Mittwoch, 11. Januar 2023

S. Magister: Eine Vorschau auf das Buch "Nichts als die Wahrheit" von Erzbischof Georg Gänswein

Der Doyen der Vaticanisti Sandro Magister hat bei Settimo Cielo eine Vorschau auf das Buch "Nichts als die Wahrheit"  veröffentlicht, in dem Erzbischof Georg Gänswein über sein Leben an der Seite des verstorbenen Papa emeritus, die Auswirkungen von Traditionis custodes auf den liturgischen Frieden und die Reaktion Papst Benedikts XVI auf diese Kampfansage an die Messe nach dem Usus Antiquior und sein Lehramt berichtet.  
Hier geht´s zum Original: klicken

"VORSCHAU. WANN UND WIE FRANZISKUS DEN LITURGISCHEN FRIEDEN, DEN BENEDIKT SCHUF,  AUFGEKÜNDIGT HAT"

Nein, daß Papst Franziskus Papst Benedikt mit seinem Bann gegen den alten Lateinischen Ritus "das Herz gebrochen hat" steht einfach nirgends mit genau diesen Worten geschrieben, in dem Buch "Nichts als die Wahrheit", in dem Georg Gänswein sein Leben an der Seite des verstorbenen Papstes erzählt, das kurz davor steht, in mehreren Sprachen veröffentlicht zu werden. 

Aber auf den vier Seiten des Buches, die beschreiben, was bei dieser Gelegenheit passierte, ist die ganze Bitterkeit, die Benedikt am 16. Juli 2017 fühlte, als er "an diesem Nachmittag beim blättern im Osservatore Romano entdeckte, daß Papst Franziskus sich im motu proprio Traditionis custodes zum Gebrauch der Römischen Liturgie vor der Reform von 1970 geäußert hatte, durch das er fast bis zur totalen Auslöschung die Freiheit, die Messe im Usus antiquior zu zelebrieren, den Benedikt selbst 2007 durch das motu proprio "Summorum Pontificum" zugelassen hatte.

Benedikt "las das Dokument sorgfältig" und "als ich ihn nach seiner Meinung fragte"- berichtet Gänswein- sagte er, daß er es als eine entscheidende Richtungsänderung ansehe und als einen Irrtum, weil es den Versuch Frieden zu schaffen von vor 14 Jahren in Gefahr bringt."

Der emeritierte Papst glaubte besonders, daß es falsch war, die Feier der Messe nach dem Alten Ritus  in Gemeindekirchen zu verbieten, weil es immer gefährlich ist, eine Gruppe von Gläubigen in eine Ecke zu drängen, so daß sie sich verfolgt fühlen und in ihnen das Gefühl zu erwecken, ihre Identität angesichts des Feinde um jeden Preis verteidigen zu müssen."

Und es endete nicht damit: im Gegenteil. "Nach einigen Monaten, als er las, was Papst Franziskus am 12. September 2021 während einer Unterhaltung mit den slowakischen Jesuiten in Bratislava gesagt  hatte, runzelte der Papa emeritus wegen einer seiner Äußerungen die Stirn: "Ich hoffe jetzt, daß wir nach der Entscheidung, die Automatismen des antiken Ritus zu stoppen, jetzt zu den wahren Intentionen Benedikts XVI und Johannes Pauls II zurückkehren können. Meine Entscheidung ist das Ergebnis einer Konsultation mit allen Bischöfen der Welt im vorigen Jahr." 


"Und noch weniger Zustimmung", fährt Gänswein fort "fand bei ihm eine Anekdote aus, die der Pontifex unmittelbar danach erzählte."  Eine Anekdote, die von La Civiltà Cattolica wie folgt transkribiert und in der die gesamte Unterhaltung zwischen Franziskus und den Jesuiten der Slowakei veröffentlicht wurde:

"Ein Kardinal erzählte mir, daß zwei neu geweihte Priester  kamen und ihn um die Genehmigung zu bitten, Latein zu lernen, um gut zelebrieren zu können. Mit Sinn für Humor antwortete er "aber es gibt viele Spanier in der Gemeinde! Lernt Spanisch, damit ihr predigen könnt. Dann, wenn ihr Spanisch gelernt habt, kommt zurück und ich werde euch erzählen, wie viele Vietnamesen es in der Diözese gibt und ich werde euch bitten, Vietnamesisch zu lernen. Dann, wenn ihr Vitenamesisch gelernt habt, geben ich euch die Erlaubnis, Latein zu lernen. "So ließ er sie landen und zur Erde zurückkehren." 

Joseph Ratzinger "erschien es unpassend" – schreibt Gänswein – vor allem "dieser Hinweis auf seine 'wahren Absichten'", die Franziskus zu erfüllen versprochen hatte, während in Wirklichkeit das Motu proprio "Traditionis custodes" genau das Gegenteil von Benedikts Willen war – wie es 2010 in seinem buchlangen Interview "Licht der Welt" zusammengefasst wurde. " – "die alte Form leichter zugänglich zu machen, vor allem, um das tiefe und ununterbrochene Band zu bewahren, das in der Geschichte der Kirche besteht". Denn "in einer Gemeinschaft, in der das Gebet und die Eucharistie die wichtigsten Dinge sind, kann das, was früher als das Heiligste galt, nicht als völlig falsch angesehen werden. Es ging um die Versöhnung mit der Vergangenheit, um die innere Kontinuität des Glaubens und des Gebets in der Kirche".

