Sonntag, 22. Mai 2022

König von Italien?

Sandro Magister kommentiert bei Settimo Cielo die derzeitige Wahrnehmung des amtierenden Pontifex in Italien - besonders im Hinblick auf sein Eingreifen in die Wahl des neuen Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz CEI.
Hier geht´s zum Original: klicken

"FRANZISKUS KÖNIG VON ITALIEN. IMMER MEHR HERRSCHER, IMMER WENIGER GELIEBT"

Wenn sich Montag, 23. Mai die in Rom versammelten italienischen Bischöfe zu ihrer Generalversammlung hinter verschlossenen Türen mit Papst Franziskus treffen, wissen sie schon, daß sie von ihm nicht nur das übliche Vorgekaute bekommen werden, sondern auch das Diktat zur Ernennung ihres neuen Präsidenten, als Ersatz für Kardinal Gualtieri Bassetti, der das Ende seines fünfjährigen Mandats erreicht hat.

In Übereinstimmung mit dem Statut werden die italienischen Bischöfe ein Trio von mit absoluter Mehrheit gewählten Kandidaten vorschlagen, aus denen der Papst den neuen Präsidenten auswählen und ernennen wird. 

Aber in der Praxis hat Franziskus seinen Favoriten bereits erkoren und schon verkündet- nicht der italienischen Bischofskonferenz sondern dem "Corriere della Sera" in dem gewagten Interview vom vergangenen 2. Mai, dem mit der NATO, die vor den russischen Toren bellt" daß es ein Kardinal sein wird, nicht bloß ein Bischof. 

Nicht nur das. Auf andere Weise hat er schon erkennen lassen, daß der Kardinal, den er zum Präsidenten ernennt, nicht älter als 754 Jahre alt sein wird, wenn sein Mandat 2027 ausläuft. 

Aus Gründen des Alters bedeutet das, daß nur drei Kardinäle im Spiel sind der Vikar von Rom Angelo De Donatis, 68,  der Erzbischof von Bologna Matteo Zuppi, 67, und der Erzbischof von Siena, Augusto Paolo Lojudice, 58. Drei Kandidaten, die de facto auf zwei reduziert wurden,- durch die Entfernung des Namens von De Donatis, der seit einigen Jahren beim Papst in Ungnade gefallen ist und wahrscheinlich eine Ausweichposition in der Römischen Kurie anstrebt. 

Für die beiden Verbliebenen sind die Wetten jetzt offen. In einem vorhergehenden Post hat sich Settimo Cielo auf Lojudice konzentriert, mit der Erwartung, daß der Papst ihn als Vikar nach Rom zurückberuft. Während jedermann darüber nachdenkt, daß Zuppis Ziel eher die Wahl zum Papst als der Vorsitz der CEI ist. 

Die oben erwähnte Altersbegrenzung bindet nicht nur die CEI sondern alle Bischofskonferenzen der Welt, bei denen die Ernennung des betreffenden Präsidenten nicht dem Papst obliegt, sondern curch Wahl erfolgt. 

Das wurde durch einen Brief festgelegt, den im vergangenen März Kardinal Marc Ouellet, der Präfekt der Bischofskongregation, an die Bischofskonferenzen der Länder des Westens und Amerikas geschickt hat, oder durch Kardinal Luis Augusto Gokim Tagle, Präfekt der Kongregation zur Evangelisierung der Völker, an die Bischofskonferenzen der Missionsländer. 


Die erste Bischofskonferenz, die die neuen Regeln für die Wahl ihres Präsidenten angewandt hat, war in der zweiten Mai-Woche die Australische.

Jetzt ist Italien dran. Aber hier ist der exakte Wortlaut dessen, was der Brief vorschreibt, die 5 Schlüsselparagraphen, die hier erstmals veröffentlicht werden: 

"In den verschiedenen Bischofskonferenzen ist die Praxis ihre Vorsitzenden unter den Diözesanbischöfen zu wählen, die das 75. Lebensjahr vollendet oder fast vollendet haben, immer weiter verbreitet. Angesichts der Wahl der Bischöfe in Verbindung mit dem Einreichen ihres Rücktritts aus Altersgründen nach Kanon 401, §1 CIC, haben sie  den Hl. Vater oft um die Verlängerung ihres diözesanen Amtes bis zum Auslaufen ihres Mandats der jeweiligen Bischofskonferenz gebeten.

"Diese Praxis hat eine solche Dimension erreicht, daß sie in unterschiedlicher Hinsicht, die Entscheidungsfreiheit des Hl. Vaters bei der Annahme des Rücktritts beeinflußt und so die ordnungsgemäße Anwendung von Kanon  401 §1 CIC zweifelhaft werden läßt. In der Tat haben die Entscheidungen, die in der Vergangenheit zu den Vorschlägen dieses Dicasteriums in einzelnen Fällen bei den verschiedenen Diözesen die unzulässige und allgemeine Erwartung auf eine Fortsetzung der Diözesan-Ämter trotz der Altersbegrenzung hervorgerufen. Deshalb sage ich Ihnen nach sorgfältiger Überlegung das Folgende:

"Wenn der Präsident und der stellvertretende Präsident der Bischofskonferenz das diözesane Amt nicht mehr innehaben, treten sie vom Tag der Veröffentlichung der Annahmen eines solchen Rücktritts durch den Römischen Pontifex auch vom Amt des Präsidenten oder des Vizepräsidenten der Bischofskonferenz zurück (s. Rundbrief der Bischofskongregation an die Präsidenten der Bischofskonferenzen zur Revision ihrer Statuten, 13. Mai 1999, Nr.7)."

