Freitag, 4. August 2023

Fr. Hunwicke spricht noch einmal...

weil er es gestern nicht getan hat. Hier geht´s zum Original:  klicken

           Pax Domini sit semper vobiscum


Es scheint Übereinstimmung zu geben, daß keine Beweise dafür vorliegen, daß das Vater-unser irgendwo im Christentum vor 350 AD in der Messe vorkam. Davor war es ein nicht-liturgisches Gebet, das vielleicht mehrmals täglich gebetet wurde, entweder privat oder von Gruppen von Gläubigen. Und es gibt Beweise, daß in dieser Zeit die Christen, wenn sie das Vater-unser teilten, sie es mit einem Friedenskuss beendeten. Das früheste Zeugnis, das ich kenne, ist bei Tertullian (160-225 AD; s. De Oratione Bd.1, 1176-9). Es hatte sich die Sitte herausgebildet, daß die Leute den Friedensgruß nach dem Vater-unser ausließen, wenn sie gefastet hatten. Tertullian ist damit nicht einverstanden, weil es die Neigung einschließt, öffentlich mit dem Fasten zu prahlen, im Gegensatz zu Matthäus 6:16. Er nennt den Kiss, das Siegel des Gebetes; das Besiegeln (sowie ein Dokument gesiegelt werden kann) oder die Beendigung des Gebetes.  Er stellt die rhetorische Frage: "Welches Gebet ist vollständig, wenn ihm der heilige Kuss verwehrt wird? Wen behindert der Friedensgruß, wenn er seine Pflicht gegenüber dem Herrn erfüllt? Welche Art Opfer ist es, von dem die Leute ohne Friedensgruß weggehen? Und einige Paragraphen frühe, in denen er über die Beendigung des Gebets spricht, benutzt er den Ausdruck assignata oratione; "wenn das Gebet besiegelt worden ist".  Genauso kommentiert Origenes (185-254) den Friedenskuss, über den der Hl. Paulus sich in Römer 16 und anderswo bezieht, und beschreibt, daß der "nach den Gebeten" passiert(PG 14, 1282). Weil der Hl. Paulus nie klarstellt, wo der Kuss gegeben werden soll, spiegelt Origenes´ das "nach den Gebeten" wahrscheinlich den Brauch seiner eigenen Zeit.

Es scheint sehr wahrscheinlich, daß  Folgendes passierte: als das Vater-unser in die Messe eingeführt wurde, brachte es sein abschließendes Siegel, den Friedens-Kuss mit. Also ist das Pax in der Liturgie als solches nicht die versöhnende Vorbereitung auf die Kommunion, sondern eine Besiegelung des Vater-unser und des Eucharistischen Gebets. Wir finden eine Überlegung über diese Situation im Brief des Hl. Papstes Innozenz an den Bischof von  Gubbio im Jahr 416 (PL 56 515). Unruhestifter in Gubbio hatten gesagt, daß es besser sei,  bzgl. der Position des Friedensgrußes besser sei dem Beispiel anderer Kirchen als der von Rom zu folgen; der Papst antwortet: "der Friedensgruß muß gegeben werden, nachdem alle Dinge, die ich nicht erwähnen darf, getan worden sind, um zu zeigen, daß die Menschen allem, was in den Mysterien getan und in der Kirche zelebriert wurde, ihre Zustimmung gegeben haben und zu demonstrieren, daß sie durch das Siegel - signaculum- des abschließenden Pax beendet wurden. Die Tatsache, daß er das Wort signaculum verwendet, das von Tertullian benutzt wurde, läßt vermuten, daß wir es mit einem üblichen Brauch zu tun haben. der weit genug verbreitet ist, um in Rom und Nord-Afrika mehr als einen Zeitraum von mindestens 2 Jahrhunderten üblich gewesen zu sein.



