Montag, 19. Juli 2021

Ist Traditionis Custodes der Schwanengesang des gegenwärtigen Pontifikates?

In seiner heutigen Kolumne in Monday in the Vatican kommentiert A Gagliarducci das motu proprio Traditionis Custodes im Hinblick auf die- zumindest seiner Meinung nach- angebrochene Endphase des aktuellen Pontifikates.
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"PAPST FRANZISKUS, DENKEN WIR SCHON AN DEN TAG DANACH?" 

Der Veteran unter den Vaticanisti, Sandro Magister, hat eine zunehmende Loslösung von den von Papst Franziskus vertretenen Positionen beobachtet. Als Beispiel führt Magister zwei kürzlich erschienene Bücher an "Die zerstreute Herde" vom Think-tank "Esseres qui" und "Die Kirche brennt" von Andrea Riccardi. Bücher. die beleuchten, wie die Situation der Kirche heute eine Krise ist. Papst Franbziskus wird weder namentlich erwähnt  noch wird ihm die Verantwortung für die Krise zugeschoben. Dennoch ist es klar, daß der triumphalistische Ton zu Beginn des Pontifikates einer anderen, überlegteren Reflektion gewichen ist und daß diese Überlegung den Anfang der Atmosphäre am Ende des Pontifikates markiert. 

Dieses Ende-des Pontifikates-Klima wurde durch einen besonders kritischen Artikel von Alberto Melloni, einem der Gurus des progressiven und "Franziskus" Katholizismus eingeläutet, der nicht mit Kritik an den Entscheidungsprozessen von Papst Franziskus spart-und auf einige Widersprüche im Regieren der Kirche durch Papst Franziskus hinweist. 

Dieses Klima wurde besonders akut, als Papst Franziskus ins Krankenhaus kam. Die offiziellen Verlautbarungen sprachen von einer "akuten Diverikulitis" und einem "geplanten Eingriff". Aber es ist auch wahr, daß zunächst von einem 5-tätgigen Krankenhausaufentlhalt gesprochen wurde, dann von 7 und am Ende blieb Papst Franziskus 10 Tage in der Klinik. Es wurde beschrieben, daß der Eingriff 3 Stunden dauerte und ein Teil des Darmes des Papstes entfernt wurde. Es gibt keinen Grund, die offziellen, bei den täglichen Pressekonferenzen vom Pressebüro des Hl. Stuhls angebotenen Versionen anzuzweifeln. Die Informationen in diesen Bulletins müssen aber Sorgen verursachen.  

Deshalb ist es normal, anzufangen, über das nächste Pontifikat zu sprechen. Es wird erwartet, daß einige bisher unkritische Stimmen anfangen, anders zu klingen. 

Weil der Vatican schließlich eine kleine Welt ist. Gut über den Papst zu sprechen, funktioniert so lange, wie man denkt, daß man etwas vom Papst zurückbekommt. Wenn wir feststellen, daß wir am Ende einer Ära sind, sprechen wir freier, um unsere Sorgen auszudrücken und vor allem, um zu versuchen, die Debatte auf den nächsten Pontifex auszurichten. 

Jetzt und nur jetzt werden alle wirklichen Positionen von denen angegeben, die während des Pontifikates von Papst Franziskus versucht haben, jede Opposition zum Schweigen zu bringen, indem sie sie als Widerstand gegen die prophetische Kraft des Pontifikats und sogar als Verschwörungen gegen  Papst Franziskus darstellten.

Das Problem ist. daß das Pontifikat- während wir schon über die Zeit nach Papst Franziskus nachdenken-, weitergeht und der Papst weiterhin Entscheidungen trifft.  In den kommenden Monaten wird der Papst sich einigen ausschlaggebenden Problemen gegenüber sehen, die seine Glaubwürdigkeit endgültig untergraben könnten, die er aber auch zu seinem Vorteil nutzen könnte. 


Das erste Thema ist das der Vatican-Justiz. Der Riesen-Prozess im Fall des Investments des Staatssekretariates in eine Londoner Luxus-Immobilie birgt das Risiko, die Fehler in der Art aufzudecken, wie der Papst das Recht anwendet.  Der Prozess resultiert aus einer Summe von Untersuchungen, die der Papst direkt angeordnet hat, der auch von jeder Operation wußte. Außerdem hat die Art, wie vorgegangen wurde, die internationale Zusammenarbeit erheblich gefährdet. Wie werden die Richter des Vaticans weiter vorgehen? Werden sie durch Dokumentationen informiert oder werden sie bei der Handhabung des Themas ideologische Voreingenommenheit beweisen? Und wie wird der Papst daraus hervorgehen?  

