Freitag, 9. Oktober 2020

Über ein vom Weg abgekommenes Pontifikat

Marco Tosatti hat bei Stilum Curiae einen Kommentar von G.P. Caliari über das II. Vaticanische Konzil, seine Nachwirkungen und das aktuelle Pontifikat, dem vom Autor der 119. Psalm unterlegt ist. Hier geht´s zum Original:  klicken

"CALIARI, DAS PONTIFIKAT: "VOM WEG ABGEKOMMEN WIE EIN VERLORENES LAMM" 

Liebe Stilumcuriale, Gian Pietro Caliari, dem wir einen liebvollen Vorwurf wegen seiner langen Abwesenheit von diesen Seiten machen müssen, hat uns eine Überlegung über das II. Vaticanische Konzil und das aktuelle Pontifikat zugesandt hat, die man lesen und bedenken sollte. Ausgehend von den Psalmen...gute Lektüre! 

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                      "Wie hält der Jüngling seinen Weg rein?  Wenn er bewahrt deine Worte"

von Gian Pietro Caliari    

Dies ist die Frage, die allen anderen Fragen zugrunde liegt, die den längsten Psalm des Alten Testaments kennzeichnen: "Wie hält ein Jüngling seinen Weg rein? Wenn er bewahrt deine Worte"  Und das, was im letzten seiner 179 Verse mit einer schmerzhaften Beobachtung und einer Bitte um Hilfe endet: "Ich bin verirrt wie ein verlorenes Lamm; suche deinen Knecht: Denn nicht vergessen habe ich deine Gebote." 
In diesem Psalm erkennt sich der wahre Gläubige als Bar Mizwa an, einen Sohn des Gebotes, der im Gesetz Gottes keine bloße legalistische oder rituelle Vorschrift sieht, sondern die einzige Halakha, den wahren Weg, der zum Leben führt. "Siehe heute habe ich dir Leben und Heil, Tod und Unheil vor Augen gestellt: Wenn du den Geboten des Herrn, deines Gottes gehorchst, die ich dir heute vorschreibe, indem du den Herrn deinen Gott, liebst, auf seinen Wegen gehst, so seine Gebote, seine  Bestimmungen und Gesetze achtest, so wirst du am Leben bleiben...."  (Deut. 30, 15-)

In der gegenwärtigen und gesunden Debatte über das Zweite Vatikanische Konzil ist es notwendig, erneut von dem wissenschaftlich in Frage gestellten Standpunkt des Psalmisten auszugehen, wie ihn tatsächlich auch das II. Vaticanum dogmatisch lehrt: "Wenn das  Heilige Konzil religiös auf das Wort Gottes hört und es mit festem Vertrauen verkündet, macht es diese Worte des heiligen Johannes zu den seinen: Wir verkünden euch das ewige Leben, das mit dem Vater war und sich uns offenbart hat: Wir verkünden euch, was wir gesehen und gehört haben, damit auch ihr mit uns in Gemeinschaft seid und mit unserer Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus “ (Dei Verbum 1). Und fügt hinzu: "Gott gebührt der Gehorsam des Glaubens, mit dem der Mensch sich völlig frei und in vollem Respekt mit seinem Intellekt und Willen ergibt" (ebd. 5).

Seit dieser weisen Ansicht sind seit der Schließung des Konzils 55 Jahre vergangen. Es ist legitim, einige Fragen zu stellen.
Wie kann man zunächst die Ergebnisse der vielbeachteten "pastoralen Dimension" des Zweiten Vatikanischen Konzils bewerten?

Paul VI selbst hat dies am jetzt lange vergangenen  7. Dezember 1965 gefragt  und die Arbeit der Konzilsversammlung abgeschlossen: "Um es würdig zu bewerten, müssen wir uns an die Zeit erinnern, in der es stattfand; eine Zeit, deren Ziel jeder in der Eroberung des Reiches der Erde und nicht des Reiches des Himmels erkennt; eine Zeit, in der das Vergessen Gottes zur Gewohnheit und fälschlicherweise durch den wissenschaftlichen Fortschritt nahegelegt wird; eine Zeit, in der der grundlegende Akt der menschlichen Persönlichkeit, die sich ihrer selbst und ihrer Freiheit bewusster wird, dazu neigt, sich für ihre eigene absolute Autonomie zu entscheiden und sich von jeglichem transzendenten Gesetz zu befreien; eine Zeit, in der der Säkularismus die legitime Folge des modernen Denkens und die ultimative Weisheit der weltlichen Ordnung der Gesellschaft zu sein scheint; eine Zeit darüber hinaus, in der die Ausdrucksformen des Geistes Gipfel von Irrationalität und Trostlosigkeit erreichen; Endlich eine Zeit, in der auch bei den großen Religionen bisher nie gekannte Störungen und Dekadenzen verzeichnet werden."



Es scheint legitim, im Abstand von 55 Jahren festzustellen, daß die Katholische Kirche mit ihrer "konziliaren Pastoral" für keines der Probleme, die vom Pontifex aus Brescia so scharf beobachtet und minutiös ausgewählt wurden, kein einziges Heilmittel oder auch nur eine überzeugende und glaubwürdige Alternative gefunden hat. Deshalb erscheint Montinis Analyse noch dramatischer und prophetischer! 

