Donnerstag, 26. Januar 2023

Ökumene: Der Erzbischof von Canterbury würdigt in einer Homage den verstorbenen Papst Benedikt XVI

In einer ökumenischen Vesper zum feierlichen Gedenken an den verstorbenen Papst Benedikt XVI haben am 24. Januar in der Londoner Westminster Cathedral Vertreter der christlichen Konfessionen aus ganz England teilgenommen. Die website der Englischen und Walisischen Bischofskonferenz "The Catholic Church" berichtet. 
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"DER FRÜHERE ERZBISCHOF VON CANTERBURY PREIST BENEDIKT FÜR SEINE "GABE DES LEHRENS" 

 Am gestrigen Abend des 24. Januar hat der frühere Erzbischof von Canterbury Dr. Rowan Williams bei einer ökumenischen Vesper in Westminster Cathedral, an der Vertreter verschiedener Konfessionen teilnahmen, darunter der aktuelle Erzbischof von Canterbury Justin Welby und Delegierte anderer Glaubensgruppen das Leben Papst Benedikts XVI in einer bewegenden Ansprache gefeiert. Kardinal Vincent Nichols leitete den Gottesdienst, an dem auch eine Reihe  katholischer Bischöfe aus England Wales und London sowie der Erzbischof von York teilnahmen.  

Erzbischof Williams sagte: "Papst Benedikt hat uns viel über Respekt gelehrt. Die großen Gesten des Respekts, den er anderen Christlichen Vereinigungen zollte, die großen Gesten tiefen Respekts gegenüber anderen religiösen Familien werden unvergessen bleiben."

Ebenso lobte er Papst Benedikts Unwillen irgendeine Theologie zu akzeptieren, in deren Mittelpunkt irgendetwas anderes steht, als das Geschenkt Gottes in Christus.

MITSCHRIFT

"Liebt einander so wie Brüder sich lieben sollten und habt tiefen Respekt füreinander"

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. 

Brüder und Schwestern im Leib Christi zu sein bedeutet zu erkennen, daß unsere Verbindungen Verbindungen der Liebe sind. Daß die größte der Gaben, die wir miteinander austauschen müssen, die Liebe ist. Daß wir in dem Körper zusammen leben müssen, damit unsere Liebe Leben schenkt. Wenn wir einander Leben schenken wollen, müssen wir das kennen und darüber sprechen können, was uns Einheit gibt.

Das bedeutet eine Einheit, die nicht einfach eine Reihe von Kompromissen ist, nicht einfach eine Reihe schmerzhafter, aber äußerst erfolgreicher Verhandlungen, sondern ein tiefes und dankbares Gefühl, daß wir Leben von unserem Nächsten erhalten. In erster Linie von unseren Nächsten im Leib Christi, aber auch von unseren Nächsten, die zur Menschheitsfamilie gehören – alle willkommen in der Einheit im Anblick und in der Liebe des allmächtigen Gottes.


Papst Benedikt glaubte mit ganzer Seele und ganzem Herzen an eine solche Einheit. Er war kein Mann für einfache ökumenische Regelungen. Kein Mann für doktrinäre Kompromisse. Und doch, gerade weil er glaubte, daß die Kirche einfach aufgrund der Berufung Gottes in Jesus Christus existierte, war er in der Lage, unsere Gedanken und unsere Gebete ständig auf diese tiefe Ebene der Verbindung zu lenken – diese gegenseitige Gabe, in der wir allein gedeihen können als Freunde Christi, als Brüder und Schwestern Christi und schließlich als diejenigen, die gemeinsam in der Menschheitsfamilie Gottes Herrlichkeit als Abbild und Ebenbild Gottes widerspiegeln.

In diesem Zustand auf Papst Benedikt zuzugehen, bedeutet vielleicht, zwei Aspekte seines Denkens und seines Zeugnisses zu verstehen, die für alle Gemeinschaften, die sich christlich nennen, und, wie wir hoffen und beten, für alle Gemeinschaften, die sich selbst menschlich nennen, von bleibendem Wert sein werden.

Das erste hat damit zu tun, wie Papst Benedikt seine Theologie betrieben hat. Oft als einfach konservativ missverstanden, gehört Papst Benedikts tiefstes theologisches Engagement zu jener großen theologischen Bewegung in der Mitte des letzten Jahrhunderts, die nach den Ressourcen suchte – zurück zu den Quellen. Zurück zu den Quellen des Verständnisses, der Vorstellungskraft, des Gebets und des Denkens, die sich in den frühen Jahrhunderten der Kirche entwickelt haben.

Diese Quellen, insbesondere im ersten Jahrtausend, bleiben für alle Christen zutiefst lebendig und lebensspendend. Indem er zusammen mit vielen Theologen dieser Schule, insbesondere in Frankreich, aber auch in Deutschland, zu den Quellen zurückkehrte, sagte Papst Benedikt für uns als Christen, daß eine der wichtigsten Prioritäten darin besteht, daß wir dazu in der Lage sind, die Sprache des anderen als auf dieser prägenden Erfahrung aus der "Jugend“ der Kirche begründet, zu erkennen.

