Donnerstag, 25. August 2022

Könnte Latein die Traditionalisten mit dem Novus Ordo versöhnen?

Peter Kwasniewski hat bei OnePeterFive einen Artikel über Bemühungen die Novue-Ordo-Messe durch die Verwendung von Latein aufzuwerten veröffentlicht. 
Hier geht´s zum Original:  klicken

"DER LATEINISCHE NOVUS ORDO IST NICHT DIE LÖSUNG" 

In der Folge von Traditionis Custodes haben einige den gutgläubigen Vorschlag gemacht, daß eine Lösung für eine Zukunft ohne die traditionelle Lateinische Messe wäre- den Novus Ordo in Latein zu machen. 

Das geht aus verschiedenen Gründen nicht,

Erstens unterscheiden sich die Meßbücher erheblich. Man muß sie nur vergleichen, um zu sehen, dap die Messe-Ordnung und die Proprien der Messe sich stark unterscheiden. Hier ist Matthew Hazels Artikel ein Klassiker, der zeigt, daß nur 13% der Optionen des alten Missales unverändert im neuen zu finden sind ( und nicht 17%, eine an sich schon niedrige Zahl, zu der Fr. Anthony Cekada gekommen ist, die sich bei genauerem Hinsehen aber als zu großzügig erweist). 

Wie ich in meinem Buch The Once and Future Roman Rite: Returning to the Traditional Latin Liturgy after Seventy Years of Exile (das bei TAN Books im frühen Oktober 2022 erscheint), haben wir es hier nicht mit zwei Versionen des Römischen Ritus zu tun, sondern mit zwei Riten: der Römische Ritus und wie auch immer man den anderen nennt- der "modernen Ritus" oder der "Vaticanische Ritus" oder der "Paulinische Ritus" Pauls VI. Wenn sich jemand zufällig über den modernen Ritus in Latein freut, soll er ihn unbedingt haben; aber er ist kein Ersatz für die TLM und keiner, der die TLM auch nur ein biußche  kennt, könnte das tun. 

Zweitens wurde die neue Liturgie von ihren Architekten und Durchsetzern nie dazu gedacht, in Latein gefeiert zu werden. Papst Paul VI hat bei seinen unrühmlichen Generalaudienzen im März 1965 und im November 1969  dem Latein Adieu gesagt (und mit ihm dem Gregorianischen Gesang) - wie ichcin einer Vorlesung diskutiert habe, die eines der Kapitel meines neuen Buches geworden ist.
Am 19. November 1969 erklärte er:

Die Einführung der Alltagssprache wird sicher für diejenigen ein großes Opfer sein, die die Schönheit, die Kraft und ausdrucksvolle Sakralität des Lateins kennen. Wir trennen uns von der Sprache der Christlichen Jahrhundert; wir werden wie profane Eindringlinge in das sprachliche Gebiet sakraler Äußerungen. Wir haben wirklich Grund zum Bedauern, Grund fast für Verwirrung. Was können wird an die Stelle dieser Sprache der Engel setzen? Wir geben etwas von unbegrenztem Wert auf. Aber warum? Was ist wertvoller als diese erhabensten unserer Kirchenwerte? 

Die Antwort wird banal, prosaisch scheinen. Dennoch ist sie eine gute Antwort, weil sie menschlich ist, weil sie apostolisch ist. Das Verstehen des Gebets ist mehr wert als die seidenen Gewänder, in die sie königlich gekleidet ist. Die Teilnahme des Volkes ist mehr wert, besonders die Teilnahme der modernen Leute, die die einfache Sprache so lieben, die leicht verständlich ist und schnell in die Alltagssprache umgewandelt werden kann. 