Nachdem Benedikt gelesen hatte, daß Papst Franziskus seine Entscheidung als "Frucht einer Konsultation mit allen Bischöfen der Welt im vergangenen Jahr" bezeichnete, blieb "rätselhaft, warum die Ergebnisse der Konsultation nicht veröffentlicht wurden". Zumal er als Papst nach der Veröffentlichung von "Summorum Pontificum" im Jahr 2007 "die Bischöfe anlässlich von Ad-limina-Besuchen regelmäßig gefragt hatte, wie die Anwendung dieser Norm in ihrer Diözese verlief, und immer eine positive Antwort darauf erhielt".

Soweit das, was Gänsweins Bericht über diese Geschichte berichtet. Aber es sollte auch daran erinnert werden, daß Benedikt XVI. im Jahr 2009, zwei Jahre nach der Veröffentlichung des Motu proprio "Summorum Pontificum", einen der stürmischsten Momente seines Pontifikats durchmachte, als er versuchte, das Schisma mit der Lefebvristischen Priesterbruderschaft St. Pius X. auch dank des liturgischen Friedens zwischen den beiden, den alten und neuen Riten zu heilen, einschließlich der Aufhebung der Exkommunikation der  vier Bischöfe der Bruderschaft.

Die Exkommunikation wurde zwar aufgehoben, aber als die dem Papst bis dahin völlig unbekannte Mitteilung die Runde machte, daß einer der vier Bischöfe stark antisemitische Äußerungen gemacht hatte, bis hin zur Leugnung des Holocaust, scheiterte die Befriedung und eine allgemeine Welle von Anschuldigungen stürzte auf Benedikt XVI., der sich selbst die Schuld gab, aber gleichzeitig in einem rührenden Brief an die Bischöfe der ganzen Welt die Gründe für seine Bemühungen bekräftigte

Aber was genau waren seine Gründe? Sie waren entschieden substanziell, ja, sie waren seine "Methode", sagt Professor Pietro De Marco in der unten veröffentlichten Analyse aus einer unveröffentlichten Sammlung seiner Schriften über das Pontifikat von Benedikt XVI.

De Marco ist ein etablierter Gelehrter des kirchlichen Lebens, ehemaliger Professor für Religionssoziologie an der Universität Florenz und an der Theologischen Fakultät Mittelitaliens. Dieses Schreiben ist von 2009, der die Geschichte kurz danach analysiert. "

Fortsetzung folgt....

Quelle: S. Magister, Settimo Cielo


 

 

 

There is nothing more obtuse than the recurring judgment that points to Benedict XVI’s 2006 Regensburg lecture as the first in a series of incidents of culpable imprudence on his part – in that case toward the Islamic world – the last of which is identified in his lifting of the excommunication of the bishops of the Society of St. Pius X.

I observed, even then, that there was an unmistakable trait in Benedict XVI’s important lecture at the aula magna of the University of Regensburg: the decision not to avoid the “pars critica” within a dialogical design.

That the denunciation and sanctioning of excess should be understood as loyal, effective, preliminary to the intent of encounter is a result of Benedict’s subsequent actions. Since the Catholic history preceding Vatican Council II is the vital horizon of the “spirit” of the Council itself and of its realization, acts of peace necessarily start from those areas of pained traditionalist orthodoxy, even if too much on display, which make reference to preconciliar history. Only a political use of the Council, not its doctrine, has downgraded under the pretext of the conciliar “rupture,” and driven to the margins of Catholic life, the centuries of vital, authentic Tradition to which Catholic traditionalists make reference.

I say right away that, like the concern for the integrity of liturgical history, the gesture of openness to the Society of St. Pius X was also aimed, in Benedict, at bringing Catholic life back to its essential nature of “complexio.” The rehabilitation of styles, sensibilities, and forms of Christian history is intended to act as a paradigm bringing stability to the centrifugal drifts, the subjectivist fragmentations, that are at work not only in advanced experimentations but also in current pastoral care.

But stabilization demands that what I have called the “political use” of the Council should become aware of its own unbalancing excess, of its own partiality; and should draw self-critical consequences from this. Thus the goal of internal reconciliation within the bosom of the Church becomes part of a broader medicinal intervention for the universal Church.

Already the negative reactions to the 2007 motu proprio “Summorum Pontificum” that authorized the celebration of the Mass in the ancient rite themselves confirmed the urgency of Pope Benedict’s medicinal action. In his pages of patient clarification on the intentions of “Summorum Pontificum” he affirmed that the ancient rite is not another rite, that its presence in the Christian people is a constructive memory and its celebration legitimate and appropriate. The longitudinal, historical-traditional richness of the Catholic “complexio” is, therefore, the primary datum from which to draw; and as a result this is how the “moderatio sacrae liturgiae” exercised by every bishop must be understood.

