Freitag, 29. Januar 2021

Der unmögliche Wunsch des Doktor Faustus...

Rorate Caeli veröffentlicht eine Reihe von Texten von Elizabetta Sala zu Meisterweken der englischen Literatur vom katholischen Standpunkt. aus.
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"CHRISTOPHER MARLOWE UND DIE UNMÖGLICHEN WÜNSCHE DES DOKTOR FAUSTUS" 

"1589 erließ das Elisabethanische Parlament ein Gesetz gegen Theateraufführungen, die von religiösen Themen handeln. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Grund für dieses drakonische Dekret das Theaterstück "Doktor Faustus" von Christopher Marlowe  (1564-1593) war, das einige Monate zuvor geschrieben worden war. 

Das Publikum der Volkstheater war außerordentlich vielfältig und die Aufgabe jedes guten Stückeschreibers war es, jedem zu gefallen. Die Geschichte von Faustus war in dieser Hinsicht sicher eine sehr gute Wahl. Aber wenn das Thema eines Paktes mit dem Teufel das Publikum einerseits fasnziniewrte, so verursachte es aber andererseits auch ein "getötet an der Abendkasse" - weil es Themen berührte, die die Autoritäten lieber unberührt lassen wollten. 

Wir finden natürlich - daß in jeder patriotischen (d.h. protestantischen) Schrift jener Zeit, Päpste, Kardinäle und Mönche erbarmungslos lächerlich gemacht wurden. Aber wenn es um das ewige Schicksal der Seele geht, wird Marlowe ernst und fragt ernsthaft, ob Faustus am Ende seines Lebens gerettet werden kann.Gibt es einen freien Willen? 

Jeder ernstzunehmende Anhänger von der durch die Staatskirche unterstützte Vorherbestimmung würde sagen, daß der mit Blut unterschriebene Vertrag mit Mephistopheles den Helden automatisch von der Liste der Geretteten streicht. Außer daß von Anfang an intermittierend ein Engel erscheint, der Faustus versichert, daß nichts für immer verloren ist; das einzige, was er tun muß, ist zu bereuen, vom Vertrag zurückzutreten  und sich selbst zu retten. Im letzten Akt, in dem Faustus, der nicht bereut hat, sagt "er müsse verzweifeln und sterben" (ein Satz der wörtlich von Shakespeare übernommen und seinem Erz-Schurken Richsrd III zugeschrieben wurde) und dabei ist, Selbstmord zu begehen, rettet ihn ein tugendhafter alter Mann vor der schlimmsten aller Sünden - Verzweiflung- und erinnert ihn noch einmal daran, daß nichts unwiderruflich verloren ist. Dennoch- vielleicht, weil sein Herz verhärtet ist, vielleicht weil Mephistopheles ihn nicht in Ruhe läßt- vielleicht wegen der Wirkung des Vertrags, kann Faustus nicht bereuen und das wird seine persönliche Tragödie. 

In diesem Zustand erreicht er die letzte Stunde seines Lebens- in einem der mächtigsten und faszinierendsten Monologe der Literaturwelt. Verzweifelt sucht Faustus immer noch nach einem Ausweg, der ihn vor der Hölle rettet und ruft- delirierend- die Naturelemente um Hilfe an. Er sagt, daß die Sterne ihn zur Verdammung vorherbestimmt hätten, aber dann widerspricht er sich selbst und sagt, daß es seine und nur seine Entscheidung war; nur um am Ende zur Vorbestimmung zurückzukehren und Luzifer zu beschuldigen, ihn der Freuden des Himmels beraubt zu haben. 


An einem gewissen Punkt drückt Faustus - verrückt vor Angst- einen Wunsch aus- angesichts der Tatsache daß Jesus Christus für alle Menschen gelitten hat, die gerettet werden wollten (für die Protestanten ein Anathema) wenn nur die Qualen der Hölle eim Ende hätten! Sie würden 1000 Jahre dauern, 100.000 Jahre, aber dann würde die Seele frei, um in den Himmel zu gelangen! Unmöglich- leider. Und auch nicht politisch korrekt. Weil das eine nur dünn bemäntelte Klage wegen etwas ist, was von der Regierung und der Staatskirche für immer verbannt wurde - das Fegefeuer. Der unschätzbare Trost für jene, auch wenn sie Sünder waren.- die trotz allem hofften, gerettet zu werden. 

Alles das löste natürlich eine hitzige Debatte aus- hätte Faustus bereut und wäre er gerettet worden. wenn er (mehr) Zeit gehabt hätte? Wird er in die Hölle herabgezerrt- als vorherbestimmtes Ergebnis seines Paktes mit dem Teufel, oder weil er im Bösen verweilte?  Hat Christus sich selbst für viele oder nur für die Auserwählten geopfert? Das Publikum im Volkstheater war ein Sammelsurium aus allen Arten von Menschen, von denen jeder in der Lage war, das Werk zu interpretieren, während der Autor sich beglückwünscht haben würde, einen solchen Aufruhr verursacht zu haben. 

Aber vielleicht verbirgt der von Herzen kommende Appell zur Rettung von Faustus eine persönlichere, sogar erkennbarere Implikation. Immerhin hatte Marlowe auch jemandem Treue geschworen, der dann unwiderruflich von ihm Besitz ergriffen und ihn nie losgelassen hatte. Als Regierungs-Agent wurde er im Alter von 29 Jahren während eines Streits - der aber eher eine Massenexekution war- getötet. Hatte er zur Zeit von Faustus bereits bereut, einen Pakt mit dem mephistophelischen Sir Francis  Walsingham unterschrieben zu haben, dem Anführer der Geheimdienste? Eine freie Entscheidung, die ihn- wenn nicht seiner ewigen Erlösung- so doch sicher einer großen literarischen Zukunft beraubte. 

Quelle: Rorate Caeli, E.Sala


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