"Um eine Vakanz in der Führung der Leitungsämter der Bischofskonferenzen vor dem natürlichen Ende des Mandats zu vermeiden, muß ohne Ausnahme vermieden werden, daß Diözesanbischöfe, die bereits das 75. Lebensjahr vollendet haben zum Präsidenten oder Vizepräsidenten der Bischofskonferenzen gewählt werden (s. Kanon 401. §1 CIC, Art. 1 des Apostolischen Briefes in Form eines motu proprio "Imparare a congedarsi").

Schließlich -um die freie Annahme des Rücktritts durch den Hl. Vater nicht unangemessen zu beeinflussen, werden die Bischofskonferenzen freundlich gebeten, nicht Diözesan-Bischöfe für das Amt des Präsidenten oder Vizepräsidenten der Bischofskonferenz zu wählen, die während ihrer Amtszeit (des Wahlamtes) 75 Jahre alt werden."

Natürlich tut Papst Franziskus, was er will. Am 13. Mai hat er als neuen Metropolitan-Erzbischof an Stelle von Kardinal Dominik Duka, den 74-jährigen Jan Graubner ernannt, der jenen 75 Jahren, dem vorgeschriebenen Rücktrittsalter schon sehr nahe ist.

Aber bei den Italienischen Bischöfen hat er schon entschieden, wie er vorgehen will. Er hat bereits den Weg für den Präsidenten, den er ernennen will frei gemacht, indem er ihn vom aktuellen Generalsekretär Stefano Russo befreite, der am 7. Mai in die Diözese Velletri Segni versetzt wurde. Und er hat- wieder durch den Corriere della Sera- bekannt gemacht, daß der neue Präsident sich einen Sekretär selbst aussuchen kann, von dem "er sagen kann: ich will mit diesem Menschen arbeiten."

Weil das in der Vergangenheit nicht der Fall war. Seit er Papst ist, hat PApst Jorge Mario Bergoglio selbst die Generalsekretäre der CEI gemacht. 

Das erste mal passierte das Mariano Crociata, den er Ende 2013 abrupt entließ und dem er die bescheidene Diözese Latina-Terracina-Sezze-Priverno zuteilte.

Den zweiten, Nunzio Galantino, ernannte er und benutzte ihn dann als seinen Schläger gegen die CEI selbst, zum Teil, weil die Beziehungen zwischen dem Papst und der Bischofskonferenz bald zusammenbrachen, insbesondere aufgrund der Gleichgültigkeit, mit der die Bischöfe die Tadel-Rede des Papstes in Florenz im Jahr 2015 und dann seinen Vorschlag, eine nationale Synode in Gang zu setzen, aufnahmen. 

Der Dritte, Stefano Russo - von Franziskus 2018 ausgewählt und ernannt, erfüllte nicht die Erwartungen des Papstes, zunehmend im Widerstreit zur CEI und ihrem Präsidenten Bassetti. 

Der Papst ermöglichte es weder Galantino - später in den Vatican berufen, um der APSA vorzusitzen, noch Russo erlaubt, ihre fünfjährige Amtszeit zu Ende zu bringen, die er zur Vollendung Kardinal Bassetti überließ. der 2017 ernannt wurde, aber bald in Ungnade fiel und am Ende offen gedemütigt wurde- wieder in Florenz, als der Papst sich weigerte, dorthin zu fahren um das Treffen des Kirchen des Mittelmeerraumes zu beschließen oder wenigstens zu grüßen, das dem scheidenden Präsidenten der CEI so lieb war. 

Aber jetzt, wo Bergoglio sich beider entledigt hat, wird es spannend werden zu sehen, wer das Paar- Präsident und Sekretär- bilden wird, dem er die "nette Veränderung" anvertrauen will, die er endlich erwartet, wie er ebenfalls dem "Corriere" verkündete. 

Zur Abfolge der oben aufgezählten Mißhandlungen kann der Schlag hinzugefügt werden, den Franziskus einem anderen früheren Generalsekretär der CEI, dem jetzt 86 -jährigen Ennio Antonelli,  verabreichte, der von Johannes Paul II zum Erzbischof von Florenz und Kardinal befördert wurde und schließlich von Benedikt XVI berufen wurde, dem päpstlichen Rat für die Familie vorzustehen. Bei der Familien-Synode von 2014 erlaubte Franziskus Antonelli - trotz seines Expertise für dieses Thema- nicht teilzunehmen, einfach nur, weil er sich gegen die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener ausgesprochen hatte, die der Papst um jeden Preis wollte. 

