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"DAS EVANGELIUM LESEN MIT BENEDIKT XVI"
Wenige Tage nachdem Joseph Ratzinger Papst geworden war traf ein renommierter lutherischer Theologe einen alten katholischen Bekannten "Sie müssen ja sehr glücklich sein" bemerkte der Lutheraner. "Warum?" wunderte sich sein Freund. "Weil Sie gerade den besten Theologen seit Gregor dem Großen zum Papst gewählt haben."
Als Gregor I im Jahr 590 den Thron Petri bestieg, war die Zukunft der Katholischen Kirche. und ob sie überhaupt eine Zukunft haben würde- alles andere als klar und das Papsttum hatte wenig weltliche Macht um der Krise zu begegnen. Die Kirche wurde von außen belagert und durch Zwietracht von innen gefährdet, Rom war in Ruinen, die Zahl seiner Einwohner auf weniger als ein Zehntel geschrumpft -im Vergleich zur Endzeit der imperialen Herrlichkeit zwei Jahrhunderte vorher, Die barbarischen Stämme versuchten die Kontrolle über Italien zu gewinnen und große Teile Europas waren entweder Arianer oder Heiden, ohne Loyalität gegenüber Rom und dem Papsttum. Und sie standen buchstäblich vor den Toren . Einer der wichtigsten Aktionen im Pontifikat Gregors war es, mit dem Langobardenhäuptling Agilulf einen Frieden ausgehandelt und Rom so vor der völligen Zerstörung gerettet zu haben.
Meistens begegnete Gregor der Große den Problemen seiner Zeit indem er einfach den Glauben lehrte. In Predigten, pastoralen Instruktionen, Exegesen, mit dem Leben der Heiligen versuchte er, die dem Christentum innewohnende Schönheit und des durch das Evangelium geformte Lebens zu zeigen, Er beanspruchte keine Originalität sondern bot einfach die Kernlehre der Kirche an, den Glauben von Nicäa und Chalzedon , Augustinus und der Kirchenväter an und das auf klare. präzise und attraktive Weise. Seine Originalität lag auf der Ebene von Einzelheiten, ein Nebeneffekt seiner nachdrücklichen Versuche in seiner eigenen Zeit zu lehren, was er aus der Schrift und von den Vätern empfangen hatte.
Weil ein neues dunkles Zeitalter naht- hoffen wir- wie Alasdair MacIntyre bekannterweise feststellte- auf einen neuen heiligen Benedikt. Der frühere Kardinal Ratzinger hat sicherlich nicht zufällig den Namen gewählt, unter dem er Papst sein würde. Aber in seiner tatsächlichen Ausübung des Petrusdienstes ähnelt er Gregor dem Großen mehr als dem anderen alten Heiligen, der sein Namensvetter ist. Papst Benedikt XVI. führt eine Kirche des 21. Jahrhunderts, deren Macht und Einfluss in ganz Europa stark abgenommen hat, und zeigt ein ähnliches Vertrauen in die Erneuerungskraft des Evangeliums. Er widmet einen Großteil seines Papsttums einer beharrlichen Anstrengung klarer, präziser und attraktiver Lehre versucht eher zu vermitteln als zu erneuern, zu informieren als zu spekulieren. Der ehemalige Professor für Theologie war als Papst vor allem Katechet.
Bei zahllosen öffentlichen Auftritte hat er in einfachen Worten der Propheten und Apostel, der Väter, Heiligen und Kirchenlehrer gesprochen, im Vertrauen darauf, daß ihre Einsicht und ihr Beispiel sich als für seine Zuhörer des 21. Jahrhunderts relevant erweisen würden.
(Während der Sommers 2008 haben ich ihm fast eine halbe Stunde zugehört, bei einer Mittwochs-Audienz unter der warmen Römischen Sonne, über die historische und zeitgenössische Bedeutung von Isidor von Sevilla.) In den vielen Büchern über diese theologische Reden, in buch-langen Interviews bevor und nachdem er Papst wurde und in seinen Predigten, Enzykliken und Apostolischen Exhortationen hat Benedikt XVI angestrebt, eine Generation den Glauben zu lehren, die mit oder ohne die Kirche durch den Glauben verwirrt, ratlos und ihr gegenüber feindlich ist- einer Generation von Barbaren - unter die wir uns- bis zu einem gewissen Ausmaß- auch zählen müssen.