Das zweite Thema ist das der Leitung der Kirche. Papst Franziskus hat alle Entscheidungen auf sich selbst konzentriert, dabei aber bisher auf nicht-institutionelle Weise operiert. Außerdem hat er die Institution abgebaut. Indem er die Kurien-reform aufgeschoben hat. die im Herbst abgeschlossen werden soll, ist der Papst schon vorangegangen und hat Entscheidungen selber getroffen, indem er Dikasterien demontiert unbd wieder aufgebaut hat und vor allen gut-eingearbeitete Teams aufgelöst -und effektiv das durchgesetzt hat, was eine Regel von Praedicate Evangelium ist. Alle Kurien-Mandate dauern 5 Jahre und können nur einmal  um weitere 5 verlängert werden. 

Das dritte Thema ist die Führung der Menschen. Es gibt keine Teams mehr, weil der Papst -indem er die Positionen herumschiebt, dazu neigt, alle auseinander  zu bringen. Aber ohne Teams kann man zwar einerseits Karrierismus vermeiden, aber andererseits gibt es das Problem, daß es einen Mangel an Kontinuität bei den Entscheidungen gibt. Es gibt keine Grund-Philosophie, weil kiner eine haben kann. Alles bezieht sich auf den Papst und auf den Papst allein. Was passiert, wenn der Papst unfähig wird, zu regieren? Wer wird an seiner Stelle entscheiden? 

Diese Themen sind fundamental, weil sie direkt das nächste Konklave betreffen. Die De-institutionallsierung hat z.B. zur Nicht-Erneuerung der Mandate der Apostolischen Kammer geführt. Es gibt einen Camerlengo, Kardinal Kevin J. Farrell, aber es nie berichtet worden, daß er vereidigt worden ist. Wenn der Papst plötzlich stirbt, gäbe es eine formale Macht-"Vakanz" die nicht unterschätzt werden sollte. 

Dann sind da die mehr ideologischen Themen. Viele hatten sich zugunsten von Papst Franziskus positioniert, in der Hoffnung daß er- pragmatischer als seine Vorgänger- gewillt wäre, einige der progrressiven Forderungen zu erfüllen. Aber- unglücklicherweise für sie- ist das bisher nicht passiert. Abgesehen von seinem Standpunkt in sozialen Fragen, die der Linken gefallen. ist der Papst bei traditionellen Themen fest bei seinem Standpunkt geblieben. 

Nicht nur bei Abtreibung ist der Papst immer kristallklar geblieben. Das Responsum der Glaubenskongregation zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare spricht auch für einen Papst Franziskus, der viel weniger progressiv ist als gedacht. 

Natürlich ist Papst Franziskus pragmatisch. Dennoch hat er die theologische Wende, die der progressive Flügel erwartet hat, nicht gebracht. Statt dessen hat er mehr Aufmerksamkeit auf einige soziale Themen gelegt; und er hat einige wenige Frauen mehr in die Organisationsstruktur des Vaticans aufgenommen, aber ohne wirklich viel zu ändern. 

Letztendlich scheint Papst Franbiskus für die progressive Welt ein Übergangspapst zu sein. Mit seinem Charisma und seinen Entscheidungen ist er ein Papst, der die Kirche an den Anfang einer neuen Ära führte. Andererseits aber ist Papst Franziskus für die traditionalistische Welt ein Beipiel, weil weder die Doktrin beiseite geschoben werden kann noch die 2000-jährige Geschichte der Kirche. 

Am Ende wird es nicht leicht sein, eine Bilanz des Pontifikates von Papst Franziskus zu ziehen, ohne auf die eine oder die anderes Seite gezogen zu werden. Das gilt auch für die zur Wahl eines Nachfolgers berufenen Kardinäle: Kardinäle, die Papst Franziskus getreu seinem "divide et impera"-Ansatz nie zum Dialog zusammenbrachte, sondern immer nur versammelte, um neue Kardinäle zu ernennen. Am Ende kennen sich die Kardinäle nicht. Und das wird bei der Wahl des nächsten Papstes entscheidend sein."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican 

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