Die „Jugend“ der Kirche… Ist das ein Ausdruck, den wir sehr oft verwenden? Allerdings nicht immer im praktischen Gemeindeleben. Und doch ist die frühe Kirche die junge Kirche. Wenn wir zur Vision der ersten Christen zurückkehren, kehren wir nicht zu etwas Altem zurück, sondern identifizieren uns mit etwas Neuem. Etwas, das mit der Neuheit des Evangeliums und der daraus hervorgehenden Theologie frisch ist.

In den drei großen Enzykliken von Papst Benedikt über Glaube, Hoffnung und Liebe können Sie die Jugend der Kirche bei der Arbeit sehen. Diese drei Modelle der theologischen Komposition und Darlegung versuchen – im vollen Licht der traditionellen Exegese, des Gebets und des Verständnisses – den Reichtum der biblischen Vision eines Lebens hervorzuheben, das in Glaube, Hoffnung und Liebe gelebt wird.

Sie werden nicht durch Gelehrsamkeit niedergedrückt, obwohl sie davon durchdrungen sind. Sie sind nicht säuberlich scholastisch, obwohl sie dicht begründet sind. In diesen Texten hören wir Papst Benedikt: einen Lehrer und Prediger für den Leib Christi.

"Wenn deine Begabung das Lehren ist, dann nutze sie für das Lehren, laß die Prediger predigen".

Und das tat er. Seine Gabe für das Lehren, seine Gabe zu predigen waren in der Tat eine Erinnerung an die Kirche an ihre Jugend.

Ein zweiter Aspekt seines Denkens, der wiederum, wie ich glaube, von bleibendem und tiefgreifendem Wert ist, ist die Betonung, die er auf die menschliche Vernunft legte. Eine seltsame Sache, darauf zu bestehen, könnten wir sagen, in einer Zeit, in der wir gelehrt wurden, gegenüber Rationalismus sowohl von Gläubigen als auch von Ungläubigen sehr misstrauisch zu sein.

Aber denken Sie daran, woher die theologische Inspiration von Papst Benedikt kommt. Sie stammt aus einer Zeit im Leben der Kirche, als die Vernunft nicht als Argumentationsinstrument, sondern als Vehikel der Vision angesehen wurde. Es war unsere Fähigkeit zu denken, die es uns ermöglichte, die Welt gemeinsam zu betrachten und zu bestaunen. Die Ordnung der Schöpfung zu sehen und freudig daran teilzuhaben.

Eine menschliche Familie, die nicht an die Vernunft glaubt, ist eine Familie, die unheilbar und tödlich gespalten ist. Nicht weil manche Menschen besser argumentieren können als andere, sondern weil wir die Vorstellung aus den Augen verloren haben, daß Gott uns die Fähigkeit gibt, einander zuzuhören und in einer gemeinsamen Welt voneinander zu lernen. Ohne diese Gabe einer vernünftigen, geordneten Sprache, die wir miteinander teilen, werden wir letztendlich nicht dieselbe Welt teilen. Wir werden uns in unsere Ecken zurückziehen. Wir werden für unsere Siege kämpfen.

Papst Benedikts Zugehensweise aauf diejenigen außerhalb des christlichen Leibes und außerhalb der römisch-katholischen Kirche war tief verwurzelt in dieser Vision der Möglichkeit für Menschen, miteinander zu sprechen, einander zuzuhören und gemeinsam die Welt zu bestaunen.

"Kommt und lasst uns miteinander streiten“, sagt der Herr in einer Prophezeiung zu Jesaja, und es ist eine vernünftige Schlussfolgerung, dass der Herr nicht meint, lasst uns miteinander streiten. Lasst uns gemeinsam argumentieren, gemeinsam forschen, gemeinsam herausfinden, was uns zu Menschen macht, in der festen Hoffnung und dem Vertrauen, daß es wirklich eine Menschlichkeit gibt, die wir teilen. Als Papst Benedikt auf andere Glaubensgemeinschaften zuging, tat er dies mit der Hoffnung und Zuversicht, daß wir gemeinsam einen Weg der Argumentation finden könnten.

"Kommt und lasst uns miteinander streiten“, sagt der Herr in einer Prophezeiung zu Jesaja, und es ist eine vernünftige Schlussfolgerung, dass der Herr nicht meint, lasst uns miteinander streiten. Lassen Sie uns gemeinsam argumentieren, gemeinsam forschen, gemeinsam herausfinden, was uns zu Menschen macht, in der festen Hoffnung und dem Vertrauen, dass es wirklich eine Menschlichkeit gibt, die wir teilen. Als Papst Benedikt auf andere Glaubensgemeinschaften zuging, tat er dies mit der Hoffnung und Zuversicht, dass wir einen der gemeinsamen Weg der Argumentation finden könnten.

