Andrea Gagliarducci vergleicht in seiner heutigen Kolumne bei Monday in the Vatican die Reformbemühungen des amtierenden Pontifex mit denen Papst Pauls VI vor 40 Jahren.
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"SIND DIE REFORMEN VON PAPST FRANZISKUS EINE RÜCKKEHR ZU DEN 1970-er JAHREN?"
"René Brülhart war sei 2014 Präsident der Vaticanischen Finanzaufsicht. Sein Abgang stellt das Ende einer Ära dar. Brülhart kam 2012 als eine Art ad-hoc-Berater gegen Geldwäsche in den Vatican. Später wurde er zum Direktor der vaticanischen Finanzaufsicht (AIF) ernannt, als der Hl. Stuhl sich von einer Vatican-zentrierung in Richtung einer größeren Nachhaltigkeit bewegte.
Schließlich wurde Brülhart Präsident der AIF.
Wie eine Ironie des Schicksals fand Brülharts Abgang genau in der Woche statt, in der Erzbischof Giogio Corbellini starb. Erzbischof Corbellini war mitten in der Umgestaltung der AIF, wie wir sie dann kennen lernten, zum Präsidenten der AIF ernannt worden: der Vorstand setzte sich nicht mehr nur aus Italienern zusammen, sondern war international besetzt; der Präsident besaß erhebliche internationale Glaubwürdigkeit und der Direktor hatte seit der Zeit in der AIF gearbeitet als sie gegründet und mit der Aufgabe betraut worden war, aus ihr in den Augen ihrer externen Gegenspieler einen vertrauenswürdigen Partner zu machen.
Das alles existiert nicht länger: Direktor Di Ruzza wurde entlassen, nachdem eine vaticanische Untersuchung zu mehr Fragen als Antworten geführt hatte -und immer noch in der Schwebe ist; Präsident Brülhart hat seinen Posten nach Ende seines 5-Jahre-Mandates verlassen, nachdem er Di Ruzzas Arbeit mit deutlichen Worten verteidigt hatte, was im Vatican nicht üblich ist;
und Erzbischof Corbellini, dessen kurze Amtszeit als Präsident das Ende der Ära teurer externer Berater beendete, starb.
Die durch die Untersuchung ausgelöste institutionelle Krise, die zur Suspendierung von fünf Vatican-Mitarbeitern führte- unter ihnen der Direktor der AIF- könnte jetzt zu einer internationalen Isolierung des Hl. Stuhls führen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, zu "Ground zero" der Reform zurückzukehren, die Benedikt XVI durchgeführt und Papst Franziskus gerade wiederbegonnen hatte.
Benedikt XVI gründete seine Kurien-Reform auf Loyalität zue Institution, Kompetenzh und Internationalisierung, angesichts der überraschenden Abdankung Benedikts XVI nahmen die Kardinäle im Präkonklave diese Reform als Ziel auf. Und Papst Franziskus wurde mit dem Auftrag zu einer neuen Reform der Römischen Kurie zum Papst gewählt,
Am Anfang folgte Papst Franziskus dem Weg Benedikts XVI. Es gab Diskussionen, daß das IOR, das Institut für Religiöse Werke (auch fälschlicherweise Vatican-Bank genannt) abgeschafft werden sollte, aber dann wurde entschieden, das nicht zu tun. Das neue Wirtschafts-Sekretariat war nichts anderes als eine Replik der Präfektur für Wirtschaftliche Angelegenheiten.
Das Dicasterium für Kommunikation ist das Ergebnis einer Fusionierung, wie es auch das Dicasterium für den Dienst an der Integralen Menschlichen Entwicklung und das Dicasterium für Laien, Familie und das Leben sind.
Es ist aber falsch zu denken, daß Papst Franziskus sich für die Reform der Strukturen interessiert. Papst Franziskus ist kein anti-doktrinaler Papst. Er ist eher ein anti-institutionalistischer Papst. Für ihn zählt die Institution weniger als die Menschen. Er wählt Menschen aus, während er sie nicht notwendigerweise behält.
Über die Strukturreform hinaus, will Papst Franziskus die Menschen reformieren. Der Entwurf für die Kurien-reform, der zur Diskussion steht- fordert, daß jeder Msgr. der in ein Vaticanisches Amt berufen wird, mindesten 4 Jahre pastorale Arbeit aufzuweisen hat und seine pastorale Arbeit fortführen muß, während er der Kurie angehört.
Die neue Konstitution bindet die Periode in der Kurie auch an eine festgelegte Zeitspanne, an deren Ende die Bischöfe und Priester in ihre Diözesen zurück geschickt werden. Die neue Konstitution spricht auch über eine Ausbildung in spiritueller Betreuung, die die Kurien-Mitarbeiter leisten sollen.
Diese ganzen Vorkehrungen sollen Karrierismus verhindern. EIn typisches Beispiel für ihre Anwendung diesse neuen Kriterien ist der neue Präfekt des Wirtschaftssekretariates; Fr. Juan Antonio Guerrero Alves wird nicht zum Bischof geweiht werden. Fr. Guerrero selbst hat Papst Franziskus gebeten, nicht in den Rang eines Bischof ernannt zu werden, damit er nach Ende seines Mandats in die SJ zurück kehren kann.
Deshalb wird es am Ende des 5-Jahres-Mandates von Fr. Guerrero einen neuen Wirtschafts-Präfekten geben. Die Frage ist, wie die Strukturreformen voran gebracht werden können, wenn die Amtszeit der Leiter begrenz ist und von ihnen erwartet wird, daß sie in ihre Diözesen zurück kehren.
Wird das auch für das AIF zutreffen? Am Ende hat das Amt seine Führung genau in dem Moment verloren, als es eine bedeutende internationale Glaubwürdigkeit und Effektivität erlangt hatte. Wird ein neuer Präsident - der noch nicht im Amt aber bereits vom Papst ernannt ist- in der Lage sein, die bereits getane Arbeit fortzusetzen?
Das sind die Fragen, die in der Schwebe sind, während die nstitutionelle Krise des Vaticans die Institution marginalisiert zu haben scheint. Sogar in diesem Fall ist die Institution für den Papst nicht wichtig, Die Loyalität der Menschen ist es. Und das wird durch die Auswahl von Fr. Gurerrero Alves bewiesen. Eine Auswahl die mehrere alte Forderungen Pauls VI erfüllt.
Paul VI kannte die Römische Kurie und die Römischen Wirtschafts-Netze des Hl. Stuhls sehr gut, weil er als Substitut des Staatssekretariates und dann Pro-Staatssekretär gearbeitet hatte.
Er versuchte, den Hl. Stuhl und den Vatican-Staat aus diesem Netz zu befreien. Dieses Netz umfaßte römische Laien mit viel Macht, wie der Manager des Vatican-Staates oder die Administratoren von APSA und IOR.
Paul VI wollte diese Macht Kirchenoffiziellen anvertrauen, Einer seiner Schritte war die Schaffung der Wirtschaftspräfektur. Jetzt soll diese Präfektur abgeschafft werden. Allerdings wählt Papst Franziskus weiterhin Kleriker für die Schlüsselpositionen aus, obwohl die Kurienreform vorsieht, daß Laien die Leitung der Dicasterien leiten können.
Am Ende erinnert uns alles in diesem Pontifikat an Paul VI, von der theologischen Debatte bis zur stattfindenden Reform. Mit dem Unterschied, daß sich die Zeiten geändert haben und aus diesem Grund kann die Kirche nicht länger auf ein Modell von vor 40 Jahren zurückblicken. Weder bei der inneren Reform noch bei ihrer Außenansicht.
Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican
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