Samstag, 22. Juli 2023

Neues vom Vatican-Prozess

A. Gagliarducci bringt uns bei aciStampa mit einem Bericht auf den neuesten Stand im Vatican-Prozess um die Londoner Luxus-Immobilie.  Hier geht´s zum Original:  klicken

"LONDONER IMMOBILIEN- PROZESS, WAS STEHT IM ERSTEN TEIL DER ANKLAGESCHRIFT UBD WAS NICHT"

In der Anklageschrift des Staatsanwaltes bleiben Fragen zum Prozess und der Beweisführung offen. Laut Diddi hat die Anklage standgehalten. Ist das wirklich so? 

Nein, es ist ein Prozess gegen das Staatssekretsariat. Alberto Perlasca ist kein Superzeuge. Nein, das Büro des Staatsanwaltes argumentiert nicht mit Theoremen sondern nur mit Beweisen, In drei Tagen der Anklageverlesung- auf halber Strecke, die zur Verurteilung führen soll- und zu der langen Zeit mit Zivilklagen und Verteidigungsargumenten führen wird, hat sich der vaticanische Staatsanwalt Alessandro Diddi sich mehr der Dekonstruktion als dem Konstruieren verschrieben, um jeden Zweifel - verschleiert oder nicht- an seiner Rekonstruktion des Geschehenen -abzuwehren. Er macht in minimalen Punkten Zugeständnisse, aber ohne die Tatsachen außer Acht zu lassen. "Die Anklage -sagt er- hat gehalten" 

Es ist eine aggressive Anklageschrift, die die Zeugenaussagen nur un wenigen Fällen berücksichtigt, die aber in Wirklichkeit im Sinne der Anklageschrift so hätte beibehalten werden können wie vor drei Jahren. 

Der Prozess

Der Prozess dreht sich bekanntermaßen um drei Strängen, die alle im Allgemeinen der "Handhabung der Mittel“ des Staatssekretariats zuzuordnen sind und gleichzeitig aber alle unterschiedlich sind

Erster, wichtigerer Strang: die Investition des Staatssekretariats in ein Luxusgebäude in London in Höhe von rund 200 Millionen Euro, die zunächst dem Makler Raffaele Mincione zur Verwaltung übergeben wurde, dann dem Makler Gianluigi Torzi, der die einzigen tausend Anteile der Immobilie mit Stimmrecht für sich behalten hatte und daher vom Staatssekretariat übernommen worden war, indem er Torzi den Wert der Anteile zahlte, mit einem Vorgang, den die Staatsanwaltschaft als Erpressung einstuft. Der Heilige Stuhl verkaufte das Gebäude dann, ohne die geplanten Entwicklungsmaßnahmen umzusetzen, zu einem Preis, der unter dem Marktwert lag, und mit einem Verlust, der nach Angaben des Staatsanwalts zwischen 139 und 189 Millionen Euro la

Der zweite Strang betrifft die Zuweisung von Mitteln des Staatssekretariats im Wert von 125.000 Euro an die Caritas von Ozieri auf Sardinien, der Heimatdiözese von Kardinal Angelo Becciu. Das Geld wurde von der Caritas an SPES gespendet, eine mit der Caritas verbundene Genossenschaft, die soziale Arbeit leistet und eine Bäckerei baut, um Arbeitsplätze zu schaffen. Bei dem Verbrechen handele es sich um Unterschlagung, da Becciu laut Anklage die Gelder des Staatssekretariats für persönliche Zwecke und mit dem Ziel, seine Familie zu bereichern, verwendet haben soll.

Der dritte Aspekt betrifft stattdessen das Engagement des Staatssekretariats für Cecilia Marogna, eine selbsternannte Geheimdienstexpertin, die behauptete, bei der Freilassung einiger Geiseln mitgewirkt zu haben, darunter die von Schwester Cecilia Narvaez, der kolumbianischen Nonne, die 2017 in Mali entführt wurde. Die Frau soll laut der Anklage, das Geld, das ihr vom Staatssekretariat übergeben wurde, um die Befreiungsaktion abzuschließen, für sich selbst ausgegeben haben.


