Marco Tosatti veröffentlicht bei Stilum Curiae einen Kommentar zur Enztyklika "Fratelli Tutti" von Professor Ettore Gotti Tedeschi für diejenigen seiner Leser, die ihn nicht in La Verità gelesen haben. Hier geht´s zum Original: klicken
"FRATELLI TUTTI. NICHT DER HL. FRANZISKUS SONDERN EINE UTOPIE VON THOMAS MORUS"
Liebe Freunde und Feinde von Stilum curiae, wir veröffentlichen die Überlegung von Prof. Ettore Gotti Tedeschi zur letzten päpstliche Enzyklika, über die wir in diesen Tagen so viel gesprochen haben, für alle die unter Ihnen, die sie gestern nicht in La Verità gelesen haben. Gute Lektüre.
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Die Enzyklika "Fratelli Tutti" scheint mehr vom Hl. Thomas Morus (Utopia) als vom Hl. Franziskus inspiriert zu sein . (Ettore Gotti Tedeschi)
"Ich habe den Eindruck, daß die Enzyklika FratelliTutti überhaupt nicht vom Denken des Heiligen Franziskus von Assisi inspiriert ist, sondern vom satirischen Roman"Utopia"des Heiligen Thomas Morus. Das erneute Lesen von "Utopia" ist als ob man "Fratelli Tutti" liest. In Utopia ist das Privateigentum abgeschafft, die Bürger haben weder Eigentum noch Geld, sie benutzen das Allgemeingut nach Bedarf und alle Güter sind Gemeinschaftsgut, ein Handel ist nicht nötig, Das wirtschaftliche System ist in der Substanz eine Agrarwirtschaft, in der der Boden aus sich heraus kostbar ist und nicht dem Gebrauch untergeordnet, den der Mensch von ihm macht. In Utopia herrscht ein totales und absolutes Gleichheitsprinzip, in dem jede sozioökonomische Ungleichheit abgeschafft ist. In Utopia ist die Zahl der Kinder festgelegt, damit die Bevölkerung nicht anwächst und die Ressourcen nicht über gewisse Grenzen der nachhaltigen und geplanten Entwicklung hinaus ausbeutet. In Utopia sind alle Religionen zugelassen, die Priester kümmern sich um die Religion, aber vor allem um soziale Fragen, die Frauen sind auch zum Priestertum zugelassen. Utopia ist pazifistisch, es gibt keine Todesstrafe. In Utopia regieren die Richter.
Ich habe an die zugrunde liegenden Werte (offensichtlich Satire) des Hl. Thomas Morus zurückgedacht, als ich- mit dem kritischen Geist derer, die Utopien als Werbespots interpretieren müssen, mit der gebotenen Lektüre der Enzyklika begann. Fünfhundert Jahre nach der Veröffentlichung von Utopia (1516) haben sich die Welt und die Kirche ein wenig verändert, aber was in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, ist, daß sich die Kirche bis gestern nur mit dem Gewissen und nicht mit Wirtschaft und Politik befassen musste, während sie sich heute (diese Enzyklika ist ein Beispiel) mit Wirtschaft und Politik befasst und nicht so sehr nur mit dem Gewissen. Aber da Wirtschaft keine Wissenschaft ist, erfindet sie, wenn sie aus ideologischen Gründen politisch genutzt wird, sozioökonomische Utopien. Wenn diese Utopien jedoch von der Moralischen Autorität gesponsert werden und zum Lehramt der Kirche werden, besteht die Gefahr, daß sie in "Häresien" umgewandelt werden. Daß "Fratelli tutti" in Gefahr sein könnte, dieses Schicksal zu erleiden, scheint mir verdächtig. Fratelli Tutti wird wie ein Werbespot mit vielen Zeugen, die ihn inspiriert haben, präsentiert. Abgesehen vom Hl. Franziskus (mehr benutzt als nachgeahmt) sind die Zeugen angesehene Persönlichkeiten, die für die Bürgerrechte und gegen Unterdrückung gekämpft haben- wie Desmond Tutu, Gandhi und Martin Luther King.
