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"PAPST FRANZISKUS, DIE WELT NACH DEM CORONA-VIRUS"
Papst Franziskus sagt oft, daß eine Krise als Chance genutzt werden muss. Das suit ein Grund, warm die neue Reihe seiner Katechesen während der mittwöchlichen Generakaudienzen der Soziallehre der Kirche in Zeiten der Pandemie gewidmet sind,
Diese Wahl hat Bedeutung. Für Papst Franziskus stellen die Pandemie und ihre Folgen eine Gelegenheit dar, von Null neu zu beginnen. Diese Katechesen enthüllen, wie die Welt in der Vorstellung von Papst Franziskus sein sollte.
Um die Wahrheit zu sagen, vieles könnte man aus der Apostolischen Exhortation Evangelii Gaudium und der Enzyklika Laudato Si´ heraus verstehen. Beide Dokumente scheinen die Richtlinie der ersten Katechese zu sein. Was der Papst sagt, ist nicht neu. Aber es scheint, daß der Papst seinen Willen manifestiert, sich selbst eher als politischen denn als spirituellen Führer zu bestätigen.
Am Ende hat Papst Franziskus der Politik immer besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Er hat 2014 sich im Europäischen Parlament und dem Europa-Rat in Steaßburg und als er 2015 vor der Vollversammlung der UN sprach, sehr wohl gefühlt. Das politisch Denken von Papst Franziskus ist gut etabliert und er muß es durch ein politisches Vokabular mitteilen.
Es sieht so aus, als ob die spirituellen und politischen Strömungen sich bei Papst Franziskus nie vermischen. Beide haben die selben richtungsweisenden Prinzipien, Gebet und Glauben, aber Politik und Religion scheinen parallel zueinander zu fließen und mit unterschiedlicher Terminologie,
Während der Generalaudienz vom 19. August hat Papst Franziskus einige konkrete Vorschläge gemacht. Er stellte fest, daß der Impfstoff gegen die Pandemie für jeden verfügbar sein müsse, auch für die Ärmsten. Er rief zur Entwicklung einer neuen Wirtschaft auf- einer, die die Ärmsten und Ausgegrenzten mit einbezieht. Er zeigte mit dem Finger auf das aktuelle Wirtschaftsmodell, das sich oft nicht um das gemeinsame Haus schert. Er hat vier Kriterien für Unternehmer formuliert:
dabei zu helfen, die Ausgeschlossenen einzubeziehen, die aufzuheben, die auf Erden am nidergedrücktesten sind, das Allgemeinwohl zu fördern und die Schöpfung zu pflegen.
Papst Franziskus sagte, daß diese Vorschläge von der Liebe Gottes ausgehend in die Praxis umgesetzt werden müßten. Der Papst bemerkte auch, daß die bevorzugende Wahl der Armen nicht bedeutet, Politik zu spielen, sondern dem Evangelium zu folgen. Dennoch bleibt die Rede von Papst Franziskus im pragmatisch-politischen Umfeld und sucht nicht nach einem weiteren Rahmenwerk.
Vielleicht zeigt die nächste Katechese einen anderen Weg an. Bis jetzt hat Papst Franziskus die Welt von einem ausgesprochen pragmatischen Standpunkt aus betrachtet. Auch wenn er Gott immer erwähnt oder sich auf Gott bezieht, drehen sich seine Reden oft um pragmatische Lösungen. die nicht auf jede Situation anzuwenden sind. Der Papst ist keine Experte für alles - das kann keiner sein. Zu Beginn dieser Reihe von Katechesen sagte der Papst, daß die Kirche keine Therapie für die Pandemie hat, daß sie aber den Weg aus ihr heraus zeigen kann.
Die Frage ist, welchen Ausweg? Der Papst antwortet häufig indirekt auf gegen ihn vorgebrachte Kritik. Wenn er unterstreicht, daß seine bevorzugte Option für die Armen auf dem Evangelium beruht, antwortet er auf einige der Kritiken.