Das ist der selbe Papst der nur 5 Jahre später - in einem Augenblick der Melancholie und ungeplanter Selbstkritik -feststellte: "Der moderne Mensch  ist von Reden gesättigt; er ist offensichtlich des Zuhörens überdrüssig und, was noch schlimmer ist, unzugänglich für Worte.“

In dem Türstopper-großen Buch "Dokumente zur Liturgie 1963-1979" kann man hunderte von Hinweisen auf die Messe in der Alltagssprache und kaum eine Bezugnahme auf die Lateinische Messe finden. Die Lateinische editio typica vom Missale Romanum Pauls VI wurde von allen verstanden -außer vielleicht vom Opus-Dei-Klerus, als Ausgangspunkt für die Vielzahl der landessprachlichen Versionen. Das kann man sagen, weil das Latein selbst durchweg klobig und unbeholfen ist; es ist ein Ausschussprodukt, das für praktische Extrapolationen bestimmt ist.

Drittens, und das geht tiefer in die Sache hinein, ist der Novus Ordo tatsächlich für eine Art unmittelbaren rationalen Verstehens und aktives Engagement gebaut, das der traditionellen Liturgie fremd ist, die in einer archaischen sakralen Sprache gehalten wird, wo vieles, das gesagt und getan wird überhaupt nicht für oder gegenüber der Gemeinde gesagt und getan wird, und wo das Eingeholtsein in das größere liturgische Geschehen die Hauptsache ist: die "Schaffung einer Präsenz“.

Niemand hat die starken sprachlichen Unterschiede zwischen den Riten besser analysiert als Dr. Joseph Shaw von der Latin Mass Society of England and Wales und mein Mitherausgeberkollege bei OnePeterFive. In einer meisterhaften fünfteiligen Serie auf seinem Blog LMS Chairman erklärt Dr. Shaw, warum die "Reform der Reform“ (ROTR) tot im Wasser lag, noch bevor sie begann (und bevor sie von Papst Franziskus für die gute Wirkung eingeschläfert wurde). . Hier möchte ich einige der wichtigsten Punkte aufgreifen, die er anführt.


In Teil 1 "Der Tod der Reform der Reform?" führt Shaw in sein Hauptargument ein: 

 - Ich bin für Latein, die Anbetung ad orientem und so ziemlich alles, was der RotR fördert, es ist mir klar, daß die Schwierigkeit, sie dem Novus Ordo aufzuzwingen, nicht nur eine Frage der Pfarrgewohnheiten ist. Das Problem bei der Annäherung der Texte und Zeremonien an die traditionelle Messe liegt nicht nur darin, wie viele Änderungen man vornehmen müsste. Das Problem ist, daß der Novus Ordo sein eigenes Ethos, seine eigene Logik und Spiritualität hat. Es verkörpert sein eigenes Verständnis dessen, was liturgische Teilnahme ist. Um diese Art der Teilnahme zu fördern, wurden die verschiedenen Texte und Zeremonien so abgehalten, wie sie sind. Wenn man es ins Lateinische setzt, ad orientem und vor allem, wenn man anfängt Dinge haben, die derzeit nicht erlaubt sind, wie der stille Kanon, dann untergraben Sie die Art der Teilnahme, für die der Novus Ordo konzipiert wurde. Das bedeutet, daß bei der Förderung von etwas, das auf einen Kompromiss zwischen den beiden Messbüchern hinausläuft, die Gefahr besteht, zwischen zwei Stühle zu geraten.

In Teil 2 von "Liturgische Bewegung" stellt Shaw fest, daß die Beweger und Schüttler der Liturgischen Bewegung darüber frustriert waren, daß die Menschen vor dem Konzil sich nicht mehr für die Liturgie interessierten (laut der wohl erleuchteten Wahrnehmungen, dessen wie das "darin-sein" aussehen sollte). Das arme Volk hat ihren Inhalt nicht verstanden -so wie es die Experten selbst taten- die fließend Latein sprachen und viel Zeit zum studieren hatten usw. Nachdem sie mit dem erzieherischen Zugang ungeduldig geworden waren, haben sie eine gröbere Methode ausprobiert.