Und sie wurden bereits früher für Werbespots verwendet: wir erinnern uns an die Telecom-Werbespots, in denen Gandhi als Friedensstifter eingesetzt wurde, oder an die Fiat-Chrysler-Werbespots mit Martin Luther King in der Predigt von Atlanta. Hier werden sie als Zeugen für Solidarität, Brüderlichkeit, Gleichheit und Frieden ausgewählt. Ich muss sagen, daß ich eine Auswahl anderer Zeugen erwartet hätte. Zum Beispiel Johannes Paul II mit Sollecitudo Rei Socialis (der prophezeit, daß die Werkzeuge denen, die sie benutzen aus den Händen gleiten können) oder Benedikt XVI mit Caritas in Veritate (wo erklärt wird, daß die Nutzung von Instrumenten das Risiko beinhaltet, daß diese moralische Autorität zu erlangen). Vor allem schlägt Benedikt XVI, um die Halluzinationen derer zu heilen vor, die glauben, sie könnten die Welt verbessern, indem sie die Werkzeuge wechseln, wenn sie nicht funktionieren, statt dessen über die Erbsünde nachzudenken und daran zu denken, das Herz des Menschen durch Bekehrung zu verändern. Stattdessen finden wir eine suggestive Enzyklika, die es uns ermöglicht, uns Lösungen vorzustellen, die sich an utopischen Veränderungen von Werkzeugen (Vorverteilung von Reichtum?), (statistischen?) Strukturen und (nicht meritokratischen?) Modellen orientieren. Mit großer Klasse und zweifellos Intelligenz bestätigt Andrea Riccardi dies auch im Corriere vom Montag und verweist dabei auf die Enzyklika: "Der dritte Weg des Papstes. Zwischen Liberalismus und Populismus", die einen weiteren Paradigmenwechsel nahe legt, diesmal politisch (was eine Partei voraussetzt?) Aber der Dritte Weg ist die Soziallehre der Kirche, in die sich der große Ökonom Luigi Einaudi, der zweite Präsident der Italienischen Republik, verliebte. Einaudi sah in der Soziallehre der Kirche den dritten Weg zwischen Liberalismus und Sozialismus, weil er unternehmerische Freiheit und Privateigentum garantierte, aber auch unverzichtbare Solidarität forderte. Aber sie braucht die Bekehrung der Herzen, um angewendet zu werden. Heute ersetzt Riccardi den alten Sozialismus durch den verachteten Populismus, vielleicht um einen getarnten katholischen Sozialismus wieder als neuen dritten Weg vorzuschlagen?
Aber die wahren Feinde des Gemeinwohls sind heute nicht Liberalismus, Sozialismus oder Populismus, sondern Relativismus und Nihilismus. Den dritten Weg gibt es nur durch die Bekehrung der Herzen. Sie wollen nicht, daß wir an die "Hölle" glauben, aber wollen sie, daß wir an eine neue katholische Partei glauben, die auf den Annahmen und Programmen einer Enzyklika basiert, die eher utopisch als realistisch ist? Der Hl. Thomas Morus, der Utopia schrieb, hat gescherzt, er meinte es nicht ernst. Der Hl. Franziskus aber meinte es ernst, für ihn war Armut nur ein Mittel, um Gottes Willen besser zu erfüllen und seine Wahl war mystisch, nicht sozial oder politisch). Er meinte es ernst, als er den Menschen einlud, Gott zu preisen - und so verdienstvoll tugendhaft zu sein, während die anderen Kreaturen dazu berufen sind, das gemäß ihrer natürlichen Rolle zu tun.
Der Hl. Franziskus war überhaupt kein Pazifist, aber er suchte die Pax Christi. Er war kein Revolutionär, wohl aber ein Restaurator der Kirche Jesu Christi. Er war überhaupt kein Egalitarist, sondern predigte die Gleichheit der Menschen vor Gott. Er war kein Tierrechtler, sondern sang nur das Lob der Schöpfung (er sang nicht für die Kreatur) Er war kein Pauperist, weil man um den Armen helfen zu können, die Reichen Solidarität mit ihnen lehren muß. der Hl. Franziskus war jedoch ein Realist und diese Enzyklika erscheint mir nicht so sehr von seiner Lehre inspiriert zu sein, wie man uns glauben machen will."
Quelle: Stilum Curiae, M.Tosatti, E.Gotti Tedeschi
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