Die Bände seines Jesus von Nazareth nehmen einen einzigartigen Platz im Katechese-Projekt ein, das sein Papsttum definiert hat. Sie sind unter seinem Taufnamen Joseph Ratzinger - mit seinem Namen als Nachfolger Petri nur an zweiter Stelle auf dem Buchtitel (wenn auch in viel größeren Buchstaben- zumindest bei der englischen Ausgabe) Im Vorwort zum ersten Band betont er, daß sein Buch kein offizieller Text aus der Autorität seine Amtes sei. sondern eher die "Frucht seiner persönlichen Suche nach dem Gesicht des Herrn". Also sei jedermann frei, mir zu widersprechen,." Selbst die größte katholische Hochachtung vor der Lehrautorität des Papstes fordert keine Zustimmung zu Joseph Ratzingers biblischen Exegese in diesen Büchern.
Ob es für einen Papst wirklich möglich ist, ein privates Buch zu veröffentlichen, ist vielleicht eine offene Frage, Aber Benedikts Bemühungen eine Distanz zwischen dieses Werk und sein Amt zu schaffen spiegelt- so scheint es- seinen Wunsch wieder alle, die gewillt sind zuzuhören- über Jesus zu lehren- unabhängig von ihrer Haltung gegenüber der Kirche und dem Papsttum,. Seine "persönliche Suche" kann die unserer sein.
"Erst im zweiten Band" bemerkt Benedikt " begegnen wir den entscheidenden Aussagen und Ereignissen im Leben Jesu"- entscheidend natürlich- nicht nur für eine historische Wahrnehmung Jesu sondern auch für den christlichen Glauben an ihn. Im Zeitraum von gerade mal einer Woche - vom Einzug Jesu in Jerusalem bis zu seiner Auferstehung von den Toten- behandelt Benedikt die letzten Ereignisse im Leben Jesu auf alle Fälle als historisch. Sie sind aber auch göttliche Mysterien, die Taten durch die Gott uns großzügig sein Innerstes öffnet und uns dazu einlädt. Das ist es , was Benedikt uns vor allem lehren will. Das Ergebnis ist ein Buch, das sich- wie Benedikt uns am Anfang informiert, eher wie eine traditionelle theologische Abhandlung über die "Mysterien im Leben Jesu " liest. Trotz des offensichtlichen Unterschiedes findet sich der Papst im Geiste näher bei Thomas von Aquins theologischer Darstellung der Passion und Auferstehung Jesu in Teil 3 der Summa Theologiae als der modernen Standardzugehensweise zur Person Jesu. Während er dieses Buch als eine historisch verantwortungsvolle Interpretation des Neuen Testaments sieht, unterscheidet Benedikt klar das was er hier tut von der charakteristischen modernen Bemühung eine rein historische Rekonstruktion des Lebens Jesu. Insbesondere distanziert er sich von der heute allgemeinen Bemühung den auf religiösem Gebiet verarmten Ergebnisse der modernen historischen Rekonstruktion theologisches Leben einzuhauchen.
Benedikt baut sein Buch um neun miteinander verbundenen Geheimnisse in den letzten Tagen des irdischen Lebens Jesu auf; Jesu Einzug in Jerusalem und die Reinigung des Tempels, seine eschatologische Rede (Markus 13 und entspr), die Fußwaschung der Jünger. das hochpriesterliche Gebet aus Johannes 17, das Letzte Abendmahl, Jesu Gebet in Gethsemane, sein Prozess vor dem Sanhedrin und Pontius Pilatus, die Kreuzigung und Grablegung und seine Auferstehung von den Toten, dem fügt er einen kurzen Epilog hinzu, in dem er Jesu Himmelfahrt und sein Sitzen zur Rechten des Vaters und sein Wiederkommen in Herrlichkeit diskutiert.
Seine Annäherung an jedes dieser Mysterien bleibt immer gleich und wir können klar den Sinn seines Projektes verstehen, wenn wir uns auf seine Behandlung des Kreuzes konzentrieren.
Benedikts Kapitel "Kreuzigung und Grablegung Jesu" beginnt mit einer kurzen "vorangehenden Überlegung", die wir (in der Sprache, die der Papst sparsam benutzt) eine hermeneutische Beobachtung nennen können. Die vier Evangelien unterscheiden sich in Gewichtung und Details, stellt Benedikt fest, aber über die Kreuzigung Jesu sind stimmen sie weitgehend überein und alle vier
unterfüttern ihre Darstellungen von Jesu letztem Leiden und Tod mit Anspielungen auf das Alte Testament. Zwei Texte sind besonders hervorzuheben. Einer ist Psalm 22, der mit der Klage eines von Gott Verlassenen beginnt, aber mit der Zuversicht endet, daß Gott das Gebet des Bittstellers hören und daß sich die gesamte Versammlung Israels freuen wird. Der andere ist Jesaja 53, das Lied des Dieners Gottes, dessen Leiden viele rechtfertigen wird." (...)
Fortsetzung folgt....
Quelle: FirstThings, B. Marshall
*Bruce D. Marshall ist Professor für Christliche Dogmatik
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