Gleichzeitig engagiert Papst Franziskus sich in der Politik. Das ist einer der Widersprüche von Papst Franziskus. Er engagiert sich nicht dadurch politisch, daß er die Feststellungen der Soziallehre der Kirche aufgreift. Trotzdem ist sie die essentielle Richtlinie für jedes im Öffentlichen Leben engagierte katholische Leben. Jedesmal wenn er irgendwelche realen Möglichkeiten vorschlägt, engagiert sich der Papst politisch. Am Ende antwortet er auf bestimmte Themen, die durch sein Reden zu einer universalen Angelegenheit werden.
Ein Beispiel dafür ist der Brief, den er Ostern an die Volksbewegungen geschickt hat. In diesem Brief schlägt Papst Franziskus sogar einen garantierten Mindestlohn für jene vor, die offiziell arbeitslos und an den Rändern sind. Die Vorschläge sind sehr pragmatische Antworten auf ein bestimmtes Problem und zeigen klar, wo Papst Franziskus steht.
Das gesamte Denken von Papst Franziskus beruht auf realen Erfahrungen, denen in Latein-Amerika. Obwohl die Lateinamerikanische Kirche lange daran gearbeitet hat sich von den Exzessen der Befreiungstheologie zu reinigen (in Argentinien war Kardinal Bergoglio ein Anhänger der Theologie des Volkes), ist die Kirche immer noch massiv sozial engagiert und vertritt politische Standpunkte. Das ist eine Notwendigkeit:die soziale Lage in Lateinamerika ist kompliziert und die Stimme der Kirche ist oft die einzige, die sich zugunsten der Armen erhebt.
Das anti-institutionelle Denken von Papst Franziskus hat solche Wurzeln. Seine anti-institutionelle Argumentation hat zwei Richtungen: gegen Regierungsinstitutionen wie in Lateinamerika, weil sie oft Machterhaltung betreiben und gegen zentrale Institutionen- wie Rom für die Kirche- weil die oft als zu weit entfernt gefühlt werden. Für Papst Franziskus ist die Entfernung Roms zu den Diözesen analog zur Entfernung der Regierungen zum Volk.
Aus diesem Grund kann Papst Franziskus´ Denken nur politisch sein. Es kommt aus realen Erfahrungen und versucht, konkrete Lösungen zu liefern. Manchmal erscheinen die Überlegungen von Papst Franziskus problematisch, weil sie der sogenannten globalistischen Agenda Raum geben- Dennoch scheint Papst Franziskus keiner globalistischen Agenda zuzuneigen. Das Thema ist ein anderes: Wahrnehmungen wie die bevorzugte Option für die Armen, die Sorge um die Schöpfung und die Hilfe für die Migranten sind so allgemein, daß niemand ihnen widersprechen kann,. Andererseits überläßt die Art, wie sie behandelt werden, der mainstream-Agenda die Möglichkeit,
sich der Worte des Papstes zu bemächtigen.
Der Kirche und dem Papst fehlt ihre eigene Sprache, um ihre Gedanken unterscheidbar und eindrücklich zu machen. Heute folgt die Kirche den Situationen und sie verzichtet auf den Gebrauch eines besonderen Vokabulars, um die Themen zu diskutieren.
Tief innen enthüllen die Mittwochskatechesen von Papst Franziskus - so pragmatisch sie sein mögen,. eine Krise des Denkens innerhalb der Kirche. Diese Krise birgt die Gefahr, daß die Kirche die Schlacht verliert. Jeder stimmt mit dem Papst überein und schätzt ihn. Auf Dauer wird das, was der Papst sagt, nicht genügen. Die Welt nach dem Corona-Virus ist eine andere Welt und die Kirche- da hat der Papst Recht- kann darauf nicht mit den alten Mustern reagieren.
Andererseits kann die Kirche darauf auch nicht durch die Suche nach pragmatischen Lösungen reagieren- Es gibt- das ist wahr- Vorschläge für ein neues Wirtschaftsmodell, aber das Gottesvolk braucht auch spirituellen Trost, um mit den Dingen umzugehen und die Kirchenlehre umzusetze. Sonst wird die Kirche als Volk wie jedes andere Volk sein, sogar nach dem Corona-Virus.
Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican
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