- Einige Liturgiker unternahmen einen letzten Versuch, den Gläubigen die wunderbaren Texte der alten liturgischen Tradition zu vermitteln. Sie experimentierten damit, die Messe den Menschen zuzuwenden, damit jeder sehen konnte, was vor sich ging. Dann erkannten sie, daß man, wenn man möchte, daß die Leute die Texte verstehen, wirklich viel besser dran ist, die Texte laut und in der Umgangssprache vorlesen zu lassen. Das liegt auf der Hand! Aber es ging weiter. Selbst laut und auf Englisch waren die Texte zu lang, zu kompliziert. Tatsächlich diente die Übersetzung in die Umgangssprache lediglich dazu, zu betonen, daß diese Texte für den wiederholten Gebrauch in der Muttersprache der Versammlung ungeeignet waren. Außerdem war die Reihenfolge, in der die Dinge passierten, verwirrend und (anscheinend) unlogisch. Und dann gab es andere theologische Moden, die die Betonung von Sünde, Buße und den Heiligen nicht mochten. Es musste alles weg.

Was wir stattdessen bekamen, war ein Messbuch, dem die Gläubigen Wort für Wort folgen konnten, ohne (nach einer Weile) Handmessbücher zu benötigen. Die Gebete waren einfach, die Zeremonien kurz und auf den Punkt gebracht und (scheinbar) logisch. In der Volkssprache. Sie stand den Menschen gegenüber. Die Übersetzung verwendete, wo immer möglich, einsilbige Wörter. Es passte alles zusammen.

Jetzt - wenn die ROTR-Leute auf das Ergebnis schauen, fühle sie daß es einen großen Mangel:

Etwas fehlt bei der Messe, die Sakralität ist weg. Also wollen sie etwas Sakralität zurückbringen. Sie sehen die Dinge, die am meisten mit der Traditionellen Messen verbunden sind und wollen sie zurück bringen. Also schlagen sie vor- und praktizieren es auch- den Gebrauch des Lateinischen und die Zelebration ad orientem., Gregorianische Gesänge und so weiter. Das sind alles gute Dinge. Aber wenn die Reformer sagten, daß sie zum Wohl der Verständlichkeit geopfert werden mußten. hatten sie nicht ganz unrecht. Wenn man an das Wort-für-Wort-Verstehen, verbale Kommunikation denkt. ist es vollkommen wahr-daß- außer man ist ein übermenschlicher Latinist- ist es schwerer dem Kanon in Latein zu folgen als in Englisch. Außer man ist ein Lippenleser ist es noch schwieriger wenn es still ist. Außer man hat Röntgen-Augen, ist es noch schwerer, wenn der Priester einem den Rücken zuwendet.
Papst Paul VI berühmter Ausspruch - bei dem er einen Satz Jungmanns benutzte, daß Latein ein "Vorhang" sei, der die Liturgie verdunkelt, so daß er hzurück gezogen werden mußte. Ja, wenn man ein sehr enges Verständnis von Teilnahme hat, Aber das ist das Verständnis von Teilnahme, auf dem die ganze Reform beruht.

In Teil 3 "Sitzen zwischen zwei Stühlen" stellt Shaw ausdrücklich die Vermutungen der Reformer an und warum sie sich irren. Er erklärt dann. was passiert, wenn man mischt und anpaßt:

- Der Novus Ordo ist auf das verbale Verstehen ausgerichtet. Es mag an anderen Dingen mangeln – das sagen uns die Reform der Reform-Leute sicherlich –, aber in Bezug auf das Verständnis der liturgischen Texte muss gesagt werden, daß es ziemlich erfolgreich ist. Sie werden gut und deutlich in der eigenen Muttersprache gelesen (zumindest für diejenigen von uns, die eine Hauptsprache als Muttersprache haben und dort leben, wo sie Amtssprache ist); der Wortschatz (zumindest bis zur Neuübersetzung) ist nicht anspruchsvoll. Ja, wir verstehen die Botschaft auf intellektueller, Wort-für-Wort-Ebene.