Eine Prämisse

Bevor wir auf einige der in den letzten drei Anhörungen behandelten Themen eingehen, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, aber eine umfassende Erläuterung des Gesagten zu geben, lohnt es sich zu klären, worüber der Staatsanwalt Diddi seine Meinung geändert hat:

Erstens und am wichtigsten: Der Heilige Stuhl hat den Peterspfennig nicht für Investitionen verwendet.

Dies sei bei den Verhören geklärt worden. Der Heilige Stuhl verfügte über einen "Fono Obolo“, in den jedoch nicht mehr die Spenden des Petersgroschens, sondern vielmehr die Gelder aus verschiedenen Betrieben flossen. Für den Staatsanwalt ist das jedoch nicht der Punkt. Es ist vielmehr die Tatsache, dass der Peters-Pfennig nicht ausgereicht hätte und daß es tatsächlich das IOR war, das erheblich zu den Kosten der Kurie beigetragen hat.

Auch hier sollten die Bilanzen sorgfältig gelesen werden. Das IOR stellte maximal 50 Millionen Euro für den Apostolischen Stuhl zur Verfügung und bezog sie aus ihren Gewinnen, die 2012 86,6 Millionen Euro erreicht hatten. Dann sanken diese Gewinne und damit auch der Beitrag der Kurie. Im Jahr 2016, als es den letzten öffentlichen Haushalt des Gouvernements gab, zeigte sich, dass die Ausgaben der Kurie zum Teil auch durch die Gewinne des Gouvernements gedeckt wurden, das dank der Eintritte in die Vatikanischen Museen enorme Einnahmen erzielt.

Allerdings waren weder der Beitrag des IOR noch der Beitrag des Pence entscheidend für die Aufrechterhaltung des sogenannten "Missionsbudgets“. Tatsächlich wurden die Beiträge des IOR und des Peters-Pfennigs im ersten Fall stark von den Gewinnen und im zweiten Fall von der Einziehung beeinflusst.

Der Staatsanwalt akzeptiert jedoch voll und ganz das Narrativ der sogenannten "Vatikanbank“. Und er berücksichtigt nicht eine zweite Tatsache: Der Heilige Stuhl hat seine Investitionen immer diversifiziert, das Staatssekretariat hat diese Politik seit den 1930er Jahren umgesetzt, und erst das jüngste Motu proprio von Papst Franziskus, Il Diritto Nativo, hat dieser Politik des Schutzes von Vermögenswerten und Investitionen ein Ende gesetzt.

Es genügt aber, einen Blick auf die verschiedenen Geschichten über die Finanzen des Vatikans zu werfen, die im Laufe der Jahre erstellt wurden, um zu erkennen, daß die Londoner Investition mit anderen Investitionen im Portfolio des Staatssekretariats übereinstimmte. Der Prozess weist auf die Investition hin, die als „spekulativ“ gilt. Es geht darum zu verstehen, was eigentlich als Spekulation zu definieren ist.

Das zweite, worüber Diddi seine Meinung änderte, war die angebliche Unterschlagung, die Tommaso Di Ruzza, dem Direktor der Finanz- Informations- Autorität, zugeschrieben wurde. Ins Archiv verbannt, weil die Argumente, die bereits während des Verhörs vorgebracht wurden, überzeugend waren. Und der dritte Grund, warum Diddi seine Meinung geändert hat, ist die Beteiligung von René Bruelhart, dem ehemaligen Präsidenten der Finanz- Informations-Autorität, an der Ausarbeitung der Verträge, die zu Torzis Absetzung führten. Dafür ist laut Diddi ausschließlich Tommaso Di Ruzza verantwortlich

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