Donnerstag, 24. Mai 2018

Der Bericht des Sondergesandten nach Chile, die Reaktion der Bischöfe auf das "J´accuse " des Papstes

Sandro Magister analysiert bei Settimo Cielo und kommentiert das Geschehen rund um die Mission des päpstlichen Sondergesandten, die Konsequenzen seines Berichtes und die Reaktion der chilenischen Bischöfe auf die daraus reslutierenden Vorwürfe gegen sie durch den Pontifex.
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"VATICAN-GEHEIMNISSE. DIE MEUTEREI DER CHILENISCHEN BISCHÖFE UND DIE SELBSZENSUR DES PAPSTES BEI VENEZUELA" 

Die Pannen, das Schweigen, die Ungereimtheiten in den vaticanischen Kommunikationsmedien enthüllen eine ernsthafte Spaltung auf den höchsten Ebenen der Hierarchie. Das ist in den vergangenen Tagen in mindestens zwei dringenden Fällen passiert.

Der eine Fall betrifft Venezuela. Vor dem Hintergrund der Katastrophe, in die das Land gestürzt ist und dem Vorfeld der falschen Wahl zur Bestätigung des Erbens von Hugo Chavez, Nicolas Maduro, im Amt, ist in der vergangenen Woche eine Revolte ausgebrochen, die hart unterdrückt wurde- im El-Heliconde-Gefängnis in Caracas, einem Gefängnis und Ort der Folter für politische Gefangene, deren Verbrechen die Opposition gegen das Regime war.

Bei den Nachrichten über die Revolte haben der Erzbischof von Caracas, Kardinal Jorge Urosa Savino, und dann die Venezuelanische Bischofskonferenz"an den Staat appelliert, an seine Verantwortung für das Leben und Wohlergehen aller Gefangenen zu denken."
Und der Vatican, das Staatssekretariat, hielt es auch für Papst Franziskus für opportun, ebenfalls zu sprechen -am Ende des Regina Caelis am 20. Mai.am Pfingstsonntag.

Tatsächlich ist hier der Text des Appells, wie er den beim Hl. Stuhl akkreditierten Journalisten eine Stunde bevor der Papst sprach, übergeben wurde- natürlich unter Embargo-bis zu dem Zeitpunkt, wenn der Text gesprochen ist und mit der Verpflichtung, ihn genau mit den Worten wiederzugeben, die gesprochen wurden.

"Ich würde gern dem geliebten Venezuela eine spezielle Überlegung widmen. Mögen alle mit Hilfe des Hl. Geistes daran arbeiten. gerechte, effektive und friedliche Lösungen für die schwerwiegende humanitäre, politische, wirtschaftliche und soziale Krise zu finden, weil die die Bevölkerung erschöpft und die Versuchung zu vermeiden, auf irgendeine Art von Gewalt zu verzichten.
Ich ermutige die Autoritätem des Landes dazu auf, den Respekt für das Leben und Wohlergehen jeder Person, besonders jener, die wie die Gefangenen in ihrer Verantwortung sind, zu bedenken."

Aber dann, als er die auf dem Peters-Platz anwesende Menge ansprach, hat Franziskus nicht den Text verlesen, den er in den Händen hielt. Er sah auf und improvisierte mit diesen Worten:

"Ich würde gern, dem geliebten Venezuela eine spezielle Überlegung widmen. Ich bitte den Hl. Geist dem ganzen Venezuelanischen Volk-  allen Führern, dem Volk- die Weisheit zu geben, den Weg des Friedens und der Einheit zu geben. Ich bete also auch für die Gefangenen, die gestern starben."

Sehr enttäuschende Worte für die Venezuelaner, besonders weil sie gegenüber dem Maduro-Regime so nachgiebig sind wie schon zu anderen Zeiten in der Vergangenheit- gegenüber dem der Papst jeden direkten Aufruf zur Verantwortung vermied, die anstelle der ernsten Worte, die das Staatssekretariat vorbereitet hatte und die beiseite gelassen wurden.

