In seiner montäglichen Kolumne für "Monday in the Vatican" analysiert und kommentiert Andrea Gagliarducci die Situation der Kirche und des Hl. Stuhls nach dem sich abzeichnenden Ende der Corona-Krise. Hier geht´s zum Original: klicken
"PAPST FRANZISKUS: DIE KIRCHE NACH DEM CORONA-VIRUS"
"Während der letzten Woche hat Papst Franziskus den Weltjugendtag und das Welt-Familientreffen um ein Jahr verschoben. Und das tat er auch mit dem Internationalen Eucharistischen Kongress, der für September 2020 in Budapest geplant war und nun im September 2012 stattfinden soll.
Das Leben der Kirche ist für dieses Jahr wie eingefroren. Papst Franziskus wird am Ende in diesem Jahr keine internationale Reise gemacht haben. 2020 wird als Übergangsjahr in Erinnerung bleiben. als eine Passage, die die Kirche in eine neue Ära führen wird.
Die Kirche wird nach dem Corona-Virus nach Monaten ohne die Möglichkeit öffentliche Messen zu feiern wiedererstehen. Das Thema erscheint jetzt essentiell- aber die >Gläubigen haben das so schon von Anfang an empfunden. Der Kirche- und besonders dem Hl. Stuhl hat es an einer Vision gefehlt. Am Anfang wurde erwartet, daß der Notfall nur kurze Zeit andauern würde- nicht länger als einen Monat. Am Ende war es nicht einmal möglich, Ostern zu feiern.
Wegen dieses Fehlens einer Perspektive war die Kirche völlig den Entscheidungen der örtlichen Regierungen unterworfen. Der Hl. Stuhl hat keine präzisen Hinweise darauf gegeben, wenigsten die Respektierung der Religionsfreiheit zu fordern und hat akzeptiert, daß die italienische Polizei den Zugang zum Petersplatz verboten hat, Paradoxerweise war der Petersdom geöffnet, aber es gab für die Gläubigen keine Möglichkeit, ihn zu erreichen.
Die meisten Bischofskonferenzen haben sich der Vatican-Linie angepaßt , die Maßnahmen den Regierungen zu akzeptieren und jede Art von Versammlung vermieden, nicht einmal zu den Messen. Auf diese Weise konnten die Regierungen die Freiheit der Gottesdienstfeiern ignorieren. Die getroffenen Maßnahmen und Ausnahmen galten materiellen Bedürfnissen- wie die Möglichkeit in den Supermarkt zu gehen- aber nicht den spirituellen Bedürfnissen.
Papst Franziskus selbst hat bis zum Freitag, 17. April, geschwiegen. Während einer seiner täglichen Predigten hat der Papst betont. daß "die Kirche bei den Menschen und der Eucharistie sein muß und daß das, was die Kirche erlebt, ein Notfall sei."
Wir nähern uns jetzt der "Phase 2" der Blockierung der Infektion. Die Bischofskonferenzen haben bereits begonnen, Schritte zu unternehmen. Die italienischen Bischöfe haben bekannt gegeben, daß sie in engen Beratungen mit dern Regierung stehen, um langsam zu den öffentlichen Messen zurück zu kehren,. Die Argentinischen Bischöfe ihrerseits haben der Regierung ein 13-Punkte-Programm für die Wiedereinführung der öffentlichen Messfeiern- wenn auch mit Sicherheitsmaßnahmen für die Gesundheit- vorgelegt,
Hätte man diese Dialoge nicht früher beginnen können?
Die Kirche wird nach dem Corona-Virus institutionell eine schwächere Kirche sein. Die Kirche war unfähig, die Gläubigen und die Möglichkeit für die Gläubigen an religiösen Feiern teilzunehmen, zu verteidigen. Die Kirche war am Ende unfähig, als Institution ihre Rechte zu verteidigen. In Italien und Frankreich ist die Polizei sogar in Kirchen eingedrungen und hat Messfeiern mit wenigen Teilnehmern abgebrochen. Das geht nicht nur gegen die Religionsfreiheit sondern auch gegen die Souveränität der Kirche. Keine religiöse Feier darf unterbrochen werden, ebenso wenig darf die Polizei in Kirchen eindringen. In Italien stellt das Konkordat zwischen dem Staat und dem Hl. Stuhl das ausdrücklich fest.
Die Kirche hat versucht präsent zu sein. Während es nicht möglich ist, öffentliche Messen zu feiern hat sich ihr Leben in Übertragungen und live-streaming vervielfältigt. Die Bischöfe haben nie zuvor so im Scheinwerferlicht gestanden. Etwas fehlt allerdings: die Gemeinde.