Bei Familien-Themen hat Franziskus die italienische Bischofskonferenz immer sehr schlecht behandelt. 

Nach der Vollversammlung im vergangenen November hat der Papst sogar eine Kommission  eingesetzt- unter dem Vorsitz des Spaniers Alejandro Aureliano Cedillo, Dekan der Rota Romana- um eine um die andere die mehr als 200 Diözesen zu inspizieren und sicherzustellen, ob sie dem was er bezgl. der Ehe-Annullierungsprozesse wollte, gehorchten oder nicht.

Auf diesem Gebiet war die Italienische Kirche lange weltweit eine der am besten organisierten, mit ihrem Netzwerk gut funktionierender Gerichte und sehr begrenzten Kosten des Prozesses- von maximal 525 €  bis zu gänzlich kostenfrei- je nach Lebensstandard der Antragssteller. Es gibt in anderen Gegenden des Planeten nichts Vergleichbares, wo es manchmal keine Gerichte gibt, besonders in Lateinamerika, dem Kontinent, von dem der Papst kommt. 

Aber Franziskus strebte eine unproportionierte Ausbreitung der Gewährung von Annullierungen an. Und um das zu erreichen, setzt das motu proprio "Mitis iudex" vom August 2015 mit seinen nachfolgenden Anwendungsdekreten fest, daß er die Bewertung und Beurteilung der Annullierungsfälle nicht länger den regionalen Kirchengerichten mit ihren Richtern und Anwälten und allen Gesetzen anvertrauen wollte sondern den einzelnen Bischöfen - als Hirten "und deshalb Richtern" ihrer Gläubigen die Aufgabe Annullierungsfälle zu bewerten, Urteile zu fällen- in drastisch verkürzten Prozeduren und mit nichtjuristischen Mitteln, für die Antragssteller absolut kostenfrei. 

Die CEI hat versucht, dieses Debakel abzuwenden, und sogar eine Persönlichkeit wie der von Franziskus hoch angesehene deutsche Kardinal und Theologe Walter Kasper war über "eine Ausweitung der Annullierungsprozesse alarmiert, die den gefährlichen Eindruck erwecken würden, daß die Kirche unehrlich vorgeht und das was sie gewährt, in Wirklichkeit Scheidungen sind." 

Aber da war nichts zu machen. Franziskus war über die Tatsache erfreut, daß in einigen wenigen italienischen Regionen, besonders im Süden, einige Diözesen begonnen haben. diesen Weg allein zu gehen, indem sie ihre eigenen Gerichte installierten, wenngleich -wegen des Fehlens kompetenten Personals fast überall mit katastrophalen Ergebnissen.

Und jetzt will er, daß es so überall sein soll. Mit herabregnenden Annullierungsurteilen , die immer mehr der Annullierung gescheiterter Ehen ähneln- praktisch also einer "katholischen Scheidung". 

Zurück zur Ernennung des neuen Präsidenten der CEI, hier veröffentlichen wir erstmalig die Resultate der Wahl Mitte Mai 2017, die die drei Kandidaten hervorbrachte, aus denen der Papst dann Kardinal Bassetti auswählte. 

Erste Abstimmung für den ersten Kandidaten des Trios, 226 Wähler

Franco Giulio Brambilla 44
Gualtiero Bassetti 44
Francesco Montenegro 34
Giuseppe Betoni 20
Bruno Forte 15
Matteo Maria Zuppi 12
Mario Meni 9...

Zweiter Wahlgang für den ersten Kandidaten des Trios, 228 Wähler
Bassetti 72
Brambilla 59
Montenegro 42
Betoni 17
Forte 9,
Zuppi 6 ...

Stichwahl:
Bassetti 134 (gewählt)
Brambilla 86
5 leere Wahlzettel, 1 ungültiger
(...)

Franco Giulio Brambilla, seit 2011 Bischof von Novara, Vizepräsident der CEI von 2015 bis 2021 und zuvor Professor für Christologie und Dekan der Theologischen Fakultät vom Mailand, war der Autor der von Settimo Cielo 2020 veröffentlichten Beitrags zur Interpretation der II. Vaticanischen  Konzils zu Beginn der erinnerungswürdigen  Weihnachts-Ansprache vom 22. Dezember, in der Benedikt XVI für eine "Reform in Kontinuität" plädierte. 

Zu den Theologen des 20. Jahrhunderts, die von Brambilla am eingehendsten studiert wurden, gehören Schillebeeckx, Karl Rahner und Hans Urs von Balthasar, die sicher nicht zu den Traditionalisten gehören, denen auch er immer fern stand. Ein weiterer Grund dafür den Ernst der Lage zu erkennen, ist daß er - im selben Beitrag- auch Kriterien für Historizität akzeptiert, die vom "konservativen" Kardinal Walter Brandmüller angesichts der "vielen Banalitäten" über das Konzil vertreten werden."

Quelle: S. Magister, Settimo Cielo

  

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