus wunderbar in seinem Brief an die Römer erklärt wird, in dem er schreibt: "Ich weiß, daß in mir, in meinem Fleisch nicht das Gute wohnt. Denn das Gute zu wollen,
dazu bin ich bereit, aber nicht es auszuführen. Ich tue nämlich nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will (7, 18-19), eine Weisheit die  schon der Heide Ovid besaß, der in den Metamorphosen schrieb: "Ich sehen den besseren Weg, aber ich folge dem schlechteren".

"Viel Schmutz verdeckt die Reinheit"- schreibt Benedikt-"von der aber der Durst geblieben ist und die dennoch von Neuem aus der Niedrigkeit wieder auftaucht, die in der Seele bleibt (46) und die theologisch den Gedanken vom Fegefeuer begründete.
Die Liebe Gottes zu jedem Menschen bringt ihn dazu, bis zum Schluss auf ein- wenn auch kleines- Zeichen der Reue zu warten um ihm die Arme zur Vergebung öffnen zu können, wie Papst Franziskus es während der langen Katechese , die das Jahr der Barmherzigkeit begleitete, gelehrt hat.

Wer lebt heute in der Hoffnung?
Der Papst zitiert die großen Figuren, die Zeugnis für die Hoffnung gegeben haben, wie in jüngerer Zeit Kardinal Xavier Nguyen Van Thuan (1928-2002), der im kommunistischen Vietnam 30 Jahre in schwerer Haft im Kerker verbracht hat, und ein Jahrhundert vorher Giuseppina Bakita (1869-1847), sudanesische Sklavin, Zeugin für jenes Dafour, dass noch heute ein Land mit starker Christenverfolgung ist.
Sie hat am eigenen Leib die Brutalität erlebt, zu der ein Mensch kommen kann, wenn er die Vernunft vom Glauben trennt- wie nur zu oft im Islam- und sie hat dide Hoffnung wiedergefunden, als sie in Verona ankam und Christus kennenlernte. den aus Liebe menschgewordenen Gott,, Verkünder der Hoffnung an die Welt, weil er selbst der Weg, diue Wahrheit und das Leben ist.

Quelle: La Nuova Bussola Quotidiana, Silvia Scaranari





  


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