Der andere Fall, betrifft Chile und die Einberufung der 34 Bischof dieses Landes nach Rom, um vor dem Papst Verantwortung für den von geweihten Männern jahrelangen, an Dutzenden von Jugendlichen begangenen Mißbrauch zu verantworten- unter der Komplizenschaft nicht weniger Bischöfe, die ihrerseits von anderen Bischöfen, Kardinälen und bis vor einigen Monaten - vor seiner Kehrtwende und bis zu der in die Tiefe gehenden Untersuchung von Franziskus selbst gedeckt wurde, die er in Chile veranlaßte, deren Resultat ein 2400 Seiten starker Bericht ist,  bis zu seinem persönlichen Treffen mit drei der Hauptopfer in Rom, um ihnen zuzuhören, und kurz gesagt- sich dem " santo pueblo fiel de Dios" gegen die Sünden des klerikalen Apparates anzuschließen.





Die Anhörungen in Rom, auch wenn sie hinter verschlossenen Türen stattfanden, wurden von den Medien der ganzen Welt mit verbissener Entschlossenheit verfolgt und hatten ihren Höhepunkt in dem 10-Seiten "J´accuse" , das Franziskus den Chilenischen Bischöfen am 15. Mai überreichte, und am Ende  haben fast alle ihr Mandat in die Hände des Papstes zurückgelegt, so daß er bei jedem einzelnen entscheiden konnte, ob er ihn bestätigen oder entlassen will.

Das waren insgesamt 34 Bischöfe, 3 emeritierte darunter, und 29 von ihnen haben dem Papst einen Brief geschrieben. Zwei von ihnen dachten, daß sie nicht schreiben sollten, einer wegen seiner besonderen Verbindungen zum Chilenischen Militär, der Militärbischof und Vorsitzende der Bischofskonferenz, Santiago Silva und der andere Luigi Infanti della Mora wegen seiner Beziehung zu Propaganda Fide, der für dieApostolischen Vicariate von Aysen zuständig ist, deren Bischof er ist.
Unter den drei Emeritierten hat nur einer, Juan Luis Ysern, einen Rücktrittsbrief geschrieben- zugunsten der Solidarität mit seinen Mitbrüdern, während die anderen das nicht taten-einschließlich Kardinal Francisco Javier Erraruriz Ossa.

Was dann wirklich erstaunlich ist, ist daß der Osservatore Romano nicht nur den Text, den Franziskus den Chilenischen Bischöfen übergab nicht veröffentlichte sondern auch nicht deren  Rücktrittserklärung und daß sie auch weder über das eine noch das andere berichtet haben.

Während der Spanne von 7 Tagen-vom 12. bis 19. Mai- hat das Presseamt des Hl. Stuhls über die Treffen zwischen Franziskus und den Chilenischen Bischöfen nur drei magere Bulletins publiziert.

Das erste und dritte wurde auch -wenn auch in verkürzter Form- vom "Osservatore Romano" veröffentlicht. Das zweite jedoch nicht, ein sehr kurzes Bulletin vom 15. Mai und das einzige, das Neuigkeiten über einen Text bekannt gab, mit einigen Meditationsthemen, den Franziskus den Bischöfen übergeben hatte, ohne etwas über den Inhalt dieses Textes zu sagen.

Was das Schluß-Statement angeht, mit dem die Chilenischen Bischöfe ihre Mandate an Franziskus zurückgaben, so wurde das vom Presse-Büro nicht abgedeckt- und noch viel weniger vom Osservatore Romano.

Fast alle weltweiten Medien beurteilten die "Resignation" der chilenischen Bischöfe als einen Akt schmerzlicher, aber fügsamer Unterwerfung unter den Papst.

