Montag, 28. November 2022

Die DBK im Trotz-Modus

Luisella Scrosati setzt sich in La Nuova Bussola Quotidiana mit dem Ausgang und Nachwirkungen des Ad-Limina-Besuchs der DBK in Rom und spricht -wie viele Italiener- unverhohlen von einer "Rückkehr Luthers".  Hier geht´s zum Original:  klicken

DIE RÜCKKEHR LUTHERS

"DIE DEUTSCHE SYNODE GEHT TROTZ ROM WEITER"

Nach dem römischen Treffen über den deutschen synodalen Weg lehnten die deutschen Bischöfe das von Kardinal Ouellet geforderte Moratorium für Vorschläge ab, die darauf abzielen, die Moral und das Priestertum zu kippen. Die 800.000 Mitarbeiter der deutschen Kirche müssen derweil keinen Moralkodex mehr unterschreiben.

Am vergangenen 24. November veröffentlichte der Osservatore Romano die vollständigen Beiträge des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Msgr. Georg Bätzing, des Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre, Kard. Francisco Ladaria Ferrer und des Präfekten des Dikasteriums für die Bischöfe, Kard. Marc Ouellet während des Treffens im Institutum Augustinianum zwischen den Leitern einiger Dikasterien der Römischen Kurie und den mehr als sechzig Bischöfen der katholischen Kirche in Deutschland, die zum "Ad-limina"-Besuch nach Rom gekommen waren (siehe hier).

Die wirkliche Neuigkeit, die in den veröffentlichten Texten enthalten ist, ist die Forderung nach einem Moratorium, die von Kardinal Ouellet  vorgebracht wurde.zu den Vorschlägen, die in den verschiedenen Dokumenten des Synodalen Weges schwarz auf weiß formuliert sind: sieben ziemlich substanzielle Texte, die Bätzing in seiner Rede präzisieren wollte und erklärte, daß sie "von mehr als zwei Dritteln der Bischöfe, sogar bis zu 85 Prozent" angenommen worden seien. Oullet erklärte, daß dieses Moratorium "uns   im Hinblick auf "eine substanzielle Überprüfung, die später durchgeführt werden soll,notwendig erscheint"
Und er fügte hinzu, daß "der Hauptgrund für dieses Moratorium die Sorge um die Einheit der Kirche ist". Oullet verheimlichte nicht, daß das, was auf der deutschen Synode herauskam, "eine grundlegende Veränderung darstellt, die ernsthafte Besorgnis hervorruft", und viele unter den Gläubigen und Beobachtern haben angesichts ihres Abdriftens ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht. Die Abschaffung des Zölibats, die Ordination von viri probati und Frauen, die moralische Aufwertung von Homosexualität und Offenheit für die Gendertheorie sowie die Abwertung der bischöflichen Macht waren die Kernpunkte der "Agenda einer begrenzten Gruppe von Theologen vor einigen Jahrzehnten", die "plötzlich zum Mehrheitsvorschlag des deutschen Episkopats" geworden ist.


Die Intervention von Kardinal Ladaria war zurückhaltender und er zog es vor, sich in die Linie der Unterbreitung von Vorschlägen für den Synodalen Weg zu stellen, anstatt Korrekturen zu fordern. Der Präfekt forderte die Bischöfe auf, wirklich in Gemeinschaft mit der Weltkirche zu stehen, und dabei "fünf spezifische Anliegen, die sich aus einer sorgfältigen Lektüre der bisher auf Ihrem synodalen Weg besprochenen Texte ergeben“, ernsthaft zu berücksichtigen. Die erste Kritik betrifft die «literarische Gattung der Texte». Kardinal Müllers Nachfolger wies darauf hin, daß es viele Passagen mit „allgemeinen Aussagen über die im heiligen Volk Gottes vertretenden Positionen, Anspielungen auf wissenschaftliche und soziologische Beweise, Verwendung von immer noch diskutierten und fragwürdigen exegetischen Ergebnissen, Aussagen ohne Zögern des Endes gibt der Metaphysik und die Verfinsterung aller Wahrheit". Ladaria äußerte sich auch besorgt über die Verbindung zwischen dem Phänomen des Missbrauchs und dem Wunsch, die Struktur der Kirche zu ändern; Oullet wies auch deutlicher darauf hin, wie die Frage des Missbrauchs als Vorwand für die Forderung nach strukturellen Veränderungen erscheint.