The pontiff’s action was therefore asserted as a revolt against an ideological and substantially “revolutionary” reading of the Council that had been presented by Catholic theological and pastoralist elites and had slowly made inroads among the parish laity. Drifts that have a worrying significance “de fide”. For Benedict XVI it was always a question of taking the risk of indicating “opportune et importune” the excess, when doctrines and behaviors should overstep extreme thresholds of tolerability.

From this there arose repeatedly, in Benedict’s pontificate, the “scandals” foreseen and unforeseen, but opportune in God’s plan. Whether it was a matter of the intense confrontation with Islam, or of the dedication to dialogue with the Jews, or of care for the unity of the Church in the unity of the living tradition, the contingent “scandals” and their painful overcoming led to the parties involved becoming aware of precisely the critical thresholds that the way of Peter, and the solicitude of Rome, find themselves crossing.

This way of Peter is to the advantage of all. Vain and a bit indecent, compared with the profound movement of the pontificate, was that “hostility ready to attack” which Pope Benedict denounced in his March 10 2009 letter to the bishops, that taste for enmity and pleasure in attacking the see of Peter which waits for the opportunity to manifest itself without responsibility and, truly, without intelligence.

The course of the reintegration of the bishops of the Society of St. Pius X into ecclesial communion constituted, in the light of what has been said, a further profound and courageous sovereign act, complementary to “Summorum Pontificum.”

The hope that I then seemed to grasp in Benedict XVI’s decision was that of being, personally and constantly, proof of the essential presence of Tradition among us, a presence that could serve as medicine for the contemporary pastoral and doctrinal disorientation of the Christian communities. And there was no doubt that moving in this direction was important and urgent. More urgent, the letter said, and taking priority for Peter’s successor was the “confirma fratres tuos” (Lk 22:32), which bears a sovereign message: “to open access to God for men, not to any god, but that God who spoke on Sinai, to that God whose face we recognize in the love driven to the very end in Jesus Christ crucified and risen.”

It should suffice to consider that the non-acceptance of the magisterium of the Council or the more contingent disapproval of the ecumenical acts of Benedict XVI, by the members of the Society of St. Pius X, are at least symmetrical in gravity to, on the opposite side, the interpretations of the Council as a rupture and new beginning, subversive of the tradition of the ancient Councils.

Striking, and not in a positive way, were the reactions of some episcopates to the lifting of the excommunication of the bishops of the Society of St. Pius X. On the basis of what indisputable riches do certain episcopates think that one can leave to the tide the patrimony of fervor, charisms, and probably holiness, “that love for Christ and the will to proclaim him, and with him the living God,” enclosed in the men and women of the Society? It must be said frankly that some national hierarchies would do better to analyze their own present incapacities: their tolerance, or impotence, toward deviant theologies and systematic disciplinary and liturgical abuses, as well as toward the permeability of qualified clergy and laity to secularizing ideologies and policies.

The pain and difficulty of this analysis for many of the world’s Catholic elites may be what drives them – with a mechanism typical of the intelligentsia of every era – to isolate the Society as a “group to which no tolerance may be shown; which one can easily attack and hate” (as Benedict writes in his letter). A scapegoat made taboo, which not even the pope can approach without becoming unclean in the eyes of that same intelligentsia.

The provocative question raised by the critics against Joseph Ratzinger: “Let the pope tell us if we must still follow the Council or return to the Church of the past” is essentially a confirmation of this reduction to taboo of the precouncil and its defenders. But that the “preferential signs for the selection of the victim” should be the catechism of Pius X or the Tridentine Mass indicates how much false scholarship underlies the violence and contempt that have been aimed at the members of the Society.

I quote another decisive passage from Benedict XVI’s letter to the bishops: “The Church’s teaching authority cannot be frozen in the year 1962 – this must be quite clear to the Society. But some of those who put themselves forward as great defenders of the Council also need to be reminded that Vatican II embraces the entire doctrinal history of the Church. Anyone who wishes to be obedient to the Council has to accept the faith professed over the centuries, and cannot sever the roots from which the tree draws its life.”

Arrangements were made right away, in Italy, to benevolently put into harmless and reductive terms the concern for this faith professed over the centuries, which for Benedict is the supreme priority of the Church and of the successor of Peter: “to lead men to the God who speaks in the Bible.” This solicitude should advance, he wrote, not “enmity toward the humanity of today, but the desire to commit oneself day after day to improving civil coexistence, fighting the ever renascent idolatry, checking the decay into barbarism, fostering peace and justice.”

But it is not clear of what use “the entire doctrinal history of the Church” may be if one thus ends up resolving the assiduity with the Word of God and Christian originality: in instances of ordinary public morality, good for all uses, even for contingent political controversy. The Christian residue of Rousseau’s civil religion would suffice, perhaps mistaken for the “engaging and revolutionary” message of the Council.

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