Maestro Aurelio Porfiri setzt sich in einem Beitrag für OnePeterFive mit der Frage auseinander, ob das alte Sprichwort "Jesuiten singen nicht", das angesichts der Tatsache, daß Papst Franziskus nicht singt und Musik nicht zu lieben scheint, vielleicht stimmt.
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"JESUITA VON CANTAT"
Der heilige Ignatius von Loyola wird als einer der größten Heiligen in der Katholischen Geschichte angesehen, den die Katholische Kirche am 31. Juli feiert. Das wird zu Recht gesagt, nicht nur wegen der Größe des Hl Ignatius und seines Zeugnisses Christlicher Tugenden sondern auch wegen der religiösen Kongregation, die er gründete, die Gesellschaft Jesu, die wir alle unter dem Namen der "Jesuiten" kennen.
Die Jesuiten haben der Katholischen Kirche wirklich zu Ruhm verholfen, als Missionare, Theologen, Glaubenszeugen, Erzieher etc. Es wäre sehr unfair, diesen herausragenden Beitrag, den die Gesellschaft Jesu für die Christenheit geleistet hat, nicht anzuerkennen. Manche scheinen das zu vergessen, wenn sie mit bestimmten modernen, ideologischen Abweichungen innerhalb der Gesellschaft selbst konfrontiert werden, oder bei großen Teilen von ihnen, die sicher alle beunruhigen muß, denen die katholische Lehre und der Glaube am Herzen liegen.
Aber wir wollen hier über einen anderen Aspekt sprechen, der die Jesuiten betrifft, und das in kirchlichen Kreisen durch einen sehr populären Spruch beschrieben wird: "Jesuita non cantat" (Ein Jesuit singt nicht.)
Um das zu verstehen, müssen wir uns von den aktuellen Ereignissen abwenden. Der aktuelle Jesuiten-Papst singt wirklich nicht. Das erscheint fast wie ine Bestätigung des zuvor Gesagten. Manche sagen, das beruhe auf einem Gesundheitsproblem des Pontifex. Das fällt uns allen auf, weil wir an die früheren Päpste denken, die auf die ein oder andere Weise immer gesungen haben.
Paul VI hatte eine sehr raue Stimme und er scheint nicht genau zu intonieren, aber dennoch kann man ihn bei einigen Gelegenheiten die wichtigen Teile der Liturgie intonieren hören. Johannes Paul II hatte eine männliche und kräftige Stimme, intonierte sauber und liebte es zu singen. Ich erinnere mich daran, was der Franzikaner-Pater Fr Emidio Papinutti, der Organist der päpstlichen Feiern unter Johannes Paul II erzählte, als er das Singen der Präfation bei der Heiligsprechung von Maximilian Kolbe (wenn ich mich nicht irre) beschrieb, bei der der Papst in seiner Begeisterung das C, einen sehr hohen Ton, sang.
Dann hatte wir Benedikt XVI, einen großen Musikliebhaber, der mit seiner dünnen Stimme -aber sehr sauber intoniert- sang; schließlich Franziskus und das Singen erstarb. Der italienische Journalist Luigi Accatoli bot 2013 eine Erklärung für den besonderen Fall von Papst Franziskus an:
In den ersten Tagen nach Franziskus´ Wahl mußte Sprecher Lombardi, als er nach der Tatsache gefragt wurde, daß er neue Papst nicht singe und Zeremonien und Ritualen nur wenig Aufmerksamkeit schenke, antworten, daß das typisch für einen Jesuiten sei, der -laut einem Sprichwort "nec rubricat nec cantat" (weder errötet noch singt"). Seither habe ich nach dem Autor dieser Maxime gesucht, die ich unwiderstehlich finde.
Wir haben hier eine leicht veränderte Version des Ausspruchs, der Thema dieses Artikels ist.
Ebenfalls 2013 berichtete der italienische Journalist Matteo Matzuzzi in der Zeitung Il Foglio über den Beschluss von Papst Franziskus, nicht zu singen:
Die Jesuiten sind Einzelgänger, sie beten allein in ihren Räumen, sie formen ihre Spiritualität, die in den Exerzitien verwurzelt ist. Weil sie stets die Praxis der allgemeinen Beichte als Synthese eines Weges der Selbstbeobachtung und Selbstfindung befürworten, ist es kein Zufall, daß das Thema der Beichte in den ersten Predigten von Franziskus einen herausragenden Platz einnahm – was für einen Jesuiten sicherlich häufig vorkommt, um Trost und innere Stärke zu erlangen. Die Jesuiten seien autonom, und Bergoglio spiegele voll und ganz die Eigenschaften des ignatianischen Geistlichen wider: Er rede mit allen, mache sich Notizen und entscheide dann, ohne jemanden nach seiner Meinung zu fragen, heißt es im Vatikan mit einiger Besorgnis. Und das tut er in seiner Suite, Nummer 201 der Residenz Santa Marta. Sein Stil ist streng und entspricht der "militärischen“ Ordnung der Gesellschaft. Ein Stil, der bereits im 16. Jahrhundert mehr als einen Kardinal verwirrte: „Aber was für ein Ordensmann sind Sie, wenn Sie nicht einmal Gesang und Chorgebet haben?“ schnappte Kardinal Gian Pietro Carafa, Gründer der theatinischen Geistlichkeit.