Außerdem problematisierte der Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre "den allgemeinen Eindruck", daß es in den Texten in Bezug auf die Sicht der menschlichen Sexualität seitens des Lehramtes "in der Lehre der Kirche fast nichts zu retten gibt". Gemeint ist vor allem die Lehramtliche Neubewertung von Homosexualität, in der homosexuelles Verhalten faktisch geklärt wird. Ladaria legte auch den Finger in die Wunde der Forderung der Frauenordination, eine Forderung, die "unter eine partizipatorischen Hermeneutik der lehramtlichen Positionen" gestellt wird und zeigt, daß nicht verstanden wird, was ein für allemal für die Ordinatio sacerdotalis festgelegt wurde. Schließlich tadelte er die deutsche Synode für einem unzureichendes Verständnis der apostolischen Sukzession.

Bätzing klammerte sich zunächst an eine Interpretation des Briefes von Papst Franziskus vom 29. Juni 2019. In den Worten des Papstes las er nämlich die Aussicht auf einen "epochalen Wendepunkt des radikalen Wandels", dem "wir uns voll und ganz anschließen", und beklagte gleichzeitig, daß darin "kein Hinweis auf den wahren Ausgangspunkt des synodalen Weges, nämlich den sexuellen Missbrauch", gegeben worden sei. Laut dem Bischof von Limburg, der berichtete, daß der Papst während der Audienz am Vortag sagte, daß "die Kirche in Spannungen lebt, aus diesem Grund sind Spannungen Teil einer lebendigen Kirche in Bewegung", ernsthaft das Problem des Missbrauchs anzugehen bedeute auch, "sich mit der Macht in der katholischen Kirche auseinanderzusetzen, über die katholische Sexualmoral zu sprechen und über den priesterlichen Lebensstil nachzudenken". Hinzu komme "noch die Frage nach der Rolle der Frau in der Kirche".

Bätzing hat die Idee zurückgewiesen, daß die Kirche in Deutschland ein Schisma anstrebt, scheint aber gleichzeitig nicht sehr bereit zu sein, ihre Schritte zurückzuverfolgen. Der Sinn des interdikasteriellen Treffens bestand seiner Meinung nach einfach darin, "Gesprächspartner zu finden, die uns helfen, diese aktuellen Spannungen zu unterstützen und zu gestalten", mit der Sorge, -versteckt hinter einer versteckten Drohung, daß "eine zu schnelle 'Auflösung' von Spannungen zu Spaltungen führen könnte, die niemandem nützen würden". Der letzte Satz von Bätzings Rede weist unverblümt darauf hin, daß die deutschen Bischöfe nicht nach Rom gekommen sind, um Orden entgegenzunehmen: "Und jetzt erwarten wir mit Freude Fragen, Impulse zum Vorankommen und einen brüderlichen Austausch."

Die Interventionen der Kardinäle dürften von den meisten Bischöfen und den Kadern des Synodalen Wegs nicht besonders geschätzt worden sein. Die Reaktion der Präsidentin des sehr wichtigen Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, zeigt, daß Roms Befürchtungen vor einem Schisma nicht so weit hergeholt sind: "Die grundsätzliche Kritik am synodalen Weg empört nicht nur die deutschen Bischöfe, die Reformen überwiegend für notwendig halten. Diese Kritik respektiert auch nicht die Ungeduld vieler Katholiken gegenüber der Kirche. Das "geduldige Volk Gottes", das im Text beschworen und gepriesen wird, existiert nicht mehr. Die Präsidentin verrät der Presse, daß sich der Antrag auf ein Moratorium in nichts aufgelöst haben muss, da sie den deutschen Bischöfen dafür dankt, dass sie "ein Moratorium auf dem synodalen Weg in Deutschland verhindern konnten". Und sie fügt hinzu: "Offensichtlich war es ein dringender Wunsch einiger Kardinäle in Rom, den Reformdialog und die synodalen Beratungen und Entscheidungen sofort zu unterbrechen. Das zeigt mir, wie wichtig es sein wird, unsere Agenda klar in die Weltsynode zu bringen." Daran hatten wir keinen Zweifel.

Ein ausdrückliches konkretes Signal an Rom ist die Entscheidung der deutschen Bischöfe, unmittelbar nach ihrer Rückkehr von ihrem Ad-limina-Besuch, das Arbeitsrecht für alle Mitarbeiter kirchlicher Strukturen in Deutschland zu ändern. Mit der Grundordnung des kirchlichen Dienstes vom 22. November, die von 2/3 der im Plenum anwesenden Bischöfe beschlossen wurde, müssen die mehr als 800.000 Mitarbeiter keinen Moralkodex mehr akzeptieren. Nach der neuen Gesetzgebung können "alle Mitarbeiter Vertreter der bedingungslosen Liebe Gottes und damit einer Kirche im Dienst der Menschen sein, unabhängig von ihren spezifischen Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrem Alter, ihrer Behinderung, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Identität und ihrem Lebensstil".

Quelle: L. Scrosati, LNBQ

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