Die Kirche, die aus dem Konzil hervorgegangen ist, hätte außerdem -immer den Worten von Paul VI folgendd, der Welt und den Menschen ein "theozentrisches und theologisches Konzept des Menschen, und des Universums anbieten und so den Vorwurf des Anachronismus und Entfremdung entkräften müssen, der sich mit diesem Konzil unter den Menschen verbreitet hat, mit der Behauptung, daß das Urteil der Welt es zuerst als Verrücktheit bezeichnen würde, danach - das hoffen wir- als wirklich menschlich, weise und heilsam; d.h. daß Gott IST! Ja, Er ist real, Er lebt, Er ist Person, Er sieht vorher, Er ist unendlich gut- nicht nur gut an sich, sondern auch immens gut für uns, unser Schöpfer, unsere Wahrheit, unser Glück- so sehr, daß dieses Bemühen unseren Blick und unser Herz auf ihn zu fixieren, das wir Kontemplation nennen, zum höchsten geistlichen Akt wird, der auch heute der immensen Pyramide menschlichen Handelns eine Hierarchie geben kann und muß." (Paul VI, Zusammenfassung der letzten Sitzung des II. Vaticanischen Konzils)

Also gut, wir fragen uns, warum wir heute auf dramatische Weise eine "theozentrischen und theologischen Vision des Menschen" erleben- das Predigen eines kosmozentrischen heidnischen Wortes und eines atheistisch, neu-anthropozentrischen Wortes, das sich ideologisch in der Enzyklika "Laudato Si´", in der Abu-Dhabi-Erklärung und im Akzeptieren des totalitären Neo-Humanismus manifestiert hat, das sicher auch das Leitmotiv für Fratelli Tutti ist? 

Wir müssen feststellen, daß nach jenem fernen 7. Dezember 1965 in der Kirche eine Konzils-Hermeneutik vorherrscht, mit dem unrealistischen und blasphemischen Versuch, das II. Vaticanum in ein "Gründungsereignis" der Kirche zu verwandeln, die sie pervertiert hat, indem sie sie ihrer intimsten, wesentlichsten  Dimension und transzendentalen Vision beraubte. 

Die nachkonziliare Kirche wurde von vielen ihrer Hirten der weltlichen Logik des hier und jetzt unterworfen und verlor ihre wesentliche und unverzichtbare Dimension des "dort und immer" (ibi et semper) 

Das II. Vaticanische Konzil hatte auch daran erinnert, daß "Christus das Licht der Völker ist: dieses heilige Konzil, das im Heiligen Geist versammelt ist, wünscht sich daher leidenschaftlich, jedem Geschöpf das Evangelium zu verkünden, um alle Menschen mit dem Licht Christi zu erleuchten, das auf das Antlitz der Kirche scheint "(Lumen Gentium 1).

Die Kirche soll das Sakrament, ein wirksames Zeichen dieses Göttlichen Lichtes, sein- aber vielleicht leben wir- wie Romano Guardini schon mit Bezug auf die Kirche selbst bemerkte- in einer Welt der Zeichen, aber wir haben die Realität dessen, was sie bedeutet, verloren." (Die Heiligen Zeichen, Brescia 1996, S. 117) 

Das aktuelle Pontifikat schließlich ist nur der natürliche Epigone dieses Konzils oder -im Gegenteil- nur eine elende Heterogenese der Absicht, wegen der diese Versammlung gewollt und abgehalten wurde? 

Unter der gebotenen Berücksichtigung der inneren lehramtlichen Hierarchie der Texte dieses Konzils, von denen nur drei dogmatisch sind, (Sacrosanctum Concilium,- ausdrücklich wegen der behandelten Materie, Dei Verbum und Lumen Gentium - durch die Titel) und durch sorgfältige Unterscheidung von dem, was das Konzil wirklich wünschte, und den vielen und höchst fragwürdige und sogar bedauerlichen postkonziliare Anwendungen - vor allem der sogenannten liturgischen Reform! -ist es noch einmal an Paul VI, uns bei der Antwort zu helfen. 

"Können wir sagen, daß wir Gott die Ehre gegeben haben, daß wir sein Erkennen und seine Liebe gesucht haben, daß wir uns bei seiner Kontemplation, im Eifer, ihn zu feiern, in der Kunst, ihn den Menschen zu verkünden, die auf uns als auf ihre Hirten und Lehrer der Wege zu Gott schauen, angestrengt und daß wir Fortschritte gemacht haben? Wir glauben einfach, daß ja. Auch weil aus dieser anfänglichen und grundlegenden Absicht das informative Ziel dieses feierlichen Konzils entstanden ist. Die Worte, die unser ehrwürdiger Vorgänger Johannes XXIII, den wir als Autor der großen Synode bezeichnen können, in der Eröffnungsrede des Konzils sprach, sind immer noch zu hören. Er sagte: was am Ökumenischen Konzil am meisten interessiert, ist Folgendes: daß das heilige Depositum der christlichen Lehre bewahrt und mit größerer Wirkung dargeboten wird." (Rede bei der letzten Konzilssitzung) 

Wie weit entfernt, sogar fremd erscheinen uns diese Worte- nicht zur damaligen Zeit- sondern von der aktuellen Führung der Katholischen Kirche, seit sieben Jahren wie selbstverständlich angenommen wird. 

Wir müssen es kühn mit dem Psalmisten sagen: "Sie sind vom Wege abgekommen, wie ein verlorenes Lamm". Von diesemWeg- wie der größte Dichter plastisch bestätigt -"weil der gerade Weg verloren gegangen ist" (Dante Alighieri, Divina Commedia, Inferno I,3) 

Ein Pontifikat, das aktuell "klinisch tot" ist oder "Das Gleichnis von einem Pontifikat" wie schon von maßgeblicher Seite geschrieben wurde? Einfacher gesagt: es ist "vom Weg abgekommen", vom des Einen, der allein Weg, Wahrheit und Leben ist."

Quelle: Stilum Curiae, G.P. Caliari, M.Tosatti 
 

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