Aber lassen Sie uns versuchen, den Grund für dieses Sprichwort über die Jesuiten zu verstehen. Tatsächlich legen die Jesuiten mehr Betonung auf andere Dinge als andere Kongregationen mit dem Fokus auf dem Gemeinschaftsleben. In ihren Konstitutionen steht geschrieben, daß der Chor nicht für die Rezitationen (d.h. das Singen) der kanonischen Stundengebete eingesetzt werden soll und daß es unpassend ist, Gegenstände zu behalten, die an Weltliches erinnern, so wie Musikinstrumente, (und diese Anordnung wurde erst 1995 zurück genommen). Also muß das Jesuita non cantat wohl diesem Unterschied im Gemeindeleben zugeschrieben werden, als das Singen mit der Erfüllung des göttlichen Opfers im Chor gleichbedeutend war. Dennoch dürfen wir nicht denken, daß die Jesuiten historisch dem Singen und der Musik keine Aufmerksamkeit gewidmet haben.
In Rom hat das Collegio Romano eine musikalische Tradition entwickelt, die nur der des Collegio Gemanico und seinen Studenten nachstand, und sang bereits 1587 zwei Motetten pro Tag, sogar während der einfachen Messen.
Wir erinnern uns, daß einige Jahre früher Matteo Ricci im Collegio Romano (der Universität der Jesuiten) war, dort Musik studierte und daß er dann, auch durch die Musik versucht hat, den chinesischen Kaiserhof zu erobern und zu evangelisieren. Er hat auch Lieder in chinesischer Sprache komponiert.
Das Leben der Jesuiten ist immer voller musikalischer Aktivitäten gewesen und dafür kann man viele Beispiele anführen. Denken wir an Domenico Massenzio, einen Musiker, der im 17. Jahrhundert in Rom aktiv war. Er wirkte in der Kirche Il Gesu (dieser wichtigen Jesuiten-Kirche, in der das Grab des Hl. Ignatius ist) und in jener Congregation von Adligen, die es noch heute gibt und die am Ende des 16. Jahrhunderts auf Initiative der Jesuiten gegründet wurde - mit einer speziellen Verehrung der Jungfrau Maria. Für diese Kongregation hat Massenzio auserwählte Musik komponiert und aufgeführt- wie sein wunderbares Ave Regina Coelorum, das man auch bei YouTube hören kann. Antonelle Nigro erwähnt in seinem Buch, wie die Kongregation große Geldsummen ausgab, um der Liturgie Glanz zu verleihen. Wie können wir - immer noch zu der Zeit und in Beziehung zur Kirche Il Gesu in Rom-den Orgelvirtuosen Domenico Zipoli , der Organist in dieser Kirche war und der Gesellschaft Jesu angehörte, für die er nach Paraguay und andere Teile Südamerikas ging, um den Menschen vor Ort u.a. dabei zu helfen, eine eigene musikalische Tradition zu entwickeln. Es gibt in diesem Sinn noch viele andere Beispiele.
Warum also scheint das Jesuita non cantat dann mit der heutigen Realität der Jesuiten überein zu stimmen? Weil laut einiger Leute die Jesuiten - mit wenigen Ausnnahmen- sehr wenig Interesse am Singen und der Liturgie haben. Wie bereits erwähnt, sollte dieses Vorurteil im Licht historischer Tatsachen revidiert werden, angesichts der Realität, daß die Jesuiten ein reiches kulturelles Leben hatten, in dem Musik eine große Rolle spielte.
Unglücklicherweise ist das Problem nicht so sehr eines des Jesuiten allein, die in dieser Sache ein bißchen die Rolle eines Sündenbocks spielen. In Wirklichkeit ist das Interesse an der Würde der Liturgie und sakraler Musik in den vergangenen Jahrzehnten in vielen anderen Orden verloren gegangen, die früher für den Glanz ihrer Zeremonien und die Schönheit der bei ihnen aufgeführten sakralen Musik bekannt waren. Heute wäre es nicht richtig, zu sagen, daß die Jesuiten nicht singen es wäre besser zu sagen, daß die Kirche nicht singt, oder schlimmer, sehr schlecht singt."
Quelle: A. Porfiri, OnePeterFive
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