Zu Beginn der Suspendierung der öffentlichen Messen- zusammen mit dem Shut-Down- wurde das als Möglichkeit beschrieben, das persönliche und private Gebet zu Hause wieder zu entdecken. Gemeinden haben Richtlinien und Vorschläge herausgegeben, jeden eingeladen, sein spirituelles Leben zu stärken. Das war ein positiver Aspekt.
Andererseits lebt die Kirche in der Gemeinschaft. Die Kirche hat auch ohne Zugang zur Eucharistie überlebt. Das passierte in Korea, wo das Christentum von einer Gruppe Laien, die es in China entdeckt hatten, verbreitet wurde, Das geschah in Japan. wo Christen jahrhundertelang im Verborgenen und im Schweigen leben mußten, während das Christentum aus dem Lande verbannt wurde.
Dort gab es - wenn auch ohne Priester- eine lebendige Gemeinschaft. Die Christen trafen sich heimlich, lebten ihre Gemeinschaft ohne Priester und ohne Zugang zur Kommunion. Es kam auch unter den Regimes der Kommunisten vor, wo alles verboten war, die Christen aber in der Lage waren, sich trotzdem zu treffen.
Während dieser Periode des lockdowns fehlte es der Kirche nicht an öffentlichen Messen. Es fehlte ihr die Gemeinschaft. Ein Priester in Rom hat die Oster-Messe auf dem Dach seiner Kirche gefeiert, so daß die Menschen von ihren Balkonen und Fenstern aus an ihr teilnehmen konnten. Es hätte mehr Initiativen dieser Art geben sollen. Die Unmöglichkeit sich zu begegnen und zu bewegen, hat die Katholiken etwas von ihrem Gemeinschaftsgefühl verlieren lassen. Das Risiko besteht, ein Glauben von Individuen zu werden, die mit der Messe verbunden sind, aber ohne ein geteiltes, gemeinsame Leben.
Die Gemeinschaft wieder herzustellen, wird nach dem Corona-Virus eine der Herausforderungen für die Kirche sein. Die Gemeindepriester werden an vorderster Front stehen. Es wäre aber schön, wenn der Hl. Stuhl sich dieses Themas mit Initiativen und Vorschlägen annehmen würde, Die Priester müssen unterstützt werden, sie dürfen sich in dieser Herausforderung nicht allein fühlen.
Nach dem Corona-Virus wird die Kirche auch in der Lage sein müssen, ein Langzeit-Projekt für ihre zukünftige Präsenz in der Gesellschaft vorzulegen. Bis jetzt, sind die Messen ohne Probleme auf jeder Plattform ausgestrahlt worden. Niemand bedenkt die Tatsache, daß die Regierungen oder Autoritäten die Übertragung jeden Moment beenden könnten. Nur ein Klick und die Welt wäre ohne Messen gewesen. Die Kirche wird einen Weg finden müssen, ihre Freiheit, den Glauben zu verkünden und zu verbreiten, wieder zu finden.
Die Kirche wird sich auch auf einige große Themen konzentrieren müssen. Z B. den Unterhalt Katholischer Schulen und Universitäten, die durch die Krise schwer getroffen wurden; es wird eine Herausforderung sein, sie zu erhalten und noch herausfordernder das Schulgeld zum Besuch dieser Schulen aufzubringen. Die Kirche wird gegen das Interesse einiger Staaten kämpfen müssen, die keinen Raum für private Erziehungsinstitutionen lassen wollen. Die Wirtschaftskrise nährt die Diktatur des Relativismus.
Und schließlich: nach dem Corona-Virus wird sich die Kirche selbst überdenken müssen.
Papst Franziskus hat in dieser Krise die Gelegenheit gesehen, das Wirtschaftsmodell zu ändern und sein Ostern an die Volksbewegungen geschickter Brief ist dafür ein definitives Zeichen. Der Papst fordert bei den Ärmsten zu beginnen und den Arbeitsausfall zu einem ökonomischen Paradigmenwechsel zu nutzen.
Allerdings sieht es so aus, als sollte dieser ökonomische Paradigmenwechsel später kommen. Die Kirche nach dem Corona-Virus wird eine Kirche sein, die ihrer Volksfrömmigkeit (wie viele Prozessionen sind abgesagt worden?), ihrer Kultur und ihrer Gemeinschaft beraubt wurde.Sie ist eine Kirche von Individuen geworden, die es schwierig finden werden, die Prinzipien des Glaubens im realen Leben wieder konkret werden zu lassen.
Der Startpunkt wird bei diesen fundamentalen Themen liegen. Das Ziel wird sein, eine neue Zivilisation aufzubauen, nicht nur eine neue Wirtschaft. Die Basis dieser Zivilisation wird nichts anderes sein als die um die Eucharistie versammelte Gemeinschaft. Wird Papst Franziskus diese Herausforderungen verstehen? "
Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci
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