Zu sagen, daß der Vetus Ordo auf einer anderen Ebene operiert, ist eine Feststellung des Offensichtlichen. Sie können nicht einmal die wichtigsten Teile hören – sie werden lautlos gesagt. Wenn man sie hören könnte, wären sie auf Latein. Und doch hat das irgendwie seine Anhänger. Es kommuniziert etwas, nicht trotz dieser Barrieren für die verbale Kommunikation, sondern durch genau die Dinge, die eindeutig Barrieren für die verbale Kommunikation sind. Das Schweigen und das Lateinische gehören in der Tat zu den wirksamsten Mitteln, die der Vetus Ordo einsetzt, um das mitzuteilen, was er mitteilt: das mysterium tremendum, die erstaunliche Wirklichkeit Gottes, die in der Liturgie vergegenwärtigt wird.

Bitte lesen Sie den Rest des Artikels, in dem ich hier darauf verzichte , zu zitieren, nur zn zu verhindern, daß mein Artikel über alle Leserlichkeit hinaus aufgeblasen wird.

In Teil 4 "Novus Ordo in Latein?" verbindet Shaw seinen verschiedenen Punkte zusammen:

Ein Kompromiss- Missale mit dem besten aus der Ordentlichen und der Außerordentlichen Form könnte aich als etwas herausstellen, das den Gläubigen nicht gestattet, sich eirkungsvoll darin zu engagieren- sei es in der typischen Traditionellen Form oder nach der typischen Novus Ordo-Form.

Die Idee ist, daß man die Teilnahme an der traditionellen lateinischen Messe erleichtern könne, indem man verschiedene Änderungen vornimmt – die Umgangssprache verwendet, stille Gebete laut macht, den Priester den Menschen zugewendet – basiert auf der Idee, daß es nur eine Art sinnvoller Teilnahme gibt, und das ist eine intellektuelle, verbale Teilnahme: ein Verständnis der Liturgie durch ein Erfassen der liturgischen Texte Wort für Wort, wie sie gesagt werden. Aber wie gesagt, dem ist nicht so…

Ich habe auch davor gewarnt, daß etwas Ähnliches auch in der anderen Richtung passieren kann. Wenn man den Novus Ordo nimmt und z. B. Latein einfügt, nimmt man sofort viel von dem intellektuellen, verbalen Engagement, für das das Missale von 1970 entworfen wurde. Will man ein Gefühl für das Heilige schaffen, um das zu kompensieren? Vielleicht. Aber der ganze Ritus ist aus dieser Sicht falsch aufgebaut, und die meisten Katholiken in der Kirchenbank werden es überhaupt nicht offensichtlich finden, wie sie sich erlauben sollen, sich auf angemessene Weise damit auseinanderzusetzen, im Kontext der gemischten Signale, die sie von den Zeremonien und Texten bekommen….

-  Wenn wir über die Zukunft sprechen, darüber, was es für eine Chance gibt, wirklich mit der Masse der gewöhnlichen Katholiken zusammenzuarbeiten, so basiert die Reform der Reform auf einem schrecklichen Fehler. Der Fehler besteht darin anzunehmen, daß man das Attraktive an einer Form bewahren könne, während man es mit dem Attraktiven an der anderen kombiniert. Das kann man nicht, weil sie nicht kompatibel sind…. In der außerordentlichen Form sind es gerade die Dinge, die die verbale Kommunikation erschweren, die die nonverbale Kommunikation erleichtern: Latein, Schweigen, Anbetung ad orientem und so weiter. Ein Versuch, die verbale Kommunikation in der EF zu verstärken, wird das zerstören, was sie attraktiv macht.

- In ähnlicher Weise wird ein Versuch, mehr „Gefühl für das Heilige“ in das OF einzubringen, sein großes Verkaufsargument radikal reduzieren: die Leichtigkeit der verbalen Kommunikation. Ich sage nicht, dass es keine gute Idee ist, es zu versuchen, ich sage nur, dass Sie furchtbar vorsichtig sein müssen.
Fortsetzung folgt....

Quelle: P. Kwasniewski, OnePeterFive
 

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