Als Papst Benedikt am Anfang seiner Karriere in der Kongregation für die Glaubenslehre arbeitete, wurde er von vielen, bekannt oder notorisch, als Wächter der Orthodoxie angesehen. "Gottes Rottweiler“, hieß es manchmal. Und doch, wenn man sich ansieht, was Papst Benedikt tatsächlich über die Theologien zu sagen hatte, mit denen er unzufrieden war, scheint immer wieder seine Unwilligkeit in den Fokus zu rücken, eine Theologie zu akzeptieren, die etwas anderes zum Mittelpunkt hatte, als das Geschenk Gottes in Christus.

Er war zutiefst und konsequent davon überzeugt, daß eine Theologie, deren Kriterien, Hoffnungen und Kategorien von etwas anderem abhängen als dem, was Gott uns gegeben hat, eine Theo, die wir logie wäre, die letztendlich zu einem weiteren Werkzeug der Ideologie, der Exklusion, der Privilegien und des Konflikts werden würde . Und wie er seine Theologie in den drei großen Enzykliken darlegt, ist das die Vision, die er teilen möchte.

Das schweißt eine Gemeinschaft zusammen. Das mag sich von Zeit zu Zeit in den Sprachen anderer Visionen und anderer Philosophien ausdrücken und sich mit ihnen verbünden, aber was macht es zum täglichen Brot einer gläubigen Gemeinschaft? Nur Christus, das Brot des Lebens, im Herzen.

Wenn wir also zurück blicken auf das Leben, das Zeugnis und die Lehre Papst Benedikts, dann sind das die beiden Themen, die wir feiern und von denen wir lernen sollen.

Wenn wir auf die Jugend der Kirche zurückblicken, nicht auf eine idealisierte Version primitiver Reinheit- ist es nicht so, als ob das erste Jahrtausend völlig konfliktfrei gewesen wäree. schauen wir auf jene Jahre, als die Neuheit und das Aufregende dessen. was Christus getan hatte, die Menschen scharenweise zu diesen großen Höhenflügen inspirierten Argumentierens, das uns die Credos und die Konzile schenkte, hinzog. In dieser Jugendlichkeit der christus-zentrierten Lehre können wir die Energie und das Zutrauen finden, zueinander als Christen über die tiefe Trennung und Wunden der Jahrhunderte hinweg zu sprechen, die inzwischen vergangen sind.

Und wenn wir uns als Christen der übrigen Welt, unseren Brüdern und Schwestern anderer Religionen zuwenden, sollte die Frage, die wir im Sinn haben, sein: wie können wir miteinander reden? Wie sollen wir die Welt erkennen, die wir teilen? Indem wir die Welt erkennen, die wir teilen, und indem wir den Respekt erkennen, den wir austauschen können.

"Liebt einander so wir Brüder es tun sollten und habt tiefen Respekt füreinander."

Papst Benedikt hat uns viel über Respekt gelehrt. Die großen Gesten des Repektes, die er den Christlichen Gemeinschaften entgegen brachte. die großen Gesten des Respektes, mit denen er sich anderen religiösen Familien näherte, wird in Erinnerung bleiben. Er war sich bewusst, daß in der Kirche, die er leitete und diente, dieser Respekt historisch nicht immer so sichtbar war, und er war bereit, mehr als einmal zu sagen, wo einige in der Kirche an Respekt und Treue gegenüber denen, die Gott ihnen als Partner und Brüder und Schwestern gegeben hatte, gescheitert waren.

Möge Gott uns in der Jugend der Kirche erneuern. Möge Gott uns erneut lehren, was es bedeutet, von der Entdeckung der Neuigkeit von Gottes Handeln in Christus überwältigt zu sein, so daß unsere Seelen und Gedanken, unsere Gemüter und unsere Herzen unter der Führung des Geistes Flügel annehmen.

Möge Gott in uns das lebenspendende Wort und die Vernunft erneuern, diese Weisheit, die sanft und friedlich alle Dinge durchdringt, damit wir eine Sprache finden, in der wir sprechen und zuhören können, und damit wir beginnen, eine Welt aufzubauen, von der wir von jener todbringenden Trennung befreit sind, die Gottes Werk im Laufe der Geschichte ständig zu überwinden sucht.

Möge Gott uns in dem beständigen Gebet, das der Apostel uns empfiehlt, zur Einheit der Menschheitsfamilie in der Vision des Allmächtigen führen – der Vision, in der Glaube, Hoffnung und Liebe uns frei machen, die göttliche Freiheit zu leben, für die wir geschaffen sind. Diese göttliche Freiheit, um die unser verstorbener Bruder Benedikt sich so bemüht und die er so geliebt hat.

Amen."

Quelle: Erzbischof Dr. Rowan Williams,The Catholic Church

p.s. Die DBK war zu einer solchen Veranstaltung nicht in der Lage und darf sich beschämt fühlen.

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