Eine Ausnahme bildete jedoch ein ganz besonderer Beobachter, Luis Badilla, ein chilenischer Journalist, der jahrelang bei Radio Vatikan arbeitete, der hat eine ausgezeichnete Beziehung zu P. Federico Lombardi hat und heute Direktor einer Nachrichten- und Kommentarwebseite, "Il Sismografo" ist, die immer noch im parastaatlichen Gewand im Gravitationsfeld des Vatican-Orbits kreist.

Nachdem sie am 18. Mai alle 10 Seiten des drei Tage zuvor den chilenischen  Bischöfen vom Papst übergebenen  "J´accuse" in Gänze veröffentlichte, hat Badilla das mit klaren Worten kommentiert.

"Dieses Dokument hat eine Art sinnlosen Showdown des chilenischen Episkopates ausgelöst, unter der Leitung von Kardinal Francisco Javier Erraruriz und unter dem Opus Dei-Bischof von San Bernardo, Juan Ignacio Gonzales, die ihre Hoffnung auf eine arrogante und aggressive Haltung setzten, wie man an den verschiedenen Äußerungen der beiden Prälaten in den internationalane Medien während ihres Aufenethaltes in Rom sehen konnte."

"Die Mehrheit der Chilenischen Bischöfe benahmen sich, als sie im Vatican ankamen, genau so wie sie sich seit Jahren in Chile benommen haben, gespalten. in Cliquen organisiert, arrogant und durch ein Überlegenheitsgefühl aufgeblasen, überzeugt, daß sie klüger als jeder andere seien und vor allem überzeugt, daß sie den Papst überwinden können würden, den sie in der Öffentlichkeit mit großer Ehrerbietung und mit Respekt behandelten aber privat eine übertriebene und melodramatische Person nannten, wie jemand, der diese Situation ausnutzt um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen und andere Krisen des Pontifikates zu verschleiern."

Der kurze Brief- von Vatican-Quellen veröffentlicht- mit dem Franziskus die Chilenischen Bischöfe am Ende der Begegnung verabschiedete, wurde dagegen von Badilla als "im ganzen resolut aber offensichtlich- angesichts der Schwere der Frage auch zu "vorsichtig und schwach" bezeichnet -was die ganzen Veränderungen angeht, von denen der Papst selbst sagt, daß sie früher oder später vollendet werden würden."

Diese Kommentare und dieses Schweigen von Badilla und dem Osservatore Romano  bringen einen dazu, zu denken. daß Papst Franziskus zutiefst unzufrieden damit war, wie die Chilenischen Bischöfe ihren Aufenthalt in Rom beendet haben und ihm -in einer Art Meuterei-die Last auferlegten, über jeden Einzelnen von ihnen zu entscheiden."

Das ist das Wort, daß nur die Vaticanistin Franca Giansoldati Im Messagero, in der Ausgabe vom 19. Mai schwarz auf weiß niederschrieb, was sie wie folgt erklärte:

"In einem überrachsenden Spielzug hat-zum ersten mal in der Kirchengeschichte- ein gesamter Episkopat seine Absicht en bloc zurückzutreten agekündigt., vom ersten bis zum letzten Bischof und ihre Beauftragung in die Hände des Potife zurückzulegen....
Auf gewisse Weise war das für Franziskus ein Schlag ins Gesicht, fast als ob es eine Antwort auf die ungewöhnlichen Methoden die er benutzt hatte, sei [...] indem er sie alle nach Rom einberief- in einer Art Aufmarsch- was die Gefahr der Deligitimierung eines gesamten Epikopates beinhaltete, als ob alle 34 Verschwörer, Vertuscher und Lügner seien [...] Angesichts dessen standen die Chilenischen Bischöfe für sich selbst ein, Verantwortung ist individuell und nicht kollektiv.

Deshalb gaben alle ihre Ämter auf, damit der "Papst über sie alle entscheiden könnte." [...] Sicher möchten viele Chilenische Bischöfe nicht als die angesehen werden, die derlei Verbrechen vertuscht haben.

