Donnerstag, 24. März 2022

Die Erklärung von 500 Orthodoxen zur Lehre von der "Russischen Welt"

George Weigel kommentiert im Catholic World Report die Erklärung, die um die 500 prominetnen Vertreter der Orthodoxie zu der im derzeitigen Ukraine-Krieg als Rechtfertigung vorgebrachten Lehre von der "Russischen Welt". 
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                     "EIN ORTHODOXES ERWACHEN"

Die Erklärung zur Lehre der Russischen Welt, die von ca. 500 Orthodoxen Gelehrten unterzeichnet wurde, verurteilt sechs pseudotheologische Facetten der "Russischen Welt"-Lehre und weist sie zurück.

Seit Jahren haben zwei Führer der Russisch Orthodoxen Kirche, denen Papst Franziskus bei der Videokonferenz am 16. März begegnete - Kyrill, Patriarch von Moskau und ganz Rus und Metropolit Hilarion, Chefökumene-Beauftragter der Kirche, daran gearbeitet, Vladimir Putins Bemühungen zur Wiederherstellung einer Nachbildung der Sowjetunion im Namen einer Russkiy mir (Russische Welt)  unterstützt. Kyrills und Hilarions Bemühungen reichten von einer Fälschung der Geschichte des ostslawischen Christentums bis hin zur faktischen Seligsprechung von Präsident Putin als einer Figur, die von der Vorsehung dazu bestimmt war, die Welt vor westlicher Dekadenz und "Liberalismus“ zu retten. Zuletzt hat Kirill einen Angriffskrieg blasphemisch mit heiligen Ikonen gesegnet.

Dieses schändliche Unterfangen ist jetzt sehr zu Recht von einigen 500 Orthodoxen Gelehrten aus der gesamten Östlichen Christlichen Welt in einer Erklärung zur "Russische-Welt-Lehre" zurückgewiesen geworden.

Die Erklärung fährt damit fort, sechs pseudo-theologische Facetten der "Russischen Welt"-Ideologie zu verurteilen und zurückzuweisen:

Zuerst beklagen die Unterzeichner "jede Lehre, die versucht, das von Christus verkündete Königreich Gottes ...durch ein Königreich von dieser Welt -und sei es das Hl. Rus-, das Hl. Byzanz oder jedes andere irdische Königreich - zu ersetzen."



Zweitens weisen die Unterzeichner alle Regierungsformen zurück, die den Staat vergöttlichen (Theokratie) und die Kirche absorbieren, sie "ihrer Freiheit berauben, prophetisch gegen alle Ungerechtigkeit aufzustehen". Sie tadeln auch alle jene, die dem Caesaropapismus zustimmen, "der den Gehorsam gegenüber Christus dem Gehorsam gegenüber einem mit Regierungsgewalt bekleideten Führer unterordnen, der behauptet, Gottes Gesalbter zu sein, ob er unter dem Titel Caesar, Kaiser, Zar oder Präsident bekannt ist."

Drittens beklagen die Unterzeichner jede "Lehre, die einer einzelnen lokalen, nationalen oder ethnischen Identität göttliche Errichtung oder Autorität, besondere Heiligkeit oder Reinheit zuschreibt“ oder die „irgendeine bestimmte Kultur“ vergöttlicht, als antibiblisch und ketzerisch.

Viertens lehnen die Unterzeichner die Dämonisierung derer ab, die "anders“ sind, und verurteilen rundheraus "jede manichäische und gnostische Spaltung, die eine heilige orthodoxe östliche Kultur und ihr orthodoxes Volk über einen niedrigeren und unmoralischen ´Westen‘ erheben würde“.

Fünftens fordert die Erklärung orthodoxe Gläubige auf, authentische christliche Verantwortung für das öffentliche Leben zu übernehmen, während sie die Heuchelei russischer Kirchenmänner anprangert: "Wir tadeln diejenigen, die für den Frieden beten, während sie es versäumen, aktiv Frieden zu schließen, sei es aus Angst oder aus Mangel an Glauben.“

Und schließlich fordert die Erklärung, daß die russisch-orthodoxen Führer die Wahrheit nach dem Geist Christi verkünden sollen. Diejenigen, die sich weigern, "die Wahrheit zu sagen, oder aktiv die Wahrheit über [die] Übel zu [unterdrücken], die gegen das Evangelium Christi in der Ukraine begangen werden“, verurteilen sich selbst als Feiglinge, Lügner oder beides. Die Unterzeichner "verurteilen auch jedes Gerede vom "Bruderkrieg" oder von der "Wiederholung der Sünde Kains, der seinen Bruder aus Neid tötete“, wenn eine solche Verwendung biblischer Bilder nicht "ausdrücklich die mörderische Absicht und Schuld einer solchen Partei über eine andere anerkennt“ – mit anderen Worten, Russlands ungerechtfertigten Angriff auf die Ukraine.

Putins grausamer Krieg hat so viele Dinge auf der weltpolitischen Bühne verändert, daß seine Auswirkungen auf die östliche Christenheit übersehen werden könnten. Der möglicherweise dort stattfindende grundlegende Wandel ist jedoch aus zwei Gründen von großer Bedeutung.

Seit mehr als einem Jahrzehnt geht das Mobbing durch das russische Reich mit dem Mobbing anderer orthodoxer Gemeinschaften durch das Patriarchat von Moskau einher, das die Hegemonie in der orthodoxen Welt anstrebt. Aber aufgrund seines kleinmütigen Handelns seit dem Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar ist die moralische Autorität von Patriarch Kyrill jetzt im Keller. So wie Putins Raketen Mariupol zerschmettert haben, hat Kyrills Duldung der Barbarei den Kampf der Russischen Orthodoxie, Erste unter den Gleichen der Orthodoxen zu sein, zerschmettert. 

Die Erklärung zur "Russischen Welt“-Lehre eröffnet auch wichtige ökumenische Möglichkeiten, insbesondere bei der Förderung eines Dialogs über die Soziallehre zwischen Orthodoxie und Katholizismus. Durch die Putin/Kyrill-Dyade hat die alte byzantinische Vorstellung einer "Symphonie“ zwischen Kirche und Staat erneut zur Korruption der Kirche geführt, weil die russische Orthodoxie den Seelsorger des Zaren spielt. Die Unterzeichner der Erklärung verstehen das. Damit steht die Tür offen für einen kreativen ökumenischen Dialog über Kirche, Staat, Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft der Zukunft.

Man hofft, daß der Vatikan das irgendwann begreift."

Quelle: G.Weigel, CWR

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