Auf diese Weise erscheint die Römische Position des Friedensgrußes eine Bedeutung und Logik zu besitzen, die über die Einführung des Vater-unser in die Messe in jenen frühen Tagen hinaus geht, als die Christen sich in kleinen Gruppen trafen, um das Gebet des Herrn gemeinsam zu sprechen. Diese Logik war die allgemeine und institutionelle Zustimmung des Gottesvolkes zum Gebet des Herrn. Natürlich schließt das die Wahrnehmung des Friedensgrußes als Versöhnungsgeste bei denen nicht aus, die gerade kurz davor sind, in der Eucharistie den einen Leib und  den einen Kelch mit dem Blut des Erlösers zu empfangen. Dieses Thema selbst wird in den letzten wenigen Zeilen des Gebets angeschlagen, die das gegenseitige Vergeben betreffen. 

Aber ich frage mich, ob es ein leicht abweichendes, alternatives Narrativ gibt, das hier gelten könnte. Könnte sich die Passage, die ich von Tertullian zitiert habe, nicht auf den außerliturgischen Gebrauch des Herren-Gebetes bei den Christen beziehen, sondern auf seine Nutzung innerhalb der Messe? Er scheint über etwas mehr institutionelles als eine nur halbprivate Gebetsgruppe zu sprechen. Und man bemerke den Satz "welche Art von Opfer...?" Und in der Nähe gibt es einen Paragraphen, in dem er die Sitte kritisiert, sich nach dem Friedensgruß hinzusetzen; Warum sollten die Teilnehmer, wenn das Pax lediglich ein kleines Gebetstreffen beendet, sich nicht hinsetzen dürfen, wenn es vorbei war? 

Ein anderes "und"....Nachdem er seine Mitchristen kritisierte, weil sie den Kuss zurückhielten, um öffentlich mit der Tatsache zu protzen, daß sie gefastet hatten, fährt er fort"...am Tag von Pascha, an dem das Fastengebot für alle gilt und sei es öffentlich, lassen wir den Kuss zu Recht aus, weil wir uns nicht bemühen, das zu verbergen [d.h. das Fasten], was  wir wie jeder andere machen." Diejenigen, die mit dem traditionellen Römischen Ritus vertraut sind, werden sich erinnern,  daß wir bis auf den heutigen Tag den Friedensgruß weder bei der Karfreitags-Messe noch bei der Oster-Vigil austauschen (obwohl der Zelebrant die Worte spricht). Das ist, weil wir alle zum Fasten verpflichtet waren. 

Es erheben sich Fragen: wenn das Vater-unser schon so früh wie in der Zeit Tertullians in die Messe gehörte, was bedeutet das für unser Verständnis der frühen Liturgie-Geschichte? Wie sollen wir den Beweis dafür, daß der Friedensgruß an einem früheren Punkt in der Messe kam, einpassen? Warum sollten die Fastenden es für angemessen halten, den Kuß zu verweigern? Was bedeutet das alles für das Eucharistische Fasten, das zuerst in Nord-Afrika  am Ende des 4. Jahrhunderts bezeugt wird. Und bekommt der Beweis, den wir bedacht haben, Unterstützung durch die unwiderstehliche Theorie von Dom Gregory Dix über die Messe der "Vorgeheiligten" (d.h. daß die Praxis des 3. Jahrhunderts, daß Christen sich an Wochentagen selbst mit der Hostie versorgten, die sie bei der Sonntags-Messe aufbewahrten und -gesegnet durch das Rezitieren des Herren-Gebets- dann einen Becher Wein tranken- als Gegenstück zum Blut Christi, im Kommunions-Ritus der traditionellen Römischen Karfreitags-Liturgie zu finden ist, der einfach aus dem privaten in den gemeinschaftlichen Kontext übernommen wurde)? 

Ich höre nie auf, über das überrascht zu sein, was ich finde, wann immer ich in die Geschichte des ehrwürdigen und wundervollen Römischen Ritus eintauche."

Quelle: liturgicalnotes, Fr. J. Hunwicke

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