Am Abend des Dienstags,  22. Mai, ließ das Vaticanische Pressebüro verlauten, daß Papst Franziskus vom 1. bis 3. Juni eine neue Gruppe von Opfern sexuellen Mißbrauchs in Chile treffen, ohne andere "ähnliche Initiative für die Zukunft auszuschließen".
In Papst Franiskus´ 10 Seiten des "J´accuse" vom 15. Mai an die Chilenischen Bischöfe ragen zwei Passagen heraus.

Die erste ist die, in der der Papst feststellt, daß er eine "spezielle Kommission " zur Untersuchung und Anaylse der Chilenischen Kirchenkrise beauftragt hat.


"Auf diesem Gebiet habe ich- nachdem ich das Fortbestehen der  Wunde festgestellt habe,und um die Meinungen verschiedener Personen zu hören, eine spezielle Kommission gegründet, damit sie in geistiger Freiheit -auf juristische und ethnische Weise eine Diagnose anbieten kann und-so unabhängig wie möglich, wie auch eine klare Sicht auf die vergangenen Ereignisse  aber vor allem zum aktuellen Zustand liefern.

Die zweite ist die 25. der 27 Bemerkungen, die die 10 Textseiten begleiten. Darin zitiert Franziskus drei Beschuldigunge aus dem Schlußbericht der "Spezial-Mission" des Malteser Erzbischofs Charles Scicluna und dem Vaticanmitarbeiter Jordi Bertomeu- die er im Februar nach Chile sandte, um die Opfer sexuellen Mißbrauchs zu befragen.

Hier der vollständige Text der Randnotiz:
"Noch einmal -in diesem Sinn-würde ich mich gern bei diesen drei Situationen aufhalten, die aus dem Bericht der Spezial-Mission stammen: 

1) "Die Untersuchung zeigt, daß es schwere Mängel in der Handhabung der Fälle von "delicta graviora" gegeben hat, die beunruhigende Informationen bestätigen, die in einigen römischen Dikasterien bekannt wurden. Vor allem auf dem We von Beschwerden oder "notitiae criminis", die in vielen Fällen oberflächlich als unplausibel eingestuft wurden, aber in Wirklichkeit ernsthafte Hinweise auf ein tatsächliches Verbrechen enthielten. 
Im Verlauf des Besuchs wurde auch festgestellt, dass es mutmaßliche Verbrechen gab, die verspätet oder gar nicht untersucht worden waren, mit dem daraus resultierenden Skandal für die Beschwerdeführer und für alle, die die mutmaßlichen Opfer kannten - Familien, Freunde, Pfarrgemeinden. In anderen Fällen wurde festgestellt, dass der Schutz schutzbedürftiger Jungen und Mädchen seitens der Bischöfe und Ordensoberen, die eine besondere Verantwortung für den Schutz des Gottesvolkes tragen, stark vernachlässigt wurde."

2."Andere ähnliche Umstände, die bei mir Verblüffung und Verärgerung auslösten, waren die Lektüre von Statements, die den Druck bestätigen, der auf diejenigen ausgeübt wurde, die mit der Durchführung der anstehenden juristischen Prozeduren beauftragt waren oder der Zerstörung kompromittierender Dokumente durch Personen, denen die Kirchenarchive  anvertraut sind und auf diese Weise einen absoluten Mangel an Respekt sowohl für kanonische Prozeduren als auch für die Existenz tadelnswerter Praktiken, die in Zukunft vermieden werden sollten."

3. In die selbe Richtung und als Bestätigung, daß das Problem nicht nur eine Gruppe von Personen betrifft, wurde im Fall vieler Mißbraucher gezeigt, daß es schon in der Zeit ihrer Ausbildung im Seminar oder Noviziat ernste Probleme gegeben hatte.  Tatsächlich listet das Vorgehen der "Spezialmission" schwerwiegende Vorwürfe gegen einige Bischöfe oder Ordensobere auf, von denen man glaubt, daß sie diese Ausbildungsstätten Priestern anvertrauten, die der aktiven Homosexualtität verdächtigt wurden."

Quelle: Settimo Cielo, S. Magister

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